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Die Krone der Schattenalp

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Die Schluchten von Hardion verbargen die Überreste von vielen Kriegern. Vagho war froh, dass er in dem Gewirr dieser Schluchten das Grab von Assgho gefunden hatte. Er war nicht dabei gewesen, als vor langer Zeit der Mann beerdigt wurde, den er zum General machte und der sein Heer in die Schlachten führte, als er noch selbst der König von Villbass war. Der Schattenalp hasste noch immer den toten Assgho, der ihm die Königswürde stahl und ihn aus seiner Heimat vertrieb.

Die Krone, die Assgho mit in sein Grab nahm, stammte vermutlich von einem Zwerg. Wahrscheinlich war dieser Zwerg ein Fürst oder sogar ein König gewesen. Für gewöhnlich hatte Assgho den Besitzer eines wertvollen Dinges getötet, wenn er ihm etwas raubte. In den Ohren des Schattenalps klangen noch immer die Worte seines einstigen Generals. »Wenn du keine Rache fürchten willst, so töte den Feind, denn beim Sterben sind alle gleich.«

Dämonicon stand neben dem König der Schattenalps, als der sich die Krone genauer ansah. Orapius und Monga betrachteten sie ebenfalls. Zwei Krieger von Vagho schaufelten das Grab wieder zu. Sie unterbrachen für einen Moment ihre Arbeit und sahen zu ihrem Herrn, als der sich den goldenen Reif mit den fünf dornartigen Zacken und den funkelnden Edelsteinen auf seinen kahlen Schädel stülpte. Die Krone passte, als wäre sie extra für Vagho von einem Meister der Goldschmiede hergestellt worden. Der König der Schattenalps sah zu den beiden Kriegern, die sich sofort wieder an ihre Arbeit machten.

»Sie steht dir ausgezeichnet, mein Freund«, sprach Dämonicon leise zu Vagho. Seine Stimme ließ die Wände der Schlucht erzittern. Staub und kleine Steine fielen herab und die Krieger sahen sich furchtsam um.

»Was nun geschehen soll, ist etwas komplizierter«, sprach Monga und sie betrachtete noch immer die Krone auf dem Kopf des Schattenalps.

Orapius zog aus einem kleinen Ledersack ein altes Türschloss heraus. Er streckte seine Hände mit dem Schloss Vagho entgegen und seine Stimme erbebte vor Ehrfurcht, als er zu ihm sprach. »Mein Herr und Meister. Spreche die Beschwörung aus, sodass die Krone ihr Werk verrichten kann. Das Schloss wird sich öffnen, so wie es auf dem alten Pergament stand, das ich im Bluthort gefunden habe.«

Vagho betrachtete das Schloss, in dem ein abgebrochener Schlüssel steckte und die verrostete Verriegelung herausschaute. Er bezweifelte, dass dieses Ding noch funktionierte, doch er sprach die Beschwörung aus. Sofort drehte sich der Rest des Schlüssels im Schloss einmal um sich selbst und der Riegel fuhr zurück. Hätte das Schloss eine Tür verschlossen, so wäre sie für jeden Eindringling offen. Erleichtert sah Vagho zu Dämonicon.

»Damit ist es also entschieden«, sprach der schwarze Prinz und Monga stimmte ihrem Sohn zu.

»Wir werden uns die drei Elflinge holen und so Theodora mitten in ihr Herz treffen. Sie wird sich nach ihnen so sehr sehnen, dass sie ihre Kräfte verbraucht und ihre Aura zusammenbricht. Wenn das geschehen ist, werden wir Bochea überrennen und die Stadt dem Erdboden gleichmachen.«

»Ja Mutter«, sprach der schwarze Prinz. »Im Frühjahr werden wir soweit sein. Mein getreuer Diener Platos hat mir einen Boten geschickt. Er herrscht in meinem Namen noch immer über die Insel der Alten. Seine Treue ist groß und er bereitet alles für meine Rückkehr und natürlich auch für die Rückkehr der sieben Alten vor. Sein Orakel wird ihm dabei helfen. So hat es mir sein Bote versichert.«

Vagho rieb sich die Hände und ein hinterhältiges Grinsen war in seinem Gesicht zu sehen. Er spürte die Abenteuerlust und die Gier nach fremden Schätzen. Diese Gier war wie ein Rausch und er gab sich diesem Rauch mit Vergnügen hin. »Wir werden uns diese Elflinge holen und dann lassen wir sie fliegen.«

»Ja mein Herr«, stimmte ihm Orapius zu. »So wird sich die Prophezeiung dieser Feenkönigin doch noch erfüllen.«

Der schwarze Magier packte das Schloss zurück in den Sack. Er warf es achtlos auf das Grab von Assgho. Dann lief er seinem Herrn nach, der sich mit Dämonicon und Monga zu einer Höhle zurückzog.

Die Hitze des Tages wurde immer unerträglicher. In der Höhle, die tief in die Wand der Schlucht führte, beschwor Dämonicon ein schwarzes Portal. Es brachte ihn und seine Begleiter zurück zum großen Festungstor des Bluthortes. Vor dem Tor des alten Gemäuers öffnete sich das Portal und Dämonicon kam zuerst heraus. Die anderen folgten ihm und als der letzte Krieger heraus war, schloss es sich mit einem Knall.

Dämonicon stieß das Tor auf und lief in die große Halle der alten Festung. Dort wartete bereits das Essen auf einen Tisch. Nach einer halben Stunde erklärte er Monga und Vagho, was er vorhatte. »Noch heute werdet ihr nach Bochea reisen. Orapius wird euch begleiten. Ihr holt euch die drei Elflinge und bringt sie mir. Wir sperren sie hier im Bluthort ein, und wenn das Frühjahr gekommen ist, werden wir unsere Pläne verwirklichen. Dieses Mal werden wir über Bochea siegen und Theodora wird sterben.«

»Und was wirst du in der Zwischenzeit machen?« In Mongas Stimme war deutlich zu hören, dass sie mit ihrem Sohn nicht völlig einverstanden war. Sie sah ihn mit einem durchdringenden Blick an.

»Ich reise nach Selan und werde dort die Arbeiten an der Tempelanlage überwachen«, erklärte Dämonicon und seine Stimme ließ die alten Mauern des Bluthortes erzittern. »Vor vielen Jahren hat dort angeblich ein unerklärliches Beben gewütet. Doch es wird wohl eher ein Krieg gewesen sein. Platos Bote konnte, oder wollte mir nichts genaues sagen. Der Bote war noch ein Knabe, den Platos mit Bedacht für seine Aufgabe ausgesucht hatte. Ich will, dass die Bewohner der Insel die sieben Tempel wieder aufbauen und zu einem einzigen Tempel vereinen. Es darf nur einen Zugang geben, der leicht zu bewachen ist. Das ist sehr wichtig für mich. Die versteinerten Söhne des Schöpfers müssen geschützt werden. Kriege und Hungersnöte haben das Volk auf der Insel von ihren Pflichten abgehalten. Ich werde das ändern und auf der Insel für Ordnung sorgen.«

»Na gut«, lenkte Monga ein. »Wir reisen also nach Bochea und holen uns die Kinder der Feenkönigin. Ich hoffe nur, du vergeudest nicht so viel Zeit auf dieser Insel.«

Dämonicons Miene verfinsterte sich, als er zur schwarzen Fürstin sah. »Du wirst doch nicht etwa an mir zweifeln, Mutter? Immerhin verdankst du mir deinen neuen Körper. Mein Vater hätte ihn dir nicht geben können.«

»So habe ich das nicht gemeint«, versuchte Monga ihren Sohn zu beschwichtigen. »Ich will nur … ohne dich ist es viel gefährlicher in Bochea. Dort gibt es nur Feinde.«

Dämonicon nahm sich eine Schweinekeule und roch an ihr. Sie war frisch gebraten und ihr Duft zog ihm in die Nase. Er zeigte mit ihr zu Monga. »Du weißt genau, dass ich euch in Bochea nicht helfen kann. Die Aura der Feenkönigin würde mich sofort verraten. In dieser Stadt ist jede schwarze Magie nutzlos. Deshalb muss ein Meisterdieb wie Vagho dort ans Werk gehen. Ihr sollt ihm helfen, die Kinder sicher hier herzuschaffen. Ist das so schwer zu verstehen, meine liebe Mutter?«

Monga schüttelte den Kopf und ein Bote trat herein. Er beendete mit seiner Meldung das Gespräch. Der Bote trat dicht an Dämonicon heran und grüßte mit einer Verbeugung. Dann trug er seine Botschaft vor. »Ich bin gelaufen, so schnell ich konnte, mein Herr. Ich muss euch berichten, dass die Riesen in Ando-Hall sich zum Kampf gerüstet haben. Sie haben sich von ihren Priestern für einen Krieg segnen lassen. Das konnten wir aus den Gesprächen von zwei Jägern entnehmen, die wir belauscht haben. Es waren weiße Elfen, die in der Nähe von Ando-Hall ihr Jagdgebiet haben. Die Riesen bewachen ihre Stadt und ihren Tempel so gut, dass niemand ungesehen hineinkommt.«

»Verdammt, das habe ich befürchtet!«, fluchte Vagho sofort los, als der Bote seinen Bericht beendete.

»Du musst mehr Geduld haben«, belehrte ihn Dämonicon. »Es findet sich immer wieder eine Möglichkeit, in Ando-Hall einzudringen. Außerdem haben wir in der nächsten Zeit dort nichts Wichtiges zu erledigen. Und die Wand mit der verräterischen Karte im Tempel der Riesen wird auf uns warten müssen. Die werden wir zerstören, wenn wir Ando-Hall dem Erdboden gleichgemacht haben.«

Die Worte des schwarzen Prinzen erinnerten Orapius an seine eigene Karte, die er immer bei sich hatte. Er breitete sie auf einem Tisch aus und tippte mit einem Dolch auf die Stelle, wo Bochea eingezeichnet war. »Wir holen uns zuerst die Elflinge«, sprach er in aller Ruhe zu Vagho. »Dann warten wir einige Tage und sehen, was in Bochea geschieht. Einige Meilen südlich von Bochea gibt es ein gutes Versteck für uns. Es ist ein kleiner, flacher Hügel, auf dem die Reste eines alten Gemäuers stehen. Man nannte früher diesen merkwürdigen Ort den Laurushügel.«

Dämonicon und Monga beugten sich über die Karte und betrachteten sie. Sie bestand aus dünnem Ziegenleder und ihre schwarzen Linien und Buchstaben konnte nur jemand sehen, der ihr Geheimnis kannte. Orapius hatte sie hergestellt und mit einem magischen Schutzzauber versehen. Nur ein Träger der schwarzen Magie konnte ihr Geheimnis lüften. Zufrieden schaute der Magier in die Gesichter von Monga, Vagho und Dämonicon.

»Du hast dir viel Mühe mit dieser Karte gegeben«, lobte ihn die schwarze Fürstin. »Wir sollten noch etwas von den Speisen essen und einen guten Wein dazu trinken. Dann ist es Zeit für den Aufbruch. Selbst auf der Karte sieht der Weg nach Bochea recht weit aus.«

Eine Stunde später brachen Monga, Orapius und Vagho auf. In dicke Felle gehüllt saß die Fürstin auf einem Kriegsschild. Mit diesem Schild flog sie eine Runde um den Bluthort. Vagho und Orapius setzten sich zusammen auf die Flugschale des Königs. Sie schützten sich ebenfalls mit Fellen gegen die eisige Kälte des Winters. Die Flugschale war gerade groß genug für die beiden Schattenalps. Monga flog voraus, denn sie kannte den Weg, der nach Bochea führte.

Dämonicon sah ihnen nach. Als seine Mutter und die beiden Schattenalps nicht mehr zu sehen waren, beschwor er ein schwarzes Portal herauf. Nur einen kleinen Augenblick später war er im Portal verschwunden. Es fiel mit einem Knall in sich zusammen und Dämonicon landete auf der Insel Selan, wo er direkt im Tempel der Stadt ankam.

Für die Fürstin und die beiden Schattenalps dauerte der Weg viel länger. Sie mussten über die kalte Winterlandschaft fliegen. Dabei waren Straßen und Wege kaum zu sehen. Der Wind überdeckte alles gleichmäßig mit einer dicken Schneeschicht. Der Flug dauerte einige Stunden und sie landeten erst, als die Nacht hereinbrach. Ein kleines Gebüsch und eine umgestürzte Eiche waren der einzige Schutz, den die Fürstin und die beiden Schattenalps fanden. Völlig erfroren machten sie sich ein Feuer an und wärmten sich die Hände. Erst dann packten sie ihren Proviant aus.

Das Brot und das Fleisch waren gefroren und so hart wie ein Stein. Sie mussten sich gedulden, doch dank des Feuers war des Essen bald genießbar. Dem starken Wein, den die drei dunklen Gestalten bei sich hatten, konnte die eisige Kälte nichts anhaben. Er war nicht gefroren und er schmeckte ihnen um so besser.

Als sie satt waren, erklärte sich Vagho bereit, die erste Wache zu übernehmen. Er warnte die Fürstin und den schwarzen Magier. Sie sollten lieber nicht so tief schlafen, denn die Wölfe waren bestimmt nicht weit. Selbst das Feuer würde sie nicht schützen, wenn ein hungriges Rudel angriff.

Mit seinem Zauberstab bewaffnet, hockte Vagho hinter der Eiche und er sah in die Nacht hinaus. Dabei wanderten seine Gedanken noch einmal zurück in längst vergangene Zeiten. Ihm kam der Schatz von Illwerin in den Sinn und sein General Assgho, der ihm nach der Eroberung der Stadt mit Vorwürfen überhäufte. Das Gold von Illwerin war verschwunden und die Zahl der gefallenen Krieger war groß.

Eine Weile sah der König der Schattenalp die Bilder längst vergangener Zeiten vor sich, als wäre alles erst soeben geschehen. In Gedanken versunken, grübelte er darüber nach, was geschehen wäre, wenn er den Schatz der weißen Elfen von Illwerin erfolgreich auf seine Insel Villbass gebracht hätte. Ein leises Knacken ließ ihn aufschrecken. Er sah sich um, doch es war nichts zu erkennen. Kein Wolf war in der Nähe und das Knacken kam von dem Lagerfeuer. So wartete er noch einige Stunden ab. Dann weckte er Orapius auf, bevor er sich selbst zum Schlafen neben dem Feuer in seine Felle hüllte.

Der nächste Morgen brach mit einem lauten Donnern an. Monga hatte die letzte Wache übernommen und eine Jagdhorde entdeckt. Ein großer Haufen Nachtaugenriesen näherte sich dem Lager der drei dunklen Gestalten. Die Fürstin hatte sie im letzten Augenblick bemerkt und den Anführer mit einem Donnerschlag niedergestreckt. Seine Begleiter waren so überrascht, dass sie erst begriffen was geschehen war, als Monga einen zweiten Riesen zu Fall brachte. Wütend griffen sie an und die Fürsten flog mit ihrem Kriegsschild eine große Runde. Sie erkannte schnell, dass die Riesen die Verfolgung aufnahmen. Dadurch konnten die beiden Schattenalps ihre Sachen packen und auf Vaghos Flugschale entkommen.

Als Monga zu ihnen zurückkehrte, hatte sie die wütenden Riesen weit hinter sich gelassen. Sie lachte, als sie sich beim Fliegen von Orapius ihre Felle geben ließ.

»Habt ihr das gesehen!?«, rief sie den Schattenalps zu. »Diese närrischen Riesen waren auf der Wolfsjagd. Es waren mindestens zwölf Jäger und ein Priester.«

»Deshalb hatten wir in der Nacht Ruhe vor den Wölfen«, antwortete Vagho. »Die Riesen hatten sie vertrieben. Doch sie werden ihre Jagd bestimmt nicht fortsetzen.«

»Der Meinung bin ich auch«, fügte Orapius hinzu. »Sie werden ihre Toten begraben und in Ando-Hall berichten, dass sie uns gesehen haben.«

Monga flog mit ihrem Schild dicht neben der Flugschale der Schattenalps. Der eisige Wind trieb der Fürstin Tränen in die Augen, doch sie verringerte ihre Geschwindigkeit nicht. »Ich glaube nicht, dass sie tot sind«, rief sie den Schattenalps zu.

»Wie so nicht?« Vaghos Frage klang beinah bedrohlich. Monga hielt sich mit einer Hand am Schild fest und schützte mit der anderen Hand ihren Mund, als sie antwortete. »Ich habe den ersten Riesen am Bein erwischt. Der zweite Kerl war so dick angezogen, dass sein Mantel und seine Ledersachen die Wucht meines Donnerschlags abgebremst haben. So ein Riese ist nicht leicht zu töten. Selbst die Dämonen fürchten noch immer ihre Kräfte.«

Vagho wollte noch etwas sagen, doch Orapius machte ihn auf einen Schwarm Krähen aufmerksam. Sie wichen den Tieren aus und suchten sich eine Stelle zum Landen. In einem kleinen Wäldchen rasteten sie ein wenig später und sie verschlangen hastig die Speisen, die ihnen ein kleines Feuer erwärmte. Da sich die drei dunklen Gestalten nicht sicher fühlten, brachen sie rasch wieder auf. Die Kälte setzte ihnen trotz der Felle und der warmen Ledersachen tüchtig zu. Deshalb waren sie froh, als sie am frühen Abend den Laurushügel erreicht hatten. Sie hofften, zwischen den Mauerresten die auf ihm standen, genügend Schutz zu finden. Doch Schnee und Eis hatten alles bedeckt, was von der Ruine noch übrig war.

Orapius trieb mit einer Beschwörung den Schnee von den uralten Steinen, die von dem einstigen Haus, das hier früher stand, noch zu erkennen waren. Dabei legte er die Reste eines Fußbodens frei, auf dem im Sommer Moos und kleine Büsche wuchsen. Erde und modriges Laub und kleine Steine flogen zu Seite und die Fürstin zeigte zu einer bestimmten Stelle. »Dort ist etwas, dass zu den anderen Steinen des Bodens nicht passt.«

»Oh ja«, flüsterte Vagho und er spürte sofort, wie die Neugierde in ihm aufstieg und jeden Gedanken an die Kälte, die Feinde und die mahnende Vorsicht vergessen ließ. Er zog seinen Zauberstab und ließ mit einer Beschwörung eine große viereckige Steinplatte in der Luft schweben. Behutsam setze er sie neben dem Loch ab, das im Boden zu sehen war. Dann beschwor er seinen Zauberstab und ein Licht erhellte die Umgebung.

»Was für eine tolle Magie«, stellte Monga mit einem überfreundlichen Grinsen fest. »Ein Zauberstab, dessen Kristallspitze leuchtet. Hoffentlich geht der nicht gleich wieder aus.«

»Nur keine Sorge, meine liebe Fürstin«, knurrte Vagho, als er sich das viereckige Loch im Fußboden ansah. »Diese Magie habe ich schon oft genug benutzt. Sie erspart mir das Tragen einer Fackel.«

Im Lichtschein konnte Vagho eine Treppe erkennen, die tief unter den Fußboden in einen Raum führte. Er stieg diese Treppe hinunter und sah sich dem Raum unter dem Fußboden an. Viel gab es nicht zu bestaunen. Die Reste einiger alter Schränke, die von den Holzwürmern schon längst besiegt waren, lagen überall herum. Es war staubig und ein Geruch von Moder lag in der Luft.

In einer Ecke stand eine kleine Truhe, an die sich die Holzwürmer noch nicht herangewagt hatten. Sie sah ungewöhnlich gut erhalten aus. Orapius sah sie zuerst und er versuchte sofort, ihren halbrunden Deckel zu heben. Er spürte einen stechenden Schmerz in beiden Händen. Seine Beine wollten ihm plötzlich nicht mehr gehorchen. Der Magier sackte auf den Boden und die Truhe schien um ihn herum zu tanzen. Eine schallende Ohrfeige seines Herrn brachte ihn wieder ins Bewusstsein, wo er sich gerade befand.

Monga betrachtete die Truhe genauer. Sie spürte, dass ein Schutzbann den Inhalt dieses kleinen Dinges bewachte. »Da werden wir wohl zu etwas stärkeren Mitteln greifen müssen«, sagte sie so, als wollte sie gleich einen gewaltigen Hammer einsetzen.

Vagho half dem Magier auf die Beine und leuchtete ihm mit seinem Zauberstab ins Gesicht. »Geht es wieder, oder brauchst du noch einen Schlag.«

Orapius erkannte das schadenfrohe Grinsen im Gesicht seines Herrn und er schüttelte hastig seinen Kopf. »Nein … ich bin nur etwas … aber das geht gleich wieder … ich meine … was ist denn das für ein Bann? So etwas habe ich noch nicht erlebt. Das kann nur der alte Laurus gewesen sein. Der hat hier gewohnt und wir befinden uns in seinem Keller.«

»Ja ja, der gute alte Laurentius«, spottete Vagho. »Ich werde wohl die Krone des Assgho benutzen müssen.«

»Das solltest du tun, mein Herr und Meister. Doch der Mann, dem diese kleine Truhe einst gehörte, hieß Laurus. Wir können froh sein, dass er nicht mehr lebt. Der Kerl soll unausstehlich gewesen sein. Kurz vor seinem Tod war er völlig verwildert. Und wirr im Kopf war er auch.«

Vagho setzte sich die Krone auf, mit der er die Truhe öffnen wollte. Gespannt sahen ihm Monga und Orapius zu. Er flüsterte eine Beschwörung und ein grünliches Schimmern umgab die Truhe. Das Schimmern löste sich auf und eine zweite Beschwörung ließ einen versteckten Schließmechanismus zurückfahren. Mit einem leisen Klicken gab die Verriegelung den Deckel frei. Der hob sich hoch und Monga und Orapius wollten sofort wissen, was in der Truhe war. Vagho breitete seine Arme aus und hielt sie zurück.

»Was ist los, Vagho?«, fragte die Fürstin.

Der König der Schattenalps starrte auf die Truhe und knurrte wie ein Wolf. »Da gibt es noch eine Kleinigkeit zu bearbeiten. Das grüne Flimmern hat mir verraten, das Gift im Spiel ist. Ich kann so etwas wittern. Meine Erfahrung als Meisterdieb sagt mir, dass wir nach der Quelle des Giftes suchen müssen. Schaut euch genau an, was ihr seht. Es ist wahrscheinlich ein geheimer Mechanismus. Sobald wir die Truhe berühren, wird das Gift freigesetzt.«

Orapius lief die Treppe hoch und kam gleich darauf mit einem Stein zurück. »Soll ich das gute Stück hiermit bewerfen?«, fragte er Vagho.

Der König winkte ab und nahm dem Magier den Stein aus der Hand. »Damit zerstörst du mehr, als wir gewinnen können. Doch ich habe eine bessere Idee. Wir versuchen es noch einmal mit Magie.«

Erneut sprach Vagho eine Beschwörung aus und ein unscheinbares Tuch hob sich in die Höhe. Es hatte ein kleines Fläschchen unter sich versteckt, dass durch einen ebenso kleinen Hammer zerstörte werden konnte. Der Schaft des Hammers war wie eine Feder gespannt und wurde nur von einem dünnen Faden gehalten. Vagho entfernte mit seiner Magie das Giftfläschchen und löste danach den Mechanismus aus. Der Hammer schlug zu, ohne etwas zu treffen und Monga ging langsam auf die Truhe zu.

Vagho und Orapius näherten sich ihr ebenfalls. Außer einer vergilbten Pergamentrolle lag jedoch nichts weiter in der Truhe. Der König nahm sie heraus und beleuchtete sie mit seinem Zauberstab. Er las vor, was auf dem Rolle geschrieben stand.

»Auf diesem Pergament stehen meine letzten Worte. Wer sie liest, der muss ein großer Magier sein. Oder er ist ein gerissener Dieb. Oder beides, ich weiß es nicht. Doch lies, was ich dir zu sagen habe. Die Stadt Bochea anzugreifen war wohl ein Fehler. Ihre Königin ist für mich zu mächtig. Vor meiner Tür lauern ihre Krieger. Selbst die Bauern der Umgebung wollen mich töten. Ich kann schon das Feuer ihrer Fackeln riechen. Doch sie müssen noch ein wenig mit meinem Schutzbann kämpfen. Erst dann können sie mein Haus stürmen und mich umbringen. Diese Narren glauben, dass sie mit ihrer Königin alle Zeiten überstehen werden. Doch ich weiß es besser, denn ich kenne einen geheimen Weg. Also Fremder, ich hoffe, du willst der Königin und ihrer Stadt einen Besuch abstatten und so einiges mitgehen lassen. Suche eine halbe Meile vor der Stadt den alten Wachturm auf. Er steht nördlich des großen Stadttores. Hinter diesem Turm gibt es einen verlassenen Friedhof. Da soll mein Vater bei Vollmond schon als Geist gespukt haben. Meine Mutter sagte mir das. Such das Grab meines Vaters und öffne es. Du wirst dich freuen und eine große Überraschung finden. Die habe ich mir für die Stadt Bochea und ihre Königin ausgedacht. Oh je, sie haben meinen Bann überwunden. Ich bin Laurus der Magier und ich wünsche dir mehr Glück, als ich es habe. Sie kommen, sie sind gleich da und ich muss …«

Mit einem diebischen Grinsen sah Vagho erst zu Monga und dann zu Orapius. »Den alten Narren haben sie hier bestimmt wie einen tollwütigen Hund erschlagen. Doch vorher konnte er noch seine Pergamentrolle im Keller verstecken. Ein Glück für uns, dass die aufgebrachten Krieger und Bauern einfach alles niedergebrannt haben. Da konnten sie sich nicht um den Keller kümmern und diese wertvolle Pergamentrolle blieb uns erhalten.«

Mongas Busen bebte vor Erregung, als sie Vagho die Rolle aus den Händen nahm und noch einmal Laurus letzte Zeilen las. »Das muss ein Wink des Schicksals sein. Es hat uns auserwählt und es wird uns auf jeden Fall weiterhin gewogen sein. Morgen brechen wir auf, und wenn wir den alten Wachturm gefunden haben, dann finden wir auch den Friedhof.«

Orapius rieb sich die Hände, denn er spürte die Kälte, die durch das Loch in der Kellerdecke kroch. »Wir sollten hier den Staub und die Holzreste beseitigen. Dann können wir ein Feuer machen und den Keller als Versteck benutzen. Hier ist es in der Nacht sicherer, als oben im Freien. Außerdem plagt mich der Hunger im Magen.«

Eine halbe Stunde später war der Keller von Laurus einstigem Haus sauber gefegt und ein prasselndes Feuer loderte in der Mitte. Vorsorglich hatte Vagho den Schnee wieder über den Fußboden des Hauses gefegt. Niemand sollte gleich bemerken, dass es noch einmal Gäste im Keller gab.

Snobby und das Geheimnis der weißen Fee: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 7)

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