Читать книгу Amerikafahrten vor Columbus - Jörg Dendl - Страница 3
Die Frage
ОглавлениеSchon seit Christopher Columbus mit den von ihm geführten Schiffen eine der dem Festland des amerikanischen Kontinents vorgelagerten Inseln erreicht hatte, wird darüber spekuliert, der gewaltige Doppelkontinent sei schon lange vorher von Seefahrern aus der „Alten Welt“ besucht worden. Eine zentrale Annahme früher Thesen zur Besiedlung Amerikas war, dass die Ureinwohner Amerikas von den „verlorenen zehn Stämmen Israels“ abstammten. Die Wissenschaftler und Chronisten des 16. Jahrhunderts sahen so einen Ausweg aus dem Dilemma, die bisher unbekannten Völker Amerikas von den in der „Völkertafel“ des biblischen Buches Genesis (Gen 10, 1-32) genannten Völkern ab zu leiten. Alle diese Annahmen haben aber nichts gemeinsam mit den seit dem 19. Jahrhundert immer wieder propagierten Vermutungen, schon in der Antike sei der amerikanische Kontinent zur Gänze oder zu Teilen den europäischen Völkern bekannt gewesen.
Dabei spielen in der Argumentation für einen frühen Kontakt der Alten mit der Neuen Welt ungewöhnliche archäologische Funde, wie Tonfiguren mit Rädern, die sich in Mexiko fanden, eine große Rolle. Da in der Zeit vor der spanischen Eroberung Mittel- und Südamerikas dort das Rad nicht genutzt wurde, erwecken diese Funde den Eindruck, von außen inspiriert worden zu sein und keine eigene Entwicklung Amerikas zu sein. Doch handelt es sich bei diesen Figuren um auf dem amerikanische Kontinent hergestellte Objekte, sie haben, abgesehen von den Rädern, auch in ihrer künstlerischen Ausführung keine Details, die in die Alte Welt verweisen. Die Hersteller waren also mit Sicherheit amerikanische Ureinwohner. Wie sie allerdings darauf kamen, den Figuren Räder zu geben, ist nicht bekannt. Aber bisher konnte eine wirkliche Anregung der amerikanischen Figuren durch fremde Seefahrer nicht schlüssig nachgewiesen werden.
Es ist also zu fragen, ob es andere archäologische Funde gibt, die für eine Entdeckung Amerikas während der Antike sprechen. Es sollte sich um Funde handeln, die von ihrem ganzen Charakter her, vom Material, der künstlerischen Gestaltung und dem Fund Zusammenhang nicht zur amerikanischen Umwelt der Zeit vor Columbus passen. Oder eben ein Fund zweifelsfrei amerikanischer Herkunft, der sich in der Alten Welt fand.
Letzteres ist bis heute nicht bekannt geworden. Doch wurden in den vergangenen 100 Jahren mehrere Fundstücke aus Amerika vorgelegt, die zum Teil die Bedingungen der ersten Forderung entsprechen. Von diesen Funden werden die wichtigsten vorgestellt und zur Diskussion gestellt. Doch zunächst einige Gedanken zu der Frage, ob die Seefahrer der Antike überhaupt die Möglichkeit hatten, Amerika zu erreichen.