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Parallelwelten/Säulen im Gesundheitswesen

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Die Dualität des Versicherungssystems im Gesundheitswesen ist nur ein Beispiel für dessen komplexe Strukturen. Das Gesundheitswesen fußt daneben auf drei Säulen, die sich in Auftrag, Governance und Finanzierung voneinander unterscheiden (s. Abb. 1).

Abb. 1 Die 3 Säulen des Gesundheitswesens in Deutschland

Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen wir, dass es Gesundheitsämter auf Ebene der Landkreise bzw. der kreisfreien Städte gibt. Sie sind Teil des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD). Wenn das Land nicht gerade von einer Pandemie befallen ist, liegt der Fokus des ÖGD auf der Bevölkerungsgesundheit und der Prävention von Erkrankungen z.B. durch allgemeine Gesundheitsförderung aber auch durch Infektionsschutz. Der ÖGD ist für den DiGA-Fast-Track nicht relevant, weil DiGA erst im Krankheitsfall z. B. durch VertragsärztInnen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Digitale Gesundheitstools, um z. B. Infektionsketten nachzuvollziehen oder um den Gesundheitszustand von Menschen in Quarantäne zu beobachten, haben jedoch ein großes Potenzial. Diesbezüglich besteht erheblicher Nachholbedarf, der in den kommenden Jahren sicherlich gedeckt werden muss.

Neben dem ÖGD stehen die beiden kurativen Säulen des Gesundheitswesens. In der ambulanten und der stationären Versorgung geht es um die individuelle Versorgung des Einzelnen im Krankheitsfall. Die ambulante Versorgung wird von niedergelassenen, freiberuflichen oder angestellten ÄrztInnen, ZahnärztInnen, PsychotherapeutInnen und anderen Heilberufen wie PhysiotherapeutInnen oder ErgotherapeutInnen geleistet. Nicht jeder Healthcare Professional kann PatientInnen zulasten der GKV versorgen. Dafür braucht es eine sozialrechtliche Zulassung („Kassenzulassung“).

Niedergelassene ÄrztInnen arbeiten oft freiberuflich und sind entsprechend quasi als EinzelunternehmerInnen organisiert. Im Rahmen der stationären Versorgung im Krankenhaus sind Healthcare Professionals in der Regel angestellt tätig. Die beiden Sektoren unterscheiden sich zudem in der Vergütungslogik. In der stationären Versorgung erfolgt die Abrechnung auf Basis von Fallpauschalen, den sogenannten Diagnosis Related Groups (DRG). PatientInnen werden den Gruppen auf Basis ihrer Diagnosen, den im Krankenhaus durchgeführten Prozeduren und weiteren Faktoren zugeordnet.

Für die Abrechnung in der ambulanten Versorgung ist der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) maßgeblich. Dieser definiert, welche Art von vertragsärztlichen Leistungen abgerechnet werden können und legt den sogenannten Punktwert für die Leistung fest. Durch den Punktwert wird der Wert der Leistung definiert. Der Wert eines Punktes wird regelmäßig angepasst, sodass sich die effektive Abrechnungshöhe genauso regelmäßig ändert. Ärztliche Leistungen in der Regelversorgung werden durch ein Gesamtbudget der Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die Kassenärztlichen Vereinigungen vergütet, die die Verteilung der Gelder im Rahmen der Abrechnung übernehmen. In der ambulanten Versorgung werden ebenfalls Pauschalen abgerechnet, insbesondere in der hausärztlichen Versorgung. Hinzu kommt hier und insbesondere in der fachärztlichen Versorgung die Abrechnung von Einzelleistungen oder spezieller Pauschalen. Der EBM wird durch den GKV-SV und die Kassenärztliche Bundesvereinigung im Bewertungsausschuss verhandelt. Für die Krankenhäuser verhandelt der GKV-SV mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

Auch bezüglich der erbrachten Leistungen, insbesondere solche mit Technologieeinsatz, unterscheiden sich ambulanter und stationärer Sektor erheblich: Ärztliche Methoden im ambulanten Bereich, ob nun unter Einsatz von Medizinprodukten oder nicht, unterliegen einem Erlaubnisvorbehalt, das heißt, sie dürfen nicht angewandt werden, bis der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) positiv festgestellt hat, dass sie zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen. Krankenhäuser dürfen hingegen neue Leistungen, auch unter Einsatz von neuen Medizinprodukten, ohne weitere Erlaubnis erbringen. Krankenhäuser unterliegen einem Verbotsvorbehalt, dürfen also grundsätzlich alle Leistungen erbringen, solange der G-BA nicht beschlossen hat, sie von der Versorgung auszuschließen.

Im Kern ist das Ziel in beiden Sektoren, qualitativ hochwertige und effiziente Versorgung zu garantieren. Da beide Systeme sehr komplex sind, sind Fehlanreize jedoch nicht ausgeschlossen. Zudem kommt es immer wieder zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung der Übergänge zwischen den Sektoren.

An diese Säulen der Versorgung gliedern sich weitere Bausteine an:

die Arzneimittelversorgung durch die Apotheken,

die Pflege in Form von ambulanten Pflegediensten oder Pflegeeinrichtungen sowie

Therapieangebote z. B. in Form von Physiotherapie oder Logopädie.

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