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35.9 Klinisches und labortechnisches Vorgehen bei Adhäsivattachments

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Hinsichtlich Präparation, Abformung, Anprobe und Eingliederung der Adhäsivattachments folgt das Vorgehen in Klinik und Labor prinzipiell dem für einflügelige metallkeramische Adhäsivbrücken beschriebenen Vorgehen (Kap. 29 und 30). Hinsichtlich der verwendeten Geschiebe und der Gestaltung der an Adhäsivattachments verankerten Teilprothesen sind die für konventionelle Geschiebe bzw. Teilprothesen geltenden Kriterien zu berücksichtigen. Im Folgenden werden daher nur wichtige Besonderheiten beschrieben.

Werden mehrere Pfeilerzähne für Adhäsivattachments präpariert, werden die beiden approximalen Retentionsrillen eines jeden Pfeilerzahns jeweils optimal auf diesen selbst ausgerichtet. Daher muss das intraorale Parallelometer in der Regel für jeden Pfeilerzahn neu eingestellt werden bzw. für jeden Pfeilerzahn wird ein Parallelisierungspin individuell ausgerichtet. Dadurch variiert die Einschubrichtung der Adhäsivattachments selbst von Zahn zu Zahn. Davon unabhängig wird die parallele Ausrichtung der Stabgeschiebe und die Festlegung der Einschubrichtung der Teilprothese erst später im zahntechnischen Labor auf dem Meistermodell vorgenommen.

Um eine Teilprothese mit Adhäsivattachments herzustellen, ist kein Sägeschnittmodell erforderlich. Deswegen können auf dem Meistermodell sowohl die Primärteile als auch die Teilprothese mit dem Gerüst und den Sekundärteilen hergestellt werden. Die Bereiche der präparierten Stümpfe müssen dabei mit einem Modellkunststoff (z. B. Picopoly, Picodent, D-Wipperführt) ausgegossen werden. Dies ist deshalb erforderlich, weil Gips keine ausreichende Härte zum Aufpassen der feinen Rillenstrukturen der gegossenen NEM-Adhäsivflügel aufweist.

In der Regel wird ein Duplikatmodell als feuerfestes Einbettmassemodell hergestellt (Blasenfreiheit im Bereich der Adhäsivflügel), dieses an Stelle des Meistermodells in den Artikulator montiert und darauf die Wachsmodellation der Adhäsivattachments erstellt. Dazu wird die ausbrennfähige Patritze des Stabgeschiebes im Bereich der späteren Prothesensättel mit Hilfe eines speziellen Halters des jeweiligen Herstellers im Parallelometer approximal an den jeweiligen Adhäsivflügel parallelisiert angewachst. Über der Patrize des Stabgeschiebes sollten mindestens 1 mm okklusaler Freiraum vorhanden sein, wenn die Kaufläche des Zahnes über dem Geschiebe unverblendet bleiben soll. Für ein verblendetes Gerüst werden mindestens 1,5 mm okklusaler Freiraum benötigt. Anschließend wird durch Setzen der Gusskanäle und Überbettung mit Einbettmasse eingebettet. Dadurch vermeidet man ein notwendiges Abheben der Modellation, was ein Verziehen verhindert und ein blasenfreies Ausfließen der feinen Retentionsrillen sicherstellt. Bevor das nach dem Guss gesäuberte Adhäsivattachment zum ersten Mal auf dem Meistermodell platziert wird, müssen ggf. auf den Flügelinnenseiten vorhandene Gussbläschen sorgfältig entfernt werden. Vorhandene Gussbläschen werden mit einem kleinen Rosenbohrer entfernt. Im Guss reproduzierte Rillen und Retentionsbohrungen, die nun als Positivform vorliegen, dürfen mit dem Bohrer nicht beschädigt oder abgerundet werden, sondern ihre Kontur muss zur Ausnutzung der vollen Retention erhalten bleiben.

Nach labortechnischer Fertigstellung der Adhäsivattachments werden diese am Patienten anprobiert, d. h. der saubere Sitz und die Passgenauigkeit überprüft. Das Stabgeschiebe sollte basal mit leichtem Druck auf der Gingiva aufliegen (vgl. Abb. 35-17 und 35-18). Bei zu starkem Druck (Ischämie der Gingiva verschwindet nicht innerhalb von 3 bis 5 Minuten oder bei Schmerzen des Patienten) muss die Stärke der Auflage entsprechend reduziert werden. Während dieses Behandlungstermins sollte auch mit den auf den Pfeilerzähnen provisorisch eingesetzten Adhäsivattachments die Zahnfarbe bestimmt werden, welche durch die Adhäsivflügel beeinträchtigt sein kann (vgl. Kap. 30).

Da kein Sägeschnittmodell benötigt wird, ist in der Regel keine Fixationsabformung erforderlich und die Teilprothese kann auf dem vorhandenen Meistermodell fertiggestellt werden. Hierzu wird das Meistermodell mitsamt den Adhäsivattachments und den darauf aufgeschobenen Kunststoffgleiteinsätzen in Einbettmasse dupliert und hierauf in üblicher Weise das Modellgussgerüst modelliert. Es empfiehlt sich, vor dem Duplieren über der Patrize des Stabgeschiebes einen Spacer von 0,2 mm aufzutragen, damit sich später das Prothesengerüst nicht auf der extrakoronal angebrachten stabförmigen Patrize exzentrisch abstützt, sondern damit die vertikale Belastung nur über die direkt auf dem Pfeilerzahn angelegte okklusale Auflage erfolgt. Alternativ kann nach der Fertigstellung des Gerüstes das Primärteil auch durch Beschleifen um 0,2 mm reduziert werden.

Ist über der entlasteten Patrize des Stabgeschiebes weniger als 1,5 mm okklusaler Freiraum vorhanden, sollte das Gerüst okklusal unverblendet gestaltet werden. Ist der Freiraum größer, kann das Gerüst so modelliert werden, dass eine okklusale Verblendung möglich ist. Die vestibuläre Fläche wird immer verblendet. Die Gerüstmodellation auf dem Einbettmassenmodell wird dann eingebettet und in CoCr-Legierung gegossen.

Bei der gemeinsamen Anprobe von Adhäsivattachments und Sekundärgerüst sollte eine nochmalige Kontrolle der registrierten Kieferrelation und der Modellmontage vorgenommen werden (Registratkontrolle). Ggf. muss erneut registriert werden und die Modelle müssen neu montiert werden. Nach der Anprobe der Wachsaufstellung am Patienten, bei der statische und dynamische Okklusion, Ästhetik und Phonetik kontrolliert werden, erfolgt die Fertigstellung der Teilprothese mit Prothesenzähnen und Prothesenkunststoff in üblicher Weise. Der erste pfeilernahe Ersatzzahn des abnehmbaren Sekundärteils sollte aus parodontalprophylaktischen Gründen in der Regel als Pontic, d. h. ohne rosa Sattelanteile, gestaltet werden.

Die fertiggestellte Teilprothese wird zusammen mit den Adhäsivattachments hinsichtlich Passgenauigkeit, Retention, Sitz der Teilprothese, statischer und dynamischer Okklusion, Ästhetik und Phonetik kontrolliert und ggf. angepasst. Die adhäsive Befestigung der Adhäsivattachments sollte einzeln unter Kofferdam und ohne aufgesetzte Teilprothese erfolgen. Aufgrund der Retentionsrillen an den Pfeilerzähnen sitzen die Adhäsivattachments so eindeutig und sicher, dass ein Einkleben in einer falschen Position ausgeschlossen erscheint. Bei Freiendsituation empfiehlt sich in der Regel, am endständigen Pfeilerzahn eine Butterfly-Klammer zu verwenden. Die korrekte Positionierung des Adhäsivattachments mit dem auf der Gingiva aufliegenden Stabgeschiebe gegen den Widerstand des ausgespannten Kofferdams sollte vor der Konditionierung der Klebeflächen „trocken“, d. h. ohne aufgetragenen Kleber, ebenso geübt werden wie die Reinigung der Adhäsivflügelränder durch die Assistenz. Ist die Spannung des Kofferdams so groß, dass die sichere Positionierung des Adhäsivattachments nicht gewährleistet ist, sollte der Kofferdam mit einer Naht im Bereich des Freiendsattels fixiert werden, um die übermäßige Spannung des Kofferdams zu eliminieren (Achtung: vorherige Aufklärung des Patienten!). Idealerweise erfolgt erst nach dieser Überprüfung der Positionierbarkeit unter Kofferdam die Konditionierung der Klebeflächen der Adhäsivattachments, damit eine Kontamination dieser Flächen ausgeschlossen ist. Die adhäsive Befestigung der Adhäsivattachments folgt dann den in Kap. 29 und 30 für einflügelige Adhäsivbrücken beschriebenen Vorgehen.

Da autopolymerisierende Kleber initial mit jeder Stunde ihrer Aushärtung an Festigkeit gewinnen, sollte die Teilprothese in der Regel nicht am Tag des Einklebens der Adhäsivattachments eingegliedert werden, sondern erst am nächsten Tag, wenn der Kleber vollständig durchgehärtet ist. Als risikobehaftete Ausnahme und nur nach Aufklärung und auf Wunsch des Patienten kann die Teilprothese auch am Tag des Einklebens der Geschiebe eingegliedert werden. Dann aber darf der Patient die Prothese nicht selbst aus dem Mund entfernen, sondern soll am nächsten Tag zum Herausnehmen und Üben der Prothesenhandhabung erneut in die Praxis kommen. Initial sollte immer zuerst der schwächste Kunststoffgleiteinsatz (Farbe weiß) des Preci-Vertix-Geschiebes verwendet werden, um dem Patienten die Handhabung der Prothese in der Eingewöhnungsphase zu erleichtern. Nur wenn der Patient bei einem Nachsorgetermin berichtet, dass sich die Prothese unter Funktion löst, sollte der nächst stärkere Matrizeneinsatz (Farbe gelb) verwendet werden.

Tab. 35-2 Übersicht über das klinische und labortechnische Vorgehen bei extrakoronalen Adhäsivverankerungen.

KlinikLabor
Anamnese, Befund, Panoramaschichtaufnahme, Situationsabformung mit konfektioniertem Löffel, Gesichtsbogenübertragung, Kieferrelationsbestimmung, Diagnose, Planung
Herstellung von Studienmodellen, Modellanalyse• im Artikulator• im ParallelometerDefinition der Einschubrichtung• der Halteelemente an den Pfeilerzähnen• der Teilprothese, diagnostisches Set-up der fehlenden Zähne
Hygienephase, präprothetische Vorbehandlung, Reevaluation der Vorbehandlung
diagnostische Präparation, Herstellung individueller Löffel
Prothetische Phase: Präparation am Patienten, definitive Abformung, Gesichtsbogenübertragung, Kieferrelationsbestimmung
Modellherstellung, Modellmontage im Artikulator, evtl. Set-up (Aufstellung der Prothesenzähne in Wachs)
evtl. Einprobe des Set-ups
Modellation der Adhäsivattachments in Wachs, Ausrichten und Befestigen des Geschiebe-Primärteils, Einbetten, Gießen
Einprobe der Adhäsivattachments, Anprobe der Wachsaufstellung
Herstellung des Modellgusses mit Geschiebe-Sekundärteilen
Modellgusseinprobe, Registratkontrolle
Fertigstellung der Teilprothese in Kunststoff
Anprobe der fertigen Arbeit, Konditionierung der Klebeflügel, Einkleben der Adhäsivattachments
am folgenden Tag: Kontrolle und definitives Ausarbeiten, Eingliederung der Teilprothese*
Nachsorge

* Die Teilprothese sollte in der Regel erst am folgenden Tag, wenn die Polymerisation des Klebers vollständig erfolgt ist, eingegliedert werden, oder aber der Patient sollte instruiert werden, die Prothese nicht selbst herauszunehmen und sich am nächsten Tag zur Kontrolle und zum Üben des Einsetzens und Herausnehmens in der Praxis vorzustellen.

In Abhängigkeit von den individuellen Verhältnissen sollte jeder mit Adhäsivattachments versorgte Patient im Abstand von jeweils 3 bis 6 Monaten kontrolliert werden. Dabei ist vor allem auf Plaqueablagerungen und Karies im Bereich des Klebeflügelrands sowie auf die okklusalen Verhältnisse im Bereich der Prothesenzähne zu achten und die Passgenauigkeit der Sattelauflagen zu überprüfen. Zusätzlich sollte der okklusale Freiraum zwischen Patrize des Stabgeschiebes und seinem Sekundärteil mittels Disclosing Wax (KerrHawe SA, CH-Bioggio) überprüft werden. Ist dieser verlorengegangen und durch eine ggf. notwendige Unterfütterung nicht wiederherzustellen, sollte das Stabgeschiebe von okklusal leicht (0,2 mm) gekürzt werden, um eine exzentrische Überbelastung des Geschiebes zu verhindern.

Tabelle 35-2 fasst den Behandlungsablauf bei über Adhäsivattachments verankerten Teilprothesen nochmals zusammen.

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