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Kapitel 2

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„Ich bekomme echt Ärger!“, sagte der Behörnte.

„Wieso das denn?“

„Sie sind bestimmt ein besonderer Fall!“

„Ich bin immer ein besonderer Fall!“

„Davon gehe ich aus, Sie halten sich an keine Regel! Wenn eine Aufzugtür zugeht, dann geht sie zu! Dann darf man sich nicht noch hindurch quetschen!“

„Habe ich aber gemacht!“

„Sie stehen mit Sicherheit auf der Subliste! Ich schaue mal eben! Loki, Loki, ja da sind Sie! Loki von Asgard, Feuergott und Unruhestifter! Sie hätten eigentlich zu Aufzug Z gemusst!“

„Jetzt bin ich aber in Aufzug H!“

„Und ich verliere meinen Job!“, sagte der Behörnte.

„Keine Bange, nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird!“, meinte Loki.

„Haben Sie 'ne Ahnung, es wird gleich sehr heiß werden!“

„Wieso, heizen Sie etwa mit Uran!“

„Ja, mittlerweile! Früher hatten wir Kohle genommen, aber der Chef sagte irgendwann, das sei zu sauber! Was wollen Sie denn bei uns, Loki?“

„Ich wollte nur meine Tochter besuchen!“

„Ah, Familientreffen!“

„Nicht ganz, ich will sie nur um Rat fragen!“

„Worum geht es?“

„Ich bin depressiv!“

„Oh, das tut mir leid! Weswegen denn?“

„Da gibt es einen Ritter, der macht mir das Leben zur Hölle!“

„Muss wohl ein schlimmer Finger sein!“

„Ganz schlimmer Finger! Hat mich in Asgard durch die Gegend geworfen!“

„Dann ist er anscheinend stärker als Sie!“

„Erinnern Sie mich nicht daran!“

„'Tschuldigung!“

„Schon okay!“

„Wie heißt denn Ihre Tochter?“

„Ihr Name ist Hel!“

„Hel, aha! Ich schaue mal in die Liste!“

Der Behörnte schaute.

„Steht nicht drin!“

„Kann nicht sein! Wir fahren doch mit diesem Fahrstuhl in die Hölle?“

„Ja, H steht für Hölle!“

„Na also, dann muss sie da auch da sein!“

„Wieso denn das?“

„Weil sie die Herrscherin von Hel ist!“

„Bitte was? Ich fürchte, ich kann nicht ganz folgen!“

„Hel bedeutet nichts anderes als Hölle!“, erklärte Loki.

„Hel bedeutet Hölle? Das ist mir neu!“

„Das ist von den Christen, sie hatten unseren Hel-Gedanken adaptiert und Hölle daraus gemacht!“

„Oh! Verstehe! Aber wenn Hel die Herrscherin der Hölle ist, dann müsste ich das doch wissen!“

„Sie wissen das nicht?“

„Unser Herrscher ist ein Typ!“

„Hm, dann müssen die Christen das auch geändert haben!“, meinte Loki, „Hm, komisch!“

„Wann sind wir endlich da?“, fragte der Vergewaltiger.

„Dauert nicht mehr lange!“, sagte der Behörnte.

„Will ich hoffen! Mir juckt es schon in der Hose!“

„Dann sollten Sie sich mal waschen!“, meinte der Behörnte.

Da wurde es auf einmal ziemlich warm.

„Ah, endlich Betriebstemperatur!“, meinte Loki.

Dann wurde es heiß. Der Vergewaltiger kam ins Schwitzen.

„Muss das hier so heiß sein?“, fragte er.

„Sie werden sich schon noch daran gewöhnen!“, sagte der Behörnte.

Dann hielt der Aufzug an, und die Schiebetüren gingen auf.

„Wir sind da!“, meinte der Behörnte, „Einmal alle aussteigen!“

Alle stiegen aus. Da entdeckte Loki seine Tochter Hel. Sie eilte zu ihm.

„Papa!“, rief sie.

„Hi, Schatz!“, sagte Loki und knuddelte seine Tochter.

„Endlich bist du da!“, sagte Hel.

„Endlich?“

„Hast du meine SMS nicht bekommen?“

„Ich habe mein Handy verloren!“

„Wieso bist du denn dann hier, Papa?“

„Ich brauche deinen Rat!“

„Weswegen?“

„Wegen diesem Ritter!“

„Das kann warten!“

„Das kann warten?“

„Hier ist einer, der stalkt mir nach, der geht mir sogar an die Wäsche!“

„Oh!“

„Er nennt sich Herr aller Unterwelten!“

„Den knöpfe ich mir vor!“

Währenddessen wies der Behörnte den neuen ihre Quartiere zu.

„Die Mörder gehen bitte ins Segment M, die Vergewaltiger ins Segment V, die Diktatoren ins Segment D und alle sonstigen in das Segment S!“, ließ der Behörnte verlauten, „Ausbruchspläne sind beim Pförtner abzuliefern! Sonstige Fragen beantwortet der Pförtner gerne! Amtliche Bekanntmachungen und Informationen über die Infrastruktur hängen am schwarzen Brett neben dem Pförtnerhäuschen aus! So, dann wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Aufenthalt!“

Der Behörnte verschwand in dem Aufzug und rauschte mit diesem wieder nach oben. Hitler und Himmler gingen erst mal zum Pförtner.

„Hallo, Josef!“, sagte Hitler.

„Hi, Josef!“, sagte Himmler.

„Hi, ihr! Da seid ihr ja!“

„Was machst du denn hier?“, fragte Hitler.

„Man soll's nicht glauben, aber ich habe hier einen Job gekriegt!“, sagte Josef Goebbels.

„Sieh an! Ist der wenigstens gut bezahlt?“, fragte Hitler.

„1200 netto!“

„Das ist aber nicht viel!“, meinte Hitler.

„Ich brauche wenigstens keine Quälsteuer zu bezahlen!“

„Quälsteuer?“

„Für 60 Minuten quälen muss man einen Zehner hinlegen!“

„Das heißt, du kannst so viel quälen, wie du willst?“

„Genau! Mache ich aber nicht, in der Freizeit bin ich lieber mit Magda und den Kindern zusammen!“

„Verstehe!“, sagte Hitler.

„Du wirst es mir nicht glauben, die haben mir sogar den Führerbunker nachgebaut, wegen Nostalgie und so! Da wohne ich jetzt!“, sagte Goebbels.

„Dann werde ich wahrscheinlich den Obersalzberg bekommen!“, freute sich Hitler.

„Ne, du hast ein Zweibettzimmer mit Stalin!“, sagte Goebbels.

„Was? Ich bin mit Stalin auf einem Zimmer?!“

„Wird schon gehen, ihr seid ja vom selben Schlag!“, sagte Josef.

„Was soll das nun wieder heißen? Er ist ein Bolschewik und ich Nationalsozialist!“, merkte Hitler an.

„Das ist richtig! Aber ihr seid beide Diktatoren! Apropos, dienstagabends gibt es eine Selbsthilfegruppe für Diktatoren!“, sagte Josef.

„Eine Selbsthilfegruppe? Was soll das denn sein?“, fragte Hitler.

„Kann ich dir nur empfehlen, Adolf!“

Hitler schaute Goebbels an.

„Was ist, Adolf?“, fragte Josef.

„Ich habe das Gefühl, du hast weitestgehend das nationalsozialistische Gedankengut verlassen, Josef!“

„Meinst du?“

„Ja, meine ich! Du bist mir untreu geworden! Selbsthilfegruppe, wo gibt ’s denn so was? Wir Deutsche brauchen keine Hilfe, wir kommen alleine klar!“

„Erstens, du bist kein Deutscher, Adolf, du bist Österreicher! Und zweitens, die Zeiten haben sich geändert! Ich habe einen angenehmen Job, der einigermaßen bezahlt wird, ich habe meine Familie und keinen Totalen-Krieg-Stress mehr! Das Leben verläuft für mich in ruhigen Bahnen, und außerdem ist es hier angenehm warm!“

„Du bist ein Verräter, Josef!“

„Willst du dich wieder aufregen, Adolf? Wir haben auch eine Selbsthilfegruppe für Antiaggression!“

„Niemand würde mich in so eine Selbsthilfegruppe hinein bekommen!“

„Wir haben auch Therapeuten, die das veranlassen könnten!“

„Was? Die würden mich zwingen?!“

„Adolf, wir sind hier in der Hölle! Da läuft einiges anders! Und jetzt gehe bitte auf dein Zimmer!“

Wortlos trottete Hitler von dannen. Er suchte Segment D, fand es, denn alles war sehr gut ausgeschildert. Dann fand er auch sein Zimmer. Es trug die Nummer 45. Auf dem Schild neben der Tür stand: Adolf Hitler, Josef Stalin. Er trat ein und fand Stalin vor. Der lag auf dem Bett, das auf der rechten Seite stand.

„Hallo, Josef!“, sagte Hitler.

„Hallo, Adolf!“, sagte Josef.

„Was machst du da?“

„Liegen!“

„Könntest du vielleicht das Bett auf der linken Seite nehmen, Josef?“

„Warum?“

„Es wäre mir sehr wichtig!“

„Lass mich in Ruhe!“, sagte Stalin und drehte sich weg.

Da blieb Hitler nichts anderes übrig, als das Bett auf der linken Seite zu nehmen. Er setzte sich darauf und stierte erst mal so vor sich hin.

„Jetzt kriege ich noch nicht mal das Bett auf der rechten Seite! Ich finde das ungerecht! Ich war doch immer ein rechter Mann!“

„Könntest du mal die Klappe halten?“, sagte Stalin.

„Jetzt darf ich auch schon nichts mehr sagen!“

„Es gibt gleich Abendbrot, und ich bin müde! Ich will mich vorher noch ein wenig ausruhen, aber ohne dein selbstmitleidiges Gequake!“

„Hier gibt es Abendbrot?“

„Du hättest mal einen Blick auf das schwarze Brett werfen sollen! Abendbrot im Essraum um 18 Uhr!“

„Aber ich habe keine Uhr!“

„Nicht notwendig, die geben das per Lautsprecherdurchsage durch, wann es soweit ist! Steht alles am schwarzen Brett!“

„Aha!“, sagte Adolf und legte sich auch hin.

Bevor er einschlief, musste er noch etwas loswerden.

„Josef?“

„Was gibt es denn jetzt schon wieder?“

„Ich hasse dich!“

„Ich hasse dich auch!“

„Gute Nacht!“

„Gute Nacht!“

Psychotherapie in der Hölle

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