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Kapitel 3 - Corona-Döner Bonds

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Murat dachte, alles wird immer so weitergehen, einfache Arbeiten, sicheres Einkommen, was will man mehr. Dann hatte er noch den Unterschied zwischen Mensch und Tier herausgearbeitet. Die Welt schien in Ordnung, man fuhr auf Sicht und hatte Übersicht. Er hatte sich geirrt.

Immer öfter musste er an seinen Laden denken, auch wenn der Erfolg ausgeblieben war, gerade im März.

dm blieb dm, aber der Laden war sein Laden. Alles war vertraut, Heimat eben. Dann redeten die Leute immer öfter über Soforthilfe. Murat bekam schnell heraus, auf ihn traf Soforthilfe II zu.

Er musste handeln, die erste Antragswelle war schon durch, keiner wusste, wie lange das Geld noch reichen würde. Der Server für die Antragstellung erlitt eine innere Blutung, es schien fast schlimmer als das Virus. Der Handel wurde ausgesetzt, es fühlte sich an wie ein Wettlauf gegen Apollo 13.

Murat erfasste die Panik mit kalter Hand. Er hatte fast nie Steuern gezahlt, aber auch noch nie etwas vom Staat genommen, so wurde er erzogen.

Damit war er so etwas wie der weiße Fleck der Pandemie, unschuldig und antragsberechtigt.

Gleich nach Ostern fuhr er zweigleisig, er öffnete seinen Laden wieder und verkaufte to go. Vormittags war er im Laden, nachmittags bei dm. Am zweiten Tag nach Ostern beantragte er Soforthilfe II, insgeheim nannte er sie Dönerbonds.

Beim Ausfüllen des Antrags ließ er sich von seinem Nachbarn aus dem Telefonshop helfen, der bestätigte ihm auch, es gab keine Geld-zurück-Garantie, es war ein Geschenk von Peter Altmaier.

Vor ihm in der Warteschlange waren 48.152 Antragsteller. Murat stellte sich auf einen langen Kampf ein, doch 3 Tage später hatte er das Geld.

Er ging zu seinem Bruder Memet und sagte, „ich habe von der Bundesrepublik 9.000 € geschenkt bekommen, wenn Manni das noch erleben könnte!

Ich kann jetzt wieder planen, vielleicht ist das die Planwirtschaft von der Manni immer sprach!?“ Memet erwiderte, „Du hast Dir zu lange bei dm den Rücken krumm gemacht. Ich habe 2 Wochen früher beantragt und 14.000,-€ bekommen.“

Murat schaute traurig und fragte Memet: „Warum hast Du mehr bekommen, konnte man mit Payback-Punkten arbeiten?“

„Ich habe mich nicht gleich nach Klopapier angestellt, sondern nach Geld, Klopapier wird es bald wieder überall geben, Geld umsonst nicht“, antwortete Memet.

Murat verstand, die flache Lernkurve war schon immer sein Verhängnis, außerdem wäre ihm ein so hoher Betrag auch peinlich gewesen.

Kurz darauf durften Geschäfte wieder öffnen, die nicht systemrelevant waren. Mit dem Geld von Herrn Altmaier im Rücken und dem anlaufenden Freihandel wähnte Murat sich auf dem Sonnendeck des Lebens. Jetzt war er der Meister der Pandemie, Murat hatte geschafft, wovon im Fernsehen immer gesprochen wurde. Er war vor die Welle gekommen, dachte er.

Die Menschen aus seiner Umgebung sahen die Welle noch vor sich, nein, mehr einen Berg. Sie gingen kaum in die geöffneten Geschäfte, die Sachen, die man hatte, waren noch gut, warum neue kaufen!? Trotzig kündigte Murat bei dm, um sich ganztags auf sein Geschäft zu konzentrieren.

Die Leute nahmen davon keine Notiz, sie gingen nicht mehr auf der anderen Straßenseite an seinem Laden vorbei, sie gingen direkt an seinem Laden vorbei. Kaum einer blieb stehen.

Mitte Mai hatte Murat noch 4.580 € von Herrn Altmaier, er machte sich Sorgen.

Aus Angst, die Geschäfte könnten wieder schließen, kaufte sich Murat warme Sachen für den Winter und ein gutes Fahrrad, damit würde er unabhängig sein, zu allen Jahreszeiten.

Er hatte jetzt noch 2.610 € von Herrn Altmaier. Sein Bruder Memet meinte: „Die Konjunktur muss wieder anziehen, sonst fangen die Leute an zu plündern, danach kommt der Bürgerkrieg.“

Murat dachte, dann würde er eine Waffe brauchen, er befürchtete, dafür würde er von Herrn Altmeier nichts bekommen. Dann vielleicht doch Italien, dort sollte ein Rettungsschirm gespannt werden. Dafür wurde es an der Tankstelle billiger.

Er bereute, dass er das Fahrrad gekauft hatte.

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