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III. Europarat
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Der 1949 gegründete Europarat hat als Zielsetzung die dauerhafte Sicherung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in Europa (Art. 1, 3 der Satzung des Europarats).[1] In Erfüllung dieser Aufgaben erarbeitete der Europarat die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die 1950 unterzeichnet wurde und 1953 in Kraft trat. Dem Europarat gehören 47 europäische Staaten an.[2] Er hat maßgeblich zur Entwicklung und Verrechtlichung der Menschenrechte beigetragen. Gerade das Datenschutzrecht zeigt im Übrigen, dass der Europarat auch auf die Entwicklung des Rechts der Europäischen Gemeinschaften eingewirkt hat und nunmehr auf das der Europäischen Union einwirkt.
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Fallbeispiel 1 Anonyme Kontaktanzeige – Datenschutz nach Art. 8 EMRK
Eine unbekannte Person stellte eine Bekanntschaftsanzeige auf einer Dating-Seite im Internet ein.[3] Diese Anzeige enthielt
– | den Namen und das Alter des Beschwerdeführers, der damals 12 Jahre alt war, |
– | eine detaillierte Beschreibung seiner körperlichen Eigenschaften, |
– | einen Link zu seiner Homepage, auf der er auch sein Foto eingestellt hatte und |
– | seine Telefonnummer, die bis auf eine Ziffer zutreffend war. |
In der Anzeige wurde behauptet, dass der Beschwerdeführer eine intime Beziehung mit einem Jungen seines Alters oder einer älteren Person suche mit dem Ziel „to show him the way“. Die Anzeige auf der Dating-Seite erfolgte ohne Wissen des Beschwerdeführers. Dieser erhielt erst Kenntnis, als ihn ein erwachsener Mann per E-Mail kontaktierte und anbot, ihn zu treffen und „then to see what you want“. Unstrittig handelt es sich bei der Veröffentlichung um eine strafbare Handlung. Der Vater des Beschwerdeführers beantragte bei der Polizei, die Person zu ermitteln, die die Anzeige ins Internet gestellt hat. Die Polizei ermittelte die dynamische IP-Adresse. Der von der Polizei in Anspruch genommene Internetzugangsanbieter (Service-Provider) weigerte sich indes, die zu der IP-Adresse korrelierenden Bestandsdaten bekannt zu geben. Der Service-Provider berief sich auf den Schutz seiner Berufs- und Geschäftsgeheimnisse und auf die Wahrung des Datenschutzes gemäß den Bestimmungen des nationalen Telekommunikationsgesetzes. Die zuständige Behörde verklagte den Service-Provider vor nationalen Gerichten aller Instanzen auf Bekanntgabe der Bestandsdaten. Das erstinstanzliche Gericht stellte in einer Entscheidung fest, dass im nationalen Recht keine Rechtsgrundlage für die Bekanntgabe von Telekommunikationsdaten bei Verleumdung bestünde. Diese Entscheidung hatte vor allen nationalen Gerichten Bestand. Der Beschwerdeführer verklagt deswegen den Konventionsstaat wegen der Verletzung seines Rechts auf „Privatheit“ (Art. 8 EMRK) durch die nationalen Gerichte vor dem EGMR. Der Beschwerdeführer behauptet, dass der Konventionsstaat die Schutzpflicht für seine Privatheit nicht erfüllt habe.
Ist die Beschwerde begründet?
(Lösung siehe Rn. 41)