Читать книгу Emanzipation des Individuums oder seine Funktionalisierung - Jürgen Mietz - Страница 9
3 Resilienz und Sicherheitspolitik
ОглавлениеDieser Eindruck verstärkt sich, wenn man betrachtet, wie Resilienzförderung in der so genannten Sicherheitspolitik diskutiert beziehungsweise vorangetrieben wird. Im Anschluss an das Weißbuch 2016 des Verteidigungsministeriums[Fußnote 8] –
»Für die gesamtstaatliche Sicherheitsvorsorge ist die Stärkung von Resilienz und Robustheit unseres Landes gegenüber aktuellen und zukünftigen Gefährdungen von besonderer Bedeutung. Dabei gilt es, die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Organen, Bürgerinnen und Bürgern sowie privaten Betreibern kritischer Infrastruktur, aber auch den Medien und Netzbetreibern zu intensivieren. Das Miteinander aller in der gemeinsamen Sicherheitsvorsorge muss selbstverständlich sein.« S. 48, –
macht die Bundesakademie für Sicherheit Resilienz zu einem ihrer großen Themen. Forsch und in Gestalt eines Aufrufs heißt es: »Vorwärts Resilienz! – Vorschläge zum Resilienzausbau in Deutschland«[Fußnote 9]. Der Formulierungsvorschlag des Autors, Michael Hanisch, Oberstleutnant i.G. und persönlicher Referent des Präsidenten der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, für das, was man brauche, lautet »Nationale[r] Aktionsplan Resilienzstärkung«. Es gehe um die Stärkung der eigenen Krisenfestigkeit:
»Effektive[s] Umgehen, Verkraften und Anpassen an unvermeidliche Störungen, wie etwa Umweltkatastrophen, Terroranschläge oder Propaganda, ein elementarer Baustein für eine umfassende, gesamtstaatliche Sicherheitsvorsorge.«
Die schon aus anderen Maßnahmeplänen erreichten Schutzmaßnahmen, die aber nicht unter dem Begriff Resilienz entwickelt wurden, stuft der Autor als nicht ausreichend an:
»Doch letztlich bilden die damit verbundenen Fähigkeiten „nur“ einen ganz spezifischen Bereich von Resilienz ab. Es gibt aber weitaus mehr Formen von „Krisenfestigkeit“, etwa eine robuste Wirtschaft oder die psychische Bewältigungskompetenz von Individuen oder Kollektiven, die einer Extremsituation ausgesetzt waren.«
Michael Hanisch empfiehlt zu sondieren, welch unterschiedliche Projekte und Initiativen dem Resilienzausbau zugeordnet werden könnten. Damit ließe sich ein Mehrwert für ihn erzielen.
Als Element eines größeren Programms bringt Michael Hanisch kommunale und lokale »Resilienzpartnerschaften« ins Gespräch. Klar ist auch, dass sich der Resilienz-Ausbau in Kennziffern fassen lassen muss.
»Denn nur wenn klar ist, wie eine spezifische „Krisenfestigkeit“ gemessen werden kann, lässt sich auch feststellen, zu welchem Maß diese bereits existiert, wie wirksam Maßnahmen zu deren Förderung sind und inwieweit politische Zielvorgaben erreicht wurden.«
Also wird es ähnlich zugehen, wie bei der Schulentwicklung, im Gesundheitswesen, in der Altenpflege oder bei der Vergleichbarkeit des Abiturs. Verkennzifferung allerorten. Gewiss wie die Vermessung ist, dass Geld investiert werden muss. Weitergedacht ist vorstellbar, dass pädagogische und psychosoziale Einrichtungen und private Institute Verknüpfungen zur „nationalen Aufgabe Resilienzausbau“ herstellen, um an Gelder zu kommen. Es sollte doch möglich sein, die eigene Arbeit in das Licht nationaler Gesundherhaltung zu stellen, oder nicht?
Bei der Wirtschaft ist Michael Hanisch zuversichtlich, dass diese ihren Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Resilienzverantwortung sehen und wahrnehmen werde. Skeptischer ist er dagegen, was die Bereitschaft des einzelnen Bürgers angeht, obwohl gerade sie für »die angestrebte gesellschaftliche Gesamtresilienz« wesentlich seien. Dazu sollte eine »Informationskampagne zur Bedeutung von Resilienz« auf den Weg gebracht werden. Die müsste allerdings so geschickt gestaltet sein, dass sie nicht gleich der Verhohnepipelung anheimfiele. Der Bürger muss krisenfest gegenüber Propaganda, Fake News und Terroranschlägen gemacht werden.