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Literatur und Sozialreform auf dem Lande
ОглавлениеAls Gegenbild zum zeitgenössischen Verfall der Welt durch die Massenmedien hat uns in den 1980er Jahren der US-amerikanische Medienwissenschaftler Neil Postman (1931 – 2003) den amerikanischen Farmer vor Augen geführt. Noch im 19. Jahrhundert konnte er offensichtlich sein Feld bestellen und sich zugleich, so ist es zumindest in Postmans kulturkritischem Bestseller Wir amüsieren uns zu Tode von 1985 zu lesen, noch seiner philosophischen oder sonstigen Lektüre, zumal der Bibel, widmen.
„Der Farmerjunge, der mit einem Buch in der Hand dem Pflug folgt, die Mutter, die ihrer Familie am Sonntagnachmittag etwas vorliest, der Kaufmann, der die Meldungen über die zuletzt eingelaufenen Clipper liest – sie waren andere Leser als die von heute. Flüchtiges Lesen dürfte es kaum gegeben haben, dazu fehlte die Zeit. Lesen geschah in einem täglichen oder wöchentlichen Ritual, dem eine besondere Bedeutung zukam. […] Bei Kerzenoder später bei Gaslicht las es sich nicht besonders gut. Und ohne Zweifel wurde sehr viel in der Zeit zwischen Morgengrauen und dem Beginn des Tagwerks gelesen. Was man las, das las man ernsthaft, intensiv und mit einem bestimmten Ziel.“1
Auch wenn dieses Bild insgesamt eher romantisch übermalt als realistisch entworfen erscheint, lässt es sich doch nutzen, um zur Mitte des 19. Jahrhunderts auf einen Punkt zu verweisen, an dem Literatur und Gesellschaft in einer vergleichsweise engen und zugleich wirklichkeitshaltigen Beziehung zueinander zu stehen schienen. Literatur, Lesen, aber auch Schreiben, erscheinen hier als Medien und Zugänge zu einer in eben diesen Tätigkeiten fassbaren Wirklichkeit, ja sie lassen sich auch als Instrumente zu deren Bearbeitung und Veränderung bestimmen und unter entsprechenden Vorgaben nutzen.2 Es ist dies der Punkt, von dem aus auch Franz Michael Felder (1839 – 1869) bei seinem Versuch zu verorten ist, im Medium der schönen Literatur und mit den damit vorhandenen Gattungsformen und Instrumenten des Erzählens bzw. Dichtens Stimmen zu Wort kommen zu lassen: Zum einen, um die Erfahrungen und auch Erwartungen der bis dahin nicht wahrgenommenen, also weder kulturell noch politisch repräsentierten Landbevölkerung zur Sprache zu bringen. Zum anderen sucht er so, vom Feld der Literatur aus die Handlungsfelder der Gesellschaft nicht nur anzusprechen und seinem Lesepublikum vor Augen zu stellen, sondern diese im Sinne einer intendierten Besserung der ländlichen Verhältnisse auch zu verändern. Zeitgenössisch lässt sich der damit angesprochene Wechselbezug von Literatur und Gesellschaft nach beiden Seiten hin ausrichten, ist doch, mit René König gesprochen, die Vorstellung einer „Gesellschaft im Singular“, also die Ansprache einer Gesellschaft als Totalität im Sinne einer alle sozialen Zusammenhänge ebenso wie die jeweiligen sozialen Akteure zu einem „Ganzen“ rahmenden Kategorie,3 ebenso ein Ergebnis der geistes- und sozialgeschichtlichen Entwicklungen und Erfahrungen des frühen 19. Jahrhunderts4, wie sich korrelierend dazu die Vorstellung in dieser Zeit durchsetzt, Realismus in der Literatur und eine entsprechend realistische Schreibweise bezögen sich auf eine Welt und Wirklichkeit, „wie sie ist“ bzw. wie sie von Akteuren und Beobachtern erfahren und in literarischen Texten als Ganzes wiedergefunden werden kann.5
Stichworte, die Orientierungs- und Bezugspunkte für diese Entwicklung nach beiden Seiten anbieten, sind dabei zum Ersten die mit dem Aufkommen der Industriegesellschaft verbundenen marktgesellschaftlichen Prozesse und Strukturen, wie sie von Karl Polanyi im Blick auf deren Durchsetzung in ländlichen Räumen und Lebensformen als „The Great Transformation“6 beschrieben wurden. Zum Zweiten und damit ebenso korrelierend wie darauf reagierend sind die mit dem Einsatzpunkt der Französischen Revolution von 1789 verbundenen Ansprüche auf egalitärere, freiere und zugleich solidarische Gesellschaftsformen anzusprechen, die sich zunächst in der Rahmensetzung bürgerlicher Gesellschaft konstituieren,7 dann aber sukzessive auf weitere Gesellschaftsschichten und so auch auf die Landbevölkerung ausstrahlen8 bzw. von dieser auch übernommen und eingefordert werden.9 Schließlich sind es zum Dritten die vom Jahrhundert der Aufklärung ausgehenden Ansprüche und Leitbilder individueller Emanzipation, nicht zuletzt bzw. vor allem durch Bildung und Literalität zu erreichen, die sich ebenfalls den Bewohnerinnen und Bewohnern ländlicher Räume erschließen und vermittelt u. a. durch Pfarrer und Lehrer, aber auch durch schreibende Bauern, diese selbst zu Akteuren und Sprechern, auch zu reflektierenden Beobachtern ihrer sozialen Umstände werden lassen.10 Insgesamt führen diese Prozesse zu einem Abschmelzen ständischer Gesellschaftsmodelle, entsprechender Privilegien, Habitus-Konzepte und nicht zuletzt auch traditionell gefestigter Selbstverständnisse, wie dies von Marx und Engels im Kommunistischen Manifest von 1848 in die Formel: „Alles Ständische und Stehende verdampft“ gefasst und als bedeutende Leistung der „bürgerlichen Revolution“ in Korrelation zum Siegeszug des Industriekapitalismus hervorgehoben wurde. Dies betrifft, was sich insbesondere auch an der lebenslangen Auseinandersetzung Felders mit den Repräsentanten der katholischen Kirche ablesen lässt, auch die kulturellen Codierungen und Bewusstseinslagerungen der einfachen Leute in ihren herkömmlich überkommenen Mustern, denn „alles Heilige wird entweiht, und die Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen Beziehungen mit nüchternen Augen anzusehen“11. Dieser Umstand führt zum einen auf den dann auch von Felder beschrittenen Weg zu „nüchterner“ Wissenschaft, publizistischer Agitation und ggf. realistischem Schreiben, zumal im Blick auf die angestrebte soziale und ökonomische Verbesserung der Lebensverhältnisse auf dem Lande. Zum anderen, und auch dies lässt sich sowohl von Felders Texten aus bearbeiten als auch als spezifisches Merkmal seines Schreibens und Erzählens ausmachen, bleibt zu fragen, ob es bei einer solchen materialistisch induzierten wechselseitigen „Nüchternheit“ des In-der-Welt-Seins im Umgang mit sich selbst und anderen bleiben kann. Es geht ja doch zugleich darum, Sinnorientierungen, Glücksbegehren und dem Anspruch von Menschen auf ein je individuell „gelingendes Leben“ wenn schon nicht einen Raum in der Realität, so doch wenigstens in den Bereichen der Imagination, des Wünschens und davon ausgehender, durch diese gestärkter Praxisbezüge zu eröffnen.12 Beides zusammengenommen, führt dann auf das Feld der Literatur, das im Falle Felders gleichermaßen als ein Medium der Verlebendigung von Wünschen wie der Schilderung von Wirklichkeitserfahrungen genutzt und entsprechend ausgeformt wird.13
1.
Landreform und utopische Orientierung im Medium der Literatur
Literarische Texte, eben auch die von Glückshoffnungen und Glückserfüllungen, nicht zuletzt von deren Scheitern, handelnden Texte Felders, sprechen in diesem Zusammenhang eine mit den belleslèttres verbundene utopische Dimension – auch ihrer Form nach – an. Dies mag dabei sowohl die historische Stelle Felders im 19. Jahrhundert als auch die Möglichkeiten eines Anschlusses an seine Texte unter den Bedingungen weitergehender Moderne von heute aus ausmachen. Was die britische Soziologin Ruth Levitas in ihren Studien zum utopischen Denken als „education of desire“ angesprochen hat: „Utopia creates a space in which the reader is addressed not just cognitively, but experientially, and enjoined to consider and feel what it would be like not just to live differently, but to want differently – so that the taken-for-granted nature of the present is disrupted“14, findet sich im Sinne literarischer, imaginativer Wunscherfüllung in Felders Texten wieder – und zwar nicht als Kompensation für ein ansonsten nicht mögliches Tun und Wünschen, sondern als Impuls und Stärkung der mit den Wünschen in Erscheinung tretenden Handlungsoptionen im Blick auf die Entwicklung von Perspektiven zu ihrer Umsetzung.
Von heute aus gesehen erscheinen diese Ansprüche und ihre literarische Umsetzung umso wichtiger, als die englische Übersetzung der angesprochenen Stelle des Kommunistischen Manifests ja bereits über das Historische einer untergehenden Ständegesellschaft hinausgeht und das Abschmelzen jeglicher Bestände und Sicherheiten als das Signum der Moderne ausmacht: „All that is solid melts into air“. Marshall Berman verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass unter den Bedingungen einer anhaltenden Moderne die Unverzichtbarkeit von Ansprüchen auf ein gelingendes Leben ebenso auf ungesicherten Grundlagen basiert, wie diese der konstruktiven, also eben auch ggf. fiktionalen und imaginären Ausformung und Vermittlung bedürfen, um überhaupt zu Realitätspartikeln zu werden.15 Die oben für die Mitte des 19. Jahrhunderts skizzierte Engführung von Literatur und Gesellschaft kann dann zudem als ein Einsatzpunkt angenommen werden, um auch in literarischen Texten ein handfest politisches bzw. sozialökonomisches Thema wie die Forderungen nach Wirtschafts- und Sozialreformen auf dem Land nach beiden Seiten hin zu erkunden und in einen sowohl historischen als auch lebenspraktischen Zusammenhang zu stellen: zur Seite der Sozialreform, in deren Perspektive literarische Texte wie schon Georg Büchners Hessischer Landbote (1834) als Medien gesellschaftlicher Aufklärung und Besserstellung der Landbevölkerung intendiert und zu betrachten sind, und zur Seite der Literatur hin, in deren Kontext ländliche Erfahrungen und Lebenszusammenhänge als Sujet ästhetischer Gestaltung und als Mittel einer narrativen Herstellung von Kohärenz in Erscheinung treten.16 Dass und wie Franz Michael Felders Texte dies leisten, wird im Weiteren vorzustellen und zu diskutieren sein.
2.
Realistische Literatur und Reformansätze
in bürgerlicher Gesellschaft
In seinen Studien zum literarischen Realismus, die sich vielfach auf Erich Auerbachs noch immer lesenswerte Untersuchung Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der europäischen Literatur (1948) beziehen, spricht Joseph Peter Stern vom „goldenen Überfluß der Welt“17, um damit zum einen auf die Detailfülle und Detailbezogenheit der im literarischen Text entworfenen Wirklichkeitsbezüge hinzuweisen. Zum anderen nutzt er diese Metapher aber auch, um auf die durch die ästhetische Geformtheit jeder literarischen Darstellung ebenso wie durch die narrative Verkettung der Geschehnisse und Akteure ermöglichte Überdeterminierung bzw. eben auch Überzuckerung des Wirklichen, durchaus auch im Sinne einer möglichen ideologischen Überformung desselben, aufmerksam zu machen. Nicht zuletzt geht es auch darum, die durch eine krude Abschilderung der gegebenen Welt ggf. auch entstehende Sinnentleertheit, auch Langeweile, Repetierbarkeit und Glanzlosigkeit des Wirklichen in den Spiegeln literarischer Texte in den Blick zu rücken: „Realismus in der Literatur bedeutet in erster Linie die Art, eine Situation in ‚wirklichkeitsgetreuer‘, ‚präziser‘, lebenswahrer Weise darzustellen und zu beschreiben; oder in reicher, üppiger und farbenprächtiger Vielfalt; oder auch auf photographische, schablonenhafte Weise.“18
Erwächst der Literatur des literarischen Realismus aus dieser Ausrichtung auf eine gleichsam in der Erfahrung vorgegebene, vermeintlich einfache, also auch oberflächlich nur wahrnehmbare Wirklichkeit aus avantgardistischer Sicht der Vorwurf einer schalen Reproduktion des lediglich Vorhandenen, die auf das Wagnis avancierter Formen als Mittel weitergehender Darstellung und Erkenntnis verzichtet, so steht realistische Literatur doch zugleich unter dem Vorbehalt einer herkömmlich idealistischen Ästhetik, die mit dem Mangel an besonderer Form auch den Verzicht auf den Standpunkt einer übergreifenden Deutungsinstanz oder gar den Verlust derselben verbindet.19 Demgegenüber verweisen kritische, auch sozialkritische Beiträge allzu schnell auf den lediglich affirmativen Charakter einer solchen an der Wiedergabe realer Verhältnisse und wirklichkeitsbezogenen Geschehens orientierten Literatur, was in den Debatten der 1920er Jahre den literarischen Biografismus ebenso trifft wie die Reportage-Literatur, im Rückblick auf das 19. Jahrhundert aber auch eine vermeintlich historisch perspektivlose, lediglich auf die Vermittlung von Genrebildern hin angelegte Dorfliteratur.20
Tatsächlich aber, so hat dies Friedrich H. Tenbruck in seiner Studie zur „bürgerlichen Kultur“ ausgearbeitet,21 stellen kulturelle Träger, literarische Texte als Medien der Begleitung und Reflexion gesellschaftlicher Prozesse sowohl als Orientierungsgrößen und Spiegel als auch als Projektionsräume und Impulsgeber individueller und gruppenspezifischer Reformansätze und eines entsprechenden Selbstverständnisses ein bestimmtes Instrumentarium und Wirkungs-, auch Handlungsfeld in den Zusammenhängen einer sich im Laufe des 18. Jahrhunderts ausbildenden, im 19. Jahrhundert dann dominierenden bürgerlichen Kultur dar. Kultur, und so auch Literatur, dient seitdem nicht mehr vor allem der Repräsentation einer mehr oder weniger festgefügten Ordnung, sondern begleitet die ins Rutschen bzw. Schwimmen geratenen gesellschaftlichen Sphären im Sinne einer selbst beweglichen, stets und immer wieder Neues und Veränderungen herstellenden Produktions- und Reflexionssphäre, wobei auch sie selbst – im Blick auf das hier in Rede stehende Thema des Lebens und der Veränderungsmöglichkeiten in ländlichen Räumen wichtig – ebenso wie die „Bürgerliche Gesellschaft“ im Ganzen tendenziell auch auf die Unabschließbarkeit weitergehender Mobilität hin angelegt ist.22 Dies betrifft die Erweiterungsfähigkeiten des Handelns einzelner Akteure ebenso wie die Möglichkeiten zur Emanzipation sozialer Gruppen und nicht zuletzt sowohl die Ansprüche als auch die Prozesse weitergehender Integration der bis dahin aus der gesellschaftlichen Kommunikation (und Teilhabe) ausgeschlossenen sozialen Gruppen, seien dies nun Frauen, die Arbeiterklasse oder eben auch die Landbevölkerungen.
Literalität (cultural literacy), die Befähigung zur Teilhabe an Leseund anderen Kommunikationsmöglichkeiten, bietet dazu ebenso die Voraussetzung und den Rahmen für eine kulturelle, dann eben auch soziale Integration unterschiedlicher Einzelner und Gruppen in die Gesellschaft im Ganzen wie die Ermöglichung von Schreiben und anderen Praxisformen kultureller Produktion nicht nur die Handlungsmöglichkeiten der einzelnen, zumal derjenigen, die aus bislang vernachlässigten Unterschichten oder Randgruppen kommen, stärken, sondern auch zugleich deren (und ggf. aller) Wirklichkeitsverhältnis und -zugänge zu erweitern vermag: „Mit dieser Verselbständigung der Kultur“, so Tenbruck, „gewann die erlebte und bekannte Wirklichkeit für die einzelnen an Breite und Tiefe, an Gehalt und Bedeutung. Im Spiegel der literarischen, künstlerischen, philosophischen oder wissenschaftlichen Behandlung und Durchdringung der bislang subjektiv als unmittelbar erlebten und deshalb kaum differenzierten Erfahrung reicherte sich nun die Selbsterfahrung durch die Sublimierung, Differenzierung und Reflektierung der Empfindungen, Gefühle, Affekte, Emotionen, Gedanken und Überzeugungen an, wie ähnlich die äußere Wirklichkeit sich durch kulturelle Informationen ständig ausdehnte und gliederte, räumlich, zeitlich und sachlich. Verselbständigung der Kultur heißt also, dass die innere und äußere Wirklichkeit unablässig durch kulturelle Arbeit weiter und neu gedeutet werden muß.“23
Der hier angesprochene Ansatzpunkt eines mit der Konstitution bürgerlicher Gesellschaft verbundenen eigenständigen Feldes kultureller Produktion und Reflexion benennt damit zugleich die kulturellen, aber auch politischen und sozialen Funktionen literarischen Schreibens für ein Leben (und Wahrgenommenwerden) in den Integrationsformen bürgerlicher, in diesem Sinn moderner Gesellschaften. Gruppenspezifisch wie gattungsspezifisch ist dieser Ansatz so aufzunehmen, dass auch das Schreiben eines autodidaktischen Bauern wie Felder im Zusammenhang jener Aushandlungsorte (auch der Ketten) bürgerlicher Vergesellschaftung als kulturelle Produktion mit entsprechenden Intentionen und Resonanzerwartungen erkennbar wird. Der literarische Markt, aber auch Bildungseinrichtungen wie Schulen, publizistische Tätigkeiten und nicht zuletzt politische Aktionen stellen sich dabei sowohl als Handlungs- als auch als Aushandlungs- und Konfliktfelder, nicht zuletzt als Diskursarenen jener bürgerlichen Gesellschaft (im Sinne dessen, was aktuell als Zivilgesellschaft angesprochen wird) dar, deren Grundriss „bürgerlicher Öffentlichkeit“24 auch noch immer das Selbstverständnis liberaler Republiken und offener Gesellschaften so bestimmt, dass literarische Texte in irgendeinem Sinn „realistisch“ darauf Bezug zu nehmen vermögen.25
Freilich handelt es sich auch bei einer auf die poetische Abschilderung bzw. auf einen fiktionalen Entwurf von „Wirklichkeit“ angelegten Literatur, wie sie als literarischer bzw. poetischer Realismus angesprochen werden kann, keineswegs nur um die Reduktion des weiten Feldes schönen Scheinens (und seiner Mittel) auf das eingegrenzte und spannungslose Feld bürgerlich-gesellschaftlicher Verhältnisse26 oder um die Reduktion komplexer und widerspruchsvoller Realitätsbeobachtungen auf ein „Furchenglück in der Beschränkung“, wie dies später u. a. auf Jean Paul gemünzt wurde.27 Vielmehr geht es auch hier um die Ausarbeitung eines eigenständigen Beobachtungs- und Gestaltungsansatzes von Menschen in den sie bestimmenden Situationen und längerfristigen Kontexten bürgerlicher Gesellschaft und darauf bezogener emanzipatorischer Prozesse. Dass diese Bezüge auf gesellschaftliche Wirklichkeiten im Übrigen jeweils neben ihrer objektiven Seite auch unterschiedliche und divergierende subjektive Seiten und damit sowohl diverse Wirklichkeitsaspekte als auch divergierende Lebenslagen ansprechen und ausbilden, hat u. a. Jean Paul selbst bereits in seinen Überlegungen zu der von ihm so bezeichneten „deutschen Schule“ des Romans herausgestellt: „Nichts ist schwerer mit dünnem, romantischen Äther zu heben und zu halten als die schweren Honoratiores.“28 Zwischen Idealisierung und Komik sei mit der Zuwendung zur Realität für den Dichter die Aufgabe verbunden, „daß er doch die bürgerliche Alltäglichkeit mit dem Abendrote des romantischen Himmels überziehe und blühend färbe.“29
Damit ist freilich nicht, zumindest nicht vor allem, der Kitsch bzw. die politisch und historisch reaktionäre Färbung oder Überzeichnung einer ansonsten nicht auszuhaltenden und auch ästhetisch nicht zu vermittelnden Wirklichkeit gemeint, wie sie sich in der ebenfalls an die Romantik anschließenden und bis heute, folgen wir Eva Illouz’ Studien zur Aktualität und zum Gebrauchswert romantischer Liebe30, auch noch marktfähigen Unterhaltungsliteratur wiederfinden lassen. Vielmehr widmet Jean Pauls poetisches Programm einer „romantischen“, in seinem Sinn „modernen“ Poesie der Entzweiung/ Entfremdung des Menschen und der Gesellschaft unter den Bedingungen der Moderne ebenso sehr Aufmerksamkeit wie es dem damit einhergehenden Transzendenz- und damit Sinnverlust Rechnung zu tragen sucht. Im Sinne eines Empowerments finden wir diesen Impuls aber bspw. auch in Felders Novelle Liebeszeichen (1867) gestaltet: Durch situationsbezogenes, zugleich entschlossenes, durchaus in seinen Reichweiten begrenztes Handeln und immer nur auf Zeit und Kontexte hin angelegt, sollen sich offensichtlich auch unter den Bedingungen moderner, „transzendentaler Obdachlosigkeit“ (Georg Lukács) noch Sinn-Defizite im Medium der Literatur und des Erzählens/Schilderns/Berichtens kompensieren bzw. bearbeiten lassen.
3.
Felders Dorfgeschichten
Insoweit ist es gerade die räumlich-zeitlich und zugleich von Personal und Horizonten her beschränkte Form der Dorfgeschichte31 – und dies lässt sich dann auch auf das Verhältnis von Landreform und Literatur übertragen –, die einer unter den Bedingungen der Moderne ebenso fragmentierten wie pluralisierten Wahrnehmung der Wirklichkeit des Lebens „auf dem Lande“ Rechnung zu tragen sucht. Nicht zuletzt bestehen ihre Funktion und Bedeutung wohl darin, dass die Möglichkeiten (und Grenzen) realistischen Schreibens um 1850 ebenso zur Wahrnehmung, auch Erfahrung und Gestaltung von Wirklichkeit, in den begrenzten Räumen ländlicher Lebenswelten beizutragen vermögen32 wie sie eine Phänomenologie der Erfahrung unter den Bedingungen der Moderne vorstellen können. Zwischen der „Einübung des Tatsachenblicks“33 durch Fragestellungen, Techniken und Erfahrungsformen empirischer Forschung seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und der modellierenden Rekonstruktion gesellschaftlicher Verhältnisse durch Theorie-Ansätze und nicht zuletzt auch in politisch-ideologischen Programmen kommt dabei der „schönen Literatur“ (den belles-lèttres) wie auch anderen Künsten, so hat es Maurice Merleau-Ponty in seinen Radiovorträgen des Jahres 1948 hervorgehoben, die Funktion zu, eine Art Vermittlung zwischen Anschauung und Erkenntnis zu leisten, die sich im Falle einzelner Werke in spezifischen Situationen nicht nur als Impuls für weiteres Handeln (bspw. im Sinne eines Klassenstandpunkts oder – individuell bezogen – Empowerments)34 bestimmen lässt, sondern auch deren soziale Gestaltungsmöglichkeiten und historischen Grenzen vor Augen stellt: „Das Herz der Modernen“, so Merleau-Ponty, „ist […] ein intermittierendes Herz und vermag nicht einmal, sich selbst zu erkennen. Jedoch sind nicht allein die Werke der Modernen unabgeschlossen, sondern die Welt selbst, die in diesen Werken ausgedrückt ist, gleicht einem unabgeschlossenen Werk, von dem man nicht weiß, ob es jemals einen Abschluss finden wird. Sobald es sich nicht mehr nur um die Natur, sondern um den Menschen handelt, verdoppelt sich die Unabgeschlossenheit der Erkenntnis, die durch die Komplexität der Dinge bedingt ist, durch eine grundlegende Unabgeschlossenheit.“35
Felders Texte, von denen angesichts der Begrenzung von Raum und Zeit hier nur zwei etwas genauer angesprochen werden können: Liebeszeichen (1867) und Ein Ausflug auf den Tannberg (ebenfalls 1867 gedruckt) bieten in ihrer Konkretion ziemlich genau das, was hier im Rückgriff auf Merleau-Ponty als Möglichkeit und Leistung der belles-lèttres unter den Bedingungen der Moderne zur Verlebendigung ländlicher Lebenserfahrungen und Lebensverhältnisse erwartet und vermittelt werden kann: Sie handeln von den Lebensbedingungen ländlicher Gesellschaften im Konkreten, von der Besonderheit der angesprochenen Individuen, ohne sie in ihrer Komplexität und damit auch Uneindeutigkeit zu reduzieren. Das freilich beansprucht zugleich eine Leserin, einen Leser, der bereit (befähigt) ist, die damit angesprochenen Ambivalenzen und Mehrdeutigkeiten nicht nur anzunehmen, sondern sie auch im Sinne des oben mit Tenbruck angesprochenen gesellschaftlichen Bedarfs an kultureller Reflexion mit den eigenen Lebenserfahrungen und Wirklichkeitskonzepten in Verbindung zu bringen. Für das hier in Rede stehende Handlungs- und Arbeitsfeld der Landreform hat diese Aufladung mit Komplexität, wie sie ästhetischen Gebilden eigen ist, freilich auch Konsequenzen, die noch einmal über sozialgeschichtliche (oder politische) Aspekte eines in diesem Sinne engagierten Schreibens hinaus die Eigenart der Texte Felders auch hinsichtlich ihrer ästhetischen Gestalt und ihres historischen (auch aktuellen) Stellenwerts in den Blick rücken. Ob damit die Waage, wenn sie in Richtung ästhetischer Valenz ausschlägt, dies zugleich auf Kosten politischer Relevanz/Eindeutigkeit machen muss, oder ob diese gerade als Wert die politische Bedeutung vielleicht auch erhöhen kann (ggf. auf Kosten einer vermeintlich zu erwartenden Eindeutigkeit, die selbst im Politischen schadet), wäre im Blick auf die einzelnen Texte – und sicherlich kontrovers – weiter zu diskutieren.
4.
Landreform und Literatur unter Bedingungen der Moderne
Dafür, dass es möglich ist, Gesellschaft als einen umfassenden und zugleich in seiner Totalität auch fassbaren Zusammenhang zu erkennen, ja zu erfahren – und erst recht, wenn es dann darum gehen soll, diese im Ganzen als Handlungsfeld zu gestalten, zu bearbeiten und ggf. zu „verbessern“, wie dies hier unter dem Aspekt der Landreform angesprochen wird –, braucht es natürlich auch eine Schulung der Wahrnehmung, eine auf die Ermöglichung von Kommunikation hin angelegte Form der Beobachtung und Darstellung, also auch die Zusammenstellung von Gegebenheiten zu einer mehr oder weniger kohärenten Geschichte, zudem mit Verweisen auf entsprechende Kontexte. Nicht zuletzt geht es dabei um die Vorstellung, Sichtbarmachung und Plausibilisierung von Individuen und Gruppen in ihren gesellschaftlichen Verhältnissen, wie sie sich in der Literatur der Moderne im Anschluss an das 18. Jahrhundert finden und sich so in den Romanen Stendhals, Austens, Trollopes, Gottfried Kellers oder auch Balzacs, später bei Virginia Woolf oder auch William Faulkner und John Cheever, wiederfinden (und lesen) lassen.
Dass dabei der Weg zur Moderne zumal auch in soziologischen und modernetheoretischen Perspektiven an der Entwicklung der Stadt und im Blick auf die aufkommende, sich dann durchsetzende Industriegesellschaft beobachtet und diskutiert wurde, stellte in diesem Rahmen freilich erst einmal nur eine Option dar, an der gemessen die Rolle, der Reichtum und die Aussagekraft von Erfahrungen des Ländlichen allenfalls als Residualkategorie oder als zurückliegender Ausgangspunkt einer Reise, die ins unumkehrbar Moderne führen sollte, angesehen wurde.36 Freilich trifft diese Gegenüberstellung in Wahrheit noch nicht einmal auf die angesprochenen Romane einer klassischen „realistischen“ Literatur selbst zu, in denen gerade doch auch ländlichen Räumen und den Erfahrungen ihrer Bewohner, man denke etwa an Stendhals Le Rouge et le Noir (1830), gerade im Blick auf die Gegenwart des 19. Jahrhunderts beträchtliche Aufmerksamkeit eingeräumt wird.37 Auch aktuell trägt eine solche einlinige Ausrichtung avancierter Literatur auf die Gegebenheiten einer städtisch geprägten Industriemoderne noch immer weder der Bevölkerungsverteilung noch den Erfahrungsschätzen von Menschen unter den Bedingungen fortschreitender gesellschaftlicher und industrieller Modernisierung Rechnung. Vielmehr, so ließe sich im Rückblick auch auf die Dorf- und Landlebensliteratur des 19. Jahrhunderts, innerhalb deren die Konjunktur und Bauformen der Dorfgeschichten einen prominenten, gerade aktuell auch wieder „entdeckten“ Platz einnehmen,38 sagen, stellen sowohl die ländlichen Räume selbst als auch ihre Schilderungen und Gestaltungsformen in der Literatur eine andere, eine weitere Diskursarena dar, wenn es darum geht, sowohl die Prozesse der Modernisierung ganzer Gesellschaften als auch deren Verarbeitung, Wahrnehmung und Ausgestaltung von Seiten beteiligter Individuen und Gruppen zu erkunden.39
Gerade wenn zudem der Entwicklungsgang moderner Gesellschaften nicht als universell angelegter einliniger Prozess verstanden wird, in dessen Sog nahezu alle Verhältnisse sich bestenfalls in unterschiedlichen Zeitstufen, aber immerhin linear modernisieren, sondern etwa im Rahmen der von dem Soziologen Peter Wagner vorgelegten Moderne-Theorie von Phasen, Etappen und Schüben restringierter, fragmentierter und auch von unterschiedlichen Entwicklungsgängen überlagerter und in sich widersprüchlicher Modernisierung gesprochen werden kann,40 erscheinen ländliche Gesellschaften und Lebensverhältnisse auch nicht mehr lediglich als Residuen vormoderner Prägung, die sich in Auflösung oder im Gange des Verschwindens befinden. Vielmehr stellen sie sich – wie andere Lebensräume auch – als Erfahrungs- und Handlungsräume, zumal aber auch als Symbolvorräte und Kommunikationsangebote dar, in denen unterschiedliche Orientierungen, Erfahrungsschätze, Sinnreservoire und nicht zuletzt deren Verobjektivierungen, auch Verfestigungen und ggf. Verzerrungen zu Traditionen, Institutionen und kulturellen Artefakten anzutreffen sind und die als jeweilige Medien der Aushandlung von Interessen, Konflikten und Optionen zur Verfügung stehen bzw. diese auch entsprechend begrenzen.41
Selbst dort, wo Ländlich-Dörfliches vor allem als Gegenwelt und zu transformierendes „Andere“ der Moderne gezeigt, ja funktionalisiert wird, bieten Ländlichkeit und Dörflichkeit über die noch bestehenden Verhältnisse hinaus schon von ihrer Bildkraft her zugleich auch einen Imaginations-, Orientierungs- und Erfahrungsschatz dar,42 der nicht nur zur ästhetischen Validierung der in den Texten entworfenen Geschichten, Räume und Charaktere dienen kann, sondern darüber hinaus auch an Erfahrungen, Verhaltensmuster und Erwartungen im Lesepublikum anzuknüpfen vermag, die sich in der eigenen Biografie oder in der intergenerationellen Familiengeschichte noch immer mit den Erfahrungen und Vorstellungen des Ländlich-Bäuerlichen verbinden und durch sie validieren lassen.
5.
Felders Ansatzpunkte zur Sozialreform auf dem Lande
Jenseits von Folklore und Exotik oder auch regressiver Reaktion bieten bspw. die Dorfgeschichten Berthold Auerbachs und so auch die Romane und Erzählungen Franz Michael Felders vor allem Erfahrungsschätze und Verhandlungsstoffe an, anhand deren und in deren Ausarbeitung sich nicht nur eine einseitig sichtbare Durchsetzung der Moderne – mit entsprechenden Verzögerungen im ländlichen Raum und unter Vernachlässigung bzw. Diskriminierung der dort lebenden unterbürgerlichen Schichten – fassen lässt. Vielmehr umfassen und bringen diese Texte und die in sie eingebundenen Referenzen auf die Erfahrung ländlicher Räume und bäuerlicher Gesellschaftsformen, gerade in dem sie die Erfahrungen ländlicher Gesellschaften in das oben angesprochene Kommunikationsmodell einer bürgerlichen Vergesellschaftung und Kultur einbringen, ein für die Entwicklung der modernen Gesellschaften charakteristisches Wechselspiel und Verwebungsverhältnis der Erfahrungen, Formen und Vorstellungen herkömmlich ländlicher Gesellschaften mit Impulsen, Kategorien, Lebensformen und Ansprüchen der Moderne zustande, aus deren vielfältigen Verwicklungen sich dann nicht nur der Stoff der Geschichten, sondern auch die Lebenserfahrungen und Einstellungen, auch Handlungsansprüche und Erwartungen von Menschen auf dem Lande sowohl formulieren als auch erkunden lassen und wie sie zugleich in den Imaginationsräumen der Lesenden einen Wiederhall finden können. Dass sich Felders Schreiben dabei gerade nicht nur an ein ggf. städtisches Publikum wendet, das – sei es zur Unterhaltung oder auch Befremdung – angesprochen werden kann, sondern als Stimme und Sprachrohr der Landbewohnerinnen und Landbewohner für diese zu sprechen sucht und sich überdies auch an sie selbst wendet, unterscheidet den Bauerndichter Felder von anderen, die sich lediglich die Kostüme oder die Folklore des Ländlichen zugunsten eines unspezifischen Marktsegments zu eigen machen, und rückt ihn an die Seite bspw. Berthold Auerbachs (1812 – 1882) oder des von diesem verehrten Johann Peter Hebel (1760 – 1826).
Wenn Jean Paul in seiner autobiografisch ausgerichteten Selberlebensbeschreibung (1826) fordert: „Lasse sich doch kein Dichter in einer Hauptstadt gebären und erziehen, sondern womöglich in einem Dorfe, höchstens in einem Städtchen“43, so geht es ihm zunächst um die mit der Reduktion der Vielfalt in dörflich-kleinstädtischen Verhältnissen verbundene Konzentration auf die ästhetischen und emotionalen Valeurs der unter diesen Bedingungen wahrzunehmenden Dinge und Personen in Natur und Gesellschaft, dann aber auch darum, das Dorf als Standort der Selbst- und Fremdbeobachtung zu bestimmen. Nicht zuletzt können Dörfer und ländliche Räume auf diese Weise nicht nur als Gegenwelten zu städtischen (und im 18. Jahrhundert noch virulent „höfischen“) Verhältnissen in Erscheinung treten, sondern zugleich als Arenen und Aushandlungsorte der Modernisierung selbst erkundet und vorgestellt werden. In dieser Perspektive erscheinen dann Reformen auf dem Land nicht lediglich als nachholende Entwicklung oder Abfallprodukte in einem über sie hinweg gehenden Modernisierungsprozess, sondern zugleich als Probestücke und Laboratorien, ja auch als andere Wege im Entwicklungsgang und in der Ausgestaltung moderner Gesellschaften selbst.44
5.1
Soziale und individuelle Komponenten ländlicher Sozialreformen
Bereits in Jean Pauls Sicht erscheint das Lokale, vielfach ansonsten als Gegenstück zur Globalität gesetzt und entsprechend missachtet oder verteidigt, zugleich als ein Erfahrungsraum und Bewährungsfeld des Globalen selbst, und zwar in ästhetischer und ethischer ebenso wie in handwerklich-praktischer und lebenspraktischer Hinsicht: „und dieses herrliche Teilnehmen an jedem, der ein Mensch, welches daher sogar auf den Fremden und den Bettler überzieht, brütet eine verdichtete Menschenliebe aus und die rechte Schlagkraft des Herzens.“45 Dies lässt sich auch bei Felder wiederfinden, dass der hier angesprochene Zugang zur Lebenserfahrung und Lebensgestaltung der Bewohnerinnen und Bewohner des Ländlichen, zumal auch zur Lebenswelt und zu den Handlungsmöglichkeiten der dort lebenden Unterschichten und Randfiguren, durchaus auch eine soziale und sogar politische Seite hat, die sich mit Stichworten wie Subjektivität, Anerkennung, Empathie und Stimme („voice“)46 ansprechen lässt und die sich bei Jean Paul ebenso findet wie in den heterodiegetischen und autodiegetischen Erzählern und zusammengetragenen Geschichten und Beobachtungen Felders.
Angesichts einer damit angesprochenen (im Einzelfall durchaus unausgewogenen) Balancierung in der Gegenüberstellung von Land und Stadt, von Lokalität und globaler Welt, Moderne und Erfahrungsformen traditionell bäuerlich-ländlicher Gesellschaften kommt den bei Felder bspw. anzusprechenden Vorschlägen zur Sozialreform in ländlichen Zusammenhängen aber nicht nur in rein planerischer, politischer oder Institutionen bezogener Hinsicht Bedeutung zu. Sicherlich stehen in Hinsicht der letzteren die unverzichtbaren, „realistischen“ Forderungen, wie sie in den Gesprächen des Lehrers Magerhuber (1866) erörtert werden, im Vordergrund, also die Notwendigkeit bürgerlicher Rechte für alle47, das Recht und die Möglichkeiten einer allen zugänglichen, dann auch weiterführenden Bildung48, Marktfreiheiten und Solidarität49 sowie allgemeines und gleiches Wahlrecht50. Nicht zuletzt geht es um genossenschaftlich organisierte Besitzverteilung51 und Produktion sowie um eine darauf gegründete Wohlfahrt für alle52. Als zentraler Bezugspunkt jedweder Landreform erscheint aber (und vor allem), „daß das Individuum vielmehr gelten müsse rein als solches und daß ihm nichts anderes als die ungehinderte Selbstbetätigung seiner Kräfte als der eines Einzelnen zu garantieren sei.“53 Wenn es dabei, wie auf den diesem Zitat folgenden Seiten, darum geht, „die Solidarität der Interessen, die Gemeinsamkeit und Gegenseitigkeit der Entwicklung“54 auf den Weg zu bringen bzw. zu fördern, so zielen die hier in diesen im dialogischen Muster der an Sokrates geschulten Aufklärungsdialoge eines Lessing, Wieland oder Diderot gehaltenen Gespräche aber vor allem auf die Stärkung und Etablierung eines Individuums, das in seiner Unhintergehbarkeit ebenso wie in seiner Besonderheit, Endlichkeit und Unergründlichkeit als Bezugspunkt und Träger jedweder Reform der Lebensverhältnisse auf dem Lande auch in den Erzählungen und Romanen Felders in den Fokus gerückt wird. In den dort geschilderten Charakteren und Begebenheiten erscheinen diese plastisch, auch widersprüchlich und schwankend, aber so gefasst, dass sie als Handelnde und Beobachter einer lebensweltlich bezogenen Praxis vor Augen gestellt und in ihren – teils durch die Erzähler, teils durch die Figuren selbst vertretenen – Reflexionen als Impulsgeber für ein als „teilnehmend“ modelliertes und im Sinne einer bürgergesellschaftlichen Kommunikation anzusprechendes Publikum ausgearbeitet werden. Der kolloquiale Stil, der aus den Briefen bekannt ist,55 wird in den Erzählungen auch dazu genutzt, einen Gesprächskreis und Reflexionszirkel der Lesenden zu konstituieren, der von den Möglichkeiten handelt, Subjektivität und Individualität in Richtung Selbstbestimmung und Sozialität sowohl zu entfalten als sich deren auch wechselseitig zu versichern, nicht zuletzt in der von Felder – vielleicht inszeniert, vielleicht notgedrungen, vielleicht tatsächlich selbstbewusst und künstlerisch – ausgearbeiteten, gerade in ihren Schwankungen zwischen Idiolekten, Dialekten, Soziolekten und konventionell bis artifiziell aufgebotenen poetischen Sprache, in der die Erzählungen gestaltet sind.
Waren ältere Entwürfe eines „gebildeten Landmanns“, wie sie in der Hausväter-Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts vor Augen gestellt werden,56 deutlich ständisch beschränkt und orientierten sich an einem für den Dienstadel und die avancierten bürgerlichen Schichten des 17. Jahrhunderts offensichtlich attraktiven Neo-Aristotelismus ebenso wie an der von Eliten getragenen Landlebensliteratur der römischen Republik, so fand die Vorstellung einer „Hebung“, also Verbesserung des Landlebens durch Bildung im Rahmen einer von Gerhard Sauder so beschriebenen „verhältnismäßigen Aufklärung“57 zum Ende des 18. Jahrhunderts eine breitere Resonanz, die sich nun auch über die Träger einer durch Schriftlichkeit und Literatur getragenen Volksbildung tatsächlich den Bauern, sicherlich erst einmal nur denjenigen, die über Hof und Grundbesitz verfügten, zuwandte. Neben Lehrern und Pfarrern sowie adligen, religiös ausgerichteten Grundherren von der Art der Zinzendorffs und einigen frühen volkskundlich ausgerichteten Ethnographen58 treten dabei vor allem einzelne Menschen und ihre Charaktere bzw. Schicksale in Erscheinung, die vor dem Hintergrund z. B. gescheiterter theologischer Studien als reisende Beobachter oder experimentierende Pädagogen das Land und seine Bewohnerinnen und Bewohner erkunden und zur Sprache bringen. In verschiedenen Regionen sind es nach 1815 dann auch landesherrschaftliche Behörden und deren einzelne Vertreter, die Schulbildung, Infrastruktur, öffentliche Wohlfahrt und in dieser Hinsicht dann auch Agrar- und andere Landreformen auf den Weg bringen (z. B. in Rheinhessen und der Kurpfalz; in Preußen und Baden).59
Für die weitere Entwicklung im 19. Jahrhundert, und so auch für Felders Denken und Parteinahme, dürften dazu auch die gesellschaftsreformatorischen Impulse etwa der französischen Frühsozialisten im Zeitbewusstsein gelegen haben; bspw. Charles Fouriers Konzeption von Mustergütern, in denen sowohl der landwirtschaftlichen Produktion als auch der Emanzipation sinnlicher Erfahrungen Aufmerksamkeit geschenkt wird, wobei der letzte Punkt auffälliger Weise eben auch in Felders Freude am Küssen in den Liebeszeichen wiederzufinden ist. Auch in anderen Entwürfen „neuer“, auf Egalität und Wohlfahrt, aber auch auf individuelle Selbstertüchtigung ausgerichtete Modelle, wie sie bspw. von Robert Owen (1771 – 1858) ausgehend in verschiedenen Kolonien der „Neuen Welt“ als Genossenschaften eingerichtet wurden,60 finden sich Vorlagen für die Vorstellungen Felders. Felders besonderer Zugang besteht freilich darin, dass er anders als der mit seinen Anhängern in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts außerordentlich einflussreiche Henri de Saint-Simon, auf dessen Impulse immerhin der Aufstieg der modernen Sozialwissenschaften in einem Zweig zurückgeführt werden kann, neben wissenschaftlich-technischen Orientierungen, die in den Magerhuber-Gesprächen mit Verweisen auf den US-amerikanischen Nationalökonom Henry Charles Carey (1793 – 1879) – sicherlich unzureichend – angesprochen werden, vor allem die Selbsttätigkeit und auch Selbstertüchtigungsmöglichkeiten des Individuums in den Vordergrund stellt. Karl Wagner hat in seinem instruktiven Aufsatz Vom Schreiben auf dem Lande. Felders und Roseggers Anfänge auf die Gefahren hingewiesen, denen ein länger lebender Land- und Sozialreformer Felder im weiteren Fortgang des 19. Jahrhunderts vielleicht ausgesetzt gewesen wäre: „Felders früher, tragischer Tod hat ihn auch davor bewahrt, in einer der ideologischen Fallen zu landen, die das 19. Jahrhundert nicht nur für seinesgleichen parat hatte.“61 Wäre er bei dem in den literarischen Texten in Szene gesetzten sinnlichen Materialismus und Individualismus, der Leibgebundenheit von Erfahrungen und Glücksstrebungen geblieben, die seine Figuren in ihren Ambivalenzen, auch unglücklichen Konstellationen ausmachen, so wäre die Umwendung bzw. Umdeutung seiner Konzepte in nationale, nationalistische oder sonstwie integralistische Strebungen und Programme, wie sie dann vom 19. Jahrhundert bis in 20. Jahrhundert weiter ihre Schatten geworfen haben, vielleicht schwerer gefallen als bei anderen – zumindest lässt sich an diese Stelle von heute aus eher an die kommunalistischen, kommunitären Impulse in Felders Denken anknüpfen.
5.2
„Wendung aufs Subjekt“ – Felders sozialer Individualismus
Neben Felders Beiträgen zur Publizistik, zur Aufklärung über die Möglichkeiten und Ziele politischer und sozialer Partizipation der Landbevölkerung und über seine Stimme im literarischen Feld der Dorfliteratur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hinaus sehe ich die Bedeutung seines literarischen Schaffens, um die These, unter der ich im Folgenden die beiden bereits genannten Texte etwas genauer vorstellen möchte, vorweg zu nehmen, in dem, was sich mit einer Formulierung Theodor W. Adornos als „Wendung aufs Subjekt“62 bezeichnen lässt. Dies gilt zum einen für die Glücks- und Liebesgeschichte des jungen aus der Fremde der Stadt Bregenz ins heimatliche Schoppernau zurückkehrenden Lehrers Franzsepp, wie sie mit uneindeutig schwankenden Charakteren in ungesicherten, ebenfalls ambivalenten Verhältnissen in der Novelle Liebeszeichen von 1867 entwickelt wird. Dies gilt zum anderen für die schnell wechselnden Naturgegebenheiten und Wetterverhältnissen, aber auch noch sonstigen Gefahren ausgesetzte Reisegruppe des Ausflugs auf den Tannberg (1867), zu deren „zufällig“ letztlich erfolgreicher Heimkehr Ortskenntnisse, Vorsicht und Solidarität ebenso beitragen wie Gottvertrauen und diverse andere Kraftquellen, nicht zuletzt magisches Denken und unerwartete Begebenheiten, insbesondere aber auch die Hilfsbereitschaft und Fürsorge der Nachbarn und weiterer Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner, schließlich ein ebenso aufmerksam beobachtender wie um Kontingenz und Mehrdeutigkeit bedenklich wissender, zugleich mitwandernder Erzähler. Sicherlich geht es in diesen beiden Texten zunächst um die Schilderung der schweren und bedrückenden Lebensverhältnisse in den Umständen der durch die Natur, aber auch durch Kirche und Herrschaft hart bedrängten Bauern und anderer Bewohnerinnen und Bewohner der Vorarlberger Täler und Höhen. Es geht aber auch darum, deren Hoffnungen, Handlungskompetenzen und Erfahrungen zu beschreiben, vorhandene Fähigkeiten und Wünsche so zur Erscheinung zu bringen, dass sie als Ansatzpunkte zur Stärkung der Subjekte von innen gesehen und verstanden werden können. An zentraler Stelle heißt es dazu aus der Innenperspektive des Lehrers: „‚Meine Kraft ist nicht, um sie von Zweifeln verzehren zu lassen. Heute noch soll es sich entscheiden, wozu ich sie zu brauchen habe‘“.63
Anders aber als andere Landreformer erzählt Felder nicht von außen und nicht programmatisch, sondern fallbezogen und im Wissen um die Mehrdeutigkeit und die schwankenden Charaktereigenschaften seiner Protagonisten, deren Ungesichertheit die wechselvollen Umstände in Natur und Gesellschaft entsprechen und deren angestrebte Ziele sich nur in einer Mischung aus Erfahrung, Zufall und Kooperation in Reichweite bringen lassen. Schon die Eröffnungsszene, die den aus der Ausbildung heimkehrenden zukünftigen Lehrer an einer Brücke zeigt, von der aus er Papierblätter ins Wasser wirft und über deren weiteren Verbleib spekuliert, macht darauf aufmerksam, dass Geschichten, Handlungen und Geschicke keineswegs handhabbar zur Verfügung stehen oder gar einem Schicksal oder einer eindeutig identifizierbaren historischen Bestimmung unterliegen. Vielmehr ist es die „Veränderlichkeit“64, die sicherlich belastet, zugleich aber den Einsatz für etwas Bestimmtes, zumal für Neuerungen65 lohnend erscheinen lässt. In dieser Hinsicht ist der Lehrer von der Notwendigkeit und den Möglichkeiten schulreformerischer Impulse überzeugt, die dann auch auf gute Resonanz stoßen: „Erst jetzt erzählten die Kinder begeistert, wie ordentlich ihnen im letzten Winter alles gezeigt und erklärt worden sei, wie der […] Lehrer sich immer bemühte, auch Schwieriges leicht und fasslich zu machen.“66 Zugleich bleiben aber die Ambivalenz der Verhältnisse, auch der eigenen Charakterzüge und Wahrnehmungen67 ebenso bestehen wie die Macht der alten Verhältnisse68, Schicksalsglaube69 und nicht zuletzt die Unwägbarkeiten der Umstände allen guten Vorsätzen gegenüber gegenläufige Macht ausüben können.
Wenn Dichtungen, wie dies Sigmund Freud in seinen Überlegungen zur Fantasie der Dichter darstellt, niedergeschriebene Tagträume sind,70 Literatur imaginäre Wunscherfüllung bietet und die Kraft literarischer Imagination deshalb an einer Realität, wie sie ist, ansetzen muss bzw. kann, wenn sie, wie dies Northrop Frye beschreibt, den Entwurf einer besseren Wirklichkeit und Gesellschaft vorstellen und möglich werden lassen will,71 so stellt die Erzählung um den jungen Lehrer, der mit neuen Ideen ins Dorf kommt, zunächst an falscher Stelle einen Liebesbeweis zu ergattern sucht, was ihn erst einmal zu einem Ausgestoßenen werden lässt, der dann aber durch glückliche Umstände und dank der Klugheit und Tatkraft einer anderen jungen Frau doch noch Liebe, Anerkennung und Ansatzpunkte auch für die Reform der Schule und damit des dörflichen Zusammenlebens gewinnen kann, eine Modellgeschichte dar, die das Wünschen zu forcieren und die Tatkraft der selbstverantwortlich Handelnden zu stärken sucht. Eingelagert ist diese Erzählung von einer eigenständigen Suche nach dem Glück („the pursuit of happiness“) allerdings in durchaus schwierige Situationen. Armut und Gewalt, nicht ohne Grund wird der abzulösende Lehrer Christian im Dorf als „Klopfer“ bezeichnet,72 aber auch die Unbilden der Natur, die Macht der Kirche und die für die Bauern nahezu schicksalsgleich in Erscheinung tretenden Ansprüche der politischen Macht, hier gezeigt an einer Lotterie, die die Rekrutierung der Armen zum Militärdienst bestimmt,73 werden als Rahmenbedingungen für ein auf die Veränderung bzw. Besserung der Verhältnisse eintretendes Handeln drastisch und mächtig gezeigt. Ihnen entgegen zu treten erfordert neben Mut eben auch Glück, das – so wird es in der Erzählung vorgestellt – durchaus wiederum auf Entschließung und Tatkraft angewiesen ist, die zumal hier von einer jungen Frau ausgeht. War zunächst der Kuss als „Liebeszeichen“ intendiert (und missverstanden worden), so ist es nun ein Kleeblatt, das als Glücksbringer in der Lotterie hilft, vor allem aber auch die Zuneigung und damit die Tatkraft einer unterstützenden Liebe für individuelles Handeln und eine ggf. emanzipatorische Praxis in den Vordergrund stellt. Freilich lässt die Geschichte offen, was des Weiteren daraus unter den genannten Bedingungen zu werden vermag.
Das unverfügbaren Mächten, zumal der Natur, dem Wetter, aber auch der sozialen Lage und nicht zuletzt der eigenen menschlichen Natur Ausgesetztsein bildet dann auch den Rahmen für die Schilderung des „Ausflugs“ einer Gruppe von Bauern im Winter zur Hochzeitsfeier auf dem Tannberg. Ängste sind für diesen Ausflug, der sowohl der Neugier als auch den dörflich-verwandtschaftlichen Verpflichtungen geschuldet ist, ebenso zu überwinden wie eisige Schneeflächen. Es drohen Abstürze und Lawinengefahr, ebenso aber auch ggf. böse Geister und eigene Unpässlichkeiten, so dass das Unternehmen, ebenso wie seine Erzählung, letztlich vor allem dadurch gelingt, dass Entschlossenheit und Vorsicht gleichermaßen den Ton angeben, zu deren Unterstützung dann auch noch Gebete, magische Praktiken, solidarische Hilfe, Gewohnheiten und nicht zuletzt Zufälle herangezogen werden müssen. Letztlich ist es dieses Durcheinander der Sinnreservoire und Orientierungen, auch der Erfahrungen und Vorstellungen, nicht zuletzt der Wahrnehmungen und Intentionen, das sowohl den Charakter der Reise und des Hochzeitsfestes, in dessen Zentrum eine Art Teufelstanz nahezu alle Besucherinnen und Besucher, zumal die Braut in ihren Bann zieht, als auch den Reiz der vorliegenden Erzählung ausmacht. Dabei wird die Erzählung von einem teilnehmenden, ebenfalls in unterschiedlichen Stimmungen, Beobachtungen und Vorstellungen befangenen Erzähler getragen, dessen Schwankungen und Reflexionen zusätzlich die Unruhe der Reise und des Tuns hervorheben:
„Ich sorgte weniger für heute als für die kommenden Tage. […] Aber warum nur ans Schlimme denken? Stürme und Gefahren gibt’s auch, wenn’s nicht schneit […]. Ich gab keinem Einwand mehr Gehör und zog trotzig den Hut auf die Stirn herunter, als mir der Sturm die ersten gefrorenen Schneeflocken entgegentrieb.“74
Versuche, unter diesen Bedingungen eine gelingende Reise, ein einigermaßen als glücklich zu nennendes Leben zu führen, erst Recht Versuche zur Besserung der Verhältnisse auf den Weg zu bringen, so legt es der Erzähler ebenso nahe wie die Erzählung davon berichtet, bedürfen ziemlicher Entschlossenheit und solidarischen Zusammenhalts, sind allerdings zugleich auch von der Kontingenz und ggf. Gewogenheit der Umstände abhängig. Beten könnte hier ebenso helfen wie magische Praktiken, während die Disproportionalität von Erwartungen und Bedarf auf der einen, Aufwand und Ergebnis auf der anderen Seite vom Erzähler in teils skeptischen, teils humoristischen Betrachtungen sowohl vorgetragen als auch repräsentiert wird. Statt eine Art Selbstmord zu begehen durch Beten in der kalten Kirche, zieht dieser es vor, zuhause zu bleiben, da „der liebe Gott […] auch wisse, wie einem halb erfrorenen Bäuerlein zumute“75 ist, und mehr noch, statt zu beten, bevorzugt er es, die Zeitung zu lesen, woraus er durch die Einladung zur Hochzeit aufgeschreckt wird. Alltagshandeln wie die Bewältigung der durch Natur und Herrschaft gesetzten Anforderungen können, so erzählt es diese Geschichte, immer nur ansatzweise und unter Einbeziehung aller möglichen Hilfsmittel, vom christlichen Beten über den Schnaps bis zu magischen Praktiken, mit Alltagsvernunft und lebenspraktischem Wissen wie mit Ortskundigkeit, Neugier und vorhandenen Erfahrungen angegangen und erfolgreich bearbeitet werden.
Für eine mögliche Besserung des Lebens der Menschen auf dem Land, davon berichtet Felder an dieser Stelle, ist deren Eingebettetsein in herkömmliche Erfahrungs- und Vorstellungsschätze ebenso zu berücksichtigen und zu nutzen wie deren Tatkraft und Entschlossenheit, Gemeinsinn und u. U. auch Exzentrik anzuerkennen sind. Die Subjekte, auf deren Repräsentation und Empowerment diese Texte zielen, werden in ihrer Verwobenheit, in den Wirren der unterschiedlichen Erfahrungen, Bedürfnisse und Sinnbezüge gezeigt. Damit ist zu arbeiten und hier ist anzusetzen, wenn es um Reformen auf dem Lande geht und darum, hierfür Menschen zu gewinnen, ohne deren Umschulung oder gar Vernichtung zugunsten eines „neuen Menschen“ ins Auge zu fassen. Wer im Blick auf das Ineinander-Verwobensein von Tradition und Moderne nach Vergleichbarem dazu sucht, könnte zum einen auf die Spur kommen, wie sie in ungefähr zeitgleichen Umständen Heinrich Heine mit seiner Studie zu den Elementargeistern (1837) gelegt hat. „In Westfalen, dem ehemaligen Sachsen, ist nicht alles tot, was begraben ist.“76 Postkolonial orientiert, ließe sich zum anderen feststellen, dass die Stimme der Subalternen auch hier bei Felder zu Wort kommt und im literarischen Spiel einen bis heute klingenden Resonanzraum zu finden vermag.
1 Neil Postman: Wir amüsieren uns zu Tode. Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie. Frankfurt am Main: S. Fischer 1992, S. 80.
2 Inwieweit sich Lektüre als Gestaltungsmittel, Verständigungsmedium und auch Verstehenshilfe in privaten, intimen Beziehungen des 19. Jahrhunderts nutzbar machen ließ, selbstverständlich zugleich auch neue Felder der Missverständnisse und der Grenzsetzungen eröffnete, hat Dan Hofstadter anhand der französischen Literatur des 19. Jahrhunderts gezeigt. Vgl. Ders.: Die Liebesaffäre als Kunstwerk. Berlin: Berlin Verlag 1996; für weitere, v.a. auch milieu- und schichtenbezogene Zusammenhänge vgl. Hans Dieter Zimmermann: Vom Nutzen der Literatur. Vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie der literarischen Kommunikation. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1977, S. 97 – 104 und bspw. Rolf Engelsing: Dienstbotenlektüre im 18. und 19. Jahrhundert. In: Ders.: Zur Sozialgeschichte deutscher Mittel- und Unterschichten. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1978, S. 180 – 224.
3 René König: Gesellschaft. In: Das Fischer Lexikon Soziologie. Hg. von René König. Frankfurt am Main: Fischer 1967, S. 104 – 112, hier S. 105.
4 Namentlich die „Erfindung“ der Gesellschaft durch die Etablierung der Soziologie als einer eigenständigen, auf diese Totalität hin bezogenen Wissenschaft und deren ebenso auf Praxis wie auf Verstehen und theoretische bzw. geschichtsphilosophische Rahmung ausgehende Konzeptbildung. Vgl. Helmut Klages: Geschichte der Soziologie. München: Juventa 21972; Albert Salomon: Fortschritt als Schicksal und Verhängnis. Betrachtungen zum Ursprung der Soziologie. Stuttgart: Enke 1957.
5 Vgl. dazu Gottfried Willems: Geschichte der deutschen Literatur. Band 4: Vormärz und Realismus. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2014, S. 20f.; Richard Brinkmann: Zum Begriff des Realismus für die erzählende Dichtung des neunzehnten Jahrhunderts. In: Ders. (Hg.): Begriffsbestimmung des literarischen Realismus. Darmstadt: WBG 1974, S. 222 – 235, hier S. 222 – 229.
6 Siehe Karl Polanyi: The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen [1944]. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1976.
7 Siehe Dieter Claessens und Karin Claessens: Kapitalismus als Kultur. Entstehung und Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979.
8 Siehe Christian Graf von Krockow: Die Deutschen in ihrem Jahrhundert 1890 – 1990. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1990, S. 17 – 29.
9 Siehe Werner Nell: Vom Landbewohner zur Bürgerin. In: Ders. und Marc Weiland (Hg.): Dorf. Ein interdisziplinäres Handbuch. Berlin: Metzler 2019, S. 101 – 107.
10 Ulrich Bräker, der „arme Mann von Toggenburg“, ist hier ebenso zu nennen wie Johann Peter Hebel, u. a. ein Vorbild Berthold Auerbachs. Für diese Zusammenhänge vgl. Marcus Twellmann: Nachwort. In: Ders. (Hg.): Berthold Auerbach. Schriften zur Literatur. Göttingen: Wallstein 2014, S. 267 – 304, hier S. 271 – 285; Gottfried Korff: Kultur. In: Hermann Bausinger u. a. (Hg.): Grundzüge der Volkskunde. Darmstadt: WBG 1978, S. 17 – 80, hier S. 63 – 80, sowie Wolfgang Bonß: Die Einübung des Tatsachenblicks. Zur Struktur und Veränderung empirischer Sozialforschung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1982, S. 59 – 96.
11 Karl Marx und Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei. Berlin: Dietz 1970, S. 46.
12 Es böte sich hier ein Bogen zu anderen kritischen, z.T. frühsozialistischen Denkern der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an, die wie etwa Charles Fourier (1772 – 1837) oder auch Henri de Saint-Simon (1760 – 1825) neben sozialer und ökonomischer Rationalität den Sinnlichkeit, Sozialität und Transzendenzvorstellungen gewidmeten Bedürfnissen und Erfahrungen von Menschen einen Raum und Anspruch gewähren – ein Impuls, der literarisch nicht zuletzt von Felders Zeitgenossen Heinrich Heine (1797 – 1856) aufgenommen und in poetischen Formen angesprochen wurde. „Keiner“, so Theodor W. Adorno im Vorwort zur deutschen Ausgabe Fouriers, „bietet dem Vorwurf des Utopismus schutzloser sich dar als er; bei keinem aber auch ist die Anfälligkeit der Doktrin so sehr gezeitigt vom Willen, die Vorstellung des besseren Zustands zu konkretisieren.“ (Theodor W. Adorno: Vorwort. In: Charles Fourier: Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen. Hg. von Theodor W. Adorno. Eingeleitet von Elisabeth Lenk. Frankfurt am Main, Wien: Europäische Verlagsanstalt 1966, S. 5f., hier S. 6). Bezogen darauf bleiben Felders Entwürfe und Geschichten gegenüber dogmatischen Setzungen und doktrinärer Abstraktion bei der konkreten Lebendigkeit der von ihm geschilderten Personen, Erfahrungen und Umstände stehen und bieten so – über die frühsozialistischen Ideen und späteren Sozialismus hinaus – eine Anschlussmöglichkeit zu aktuellen Erfahrungen im Umgang mit sozialer Sicherheit, gesellschaftlicher Anerkennung und/oder individuellen Glücksbestrebungen (vgl. Andreas Reckwitz: Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne. Berlin: Suhrkamp 2017, S. 429 – 442).
13 Dies betrifft zumal seine Autobiografie Aus meinem Leben (1869), die unter dieser Perspektive eine eigene Untersuchung wert wäre. Vgl. Franz Michael Felder: Aus meinem Leben. Mit einem Nachwort von Walter Methlagl. Lengwil: Libelle 2004.
14 Ruth Levitas: The Imaginary Reconstitution of Society or why sociologists and others should take utopia more seriously. Inaugural Lecture University of Bristol 24 October 2005, S. 11. Siehe http://www.bristol.ac.uk/media-library/sites/spais/migrated/documents/inaugural.pdf [letzter Zugriff: 21.5.2021].
15 Siehe Marshall Berman: All that is Solid Melts into Air. The Experience of Modernity. New York, Toronto: Penguin 1988.
16 Siehe Josephine Donovan: European Local-Color Literature. National Tales, Dorfgeschichten, Romans Champêtres. New York: Continuum Publishing 2010.
17 Joseph Peter Stern: Über literarischen Realismus. München: C. h. Beck 1983, S. 9.
18 Ebd., S. 50.
19 Entsprechend fällt die Kritik von Georg Lukács an der Standpunktlosigkeit, ja Desinteressiertheit eines „bürgerlichen Realismus“ aus; vgl. Georg Lukács: „Erzählen oder Beschreiben?“ Zur Diskussion über Naturalismus und Formalismus [1948]. In: Richard Brinkmann (Hg.): Begriffsbestimmung des literarischen Realismus. Darmstadt: WBG 1974, S. 33 – 85, hier S. 47f.
20 Vgl. Martin Greiner: Dorfgeschichte. In: Werner Kohlschmidt und Wolfgang Mohr (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, 1. Band. 2. Auflage. Berlin: de Gruyter 1958, S. 274 – 279, hier S. 276f.; Zur Kritik vgl. Marcus Twellmann: Dorfgeschichten. Wie die Welt zur Literatur kommt. Göttingen: Wallstein 2019, S. 13f.
21 Siehe Friedrich H. Tenbruck: Bürgerliche Kultur. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Sonderheft 27: Kultur und Gesellschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag 1986, S. 263 – 285.
22 Vgl. Clemens Albrecht: Einleitung. In: Ders. (Hg.): Die bürgerliche Kultur und ihre Avantgarden. Würzburg: Ergon 2004, S. 7 – 9, hier S. 7.
23 Tenbruck, Bürgerliche Kultur (Anm. 21), S. 264.
24 Siehe Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Mit einem Vorwort zur Neuauflage 1990. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1990, S. 11 – 50.
25 Zu Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Übergangs von künstlerisch-künstlich geschaffenen Bildern zu Gestaltungs- und Referenzobjekten sozialer Wirklichkeitserfahrung im Blick auf aktuelle Armutserfahrungen und deren (literarische) Kritik vgl. Werner Nell: Die „Armut“ der Dichter. Dokumentation oder Illumination der sozialen Frage unter den Bedingungen zeitgenössischer Aufmerksamkeitsökonomie. In: Carsten Gansel und Peter Braun (Hg.): Dokumentarisches Erzählen – Erzählen mit Dokumenten in Literatur, Journalismus und Film. Berlin: Okapi 2020, S. 293 – 317; zur Rahmung vgl. Cornelius Castoriadis: Gesellschaft als imaginäre Institution. Entwurf einer politischen Philosophie. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1984, S. 579 – 587.
26 Hegel konstatiert polemisch für das Abarbeiten an der Realität im Entwicklungs- und Bildungsroman: „Denn das Ende solcher Lehrjahre besteht darin, daß sich das Subjekt die Hörner abläuft, mit seinem Wünschen und Meinen sich in die bestehenden Verhältnisse und die Vernünftigkeit derselben hineinbildet, in die Verkettung der Welt eintritt und in ihr sich einen angemessenen Standpunkt erwirbt.“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik II. G. W. F. Hegel (Werke in 20 Bänden; Bd. 14). Frankfurt am Main: Suhrkamp 1970, S. 220).
27 Vgl. Hermann Glaser: Kleinstadt-Ideologie. Zwischen Furchenglück und Sphärenflug. Freiburg: Rombach 1969, S. 52 – 56.
28 Jean Paul: Vorschule der Ästhetik. In: Jean Paul. Werke in zwölf Bänden. Hg. von Norbert Miller. Nachworte Walter Höllerer, Band 9. München, Wien: Hanser 1975, S. 254.
29 Ebd., S. 254f.
30 Siehe Eva Illouz: Der Konsum der Romantik. Liebe und die kulturellen Widersprüche des Kapitalismus. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2007.
31 Für eine erste Übersicht Bernhard Spies: Dorfgeschichte. In: Dieter Lamping (Hg.): Handbuch der literarischen Gattungen. Stuttgart: Kröner 2009, S. 137 – 142; Jürgen Hein: Dorfgeschichte. Stuttgart: Metzler 1976; Uwe Baur: Dorfgeschichte. Zur Entstehung und gesellschaftlichen Funktion einer literarischen Gattung im Vormärz. München: Fink 1978; Donovan, European Local-Color Literature (Anm. 16); Bettina Wild: Topologie des ländlichen Raums. Berthold Auerbachs „Schwarzwälder Dorfgeschichten“ und ihre Bedeutung für die Literatur des Realismus. Mit Exkursen zur englischen Literatur. Würzburg: Königshausen & Neumann 2011; jetzt Twellmann, Dorfgeschichten (Anm. 20).
32 Siehe Wild, Topologie des ländlichen Raums (Anm. 31).
33 Bonß, Die Einübung des Tatsachenblicks (Anm. 10).
34 Zur ideologischen Funktion dieses Ansatzes vgl. Ulrich Bröckling: Empowerment. In: Ders., Susanne Krasmann und Thomas Lemke (Hg.): Glossar der Gegenwart. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2004, S. 55 – 62.
35 Maurice Merleau-Ponty: Causerien 1948. Radiovorträge. Köln: Salon-Verlag 2006, S. 57.
36 Für dieses Wechselspiel von Stadt und Land unter Moderne-Aspekten vgl. noch immer Friedrich Sengle: Wunschbild Land und Schreckbild Stadt. Zu einem zentralen Thema der neueren deutschen Literatur. In: Studium Generale, 16 (1963), S. 619 – 631; Raymond Williams: The Country and the City. London: Chatto & Windus 1973.
37 Vgl. Jesko Reiling: Die Nation im Dorf. Dorfgeschichten im 19. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Ideengeschichte, 9 (2015), 2, S. 29 – 38.
38 Vgl. Donovan, European Local-Color Literature (Anm. 16); Twellmann, Dorfgeschichten (Anm. 20).
39 Aktuell sei dazu auf Gerhard Henkel: Rettet das Dorf! Was jetzt zu tun ist. München: dtv 2016, Annett Steinführer u. a. (Hg.): Das Dorf. Soziale Prozesse und räumliche Arrangements. Münster: LIT 2019, Werner Bätzing: Das Landleben. Geschichte und Zukunft einer gefährdeten Lebensform. München: Beck 2020 sowie Christian Krajewski und Claus-Christian Wiegandt (Hg.): Land in Sicht. Ländliche Räume in Deutschland zwischen Prosperität und Peripherisierung. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2020 verwiesen.
40 Vgl. Peter Wagner: Soziologie der Moderne. Freiheit und Disziplin. Frankfurt am Main, New York: Campus 1995; ders.: Modernity. Understanding the present. Cambridge UK, Malden MA: Polity 2012.
41 Vgl. Werner Nell und Marc Weiland: Gutes Leben auf dem Land? Imaginationen und Projektionen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Bielefeld: transcript 2021.
42 vgl. Werner Nell und Marc Weiland (Hg.): Imaginäre Dörfer. Zur Wiederkehr des Dörflichen in Literatur, Film und Lebenswelt. Bielefeld: transcript 2014.
43 Jean Paul: Selberlebensbeschreibung. In: Jean Paul. Werke in zwölf Bänden. Hg. von Norbert Miller. Nachworte Walter Höllerer, Band 12. München, Wien: Hanser 1975, S. 1037 – 1103, hier S. 1041.
44 Vgl. S. N. Eisenstadt: Multiple Modernities. In: Daedalus, 129 (2000), 1, S. 1 – 29.
45 Jean Paul, Selberlebensbeschreibung (Anm. 43), S. 1041.
46 Für diesen Rückbezug auf aktuelle postkoloniale Debatten vgl. noch immer Gayatri Chakravorty Spivak: Can the Subaltern Speak? In: Bill Ashcroft, Gareth Griffiths and Helen Tifflin (Ed.): The Post-Colonial Studies Reader. London, New York: Routledge 2006, S. 28 – 37.
47 Franz Michael Felder: Gespräche des Lehrers Magerhuber. Hg. von Karl-Maria Guth. Berlin: Contumax-Hofenberg 2016, S. 8.
48 Ebd., S. 9.
49 Felder spricht von „festem Zusammenstehen“. Ebd., S. 12.
50 Ebd., S. 15; S. 20.
51 Ebd., S. 22.
52 Ebd., S. 25 – 27.
53 Ebd., S. 13. Das ist ein ins Liberale gewendeter Schiller, dann aber auch ein genossenschaftlich getragener Sozialismus, wie er sich aktuell etwa in den Entwürfen Jan Werner Müllers für einen „anderen“, also sich seiner sozialstaatlichen Verpflichtungen bewussten „Liberalismus“ (Jan-Werner Müller: Furcht und Freiheit. Für einen anderen Liberalismus. Berlin: Suhrkamp 2019) wiederfindet.
54 Ebd., S. 13.
55 Vgl. Franz Michael Felder: „Ich will der Wahrheitsgeiger sein“. Ein Leben in Briefen. Hg. und mit einem Nachwort von Ulrike Längle. Salzburg, Wien: Residenz 1994.
56 Vgl. Otto Brunner: Adeliges Landleben und europäischer Geist. Leben und Werk Wolf Helmhards von Hohberg 1612 – 1688. Salzburg: Otto Müller 1949.
57 Siehe Gerhard Sauder: „Verhältnismäßige Aufklärung“. Zur bürgerlichen Ideologie am Ende des 18. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Jean-Paul-Gesellschaft, 9 (1974), S. 102 – 126.
58 Siehe Korff, Kultur (Anm. 10).
59 Dass dies gerade vor der territorialen Gegliedertheit der deutschen Lande unterschiedlich ausfällt und spezifisch regionale Ausprägungen erfährt, kann hier nur angesprochen werden; vgl. Werner Troßbach und Clemens Zimmermann: Die Geschichte des Dorfes. Von den Anfängen im Frankenreich zur bundesdeutschen Gegenwart. Stuttgart: Ulmer 2006, S. 172 – 205.
60 Werner Hofmann: Ideengeschichte der sozialen Bewegung des 19. und 20. Jahrhunderts. Berlin, New York: de Gruyter 1971, S. 34 – 39.
61 Karl Wagner: Vom Schreiben auf dem Lande. Felders und Roseggers Anfänge. In: Ulrike Längle und Jürgen Thaler (Hg.): Franz Michael Felder (1839 – 1869). Aspekte des literarischen Werkes. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2011, S. 9 – 20, hier S. 18.
62 Theodor W. Adorno: Erziehung nach Auschwitz [1966]. In: Ders.: Stichworte. Kritische Modelle 2. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1969, S. 85 – 101, hier S. 87.
63 Franz Michael Felder: Liebeszeichen und andere Dorfgeschichten aus dem Begrenzer Wald. Hg. von Jelko Peters und Jürgen Thaler. Lengwil: Libelle 2018, S. 71.
64 Ebd., S. 32.
65 Vgl. ebd., S. 39; S. 43.
66 Ebd., S. 52.
67 Ebd., S. 43.
68 Ebd., S. 40.
69 Ebd., S. 57.
70 Siehe Sigmund Freud: Der Dichter und das Phantasieren [1908]. In: Sigmund Freud. Werkausgabe in zwei Bänden. Band 2: Anwendungen der Psychoanalyse. Hg. und mit Kommentaren von Anna Freud und Ilse Grubrich-Simitis. Frankfurt am Main: S. Fischer 1978, S. 128 – 135.
71 „The fundamental job of the imagination in ordinary life, then, is to produce, out of the society we have to live in, a vision of the society we want to live in.“ In: Northrop Frye: The Educated Imagination. Bloomington / In: Indiana University Press 1964, S. 140.
72 Felder, Liebeszeichen (Anm. 63), S. 16.
73 Ebd., S. 46 – 62.
74 Ebd., S. 77.
75 Ebd., S. 75.
76 Heinrich Heine: Elementargeister. In: Heinrich Heine. Sämtliche Schriften. Hg. von Klaus Briegleb (Bd. 5: Schriften 1831 – 1837. Hg. von Karl Pörnbacher). Frankfurt am Main, Berlin, Wien: Ullstein 1981, S. 643 – 703, hier S. 645.