Читать книгу Ace in Space - Judith C. Vogt - Страница 4

Dare to fly

Оглавление

//Wizzler

Feed von @GarudaDD // neueste Kommentare ihrer Fans

Gramstar999: Geile Stunts da draußen! Hast du jemals im blassen Mondlicht mit einem Daredevil getanzt? Dass es die Neue so drauf hat wie @GarudaDD bezweifle ich aber!

Tox-O-Meter: Ich habe gehört, jede Minute im Orbit um ein schwarzes Loch macht dich ein Jahr jünger. @Deardevil sollte das vielleicht mal versuchen, wenn sie weiter mithalten will.

Drei Maschinen jagten mit Vollschub auf Danai zu. Eine gegen drei – die armen Schweine hatten keine Chance.

Danai widerstand dem Impuls, beizudrehen, sich vorerst aus dem Staub zu machen und eine Gelegenheit zu suchen, bei der sie aus einem günstigeren Winkel würde angreifen können, der es ihnen nicht erlauben würde, sofort zurückzuschießen. Nein, durch Weglaufen machte man sich in einem Kurvenkampf nur zum Opfer. Sie war keins. Also drehte sie die Nase ihrer I-9 Slipstream den Kontrahenten entgegen und drückte den Schubhebel bis zum Anschlag nach vorn.

Sie grinste: Zum Glück saß sie im Cockpit! Anders als in der schmierigen Jockeybar wusste sie hier, was von ihr erwartet wurde, wie sie eine Auseinandersetzung überstehen konnte, ohne das Gesicht zu verlieren. Sie genoss die vertraute Beschleunigung, die sie in den Sitz presste, das Adrenalin, das der nahende Raumkampf durch ihre Adern jagte, genoss es, wie ihre Aufmerksamkeit sich wie durch das Drehen eines Reglers, der sich nur im Cockpit drehen ließ, aufs Äußerste steigerte. Danai, nein, Princess nickte mit dem Kopf nach hinten und spürte das Kribbeln im Nacken, ein Zeichen dafür, dass ihre Cyberware erwachte, um ihre Nerven wie Drahtseile zu spannen. Sie bildete sich ein, die Wärme der elektrischen Impulse zu spüren, die ihre Wirbelsäule entlangliefen und sich als wohlige Euphorie in ihrem Körper breitmachten, um ihren Reflexen diesen zusätzlichen Kick zu verleihen.

Mit einer Beschleunigung von mehreren tausend Metern pro Sekundenquadrat auf drei waffenstarrende Chopper zuzurasen war sicher nichts, was die meisten Menschen unter Spaß verstanden, zumindest dann nicht, wenn sie so etwas nicht lediglich mit VR-Brille konsumierten. Danai stand drauf. Bereits nach wenigen Sekunden waren die drei gegnerischen Daredevils auf Waffenreichweite heran und eröffneten das Feuer.

Ein Hagel aus Leuchtspurgeschossen sirrte an ihrem Chopper vorbei. Dieses Sperrfeuer musste den Munitionszähler der Prospects wie einen Kreisel gen Null drehen lassen.

Diese N00bs!

Schließlich betätigte auch Danai den Auslöser an ihrem Steuerknüppel. Kurze, fiese Feuerstöße. Ein Wirkungstreffer war unwahrscheinlich, da sie selbst ständig kleine Ausweichkorrekturen fliegen musste. Aber das war auch nicht nötig, sie wollte die drei bei diesem Tanz nur ein wenig aus der Ruhe bringen.

Die Raumjäger auf null Uhr – ihre Silhouetten erinnerten sie an Adler, groß und kraftvoll – waren schwerer gepanzert und spuckten ihre Verachtung für Danai aus einer größeren Anzahl Mündungsrohre. Ihre Slipstream war dagegen ein Falke. Sie war nur mit den Zwillingsläufen im Bug bewaffnet, aber sie konnte die geringere träge Masse ihres Abfangjägers agiler ausrichten. Außerdem verfügte sie über die Reflexe, Konstitution und Erfahrung, um auch bei abrupten Richtungswechseln ein Ziel anvisieren und treffen zu können.

Und genau das tat sie. Während die drei Chopper an ihr vorbeirasten und bereits in zu weiten Kurven zu einem zweiten Anlauf ansetzten, ließ sie ihren Slipstream-Abfangjäger mit kurzen Stößen aus den Manöverdüsen waagerecht um die Mittelachse rotieren und feuerte eine Salve in den leeren Raum – direkt in die erhoffte Flugbahn eines dieser Möchtegern-Jockeys.

Ihre Erwartung wurde nicht enttäuscht: Volltreffer! Der Chopper kreuzte die Bahn der Geschosse, die als blaue Mikro-Blitze über seine chromglänzende Oberfläche tanzten. Das Leuchten seiner Triebwerke erstarb, und er trudelte hilflos im All. In einem echten Gefecht wäre er bei einem solchen direkten Treffer aus nächster Nähe in Stücke gerissen worden – Panzerung hin oder her. In diesem Fall aber registrierten die Hüllensensoren der Maschine die elektrische Ladung der Übungsmunition, und eine Bordsoftware nahm Neans Maschine im Trainingsmodus für den Rest des Tanzes aus dem Spiel, indem sie alle nicht-lebenswichtigen Systeme herunterfuhr.

Dann waren es nur noch zwei – Tabs und Prophet.

Diese beiden hatten sich schnell vom Schreck erholt und die wenigen Sekunden genutzt, die Danai benötigte, um sich nach dem Manöver zu orientieren und sich von den Beschleunigungskräften, die der Trägheitsdämpfer nicht völlig hatte kompensieren können, zu erholen. Die beiden Jäger hefteten sich an ihr Heck und feuerten erneut aus allen Rohren. Danai flog ständig abrupte Kurswechsel, um einem Treffer zu entgehen, aber so würde sie sie nicht abschütteln.

Ein Aufblinken der Comm-Anzeige verriet ihr, dass sie gerufen wurde, aber Danai hatte keine Lust auf die Sprüche, Angebereien und Drohungen ihrer Verfolger. Sie ließ die Anlage stummgeschaltet. Sie war nun Princess, und Princess fühlte sich geradezu lächerlich selbstsicher – selbst mit zwei gegnerischen Schiffen am Heck. Sie wusste, dass Können von unten wie Arroganz aussah, aber sie war nun einmal gut. Verdammt gut. Vielleicht einfach die Beste.

Und dennoch: Auch im Trainingsmodus konnte diese arrogante Tollkühnheit sie das Leben kosten, warnte eine leise Stimme in ihrem Kopf. Das unkontrollierte Manöver hätte auch in einer katastrophalen Kollision enden können, und das alles nur für einen Fake-Abschuss, um zu klären, wer die dickeren Eier in Stock oder Hose hatte. Dennoch erlaubte sie sich ein kurzes Lächeln. Dieses archao-anarchische Umfeld ihrer lange ignorierten Mutter, die ebenso ungeschriebenen wie ihr unbekannten neuen Regeln, all das war hier und jetzt vergessen.

Zum Glück war ihre Konkurrenz entweder geil darauf, sie fertigzumachen, oder Danai hatte sie mit Neans schnellem Abschuss aufgestachelt: Sie konzentrierten sich jetzt ganz auf die Jagd und verschwendeten keinen Gedanken an Staffeltaktik. Einer der beiden hätte sie ablenken, sich als Ziel präsentieren oder sie in eine Serie von Scherenmanöver verwickeln können, während die andere ihre Maschine in Ruhe ins Visier nahm: ein klassisches Sandwich. Da sie das nicht taten, hatten sie zwar beide eine starke Position, aber damit konnten sie Danai weder überraschen noch aus der Reserve locken. Trotzdem durfte sie jetzt nicht zulassen, dass es sich die beiden Prospects dort hinten gemütlich machten. Früher oder später würden sie sich auf sie einschießen.

Wie, um das zu bezeugen, sah sie blaue Funkenentladungen auf der langgezogenen Nase ihrer Slipstream aufflackern. Nicht genug, dass das System sie als zerstört verbuchte, aber genügend Motivation, diese Sache rasch zu beenden. Sie setzte zu einer Fassrolle an: Während sie den Schubregler zu sich zog und am Steuerknüppel riss, feuerte sie die Bremstriebwerke und die Manöverdüsen. Die beiden Prospects versuchten, ihr zu folgen, aber sie gingen nicht so weit wie Danai, setzten ihre Körper nicht der Belastung eines derart heftigen Richtungswechsels aus. Die G-Kräfte, die trotz Kompensator zu ihr durchkamen, zogen an ihr, pressten die Luft aus ihren Lungen und das Blut aus ihrem Hirn. Die Welt wurde erst in ein blasses, dann ein tiefes Rot getaucht, Danai fühlte den Rand einer Ohnmacht locken und grinste: Keine große Sache, nichts, was sie nicht schon hunderte Male geübt hätte. Wenn sie ehrlich mit sich war, liebte sie diesen Moment, in dem sie den Grenzen ihres eigenen Körpers nah kam, er war etwas ganz und gar Außergewöhnliches – ihr Sichtfeld zog sich so weit zusammen, dass sie kurz davor war, sich selbst im All zu verlieren. Dann ließ der Druck in ihrem Schädel schlagartig nach. Sie sog die Luft ein, Euphorie und die Lust an der Angst vor dem Kontrollverlust fluteten ihre Adern. Und der Einsatz lohnte sich. Während sich die beiden Prospects noch in der Rolle befanden, setzte sich Danai hinter sie. Einer der beiden Chopper tauchte direkt im Fadenkreuz ihres Zielsystems auf.

Feuer.

Treffer!

Ziel zerstört.

Sie erlaubte sich ein erneutes Grinsen.

***

»Tabs? Melden, Tabs!« Das Comm schwieg ihn an. Tabs war raus.

Was für eine verdammte Killerpilotin! Wie konnte es sein, dass die ganze Sache noch keine Minute dauerte, in der sie bereits seine beiden Wingpals erledigt hatte? So etwas hatte Kian noch nie erlebt. Princess würde heute den Tag ihres Lebens haben, nachdem sie ihnen diese Abreibung verpasst hatte. Drei gegen eine – was bei allen verglühenden Sonnen war hier gerade passiert?

»Verdammte fick-smash Kackscheiße! Diese verfluchte Frakster!«, verbalisierte er seinen Frust ins Comm. Keine Antwort. Sowohl seine deaktivierten Flügelbros als auch seine Gegnerin schwiegen. Das war überhaupt das Schlimmste daran: Princess führte sie hier vor, schoss sie ab wie blutige Laien, vermieste ihnen die Aufnahme als Vollmitglied – und noch schlimmer: War es möglich, dass sie das Ganze nicht einmal streamte? Ein unglaubliches Beispiel an fliegerischem Können, undokumentiert? Die geistreicheren Spitzen, die Kian am Anfang des Kurvenkampfs vom Stapel gelassen hatte, waren ins Leere gesendet worden, unerwidert! Er konnte es nicht fassen.

Wenn dieses Vid getrendet wäre, hätte Kian trotz Niederlage davon profitiert. Aber diese Konzerngöre war nichts weiter als eine Frakster, die beiläufig Jäger aus dem All pustete – ohne Respekt für die Lebensart der Chopper-Jockeys. Ihr halsbrecherischer, angeberischer Scheiß hatte sie obendrein unnötig gefährdet – in einem Übungsduell. Und sie antwortete noch nicht einmal, immer noch nicht! Kian war außer sich, und das wurde auch nicht besser, als er das nur nachlässig abgekratzte Konzernlogo auf ihrer Hülle erkannte, während die Maschine über ihn hinwegschoss. Sie hatte nicht einmal genug … genug Spirit, um es richtig zu entfernen oder mit einem Paintjob zu verbergen (oder verbergen zu lassen, die Sterne wussten, dass sich die Zwillinge um so was rissen!).

Kians Manta war ein Aufklärer und leichter Bomber, kein Raumüberlegenheitsjäger. Ohne Flügelbro hatte er keine Chance gegen diese Pilotin und diesen wendigen Chopper. Resigniert nahm er die Hände von den Kontrollen und ließ sich im Sitz zurücksinken. Er wartete darauf, dass jetzt jeden Moment alle Systeme um ihn herum schwarz werden würden, vielleicht bis auf eine blinkende Nachricht, die ihn verhöhnen würde: »Du wurdest zerstört, Loser!« Aber die Sekunden verstrichen, ohne dass etwas geschah. Er blickte sich um. Überrascht entdeckte er Danai ganz nah: Sie flog rechts neben seinem Chopper, parallel zu seinem Kurs, und blickte in ihrem schlichten Druckhelm, an dem alles bis auf die auch hier abgekratzten Logos »Corp-Turf« schrie, zu Kian ins Cockpit.

Jetzt schaltete sie ihr Comm doch an. »Prophet«, hörte er ihre Stimme.

»Princess. Keine Lust auf einen weiteren Trainingssieg?«

»Nicht nötig. Ich denke, es ist jetzt klar, wer von uns das Ass im Ärmel der Daredevils ist. Es ist auch klar, warum auf meiner Jacke ›Jockey‹ steht und auf deiner ›Prospect‹. Und dass das nichts, aber auch gar nichts, mit meiner Mama zu tun hat. Haben wir uns verstanden?«

»Offensichtlich«, gab Kian zerknirscht zu. Er war nicht mal mehr wütend, eher fühlte er sich beschämt. Verlieren war eine Sache, aber wie hatten sie sich so vorführen lassen können?

»Hey, Princess! Warum hast du nichts davon gestreamt? Bist du ’ne Frakster, die es nicht nötig hat, oder was?«, setzte er noch nach.

Ein kurzes Schweigen. Dann, es klang beinahe nachdenklich: »Weißt du was, Typ, ich hab noch nicht mal einen verdammten Account.«

Danai starrte auf das Tablet.

Das flexible Polymer war bis auf einen schmalen schwarzen Streifen am linken Rand durchsichtig, sodass sie die Tischplatte darunter sehen konnte: Aluminium, irgendwann einmal glattpoliert, mittlerweile zerkratzt und von hässlichen Flecken übersät. Das war nun ihr Tisch. In ihrer Kabine. In einer Asteroidenstation, deren taumelnde Schwerkraft ihr immer noch ein mulmiges Gefühl gab, sobald sie die Schwerelosigkeit ihres Choppers hinter sich ließ und Hangarboden betrat. Eine schmale Tür führte in eine winzige Nasszelle, in der sich alles Notwendige aus den Wänden klappen ließ. Der Rest des Raums war nicht viel größer: ein Bett, das gleichzeitig als Schrank diente – gerade stand es aufgestellt an der Wand, aber mit dem Lösen zweier Hebel und einem kräftigen Ruck konnte sie es herabziehen und dann auf einer sich bedauerlicherweise nicht mehr auf ihre Körperform anpassenden Formschaum-Matratze auf der Rückseite des Schranks schlafen. Im Schrank befanden sich Gurte, um die Klamotten zu befestigen. Da sie erst nicht gewusst hatte, wozu diese gut waren, waren ihre wenigen Besitztümer durcheinandergepurzelt, als sie sich von der grimmigen Garuda hatte zeigen lassen, wie sie in diesem Albtraum von beengter Kabine schlafen konnte.

Garuda hatte sie zufällig im Korridor getroffen. Die hagere Frau mit den Dreadlocks und dem Dämonenvogel, der auf ihren Rücken tätowiert war und seine Arme um ihren Hals geschlungen hatte, hatte zwar mehr Abneigung für Mama übrig als für Danai, aber sie ließ auch Danai deutlich spüren, dass sie nicht wusste, was diese in der Gang zu suchen hatte.

Danai wusste es selbst nicht.

Zu den wenigen Gelegenheiten, zu denen sie sich »planetside« im Hadronic HQ befunden hatte, hatte sie ein Zimmer mit Fenster bewohnt. Klar, Papa hatte dafür gesorgt, nur das Beste für sie, nicht wahr?

Um gewisse Dinge hatte sich immer Papa gekümmert. Und jetzt kümmerte Mama sich um sie. Sie war einunddreißig, verdammt! Es war deprimierend.

Deprimierend wie das ausgeschaltete, durchsichtige Tablet vor ihr.

Sie presste den Daumen auf eine runde Markierung am schwarzen Rand, und so wie sich der Kleiderschrank in ein Bett verwandeln konnte, verwandelte sich das dünne Kunststofftablet, das eher einem durchsichtigen Tisch-Set ähnelte, in ein Fenster zur Galaxis.

Sie starrte hinunter und hinaus.

Der Browser machte ihr einige Angebote, doch sie hatte das Tablet neu erstanden und sich noch keine Accounts erstellt, keine Einkäufe getätigt und keine ID hinterlegt. Da sie weder Kopfhörer noch Zimmerboxen eingeloggt hatte, teilte es ihr lautlos mit, wer die Castingshow auf Arapnap Vee gewonnen hatte, und dass Digits AI eine neue Konzernkanzlerin gewählt hatte. Außerdem fragte es nach ihren Kaufinteressen. Von Gesichtslosen wie ihr wurden offenbar gerade die »MassAcc-Hawk-VI«, eine, so der Text, »handliche Schusswaffe für den Privatgebrauch«, und die »günstigsten Flugtickets auf allen gängigen Highways« bevorzugt, sodass sie dementsprechende Werbung erhielt.

Zögernd hob sie das Tablet an, knickte es leicht und stellte es auf. Es projizierte sofort eine Tastatur vor sie auf den Tisch und fragte, ob sie es per Stimmerkennung steuern wolle.

Vielleicht war es ein wenig paranoid, aber weder Stimmerkennung noch ein Einloggen in alte Accounts kam für Danai infrage, egal, wie abgelegen diese Highwayausfahrt lag. Sie schloss die Stimmerkennungsanfrage und öffnete stattdessen einen Browser. Schloss ihn wieder.

Öffnete LoggTube und starrte übellaunig auf die Startseite. Nein, bei allen interplanetaren Geistern der Vergangenheit: Sie würde nicht ihre Fresse in eine Kamera halten, sie würde nicht in irgendein Mic stammeln und sich dem Spott aussetzen, dass sie nur im Cockpit geradeaus sprechen konnte.

LoggTube schließen. Pixxor öffnen.

Die gängigsten Social Media waren schon vorinstalliert, gaben ihr einen kleinen Einblick in die Funktionen und lockten mit weiteren, sobald sie sich anmeldete. Je mehr du preisgibst, schienen sie zu wispern, desto toller wird es hier mit uns!

Sie biss die Zähne zusammen.

D-A-R-E-D-E-V-I-L-S. Der Gangname ergab nicht eben wenige Treffer. Es schien auch einen uralten Comichelden gleichen Namens zu geben, zu dem immer noch Fanart herumgeisterte. Ihr Finger schwebte über dem M, um den Namen ihrer Mutter einzutippen, doch dann entschied sie sich um. Kian, tippte sie. Sie wusste seinen Nachnamen nicht, nicht einmal, ob er sich denn jetzt Prophet oder Marauder nannte – und ob er überhaupt Entscheidungsgewalt in dieser Sache hatte.

Diese Einengung jedenfalls ergab einen Treffer – Kian Parata, Prospect der Daredevils.

Sie hielt sich selbst davon ab, das Gesicht in den Händen zu vergraben, aber die Foto- und Videogalerie provozierte zum Fremdschämen.

Vielleicht habe ich zu behütet vor mich hingelebt. Hier sind die Sitten rauer. Hier ist es vielleicht normal, dass man Tattoos postet, die normalerweise von der Hose bedeckt werden.

//Pixxor

Das Vid auf Pixxor läuft automatisch ab, eine Kamera folgt den Linien auf Kians Körper, während oben zwischen seinen Schulterblättern noch eine leere Stelle von einer ebenfalls am ganzen Körper tätowierten Frau gefüllt wird, die mit etwas hantiert, das nach einem traditionellen Tätowierwerkzeug aussieht. Es ist nicht zu sehen, wer die Kamera führt – vielleicht ist es eine Drohne, denn sie fährt den fluoreszierenden Linien auf Kians Körper mit einer Präzision nach, die das Ganze vielleicht doch trotz des nackten Hinterns, der sehr präsent in die Kamera ragt, zu einer Art Kunstform macht. Die Kamera gleitet nun von Kians Linien auf die Hände der Tätowiererin über, für die prompt Werbung eingeblendet wird, bei der schon allein die Schriftart Abzüge gibt, was die Seriosität angeht:

Traditionelle Navigtattoos Tā moko

einzigartig – schmerzhaft – nur für die Harten

LIKES 3.429.450

COMMENTS 74.801.

Beliebteste Kommentare

GloryToTheQuing: Arsch mit Tattoos. So was kann nur im Kobeni-Gürtel Kunst sein.

MarauderDD: *Mein* Arsch mit Tattoos ist überall Kunst.

Dass Kian der Legende der Navigatattoos aufsaß, schien Danai nicht verwunderlich. Sie sah dem Video fasziniert weiter zu: Die Frau öffnete mit einer sehr langen und sehr dünnen Klinge, die weiß und beinern glänzte, die Haut in vielen kleinen Rissen und gab dann mit zwei klauenartigen Fingernägeln der anderen Hand erst ein Pulver und dann eine Art Öl in die winzigen Wunden. Wann immer ihre Finger im Blickwinkel der Drohne wieder sichtbar wurden, glänzte das Öl bläulich schillernd an diesem einen Nagel. Danai runzelte die Stirn. Kian hatte vermutlich keine Ahnung, was er da unter seine Haut ließ, und erfreute sich einfach nur an der Optik.

Und den Likes.

Sie seufzte. Wegen der Likes war sie auch hier, oder?

Sie scrollte rasch durch Kians Pic-Galerien.

//Pixxor

Gallery MySweetChopper (13.051 Pics)

zeigt genau das: Kians Manta aus allen Perspektiven, im Hangar, im All, über einer öden Planetenoberfläche, das Cockpit von innen und außen. Manchmal Kian halbnackt mit ausgebreiteten Armen, auf einem Flügel des rochenartigen Jägers drapiert.

Gallery Manta Paintjobs und Tunings (5.735 Pics)

zeigt variierende Lackierungen der Manta, neue Teile, Chrom, immer mal wieder subtil ins Bild gerückte Politur der Marke Foamo oder den ROFL-Energydrink Lite.

Gallery Influence (604 Pics)

zeigt ROFL-Energydrinks Lite und Politur Foamo deutlich weniger subtil, meist in Kians Hand, während die andere einen Daumen nach oben zeigt. Manchmal krault er Deardevils Cyberdoggo MacGuffin.

Gallery Privat (7.406 Pics)

ist trotz des Namens nicht privat und zeigt Pics, in denen Kian wechselnde Leute umarmt, während beide Selfie-Posen machen oder sich übertrieben fotogen küssen. Kian mit anderen Daredevils. Kian erneut mit dem hässlichen Chromdoggo, Kian und Eyegle, die lachend versuchen, die Kamera zuzuhalten, während sie herummachen, Kian mit einer Stripperin. Und, die ältesten Pics: Kian achtzigmal hintereinander mit einer hübschen Frau, die Tücher in verschiedenen Rottö nen um ihr Haar geschlungen hat.

Die Likes, Danai!, ermahnte sie sich selbst. Sie war gerade dabei, in das bodenlose Loch des Pixxor-Stalkings zu fallen. Sie rettete sich, indem sie auf die Schaltfläche tippte, von der aus sie durch das Erstellen eines neuen Accounts gelotst werden sollte. Sie starrte das Tablet grimmig an.

Sie war jetzt Free-Turflerin. Wenn sie als Jockey über Wasser bleiben wollte, brauchte sie Kohle. Reichweite.

Likes.

Fünf Minuten später hatte »Princess Daredevil« ein Profil. Das Bild zeigte ihren Helm: das Visier abgedunkelt, das Logo abgekratzt, sicherheitshalber darüber noch eine rote Zeichentrickkrone gesetzt, die sich um sich selbst drehte. Am längsten hatte sie noch gebraucht, um ein Kronen-Meme zu finden, das als perlenbesetztes Amacubi durchgehen konnte. Nicht nur die Tätowiererin konnte sich mit ihrem irdischen Erbe brüsten, Danai hatte das auch drauf, oder nahm es sich zumindest vor. Im Corp-Turf war dein Corp Teil deiner Identität – ein großer und immens wichtiger Teil. Hier im Free-Turf brachte es Likes aka Reichweite aka Kohle, möglichst nicht ganz so zu sein wie alle anderen.

Sie gab allen Mitgliedern der Daredevils ein Follow, und weil sie übermütig geworden war, erstellte sie sich ein vorerst passives Konto auf Loggtube und abonnierte da ebenfalls ihre zukünftigen Wingpals, ebenso wie die einflussreichsten Jockeys des Kobeni-Gürtels. Sie wollte schließlich noch etwas lernen, bevor sie mit eigenen Inhalten online ging.

Danach lehnte sie sich zurück, beobachtete, wie die Daredevils ihr zurückfolgten und hatte ein merkwürdiges Gefühl zwischen Leere und Befriedigung, ganz so, als hätte sie gerade mit der falschen Person herumgemacht.

Die Daumen nach unten gaben Kian ein miserables Gefühl

Er hatte das Übungsgefecht mit der Prinzessin zwar aufgezeichnet, aber nicht live gestreamt, weil es ihm wenig ruhmreich erschienen war, zu dritt gegen eine einzelne Pilotin anzutreten. Selbst im Nachhinein hatte er es nicht zusammengeschnitten und hochgeladen – auch wenn es Interesse für die Neue wecken würde, nagte es doch zu sehr an seinem Stolz, wie sehr Danai Tabs, Nean und ihn nassgemacht hatte.

Nean hingegen kannte diese Zurückhaltung nicht. Er hatte das Gefecht erst aus der Ego-Perspektive aufgenommen und dann aus dem Cockpit Tabs’ Untergang und Kians Kapitulation dokumentiert. Ein ruhmloses Match: Das bisschen Social-Media-Fame, das sie für die geheimnisvolle Fremde in ihrem kennzeichenlosen Konzernjäger erhielten, wurde davon untergraben, dass diese sie so eiskalt abservierte.

Das Vid hatte mehr Dislikes als Likes, die Kommentare waren hämisch, und Kian hatte ein paar Dutzend Follower verloren, weil er von Nean markiert worden war.

»Mann, Nean, du Smashwit, danke für nichts«, grollte er als Sprachnachricht.

»Diese Princess und unsere Follower sind die Smashwits, Bro, man sieht doch, dass das eine freundschaftliche Begrüßung in der Gang ist. Ich versteh die Dislikes nicht. Undankbare Bande«, kam sofort zurück. Nean starrte anscheinend auch auf die Daumen unter dem Vid.

»Die Dislikes haben wir uns nicht mit irgendeiner netten Begrüßung verdient, sondern damit, dass wir voll ablosen, Nean!«, nahm er auf, doch bevor er es absenden konnte, meldete ihm sein Stalker-Programm, dass eine anonyme Person, die sich kurz darauf ein Profil namens »Princess Daredevil« erstellte, auf seinem Account herumwühlte, der natürlich öffentlich war, aber, verdammt, er fühlte sich trotzdem plötzlich, als hätte er die Hosen unten! Und dann, das Wildeste, gab sie ihm ein »Follow«.

Er sah zur Tür. Ihre Kabine lag gerade einmal fünf Meter den Korridor hinab. War sie auf seiner Sechs, scharf auf ihn, oder was? Er machte einen verächtlichen Laut zu seinem Tablet. Das sollte sie nur mal versuchen, für diese Art Mensch war er sich glatt zu schade.

Obwohl sie ein Snack war.

Kian schickte die Nachricht an Nean ab. Er musste an seiner Karriere als Gramstar arbeiten. Vielleicht werd ich ja irgendwann mit Princess geshippt, schoss es ihm durch den Kopf. Das bringt auch Fame.

»Hey«, kam eine neue Nachricht von Nean. »Die Prez hat gerade Infos zu einem neuen Run auf den Server geladen. Du Kackn00b bist dabei, Prophet. Tabs auch. Zeit für dich, nicht abzulosen.« Kurze Zeit später kam eine zweite. »Du musst unseren guten Ruf wiederherstellen, my boy. Verkack das nicht!«

Kian lachte laut auf und öffnete mit einer Geste den Server mit den Details zum Run. Er nahm dabei eine weitere SpraNa auf: »Egal, ob verkackt oder gerockt, ich mach das nur für mich, Nean, Bro. Such dir deine eigenen Likes! Meine kriegst du nicht.«

Offenbar hatten das Leben als Konzernpilotin und das als Chopper-Jockey eine wesentliche Gemeinsamkeit: Kurze Phasen lebensbedrohlicher Action wechselten sich mit langen Phasen ab, die nur aus Warten bestanden. Mit Warten begann auch Danais erster Run für die Daredevils.

Die Staffel versteckte sich im Bouman-Asteriodenfeld, zwischen den Überresten eines Planeten, der von der Gravitation eines Schwarzen Lochs im Zentrum des Systems auseinandergerissen worden war und nun langsam, aber unaufhaltsam auf spiralförmigen Bahnen in das masseverschlingende Ungetüm stürzte. Danai drängte sich der Vergleich mit einem gefräßigen Bengel auf, der sich eine Lakritzschnecke reinzog.

Sie blickte aus dem Cockpitfenster, dessen Scheiben nahe der Stahlverstrebungen leicht beschlagen waren, auf das kosmische Spektakel, das wie für sie veranstaltet wurde: das Schwarze Loch, durch den Gravitationslinseneffekt von einem Halo aus Licht umgeben, davor ein glitzerndes Meer zwischen den Asteroiden, hervorgerufen durch zahllose Eiskristalle, die das Licht des Halos reflektierten. Das Wechselspiel der Gravitationsfelder des Schwarzen Lochs und der größeren Asteroidenbrocken würde einen Flug Richtung Zentralgestirn zu einem Höllenritt machen, lange bevor die Zeitdilatation irgendwelche Schweinereien mit dem eigenen Alter anstellte. Zum Glück hielten sich die Daredevils bei diesem Job nur in den Randbereichen der Anomalie auf.

Sie lauerten versteckt im Sensorschatten von Asteroiden nahe der Förderstation Kruger XXIV, von der aus die Minkowskium- und Gravitoniumvorkommen des Asteroidenfelds gefördert wurden – die beiden wertvollsten Rohstoffe der Galaxis, die nur in der Nähe von außergewöhnlich starken Gravitationsfeldern oder Wurmlöchern vorkamen. Das zähflüssige Minkowskium erlaubte nach der Raffinerie das Reisen auf Highways, also durch Wurmlöcher, während Gravitoniumerz essenziell zum Erschaffen künstlicher Schwerkraftfelder auf Raumstationen war und auch in den Trägheitsdämpfern ihres Choppers mitwirkte.

Kruger Cybernetics verlegte heute sein Hauptquartier mit mehreren Konvois in eine schicke, nigelnagelneue Raumstation drei Highwaytransits von ihrem alten HQ entfernt. Die Konzernleitung hatte versucht, das genaue Datum geheim zu halten, aber so eine große Aktion ließ sich nicht wasserdicht verschleiern, wenn man wusste, wen man bestechen musste. Einer dieser Konvois nahm bei Kruger XXIV auf dem Weg noch eine große Ladung Gravitonium an Bord eines ihrer Frachter auf, bevor er über den Highway den neuen Firmensitz ansteuerte.

Bei Kruger Cybernetics handelte es sich um den Hauptkonkurrenten von Bulldoxx, des wichtigsten Sponsors der Daredevils. Das hässliche Logo der Firma prangte nun auch auf dem Flügel ihrer Slipstream: eine fiese, vercyberte Bulldogge – identisch mit dem Bulldoggenmodell, das Mama ständig mit sich rumschleppte. Ekel überlief Danai, wenn sie daran dachte, wie Mama das sabbernde Werbegeschenk ständig auf die Schnauze küsste. Zum Ekel gesellte sich das ungute Gefühl, dass Danai selbst, beziehungsweise ihre Abwesenheit in früher Kindheit, vielleicht die Ursache für dieses merkwürdige Verhalten war. Hatte Mama vielleicht am Ende doch noch mütterliche Instinkte entwickelt? Hatte sie einen Ersatz für ihr verlorenes Mädchen gesucht? Marlene hatte den Köter selbst im Cockpit ihrer Starstallion in einem eigens angefertigten Sitz und einem albernen winzigen Druckanzug an ihrer Seite.

Beide Firmen, Bulldoxx und Kruger Cybernetics, waren jedenfalls groß im Geschäft kybernetischer Körpermodifikationen, die Tiere stellten bei Bulldoxx nur einen Nebenzweig dar. Einen Umzug des Hauptkonkurrenten konnte sich Bulldoxx natürlich nicht entgehen lassen.

Der Konvoi machte sich gerade daran, von Kruger XXIV abzudocken und am Asteroidenfeld vorbei den Kurs Richtung Highway-Auffahrt zu nehmen, dem Eintrittspunkt des Wurmlochs.

»Okay, meine Schätze, gleich geht es los!«, sendete Deardevil mit guter Laune und geringer Signalstärke, um ihren Hinterhalt nicht auffliegen zu lassen. »Angriffsrotte bereit?«

»Garuda bereit, fühlt sich aber von ›Schatz‹ nicht angesprochen«, ließ sich die Vice-President vernehmen, und Danai witterte ein altes Spiel zwischen den beiden.

»Bacon schön knusprig«, antwortete eine raue Männerstimme.

»Yokai und Kami hier. Kann jederzeit losgehen«, bestätigte Yokai, die Pilotin des Zweisitzers.

»Sehr schön. Scan-Team?«, fragte Deardevil weiter.

»Eyegle unsichtbar, aber anwesend«. Eyegle prahlte immer ein bisschen mit xieser sensorabweisenden Tarnbeschichtung.

»Prophet bereit.« Kian war mit von der Partie, im Gegensatz zum callsign-losen Nean, der wohl noch nicht so weit war. Kians Chopper verfügte über die leistungsstärksten Sensoren. Seine Teilnahme machte also durchaus Sinn, auch wenn es bei einem eher riskanten Einsatz wie diesem hier für den Prospect gefährlich werden konnte.

»Was macht das Partyboot?«

»Purple bereit«, antwortete die Sergeant-at-arms. Sie führte die Enforcer des Enterkommandos an Bord eines Kanonenboots an.

»Und wie sieht es mit dem Backup aus?«

»Princess bereit«, meldete Danai ordnungsgemäß.

Eine kleine Pause trat ein. »Tabs hier, äh …, Tabs tritt gleich in ein paar Ärsche dank ihres brandneuen Zielcomputers!«

Ausgerechnet Tabs. Deardevil hielt es für eine gute Idee, Danai mit Tabs zu versöhnen, indem sie sie in eine Zweier-Rotte steckte. Ganz tolle Idee. Danai war zwar die Queen dieses Backups und Tabs ihre Flügelbro, aber ob Tabs irgendwelche Befehle befolgen oder ihr sogar den Rücken decken würde, blieb zweifelhaft. Danai konnte wohl schon froh sein, wenn Tabs sie nicht rein zufällig mit einem Bandit verwechselte und abschoss.

»Hier kommt der Konvoi. No Yolo, wir lassen sie passieren. Alles wie besprochen. Und jetzt, meine Schätze: Funkstille«, ertönte die Stimme ihrer Mutter aus dem Comm.

No Yolo – Danai kannte den Ausdruck nur außerhalb des Cockpits, wo er offenbar bedeutete, dass man etwas nicht anzüglich oder sexuell meinte.

»Staffelführerin bitte kommen. No Yolo? Befehl unklar, bitte spezifizieren«, sagte sie und erhielt als Antwort Tabs’ ungläubiges Lachen aus dem Comm. »Dass wir kein unnötiges Risiko eingehen sollen – also, das, was dir dein Konzern eh immer eingebläut hat!«

Danai verdrehte die Augen. Wie konnte diese Mission ohne jegliche Disziplin ein Erfolg werden? Sie beobachtete – die Sicht nur von wenigen Gesteinsbrocken behindert – wie die Jäger der gegnerischen Vorhut an den lauernden Daredevils vorbeischossen. Etwas später schoben sich die massigen Rümpfe der Frachter schwerfällig ins Sichtfeld. Etwa ein Dutzend Transporter zog an ihnen vorbei wie eine Walschule der alten Erde auf ihren Wanderungen. Dann ertönte Deardevils Stimme erneut.

»Angriffsrotte … und Action!«

Die Sensoren ihrer Slipstream registrierten, wie die Systeme von vier Choppern zum Leben erwachten. Triebwerke und Waffensysteme wurden hochgefahren, und auch der Livestream ins Datanet wurde freigeschaltet. Neben dem Gravitonium winkten ein paar Likes als Beute, was auch ihrem Sponsor ein paar Verkäufe als Nebeneffekt einbringen sollte. Danai selbst übertrug natürlich noch nichts live ins Datanet, um ihre verdeckte Position nicht an Follower zu verraten, die ihnen nicht wohlgesonnen waren. Streamsniper lauerten überall und durchforsteten auch für Konzerne das Datanet, um die Positionen gegnerischer Parteien zu verraten.

Nun konnte Danai das Triebwerksglühen der vier Jäger auch schon visuell ausmachen, als sie sich aus dem Asteroidenfeld katapultierten und wie Raubvögel auf die Jägereskorte am hinteren Ende des Konvois stürzten. Ein Schwarm Raketen löste sich von Deardevils Starstallion, und eine Explosion zeugte von einem ersten Abschuss – Danai sah das Notsignal des Schleudersitzes. Sie hatte sich immer schwer vorstellen können, dass ihre Mutter in ihrem sichelförmigen Raumüberlegenheitschopper als Ass mit weit über hundert Abschüssen bekannt war, doch jetzt fragte sie sich, wie sie daran hatte zweifeln können.

Die Daredevils hatten ihre Gegner wie geplant völlig überrumpelt und schnell die Oberhand gewonnen. Der Weltraum war erfüllt von Leuchtspurgeschossen, abgefeuert von sich gegenseitig jagenden Maschinen. Dazu gesellten sich Explosionen der Flugabwehrgranaten der großen Schiffe. Aber nur wenige Frachter waren bewaffnet, ihre Ziele waren ohnehin zu klein und das Risiko war zu groß, mit Schüssen ins Getümmel die eigenen Jäger zu treffen.

»Jetzt der Scan, identifiziert das Paket!«, befahl Deardevil, woraufhin sich Eyegel und Prophet auf den Weg machten, um den Frachter mit der Gravitonium-Ladung zu suchen.

Die vier Jäger der Vorhut hatten beigedreht und tauchten nun viel früher als erwartet auf Danais passiven Sensoren auf. Die Angriffsrotte war noch mit der Eskorte beschäftigt. Solche Eskortstaffeln waren normalerweise nicht gerade mit der Crème-de-la-Crème einer Konzern-Top-Gun-Akademie oder mit hochbezahlten Leuten besetzt, sondern mit im Schnellverfahren ausgebildeten Schmalspurpiloten, Masse statt Klasse. Aber auch unter diesen befand sich dann und wann ein Naturtalent, das ein paar Chopper-Jockeys ins Schwitzen bringen konnte.

Wenn das so weiterging, würden Eyegel und Prophet ohne Bedeckung durch die anderen auf dem Präsentierteller sitzen. Die vier Bandits würden jeden Moment an Danais Position vorbeiziehen.

»Princess an Staffel. Greife ein. Tabs, schnapp dir den vordersten Bandit, dann zurück an meinen Flügel!«

»Äh … ja, klar. Ich … mach ich!« Danai hoffte, dass Tabs die Anweisung verstanden hatte, irgendwie hatte sie ein ungutes Gefühl nach dieser Antwort.

Princess’ Finger glitten eilig über die Kontrollen, um die Systeme ihres Choppers hochzufahren, und streiften dabei das daran geschraubte Pik Ass. Nur einen Augenblick später tauchte ihre Jagdmaschine hinter dem Gesteinsbrocken auf, in dessen Sensorschatten sie sich verborgen hatte, und schoss in dem Moment aus dem Asteroidenfeld, als die vier Bandits sie passierten. Rechtzeitig fiel ihr noch ein, das neue Feature ihres Choppers durch Umlegen eines Kippschalters zu aktivieren, den sie gestern erst selbst ins Cockpit eingebaut hatte: den Stream in ihren neuen Datanet-Channel, den sie jetzt, da ihre Position ohnehin nicht mehr verborgen war, aktivieren konnte – nein: sollte.

Kaum hatte sie das Asteroidenfeld hinter sich gelassen, deckte sie die hinterste Maschine mit Salven aus ihren Bordgeschützen ein. Einige schrappten über die Panzerung, aber ein paar Projektile schlugen ins Innere ein. Ihr Ziel begann zu trudeln.

Die vier Konzernjäger, Sparrows – günstige Standard-Mehrzweckjäger und Massenware – stoben auseinander wie ein Schwarm Fische vor einem zubeißenden Hai. Danai ließ sich nicht abschütteln, blieb am Heck ihres beschädigten Gegners kleben und traf das Triebwerk. Die Maschine brach auseinander, aber der Pilot wurde in letzter Sekunde von der Sicherheitsautomatik aus dem explodierenden Raumjäger geschleudert. Ihr erster Abschuss als Chopper-Jockey!

Danai schob in solchen Situationen den Gedanken beiseite, dass das hier keine Übung war und Menschen sterben konnten. Sie hob sie sich für später auf, für die tiefsten Stunden der Nacht, in denen die Schutzschilde aus Rationalität und Abgebrühtheit heruntergefahren waren.

Zwei Jäger drehten bei und kamen auf sie zu, der verbliebende dritte schoss Richtung Frachterkonvoi davon.

Wo zur Hölle steckte Tabs?

»Tabs? Brauchst du ’ne Extra-Einladung? Dein Ziel macht sich gerade davon, um deine Bros aus dem All zu blasen. Und mir kleben zwei Bandits am Arsch!«

»Ich … kann nicht! Versmashter Dreck! Meine Systeme fahren nicht hoch!« Die Stimme klang panisch. Danai glaubte nicht, dass das irgendein abgekartetes Spiel war, um sie in Schwierigkeiten zu bringen. Tabs hatte eben schon zögerlich geantwortet. Sie hatte mit einem neuen Zielcomputer geprahlt, also hatte sie offensichtlich vor kurzem an ihrem Chopper herumgeschraubt und etwas eingebaut, das ein bisschen zu gut war, um wahr zu sein. Das Reaper-Virus musste in ihrem Zielcomputer eine potenzielle Gefahr erkannt haben und hatte ihren Chopper lahmgelegt. Wahrscheinlich wollte sich Tabs keine Blöße geben und hatte Deardevil trotz ihrer Systemausfälle Einsatzbereitschaft signalisiert – und Danai musste es nun ausbaden. Dies Gehabe manövrierte sie alle in die Scheiße!

»Bleib, wo du bist. Ich lock sie von dir weg!«

Sie öffnete einen Kanal zum Rest der Staffel und wurde mit einem Geschnatter aus Funksprüchen empfangen.

»Ziel markiert.«

»An meiner Sechs, könnte mir den jemand vom Hals schaffen?«

»Passt auf dieses Flakfeuer auf! Ich schnapp mir das Geschütz, damit du einen Angriffsvektor findest.«

»Friss das, du Corp-N00b! Yeah! Hab ihn! Siebter Abschuss! Mein Like-Zähler dreht sich wie irre, werte Bros!«

»Rock Drei. Torpedo unterwegs … und Treffer! Ziel manövrierunfähig.« Das war Prophets Stimme.

»Partyboot: Los geht’s, schnappt euch das Paket!«, antwortete Deardevil.

Danai warf ein »Hier Princess. Ein Bandit auf dem Weg zu euch, ich beschäftige den Rest!« in die Runde.

Sie war wieder ins Asteroidenfeld abgetaucht, um ein wenig Deckung vor den stetig spuckenden Bordgeschützen ihrer beiden Verfolger zu finden. Sie musste die gesamte Aufmerksamkeit dieser Smashwits binden, damit sie nicht Tabs’ hilflos im All hängenden Chopper entdeckten. Also tauchte Danai noch tiefer ins Asteroidenfeld ein, mit direktem Kurs aufs Schwarze Loch.

Jetzt bemerkte sie die unvorhersehbaren, aus verschiedenen Richtungen zerrenden Anziehungskräfte der Gravitationsanomalien ihrer Umgebung. Das Gravitoniumerz wechselwirkte auf rätselhafte Weise mit dem schwarzen Loch und erzeugte ein unberechenbares physikalisches Chaos aus hin- und herziehender Schwerkraft. In letzter Sekunde konnte sie einem großen Brocken, der unvermittelt vor ihr auftauchte, ausweichen. Eine Kollision mit einem der kleineren schüttelte ihre Slipstream durch und zog eine große Schramme über die linke Seite. Die plötzlichen Richtungswechsel und verrücktspielenden G-Kräfte nahmen ihren Orientierungssinn in die Mangel. Es war eine verdammt riskante Vorgehensweise, um die beiden Verfolger loszuwerden, aber sie wirkte. Ihre Sensoren registrierten in diesem Moment einen Feuerball auf ihrer Sechs, kurz gefolgt von einem zweiten.

Das war’s. Sie drehte ihre Maschine in einem weiten Bogen und machte sich unbehelligt auf den Rückweg. Ausmanövriert – Treffer und versenkt.

Als sie den Konvoi erreichte, war die Schlacht vorbei: keine Verluste. Erst war es ihr unsinnig erschienen, mit einem zusammengewürfelten Haufen aus Choppern und Jockeys mit so unterschiedlichen Stärken und Schwächen eine koordinierte Konzerneskorte anzugreifen, deren baugleiche Jäger einander optimal unterstützen konnten. Aber die Daredevils wussten, was sie taten. Auf dieser Seite eines Überfalls von Free-Turflern gegen Corp-Turfler hatten sie eindeutig mehr Erfahrung.

Der Zieltransporter war von Purples Enforcern aufgebracht worden. Danai hatte diese Leute als irgendetwas zwischen Schlägertrupp und Ex-Konzernmarines kennengelernt, die nun gerade die Ladung auf eine eigene Transportfähre schafften. Das waren die harten, kantigen Leute gewesen, die im Loco Hana weniger geprahlt und dafür mehr getrunken hatten.

Außerdem schien Danai mit ihrem Abschuss und dem Stunt im Asteroidenfeld einen fulminanten Start ihrer Gramstar-Karriere hingelegt zu haben. Ihr Stream, mit quantenverschränkter AnsVi-Tech-Kommunikation ohne Zeitverzögerung durchs Datanet an die Endgeräte in der ganzen von Menschen besiedelten Galaxie gesendet, wies bereits tausende Likes und hunderte Kommentare auf.

Ihr Sponsor würde wahrscheinlich sehr zufrieden sein.

»Unser Sponsor ist noch nicht zufrieden«, sendete Deardevil an die Staffel auf einem geschlossenen Kanal. »Bulldoxx hat entschieden, dass das Saubermann-Image nicht genug Aufmerksamkeit erzeugt. Ein bisschen Tabubruch muss her, ein bisschen Schock.« Sie schwieg kurz. »Wir sollen die anderen Transportschiffe aus dem All schießen.«

Die schwerfälligen Frachter waren ohne Geleitschutz leichte Beute. Danai sah sie in ihrer Zieloptik, und ihr wurde schlecht.

Wehrlose Beute ohne wertvolle Fracht. Bei einem Umzug dieser Art befanden sich neben kostbaren Gütern auch sicherlich eine Menge ausgebeutete Angestellte und deren Familien an Bord.

»Princess an Staffelführerin. Befehl bitte bestätigen. Wir sollen das Feuer auf Wehrlose eröffnen?«

Sie stotterte leicht beim letzten Wort, was ihr im Cockpit sonst nicht passierte. Nein, sie mochte als Ex-Konzernass das Ausführen von Befehlen strenger sehen als die anderen Jockeys der Staffel, aber diesen würde sie verweigern. Sie war doch nicht bei Hadronic von der Fahne gegangen, um nun Unschuldige abzuknallen! Und sie würde auch nicht zulassen, dass ihre Wingpals das taten.

Nicht schon wieder.

»Spinnst du, Liebes? So was machen die Daredevils nicht«, knurrte ihre Mutter zurück. »Im Disclaimer steht, wir streamen orange! Ich begeh doch keinen Datanet-Selbstmord!«

Danai verstand den letzten Teil nicht ganz, gab es eine Altersfreigabe für die Daredevils-Streams? Orange … wie in ab 16? Sie erlaubte es sich aber bereits, erleichtert auszuatmen.

»Wir sagen einfach, dass wir abhauen mussten, weil Verstärkung unterwegs war. Da konnten wir nichts machen.«

»Nein«, wiederholte Princess, »da konnten wir nichts machen.«

»Dann, Daredevils, Schätze. Schöner Run, Mission erfolgreich. Schleppt jemand Tabs ab? Bacon führt uns über den Highway wie immer. Ab nach Hause!«

Kian scrollte sehr zufrieden durch die Liste seiner neuen Follower. Der Run hatte einiges gebracht, obwohl oder vielleicht sogar weil sie bei der Orange-Freigabe geblieben waren. Danach warf er einen Blick auf das Programm, das ihn über die Unfollows informierte, und ihm klappte die Kinnlade herab: PrincessDD war ihm entfolgt!

Was denkt sie sich dabei? Er rief Details auf. Sie war ihm nicht einfach entfolgt. Sie hatte ihren Account gelöscht – nach der Rückkehr vom Run! Er starrte auf den leeren, ausgegrauten Account, und in diesem Moment rief seine Ex an.

Das Videocall-Symbol in der rechten oberen Ecke blinkte auf, und die Boxen unterbrachen das Basswummern des Jockeybeats für einen nervigen Klingelton.

Er lehnte die Anfrage der im undurchsichtigen Rand des Tablets integrierten Kamera ab und nahm den Anruf nur per Audio entgegen. Neval wusste, wie sehr er Videochats hasste, konnte sie ihm nicht wie jeder normale Mensch eine Message diktieren?

»Yo, Neval«, sagte er. Die Antwort dröhnte so laut aus den viel zu hoch geregelten Lautsprechern in jeder Zimmerecke, dass er zusammenzuckte: »Kian. Kannst du nicht die Kamera anmachen?«

Mit schmerzverzerrtem Gesicht verringerte er die Lautstärke. Ihr Gesicht war auf seinem Bildschirm erschienen, eine steile Falte stand zwischen ihren ausdrucksstarken Augenbrauen, vermutlich, weil sie statt seines Gesichts nur ein Pic seines neusten Tattoos sah.

»Mach du sie doch einfach aus«, schlug er mürrisch vor.

Sie seufzte. »Hätte dich gern gesehen, das ist alles.«

Er seufzte ebenfalls und schaltete die Kamera nun doch an. Die Falte zwischen Nevals Augenbrauen verschwand nicht ganz, glättete sich aber etwas. Kurz musterten sie einander.

»Du hast noch mehr Tinte im Gesicht«, sagte sie schließlich. Er musterte sie, das runde stupsnasige Gesicht mit den drei Leberflecken auf der rechten Wange. Die schwarzen Haare waren zurückgebunden und verschwanden unter einem dunkelroten Tuch, das sie um ihren Hinterkopf gewickelt hatte. Sie sah gut aus, aber auch ein bisschen staubig. Der Hintergrund war dunkel, er konnte nichts erkennen. Für eines jedoch reichte das Licht, das die Kamera fing: »Du hast Sommersprossen. Wusste gar nicht, dass du Sommersprossen kriegst. Sweet. Bist du irgendwo, wo es Sonne gibt?«

»Ich bin auf Valoun II«, brachte sie hervor und strich sich kurz über die Augen, als müsste sie sich wieder unter Kontrolle bringen. Als hätte sie sich gerade an seiner Schulter ausgeweint.

»Immer noch auf deiner humanitären Mission, ja?« Er wollte eigentlich nicht spotten. Sie hatten die Akademie beide verlassen, sie hatten beide einen Grund gehabt, und ihrer war objektiv weit, weit besser als seiner, das war ihm klar. »Klingt mir langsam nicht mehr nach einem Sabbatical.«

»Ist es auch nicht mehr. Hab das Studium geschmissen.«

Das wusste er natürlich. Er stalkte schließlich auch ihren Account.

»Ist was passiert?«, tastete er sich vorsichtig vor.

»Ja. Ja, es ist was passiert. Guckst du die Videos von SisX auf PolitiX nicht mehr?«

»Hab … also … schon, die haben sich aber etwas angesammelt.«

»Zu viel Jockey-Kram zu tun, was? Gramstar werden und so?« Der Spott war nun unüberhörbar. Nein, es war nicht mal richtiger Spott. Es war Enttäuschung, ganz so, wie seine Gramma geklungen hatte, als er das Navigstudium geschmissen hatte.

»Urteile ich über deine Lebensentscheidungen?«, knurrte Kian.

»Weiß ich nicht. Jedenfalls: Falls du Mainstream-Medien guckst – da reden sie nicht über Valoun II. Aber der PolitiX-Kanal hat von uns allen die Vids angefordert, alles an Bildmaterial, und sie analysieren, was das Zeug hält.«

»Okay, soll ich mich erst durch SisX’ neuste Verschwörungstheorien klicken, oder fasst du mir kurz zusammen, warum du mich anrufst?«, fragte er, mittlerweile mehr besorgt als genervt.

»Wir sind bombardiert worden. Aus dem Nichts, Kian.«

»Was, wir, im Sinne von ›Leute auf Valoun II‹, oder wir, im Sinne von ›du und der Ort, an dem du dich gerade aufhältst‹?«

»Fervintown, wo ich zwei Jahre gelebt hab! Vierunddreißig Tote! Wir sind in die Berge geflohen, haben hier einen Haufen Verletzte, drei Schwangere und ein paar Kinder, die keine Eltern mehr haben.«

»Was? Scheiße!« Was wurde das hier? Warum rief sie ihn an? »Werdet ihr evakuiert? Organisiert PolitiX einen Transport?«

»Die Schwerverletzten werden morgen hoffentlich wegtransportiert. Wir anderen … Kian, dass wir evakuieren, ist doch genau das, was der Angriff bewirken sollte. Das war ein chirurgisches Bombardement, wenige Detonationen, aber wirkmächtig. Die sollten uns nicht ausradieren, die sollten uns eine Scheiß-Angst einjagen, damit wir die Siedlungen verlassen.«

»Wer?«

»Was weiß ich, wer! Wir sind auf eine Rohstoffmenge gestoßen, Kian, die uns von armen Schluckern, die nur das Nötigste haben, zu einer autarken Gemeinschaft machen könnten! Entweder, wir haben Zorn auf uns geladen, weil wir autark sein wollen, oder Leute haben es auf die Rohstoffe abgesehen!«

»Von welchen Rohstoffen reden wir, Neval?«

Sie presste kurz die Lippen zusammen und schaute in die untere Ecke ihres Tablets. Vermutlich lief gerade parallel eine Verschlüsselungssoftware. »Die Staffel, für die du fliegst. Ihr seid okay, oder? Ihr macht Kunstflüge mit Sponsoring, Schmuggel, so was?«

»Hm«, machte Kian und befand selbst, dass das alles bedeuten konnte.

»Also, hab gehört, ihr habt so einen okayen Ruf im Datanet. Keine Attentate, Menschenhandel oder so was. Streamt maximal in orange.«

Kian hoffte, dass sie ihn nicht nach Lokkers Drogengeschäften fragte, denn sie schnitten zwar momentan im Sponsoring auch nicht schlecht ab, aber Deardevil hätte sich das Loco Hana und den Unterhalt der Gang ohne Lokkers Skywards-Tropfen wohl kaum leisten können. Die brachten die wahre Kohle, das war ein offenes Geheimnis.

»Wieso? Was soll das?«

»Kian, sag es mir einfach: Wenn ich euch dafür bezahle, herzukommen, dann schleift ihr nicht irgendwann die Hälfte der Leute hier in einen Transporter, um sie auf irgendeiner Minenkolonie als ›unfreiwillige Arbeitskräfte‹ zu verkaufen, oder?«

»Nee, so was machen wir nicht.«

»Okay, dann Folgendes: Ich rufe an, weil ich euch anheuern will.«

Er starrte in den Bildschirm. Ihre Augen begegneten sich nicht, weil sie beide rechts von der Kamera aufs Tablet starrten. Sie sah vollkommen ernst aus, ihr hübsches, ein bisschen niedliches Gesicht strahlte all die Ernsthaftigkeit aus, die zum Ende ihrer Beziehung geführt hatte.

»Das … das muss ich mit Deardevil besprechen«, sagte er langsam.

»Ich würde gern selbst mit ihr sprechen. Wenn du uns kontakten würdest.« Plötzlich so businessmäßig. Er atmete tief durch.

»Neval, wie geht es dir denn? Bist du verletzt?«

»Hab eine Metallstange durchs Bein gekriegt, aber es geht schon wieder. Ich hab Gehstützen, aber die Nanos wirken flott. Kian – wir sprechen später. Die versuchen, die Daten, die wir von Valoun aus senden, abzufangen, ich hab nicht viel Zeit. Wenn deine First Lady gerade verfügbar ist, würde ich gern die Details mit ihr besprechen.«

»Okay«, sagte Kian. »Ich … ich geb dir ihre Kontaktdaten.« Und als er diese mit dem Finger ins Chatfenster gezogen hatte, erlosch der Anruf so unvermittelt, wie er begonnen hatte. Mit einem Gefühl des plötzlichen Verlusts starrte er auf sein Tablet, während die Boxen wieder auf die Playlist umschalteten und den neusten Track von Gramsterkink durch seine winzige Kabine wummern ließen.

Ace in Space

Подняться наверх