Читать книгу Gesammelte Erzählungen - Jules Verne - Страница 89

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Eine halbe Stunde lang stieß ich auf kein Hinderniß. Ich versuchte, meinen Weg an der Form des Tunnels, an dem Vorsprung gewisser Felsen, an der Eigentümlichkeit der Krümmungen wieder zu erkennen. Aber es fiel mir durchaus kein besonderes Zeichen auf, und ich erkannte bald, daß mich diese Galerie nicht zu jener Wegespaltung führen konnte. Sie war ohne Ausgang. Ich stieß wider eine undurchdringliche Wand, und fiel auf den Felsboden.

Welch’ fürchterlicher Schrecken, welche Verzweiflung mich da ergriff, kann ich nicht ausdrücken. Ich war vernichtet. Meine letzte Hoffnung zerschellte an dieser Granitwand.

Verloren in diesem Labyrinth, dessen Irrgänge sich in allen Richtungen kreuzten, konnte ich ein unmögliches Entrinnen nicht mehr versuchen. Ich mußte den jämmerlichsten Tod erleiden! Und seltsamer Weise kam mir in den Sinn, es werde, wenn mein fossil gewordener Körper einmal aufgefunden würde, eine bedeutende wissenschaftliche Streitfrage darüber entstehen, daß man dreißig Lieues im Schoße der Erde ihn vorgefunden!

Ich wollte laut reden, aber es kamen nur rauhe Töne von meinen trockenen Lippen. Ich keuchte.

Mitten in dieser großen Angst befiel ein neuer Schrecken meinen Geist. Meine Lampe hatte beim Fallen Schaden gelitten und ich war nicht im Stande, sie zu reparieren. Ihr Licht wurde bleicher und drohte mir auszugehen!

Ich sah, wie der Lichtstrom in der Serpentine des Apparats schwächer wurde. Auf den dunkeln Wänden entwickelte sich eine Prozession beweglicher Schatten. Ich wagte nicht mehr, mein Auge zu schließen, in Besorgniß, das geringste Atom dieser entfliehenden Helle zu verlieren! Jeden Augenblick kam mir’s vor, als wolle es erlöschen, und dunkle Nacht würde mich dann umfangen.

Endlich zitterte ein letzter Schimmer in der Lampe. Ich folgte ihm, fing ihn mit den Blicken auf, sammelte alle Kraft meiner Augen auf ihn, als sei das die letzte Lichtempfindung, welche ihnen vergönnt würde, und ich war versenkt in unermeßliche Finsterniß.

Ein fürchterlicher Schrei entfuhr mir! Oben auf der Erde, inmitten des tiefsten Dunkels der Nächte, verliert das Licht niemals ganz seine Rechte! Es ist zerstreut, fein; aber, so wenig davon noch übrig ist, die Netzhaut des Auges faßt es endlich auf! Hier, nichts! Die absolute Dunkelheit machte aus mir einen Blinden in vollem Sinn des Worts.

Nun verlor ich den Kopf. Ich stand auf und streckte die Hände aus, versuchte mit Schmerzen zu tasten. Ich fing an zu fliehen, stürzte in dem wirren Labyrinth aufs Geratewohl stets abwärts, wie ein unterirdischer Höhlenbewohner, rief, schrie, heulte, quetschte mich an den Felsenvorsprüngen, fiel und stand blutend wieder auf, stets gewärtig, auf eine nicht bemerkte Wand zu stoßen und mir den Kopf daran zu zerschellen.

So lief ich unsinnig, ohne zu wissen, wohin. Nach einigen Stunden, ganz erschöpft an Kräften, fiel ich wie eine träge Masse bewußtlos neben der Wand nieder.

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