Читать книгу Schulgangster - Juli H. Kiel - Страница 5

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Malin hörte das Schimpfen ihres Stiefvaters noch durch das Treppenhaus hallen, wie so oft war der Fahrstuhl kaputt. So musste sie die zwölf Stockwerke nach unten eilen ... ob sie den Bus noch erwischen würde? 50 Minuten auf den nächsten zu warten wäre eine Katastrophe. Es war schon dunkel und die Bushaltestelle inmitten der Wohnblocks alles andere als sicher. "Warum sollte ich Dich fahren, faules Kind", blökte ihr Stiefvater. "Nichts hier ist aufgeräumt, das Bier ist alle und wann hast Du das letzte Mal geputzt? Hau bloß ab zur alten Schachtel", schossen Broncos Worte durch den Wohnblock. Malin rannte die Treppe runter. Der Hund im zehnten Stock schlug an, sein Bellen überschlug sich schier. "RUHE" schallte es aus einer anderen Wohnung und eine Wohnungstür schlug so heftig zu, dass es Malin durch die Knochen fuhr. Sie verlor in der Hektik das Gleichgewicht, dabei wurde ihr Oberkörper nach vorn gerissen, die Arme ruderten wie wild in der Luft und suchten das Gleichgewicht. Malin war auf ihren offenen Schnürsenkel getreten und konnte einen Sturz gerade noch abwenden. "Fokussier Dich", schärfte Malin sich in ihren Gedanken ein, "der Bus ist noch zu schaffen". Ab da kam sie gut voran. Endlich mal ein guter Gedanke zur richtigen Zeit. Davon war Malin nicht gerade verwöhnt, in der Schule fiel ihr nie das Richtige ein. Noch schnell durch die Haustür und nach zwei Ecken war die Bushaltestelle erreicht. Malins zierliche Gestalt und ihre geringe Körpergröße für ihre zehn Jahre waren oft nachteilig, aber sie war wirklich schnell unterwegs. Das konnte man wohl sagen! Das Blut pumpte wild durch ihren kleinen Körper und sie musste immer noch heftig atmen, als die Bustüren sich hinter ihr schlossen. Es rauschte richtig in ihren Ohren. Nur langsam beruhigten sich Atem und auch Malins Gedanken…" Was für ein Stress und das nur um zu Oma Amanda zu gelangen um mit ihr Deutsch-Diktat zu üben". Oma Amanda hätte sie liebend gern abgeholt, aber ihr kleiner grüner Polo war leider heute liegengeblieben. "Motorschaden" - so diagnostizierte der hilfsbereite Nachbar - "ich bestelle zwei Teile und nach dem Tausch könnte der Motor wieder starten. Ich kümmere mich in der nächsten Woche darum, heute kann ich leider nicht mehr machen.“ Auf Malins Eltern war leider kein Verlass ... ihre Mutter Beatrice hätte sich vielleicht noch dazu herabgelassen, Malin bei der Dunkelheit zu fahren. Aber ihr Stiefvater ... Malin seufzte. Es war mehr als Seufzen, Malins Herz wurde ganz schwer. Kälte kroch durch die dünne Jacke, die für den Herbst viel zu leicht war. Doch jetzt hatte sich ihr Atem wieder normalisiert und sie konnte sich wieder auf ihre Umgebung konzentrieren. Malin scannte die Mitfahrer im proppevollen Bus. Es war so wichtig, in ihrem Wohnblock und in dem Stadtviertel aufmerksam zu sein und zu beobachten, ganz besonders weil Malin klein und zierlich war und keine Geschwister hatte, mit denen sie sich gemeinsam gegen die Größeren wehren konnte. Ihre Mutter hatte sie in letzter Zeit nicht gerade unterstützt. Ihr Stiefvater hatte noch nie die Anführer am Kragen gepackt und durchgeschüttelt. Noch nie. Malins Blick glitt durch den Bus. Die meisten Mitfahrer im Bus am Freitagabend sahen müde und von abgearbeitet aus, die Jobs schienen alle Energie rauszuziehen, dachte Malin. Der Mann, der sich an der gleichen Stange festhielt wie sie, schaute mit grauem Blick und grauem Mantel durch die Bustür nach draußen. Plötzlich riss Malin die Augen weit auf und sah Mikey mit seinem Freund Alex direkt vor ihr stehen und sie an die Bustür drängen. Angst kroch in Malin hoch. Wie hatte sie die beiden Erpresser-Jungs beim Einsteigen nur übersehen können? Hätte sie bloß einen anderen Bus genommen!

Malin spürte eine altbekannte Mutlosigkeit in ihre Beine sickern. Die Beine wurden zittrig. Sie wollte doch nur zur - zugegebenermaßen - etwas langweiligen Oma Amanda fahren, damit sie in Deutsch keine weitere Fünf kassierte. Diese deutsche Rechtschreibung war für ihr Gehirn so schwierig, nichts konnte sie sich leicht merken. Weiches S oder scharfes S, Dehnungs-H oder der Unterschied zwischen F und V, alles war Durcheinander in ihrem Kopf und mit ganz viel Mühe konnte Oma Amanda da etwas Ordnung hinein bringen. Ansonsten waren diese Freitagabende bei ihr nicht gerade ein Knaller, um den sie andere Kinder beneidet hätten. Oma Amanda war oft hektisch, machte gern drei Sachen auf einmal und hatte einen ganz komischen Modegeschmack. Nicht grad perfekt. Malin seufzte. Aber immerhin nahm ihre Oma sich Zeit für sie, während ihre Mutter noch nicht einmal wusste, dass eine drohende Fünf im Zeugnis eine ernste Sache ist. Unbewusst ließ Malin ihren Kopf noch tiefer hängen. Dabei entdeckte sie in dem Gedränge etwas auf den Gummirillen des Busbodens liegen. Tief in den Knien und mit ihrem dünnen Arm ganz weit vorgestreckt gelang es ihr, den Gegenstand aufzuheben. Die Oberfläche fühlte sich wie Leder an, war das eine Geldbörse? Oh ja! Die musste dem Mann mit dem grauen Mantel aus seiner Tasche gefallen sein. "Äh ... Entschuldigung" Malins Stimme, war kaum zu hören. "Hallo, Sie haben ihre Geldbörse verloren“, setzte Malin noch einmal an, aber der Mann schien sie nicht zu hören und ihre Stimme im vollbesetzten Bus unterzugehen. Sie nahm ihren Arm, in der Hand die Geldbörse fest umklammert, zu Hilfe, um den Mann anzustupsen und seine Aufmerksamkeit zu erregen. Im dunklen Busfenster spiegelte sich alles, während der Bus sich durch den abendlichen Stadtverkehr zwängte. Plötzlich blitzen die grauen Augen des Mannes sie böse an. Er schien sich abrupt umgedreht zu haben. Sie spürte seinen abgekämpften Atem. "Was soll das? Hör sofort auf, mich zu bestehlen und gib mir mein Portemonnaie zurück!" So viel Leben aus dem grauen Mantel überraschte Malin. Sie wollte doch nur das Geld zurückgeben, warum fuhr er sie jetzt an? Malin fühlte sich klein, noch kleiner als sie es ohnehin schon tat. Ihr Gesicht glühte, wahrscheinlich war es rot geworden. "Ich ... ich ..." Malin bracht kein Wort heraus. Sie fühlte sich wie eine Maus, eine kleine Maus. Ihr Sprachzentrum war blockiert, sie schaffte es nicht, die Situation richtig zu stellen. Der Mann im grauen Mantel wand ihr die Geldbörse aus ihrer Hand und schüttelte den Kopf. "Selbst kleine Mädchen stehlen hier" raunte er. Alle anderen Mitfahrer sahen weg. Hier interessierte sich niemand für die Probleme anderer.

Malin kämpfte mit den Tränen. Sie wollte wirklich nicht Weinen. Das Einzige, was ihr in solchen Situationen - und Malin fühlte sich sehr oft wie eine kleine, ungeliebte Maus - half, waren ihre schönsten Erinnerungen an das Zuhause, das sie seit dem Tod ihres Vaters verloren hatte. Mit ihm war ihre Familie rundum liebevoll gewesen. Und was hatten sie für Spaß zusammen erlebt, mit Papa war immer was los! Er hatte fast immer quatschige Ideen, die er wie ein kleiner Junge direkt in die Tat umsetzte. Als einmal der Buchstaben- und Kommasalat in Malins Kopf schier unerträglich wurde, tröstete er richtig gut. Er nahm ihre Übungsunterlagen, suchte sorgfältig aufbewahrte D-Böller der letzten Silvesterparty im Keller des kleinen Häuschens hervor und sprengte sie im Garten in die Luft. Mama musste herzhaft lachen, Malin und ihr Papa kugelten sich auf dem Boden auf dem gemütlichen Flokati-Teppich und konnten sich gar nicht wieder einkriegen. Ach ja, das gemütliche Familienhaus in der Nähe von Oma Amandas Haus, schwärmte Malin grad innerlich weiter. Sie hatte den Geruch der weltbesten Lasagne, die Ihre Mutter damals für Malin so gerne kochte, direkt wieder in der Nase. Yummy! Ihre Mutter Beatrice war damals auch eine richtig Klasse-1a-weltbeste-Mama! Doch nach dem Autounfall und Papas Tod war alles anders. Und seit Beatrice unter dem Einfluss von Broncos stand, war alles Mist. Malins Leben hing in Fetzen und ließ sich bisher nicht wieder zusammennähen. Die einfache, billige Kleidung, die sie trug, war Malin nicht so wichtig, aber die Einsamkeit fühlte sich schlimm an. Und dass jeder auf ihr herum trampelte. Malins Gedanken schwenkten nach dem pinkfarbenen Ausflug zurück in die graue Realität. Immerhin hatte sie ihr Weinen unterdrücken können.

Plötzlich spürte Malin einen Schmerz in den Rippen. Sie musste einen Schritt machen, um sich abzufangen und im fahrenden Bus nicht hinzufallen. "Na schau mal, was macht so eine kleine Portion denn ganz allein hier?", spottete Alex. Zusammen mit seinem Kumpel Mikey war er sowohl in ihrem Wohnblock als auch in der Schule gefürchtet. "Malin, haben Deine Eltern Dich Merlin wie den Zauberer nennen wollen und waren zu betrunken, den Namen richtig zu schreiben?" Alex grinste über seinen fiesen Scherz. Mikey lachte richtig laut und versuchte dabei betont männlich zu wirken - mit 15 gar nicht so einfach. Er warf mit einer ruckartigen Kopfbewegung seine dunklen Haare nach hinten. Wie immer hatte er seine Frisur ausgiebig mit Haar Gel versehen. Malins Bauch zog sich zusammen, die Worte trafen sie obwohl sie schon oft von den beiden beleidigt worden war. Sie war eines der zahlreichen Opfer der beiden. Sie wusste, was gleich kommen würde. Malin suchte Blickkontakt zu den Mitfahrern im Bus. Sie hatte gar nicht registriert, wie die Fahrgäste nach und nach ausgestiegen sein mussten. Die wenigen Anwesenden verteilten ausschließlich auf den vorderen Teil des Busses. Keiner schaute in ihre Richtung und erst recht keiner erkannte Malins Lage. "Lasst mich in Ruhe", sagte Malin. Ihr Blick war starr auf den Boden gesenkt. Einen Schritt konnte sie noch zurückweichen, bis sie mit dem Rücken an die Bustür stieß. Mikey und Alex lachten nur. "Klar", prustete Mikey, "wir lassen Dich jetzt einfach in Ruhe, schon klar". Malin versuchte erneut, die Situation zu entschärfen. Ihre Stimme kam ihr sogar selbst leise vor, als sie zu sprechen ansetzte. "Bitte, ich hab euch nichts getan. Ich möchte nur in Ruhe gelassen werden. Ich kann kein Taschengeld hergeben, ich habe diese Woche nichts bekommen." "Und dieses Märchen sollen wir glauben?", konterte Mikey. "Uns ist egal, ob dein Geld Taschen- oder Bus- oder Essengeld heißt - gib es her und DANN lassen wir dich in Ruhe." Alex streckte seinen Arm aus und zog Malin am Kragen ihrer dünnen Jacke in die Höhe. Malin roch seinen Atem mit einem Gemisch aus Knoblauch und Kaugummi. Der Pfefferminzgeschmack des Kaugummis konnte den schlechten Geruch nicht überdecken. Kein Wunder, wenn man sich von Döner und türkischer Pizza ernährt und die Zahnpflege vernachlässigt. Alex Gesicht war so nah vor ihren Augen, dass sie Alex schlechte Haut mit den großen Poren musterte. Auch seine allerersten Barthaare auf der Oberlippe mit seinen 14 Jahren waren nicht gerade schön. Er war trotz seiner geringen Körpergröße so kräftig, dass er Malin mühelos in die Luft heben konnte. Ihre Beine baumelten kurz in der Luft, doch dann stellte er sie wieder ab. Die kräftigen starken Arme, seine mit Imponiergehabe verbundene aufrechte Körperhaltung hatten Malin schon immer an einen Affen erinnert.

Bei dem Vergleich zwischen Alex und einem Affen musste Malin innerlich grinsen. Sie erinnerte sich an die Scherze, die sie mit ihrem Papa gern gemacht hatte: Menschen aus ihrem Umfeld mit Tieren zu vergleichen. Das lustigste war, die Tiere dann zu imitieren - dabei waren sie oftmals wie Verrückte über den Teppich gerobbt, herumgehüpft und haben die Tierlaute gerufen. Alex-Affe hätte es geheißen und sie wären durchs Zimmer getobt wie Schimpansen oder Gorillas und hätten mit dem charakteristischen "Uga-uga"-Rufen bestimmt die Mama herbeigelockt. "Warum lass ich mich jetzt herumschubsen?", fragte Malin sich selbst. Sie richtete sich erstmalig wieder auf, ihr Körper war voll Spannung, als sie bei diesen Träumereien wieder etwas Mut in sich fand. Ohne zu zögern holte sie mit dem linken - ihrem starken - Bein aus und trat Alex mit aller Kraft an sein Schienbein. Damit hatte er nicht gerechnet. Er schrie auf vor Schmerz, fasste mit beiden Händen an sein Schienbein und versuchte, den Schmerz durch den Druck seiner Hände zu mildern. Gleichzeitig bremste plötzlich der Bus vor einer roten Ampel mit laut quietschenden Bremsen. Der Bus kam abrupt zum Stehen, die sitzenden Fahrgäste wurden in die Bus Sitze gedrückt. Aber im hinteren Teil des Busses wurden Mikey, Alex und Malin überrascht. Alex, auf einem Bein stehend, fiel um wie ein Dominostein. Sein linker Ellenbogen krachte auf den gummierten Boden. Malin ruderte mit den Armen, um ihr Gleichgewicht zu halten. Beinah gelang es ihr, die Balance wiederzufinden, aber im letzten Moment fiel sie doch. Sie war in einigen Sportarten gar nicht so unbegabt und so fiel sie nicht allzu ungeschickt und tat sich nicht weh. Malin blickte immer noch fasziniert und ein wenig stolz auf den sich am Boden windenden Alex. Sie musste ihn richtig gut mit ihrem Schuh am Scheinbein getroffen haben. Leider hatte sie Mikey nicht mehr im Blick. Normalerweise überließ er dem kräftigen Alex das Geschiebe, Gedrücke oder das Austeilen von Schlägen und dirigierte durch Worte. Doch während des plötzlichen Bremsmanövers hatte er sich - im Gegensatz zu den anderen beiden - auf den Beinen halten können, packte Malin blitzschnell im Nacken und drückte sie nach unten. Ein geschickter Schachzug, denn so gerieten sie nicht ins Blickfeld der anderen Fahrgäste oder des Busfahrers und musste deren Eingreifen fürchten.

"Du kleines Biest, rück das Geld raus, dass Deine asoziale Mutter und Dein arbeitsloser Stiefvater Dir als Bus-, Essens- oder Taschengeld gegeben haben. Und das SCHNELL!" zischte Mikey ihr bestimmt und mit nur schwer und Kontrolle zu haltender Wut ins Ohr. Die Erinnerung an ihre miserable heutige Familie saugte Malin blitzschnell allen Mut und Selbstbewusstsein heraus. Sie knickte sofort ein. "Was für eine blödsinnige Idee, sich gegen die beiden Jungen wehren zu wollen. Wie konnte ich nur!" schimpfte Malin ohne es laut auszusprechen mit sich selbst. "Ich gebe Euch mein Geld, es ist nur nicht viel" sagte sie zu Mikey und Alex. "Lass mich aufstehen, dann komm ich an meine Tasche" fuhr sie fort. Mit stumpfem Blick schaute sie dabei hinaus und registrierte, dass sie an der nächsten Haltestelle aussteigen musste, um noch ein kurzes Stück zu Oma Amanda Haus zu Fuß zu gehen. Sie rappelte sich auf, ihr war zum Glück nichts passiert. Vielleicht würde sie einen kleinen blauen Fleck bekommen, aber beim Fallen hatte sie ihre zarten Muskeln angespannt, so dass alles gut sein sollte. Sie klopfte etwas Staub von ihrer blauen Cordhose, obwohl sie die Hose überhaupt nicht leiden mochte. Malin öffnete ihre kleine, hübsche Stofftasche - ein selbstgenähtes Ostergeschenk von Oma Amanda - und suchte ihre Münzen. Drei Euro Fünfzig fand sie und reichte Mikey das Geld. "Willst Du uns veraschen?" blaffte Alex. Er war wieder im Spiel, sein Schmerz hatte nachgelassen und stand mit Mikey auf einer Linie. "So arm könnte ihr doch gar nicht sein" motzte er weiter. "Drei Fünfzig - so WENIG. Wie uncool ist das denn." Prüfend glitt sein Blick über Malins Kleidung. "Mensch Mikey, bei der lohnt es sich ja noch nicht einmal, ne Jacke oder ein Paar Turnschuhe abzuziehen. Das ist ja alles No-Name-Schrott" sagte er an seinen Kumpel gerichtet.

Malin überhörte die Kommentare und tat so, als täten ihr die abfälligen Blicke nicht weh. Gleich würden sie die richtige Bushaltestelle "Dichterviertel" erreichen. Der Bus hatte schon seine Geschwindigkeit verringert und den Blinker gesetzt. Zum Glück leuchtete des "Stopp"-Zeichen bereits auf, im vorderen Teil des Gelenkbusses hatte ein Fahrgast gedrückt. Während Mikey und Alex noch über die geringe Ausbeute ihrer abendlichen Erpressung sprachen, konzentrierte Malin sich auf die Bustür. Der Bus hielt an - diesmal ohne ein scharfes Bremsmanöver - und die die Türen öffneten sich. Malin rannte los, ihre Stofftasche fest in der rechten Hand umklammert. Mit drei Sätzen sprang sie nach draußen. Es schlug ihr kalte, feuchte Luft entgegen, eine Wohltat nach dem Feierabend-Mief im Fahrzeug. Sie verlor keine Zeit und sprintete die Allee entlang. An der ersten Querstraße bog sie rechts in die Stormstraße ein, jetzt hatte sie nur noch drei kleine Straßen zu überqueren, bis sie Oma Amanda Haus erreicht hatte. Die Kälte machte ihr nichts aus. Sie rannte immer noch, bis jetzt hatte sie sich nicht einmal umgedreht. Ihr Pferdeschwanz wippte von rechts nach links im Rhythmus ihrer Schritte. In ihren Ohren rauschte es, doch trotzdem hörte sie komische Geräusche hinter sich. Sie blickte hinter sich. Mikey und Alex verfolgten sie. Mikey war trotz der Dunkelheit an seinen schlaksigen Gliedmaßen zu erkennen. Seine Bewegungen erinnerten an ein Windrad, während Alex mit seinen Muskeln im Licht der Straßenbeleuchtung wie ein joggender Gorilla aussah. Malin passierte die zweite Querstraße, eine noch. Trotz ihrer kleinen Körpergröße war sie sehr schnell, wahrscheinlich, weil sie so dünn war. Sie konnte beschleunigen wie eine Katze und auch jetzt, nachdem sie ihre Verfolger gesehen hatte, noch einen Zacken Geschwindigkeit zulegen. Ihr Herz schlug super schnell, um das Blut durch den kleinen Körper zu pumpen. Sie atmetet tief und schnell durch die Nase ein und den Mund aus. Das verhinderte Seitenstechen beim schnellen Laufen, so hatte es ihr Papa früher erklärt. Hinter ihr bellte ein Hund im Garten. Ein kurzer Blick zurück, aber den beiden Verfolgern gelang es nicht, den Abstand zu verringern. Oder wollten sie das gar nicht? Denn Malin registrierte, dass die beiden suchend zu den Hausnummern in der Straße schauten und anscheinend eine bestimmte Adresse suchten. Alex und Mikey blieben stehen, stecken die Kopfe zusammen, strichen ihre Kleidung glatt und klingelten. "Was machten die beiden im Dichterviertel?", zerbrach Malin sich den Kopf. Mit zügigen Schritten legte sie die letzten Meter bis zu ihrem Ziel zurück, ihr Atem normalisierte sich.

Am Gartenzaun Oma Amandas Haus stoppte Malin. Alex und Mikey hatten offenbar ein anderes Ziel hier im Stadtviertel, sie musste sich nicht mehr hetzen. "WUSCH-BUMM", das Geräusch erschreckte Malin. Es hörte sich nach einer umgefallenen leeren Mülltonne an. Heute Abend herrschte kein starker Wind, der ausgereicht hätte, eine Mülltonne umzuwehen. Malins Augen hatten sich zwischenzeitlich an die Dunkelheit gewöhnt. Sie spähte hinters Haus und glaubte eine Frauengestalt zu erkennen, die zum Hintereingang flitzte. Malin runzelte die Stirn. Sie öffnete das Gartentor, sprang die drei Stufen zur Haustür hinauf und klingelte dreimal - wie immer.

Schulgangster

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