Читать книгу Neuer Terrorismus – Reale Bedrohung oder konstruiertes Forschungsparadigma? - Julia Klein - Страница 10

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2 Alter und Neuer Terrorismus im wissenschaftlichen, medialen und politischen Diskurs

Im Juli 1993 taucht der Begriff „New Terrorism“ zum ersten Mal in der US-amerikanischen Presse auf. Die Zeitung Newsweek schrieb in ihrem Artikel The New Terrorism vier Monate nach dem ersten Anschlag auf das World Trade Center über eine Serie vereitelter Anschläge auf den Holland Tunnel, den Lincoln Tunnel, die George Washington Brücke, das Gebäude der Vereinten Nationen und das Jacob Javits Federal Gebäude.22 Die acht mutmaßlichen Täter, die sogenannte „Beta Zelle“, wurden festgenommen, bevor sie ihre Pläne umsetzen konnten. Das FBI hatte bei den Ermittlungen zu den Anschlägen auf das World Trade Center zuvor durch einen Informanten von den neuen geplanten Anschlägen rechtzeitig erfahren. Zwei Jahre später wurde Sheik Omar Abdel Rahman und neun weitere Angeklagte für die Tat verurteilt.23

Nicht nur in den Medien tauchen die Anschläge des Jahres 1993 als Wendepunkt in der Geschichte des Terrorismus unter dem Begriff „Neuer Terrorismus“ auf. Auch der 9/11 Commission Report beschreibt 2004 in dem Kapitel: From the old to the new terrorism: The first world trade center bombing die Anschläge auf das World Trade Center, das Pentagon und das Weiße Haus als „a new terrorist challenge, one whose rage and malice had no limit.“24 Im Jahr 1998 sagt der damalige Präsident der USA Bill Clinton in seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen: „… terrorism has a new face in the 1990s.“ Er spricht nur wenige Wochen nach den Anschlägen auf die U.S. Botschaften in Kenia und Tansania von einer steigenden Gefahr durch die Nutzung von Massenvernichtungswaffen durch terroristische Organisationen. Seit diesen Ereignissen taucht der Begriff immer wieder in der Politik, aber auch in den Medien und in wissenschaftlichen Texten auf. Neben „The New Terrorism“25 werden in Artikeln und Büchern auch häufig die Begriffe „The New Face of Terrorism“26, „The New Age of Terrorism“27 oder „The Chancing Face of Terrorism“28 gebraucht, um den vermeintlichen Wandel der terroristischen Organisationen in Worte zu fassen.29

Als Beweis für die Existenz des Neuen Terrorismus bedienen sich die Autoren dieser Werke einzelner Anschläge, die entweder aufgrund der hohen Opferzahl oder des versuchten Einsatzes von Massenvernichtungswaffen besonders spektakulär waren oder aber von islamistischen, terroristischen Organisationen durchgeführt wurden. Gary LaFree bezeichnet solche Anschläge wie den 11. September 2001 als ein „Black Swan“ Ereignis. Er bezieht sich dabei auf das Buch von Nassim Nicholas Taleb The Black Swan. Nassim Nicholas Taleb beschreibt darin das Phänomen des Schwarzen Schwans: „First, it is an outlier, as it lies outside the realm of regular expectations, because nothing in the past can convincingly point to its possibility. Second, it carries an extreme impact. Third, in spite of its outlier status, human nature makes us concoct explanation for its occurrence after the fact, making it explainable and predictable.“30 Der nachvollziehbare Wunsch solche schlimmen Ereignisse erklärbar zu machen, um die Wut zu kanalisieren, Gefahren vorhersehbar zu machen und die Angst zu verringern, führt dazu, dass sie am Ende den gesamten Diskurs bestimmen und zu einem Handlungsdruck bei politischen Entscheidern führen.31 Neben dieser psychologischen Erklärung für die Aufmerksamkeitskonzentration auf wenige Anschläge stechen besonders die mediale Wirkung und die politische Bedeutung der Anschlagsorte hervor. Viele andere Anschläge, wie der FARC in Kolumbien aus dem Jahr 1998 dagegen, bei dem 268 Opfer (und sieben Terroristen) starben oder der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) in Sri Lanka aus dem Jahr 1993, bei dem sogar 500 Opfer (und 470 Terroristen) starben, werden in der Diskussion um die Entwicklung des Terrorismus jedoch nicht weiter erwähnt.32

Zu den am häufigsten erwähnten Anschlägen gehören neben dem ersten Anschlag auf das World Trade Center 1993 in New York, der Sarin-Gas Anschlag auf die U-Bahn in Tokio 1995, der Anschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City ebenfalls 1995, die Anschläge auf die amerikanischen Botschaften in Tansania und Kenia 1998, der Anschlag auf die USS Cole 2000 im Yemen, die Anschläge auf das Weiße Haus, das Pentagon und das World Trade Center 2001. Nach dem 11. September 2001 gab es eine Reihe von Bombenanschlägen auf öffentliche Verkehrsmittel, die in der Literatur erwähnt werden. Darunter sind die Anschläge auf den Bahnhof in Madrid 2004, auf die U-Bahn in London 2005 und auf Nahverkehrszüge in Mumbai 2006.

Der Anschlag auf das französische Satire Magazin Charlie Hebdo, welcher in den Medien große Resonanz fand, war der erste Anschlag, der nach langer Zeit wieder als „New Terror“ bezeichnet wurde.33 Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden ähnlich spektakuläre Anschläge in den Medien mit einem eingängigem Kürzel bezeichnet, das sich auf das Datum der Anschläge bezieht. Die Anschläge des 11. September 2001 in den USA wurden zu 9/11, die Anschläge vom 11.03.2004 in Madrid zu 11-M und die Anschläge vom 07.07.2005 in London zu 7/7. Die durchgängige Art der Bezeichnung weist darauf hin, dass die Anschläge derselben Kategorie zugeordnet werden und die kurze, prägnante Art der Bezeichnung auf die Bedeutung, die den Anschlägen beigemessen wird. In diese Reihe wird auch der Anschlag vom 07.01.2015 in Paris eingeordnet, der in dem Medien die Abkürzung 1/7 erhalten hat.34

Obwohl der Begriff „Neuer Terrorismus“ zum ersten Mal 1993 nach den ersten Anschlägen auf das World Trade Center aufkam, erschienen die meisten wissenschaftlichen Texte, die sich mit dem Phänomen beschäftigen, erst nach dem zweiten Anschlag 2001 auf das World Trade Center, das Pentagon und das Weiße Haus. Der 11. September 2001 hat als Ereignisse des politischen und wissenschaftlichen Diskurs um den Neuen Terrorismus nochmals angestoßen und weitere Autoren in die Diskussion miteingebracht. Entsprechend häufig befindet sich dieser Anschlag im Mittelpunkt der Diskussion und hat auch deren Richtung zum Teil geprägt. Rückblickend werden zwar auch Anschläge in den Jahren zuvor mit zum Zeitraum des Neuen Terrorismus gezählt, die Anschläge des 11. September 2001 und Al Qaeda als terroristische Organisation stehen jedoch als Synonym für das Wesen des Neuen Terrorismus. Dies zeigt sich deutlich im 9/11 Commission Report. In einem Kapitel des Reports, der die Vorkommnisse rund um den 11. September 2001 detailliert aufarbeitet, wird die Geschichte von Al Qaeda und Osama bin Laden unter der Überschrift „The Foundation of the New Terrorism“ nachgezeichnet.35

2.1 Alter und Neuer Terrorismus in der Literatur vor dem 11. September 2001

Alex P. Schmidt weist in seinem umfassenden Handbuch zur Terrorismusforschung den Neuen Terrorismus als eigenständige Theorie aus und Bruce Hoffman als den Autoren, der den Neuen Terrorismus endgültig als Forschungsparadigma bzw. eigenständige Theorie mit in die Terrorismusforschung gebracht hat.36 Er gehört zumindest zu den Autoren, die sich am ausführlichsten mit dem Thema auseinandergesetzt haben und ist eine der am häufigsten zitierten Primärquellen in der vorliegenden Literatur. Allerdings gilt für Bruce Hoffman, wie für die meisten Autoren, dass er die Bedrohung eines Neuen Terrorismus nach den Anschlägen des 11. September 2001 anders wahrnahm und beschrieb.37 In einem Artikel aus dem Jahr 2000 antwortet er auf einen Artikel von Steven Simon und Daniel Benjamin aus demselben Jahr, die zu diesem Zeitpunkt bereits auf die Gefahr eines Neuen Terrorismus hingewiesen haben: „… I have come to the believe that this is by no means as certain or even convincing as it is often portrayed – despite fears, arguments and spending to the contrary.“38

Steven Simon und Daniel Benjamin sahen in den Anschlägen 1993 auf das World Trade Center, 1995 auf die U-Bahn in Tokyo, 1996 auf das Murrah Federal Building und 1998 auf die Botschaften in Kenia und Tansania bereits „Vorboten“ eines gewaltbereiteren Neuen Terrorismus, während Bruce Hoffman sich bis dahin ausschließlich auf den religiösen Terrorismus als wachsende zukünftige Bedrohung konzentrierte, aber nicht auf eine wachsende Gewaltbereitschaft insgesamt.39 Er ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass die Terroristen des 21. Jahrhunderts bei ihren altbekannten Taktiken und Mitteln bleiben werden. Weder den Gebrauch von Massenvernichtungswaffen noch eine insgesamt steigende Anzahl von Opfern als Teil einer wachsenden Gewaltbereitschaft sah er als große zukünftige Bedrohung, wie sie Steven Simon und Daniel Benjamin für terroristische Organisationen vorhersagten.40 Er erkannte jedoch, dass die Mortalität einzelner Anschläge gestiegen war und dass die Anwendung der Gewalt nicht mehr so selektiv erfolgte, wie es bis dahin der Fall war. Statt speziell ausgesuchter Opfer mit symbolischer Bedeutung wurden zunehmend Zivilisten Opfer der Anschläge.41 In einem Artikel von 1999 bezeichnete er den Einsatz von Massenvernichtungswaffen für bestimmte Arten von terroristischen Organisationen zwar als möglich, betonte jedoch auch, dass einfache Waffen, wie die Feuerwaffe und die Bombe, weiterhin Mittel der Wahl bleiben würden.42 Der 11. September 2001 war jedoch auch für ihn der Wendepunkt, um endgültig von einem Neuen Terrorismus zu sprechen. Die hohe Anzahl von Opfern, der hohe Koordinations- und Planungsaufwand, der nötig war, um mehrere Anschläge gleichzeitig durchzuführen und die Bedeutung des Selbstmordattentäters getrieben durch das Märtyrertum einer religiösen Ideologie waren für ihn die herausragenden Charakteristiken, die den 11. September 2001 zum Sinnbild des Neuen Terrorismus machten und Al Qaeda zum Stereotyp der neuen terroristischen Organisation. Im Gegensatz zu den Formen des Alten Terrorismus ging es nicht mehr nur um die Publizität und die Unterstützung der eigenen Bezugsgruppe, die die terroristischen Organisationen mit ihren Anschlägen erreichen wollten. Das Töten an sich wurde zu einem Mittel, um die eigenen Ziele zu erreichen.43 2006 gestand er rückblickend ein: „Entsprechend war man bis zu den Anschlägen vom 11. September allgemein der Ansicht, dass es Terroristen nicht ums Töten gehe, sondern um Publicity. […] Deshalb erwartete man nicht, dass sie sich auf einen Massenmord mit konventionellen oder auch Massenvernichtungswaffen einließen, …“44

Die unterschiedlichen Sichtweisen vor und nach den Anschlägen des 11. September 2001 lassen sich zum Teil aus der zur Verfügung stehenden Datenlage erklären: Thomas R. Mockaitis weist in seinem Buch aus dem Jahr 2008 daraufhin, dass in den neunziger Jahren die Anzahl der Anschläge insgesamt im Vergleich zu den Anschlägen der achtziger Jahren abgenommen hatte. Die Zahl der Verletzten und Todesopfer war dagegen zwar gestiegen, aber nur in einem geringen Maß. Er entnahm die Zahlen der Terrorism Knowledge Database (TKB), deren Daten durch die RAND Corporation zur Verfügung gestellt wurden.45 Da Bruce Hoffman in den Jahren 1998 bis 2006 Direktor der RAND Corporation war, kann davon ausgegangen werden, dass er zum damaligen Zeitpunkt aus derselben Datenbank seine Erkenntnisse speiste. Die Entwicklung der Anschläge in den neunziger Jahren bzw. die damaligen zur Verfügung stehenden Daten über terroristische Anschläge erklären die Fokussierung auf die Religion als zentralen Kern der Entwicklung des Terrorismus. Signifikanter als die Anzahl der Anschläge oder die Entwicklung der Opferzahlen war der Anteil der Opfer, die durch religiöse terroristische Organisationen verletzt wurden oder starben. Dieser Anteil lag in dieser Quelle in den achtziger Jahren bei 27% und in den neunziger Jahren bereits bei 50%.46

Nicht nur Bruce Hoffman, sondern auch andere führende Autoren auf dem Gebiet der Terrorismusforschung hielten in den neunziger Jahren die Religion für die treibende Kraft und den Mittelpunkt des Neuen Terrorismus. Besonders bei islamistischen Organisationen, aber auch bei einigen rechten Kräften, die sich in den neunziger Jahren vor allem in den USA formierten, wurde eine apokalyptische und millenarisch religiöse Ideologie als zukünftige Bedrohung gesehen.47 Die massenhafte Tötung, besonders durch die Benutzung von Massenvernichtungswaffen, konnten sich auch die anderen Autoren höchstens in Verbindung mit diesen religiösen terroristischen Organisationen vorstellen. Trotz des Sarin-Gas Anschlags am 20.03.1995 auf die U-Bahn in Tokyo durch die religiöse Sekte Aum Shinrikyo, erschienen die konventionelle Bombe und die Handfeuerwaffen einigen Autoren zu diesem Zeitpunkt immer noch als das Mittel der Wahl von „rationalen“ terroristischen Organisationen. Die Massenvernichtungswaffen galten nur als Ausnahmeerscheinung, die zwar in Zukunft vorkommen konnte, was aber weniger vermutet wurde.48 Walter Laqueur beschäftigte sich in seinem Buch The New Terrorism – Fanaticism and the Arms of Mass Destruction49 zwar in einem Kapitel ausführlich mit dem Thema Massenvernichtungswaffen, zweifelte aber vor allem den Einsatz von biologischen und nuklearen Massenvernichtungswaffen an. Interesse an diesen Waffen unterstellt er vor allem „the fanatic, the disgruntled, and the mentally unbalanced“.50 Auch Bruce Hoffman setzte sich 1999 in einem Artikel nochmals ausführlich mit dem Thema Massenvernichtungswaffen auseinander. Dabei kam er zu dem Schluss, dass einige der damaligen terroristischen Organisationen Eigenschaften aufwiesen, die in Kombination mit den äußeren Bedingungen den Einsatz theoretisch möglich machen würden. Er schloss jedoch erneut mit der Anmerkung, dass es sich um ein sehr unwahrscheinliches Szenario handle und Überreaktionen zu vermeiden wären.51

Dass sich die Autoren nach den Anschlägen auf die U-Bahn in Tokyo 1995 zumindest ausführlich mit den Thema auseinandersetzten, passt zu der Vermutung von Martha Crenshaw, dass „… the study of terrorism and counterterrorism policy have been event-driven.“52 Der Versuch von Aum Shinrikyo, mithilfe von chemischen Kampfmitteln eine große Masse von Menschen zu töten, blieb jedoch nur ein missglückter Versuch mit relativ wenigen Opfern.53 Wäre der Versuch gelungen, wäre der psychologische Schaden wesentlich größer gewesen, und die Wahrnehmung des Gefahrenpotentials von Massenvernichtungswaffen wäre vermutlich schon zu diesem Zeitpunkt vergleichbar zu der nach den Anschlägen des 11. September 2001 gewesen.54

Dem Erklärungsmuster, dass Forschungsfelder durch spezielle Vorfälle ausgelöst werden, steht die Entwicklung einer weiteren vorhergesagten Veränderung entgegen: der Cyberterrorismus als zukünftige Bedrohung im Bereich des Terrorismus. Obwohl es bis zu diesem Zeitpunkt keinen aufsehenerregenden terroristischen Anschlag durch Cyberterroristen gab, hielt Walter Laqueur bereits 1996 die Bedrohung durch den Cyberterrorismus für wesentlich größer als die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen. Er sah das Potential in einer Zerstörungskraft, die einen größeren Schaden verursachen könnte, als dies durch direkte physische Gewalt jemals möglich wäre, mit den Folgen einer größeren Panik und wesentlich mehr Opfern. Die Abhängigkeit der Gesellschaft von der Technik, die sich mit der Entwicklung des Internets verstärkt hatte, würde an dieser Stelle eine Tür für terroristische Organisationen öffnen, sobald sie ihre Anstrengungen in diese Richtung leiten würden.55 Neben den inzwischen zur Normalität gewordenen Vorteilen des Internets, die terroristische Organisationen inzwischen nutzen, wie den Informationserwerb, Informationsaustausch, Koordinierung, Planung, Rekrutierung, Ausbildung und Kommunikation untereinander und mit der Öffentlichkeit56, sprach Walter Laqueur vor allem von direkten Angriffen durch Computerviren und Schadsoftwaren auf eine unendliche Auswahl von Zielen. Er zählte in seinem Buch „Weapons of Mass Destruction“ den Cyberterrorismus zu den vier großen Massenvernichtungswaffen neben biologischen, chemischen und nuklearen/radiologischen Kampfstoffen.57 Ähnlich sah dies auch Kai Hirschmann: „WMD Terrorism might occur via sinlge incidents but will not play a major role. Cyberterrorism, in turn, must be expected to become very important.“58 Er verweist auf die Vorteile des Cyberterrorismus, die diesen als potentielle zukünftige Bedrohung ausweisen: Durch die weite physische Entfernung zu den Anschlägen können die Terroristen leichter anonym bleiben, die Gefahr der eigenen physischen Gefährdung sinkt. Mit relativ billigen Mitteln lassen sich große Schäden verursachen, die bei Gelingen große Aufmerksamkeit erreichen können. Die Aufmerksamkeit und der psychologische Effekt auf die Opfer und die Bevölkerung treten jedoch erst ein, wenn der Schaden sichtbar wird. Es ist jedoch durch die Komplexität der Systeme schwierig, erfolgreich einen Schaden anzurichten.59 Gegen Cyberangriffe spricht, dass erfolgreiche Anschläge das Internet als Ort des Geschehens sichtbar machen und so zu einer verschärften Überwachung führen. Damit würden terroristische Organisationen ihre wichtigste neue Basis zur Information, Koordinierung, Planung, Rekrutierung, Ausbildung und Kommunikation gefährden.60 Auch dass es bis heute keinen bekannten, erfolgreichen Anschlag durch Cyberterrorismus gibt, mag dazu beigetragen haben, dass sich das Thema im Rahmen dieser Debatte nicht weiter entwickelt hat.61

Weitere Schlagwörter bei der Unterscheidung zwischen Altem Terrorismus und Neuen Terrorismus, die bis zum 11. September 2001 zur Diskussion standen, sich aber in dieser Art nicht weiter durchsetzen konnten, bezogen sich auf die Zusammensetzung der terroristischen Organisationen. Bruce Hoffman beschrieb einen Wandel von hauptberuflichen, professionellen Terroristen, die ihre gesamte Zeit und ihren vollen Einsatz in der terroristischen Organisation einbringen, wie dies die Mitglieder der RAF taten, hin zu einem „Amateurterrorismus“. Während die alten terroristischen Organisationen nahezu vollständig aus diesen ganztags, professionellen Terroristen bestünden, sei dies bei neuen terroristischen Organisationen nur noch teilweise der Fall. Dies erklärte er als Folge der medialen Entwicklung: Durch das Internet war es für fast jeden möglich geworden, sich über Methoden, wie den Bau einer Bombe, zu informieren, während früher die Befähigung zum Terroristen in Trainingscamps erlernt werden musste, was zeitaufwendig war und sich deshalb wenig mit einem normalen Leben kombinieren ließ. Die wachsende Anzahl von Amateurterroristen machte er unter anderem mitverantwortlich für die wachsende Gewalttätigkeit des Neuen Terrorismus, da ihnen die zentrale Kontrolle durch eine Autorität fehlt.62

Walter Laqueur beschrieb eine andere Beobachtung, die er „Lone Terrorist“ nannte. Er ging von Einzeltätern oder maximal kleinen Gruppen aus, die ohne jegliche Kontrollinstanz auch nicht vor grausamen Anschlägen zurückschrecken würden. Neben einer höheren Gewaltbereitschaft sollten sich diese durch ungewöhnliche Ideologien auszeichnen.63 Kai Hirschmann sah die Zukunft des Terrorismus im „Privatterroristen“, der den Terror mit dem Geschäft vermischt. Dem Privatterroristen stünden hohe finanzielle Ressourcen zur Verfügung, die er teilweise auch aus legalen Geschäften erhält, wobei er jedoch trotz seiner extremen politischen und religiösen Ansichten nicht direkt an den Aktionen beteiligt werden möchte. Als Beispiel sah er Osama bin Laden, der einen Großteil seines Vermögens in die direkte und indirekte Finanzierung des Terrors steckte. Des Weiteren brachte Kai Hirschmann den Begriff „Single Issue-Terrorism“ mit in die Diskussion um den Neuen Terrorismus ein. Er bezog sich dabei auf einen Text von G. Davidson Smith aus dem Jahr 1998.64 Dieser beschrieb den Single Issue-Terrorismus als einen Terrorismus, der sich gegen einen Missstand stellt, der aus politischem Handeln bzw. Nicht-Handeln resultiert. Dabei handelt es sich um Einzelthemen, wie Abtreibung, Tierschutz und Umweltschutz. Die Mitglieder kommen aus allen sozialen Schichten und Berufsgruppen und finden sich nicht in den Organisationen zusammen, um eine gesamte gemeinsam geteilte Ideologie zu verteidigen, sondern um eine Schnittpunkthema ihrer Ideologien mit terroristischen Mitteln durchzusetzen. Die Anschläge finden lokal statt, jedoch existiert das Phänomen weltweit. Die Kommunikation untereinander findet damals schon hauptsächlich durch das Internet statt.65 Keine dieser drei Arten hat sich jedoch weiter als ein Typus des Neuen Terrorismus in der Diskussion verfestigt. Meist wurden Abtreibungsgegner zu rechts-konservativen oder religiösen terroristischen Organisationen mit dazu gezählt und die Ökoterroristen zu links-sozialrevolutionären terroristischen Organisationen. Im Laufe der Zeit hat sich zumindest der Ökoterrorismus als eigenständige Terrorismusform in der wissenschaftlichen Diskussion etabliert, jedoch abseits des Neuen Terrorismus.66

2.2 Alter und Neuer Terrorismus in der Literatur nach dem 11. September 2001

Nach den Anschlägen des 11. September 2001 erscheint die Einteilung in Alten und Neuen Terrorismus in der Diskussion eindeutiger und einheitlicher. Die unterscheidende Line verläuft nicht mehr hauptsächlich zwischen alten und neuen Anschlägen, sondern auch zwischen alten und neuen terroristischen Organisationen. Al Qaeda hat sich mit dem Anschlag auf das World Trade Center, das Pentagon und das Weiße Haus zum Prototyp des Neuen Terrorismus qualifiziert, an dem sich die Eigenschaften im Diskurs messen lassen müssen. Organisationen wie die ETA, IRA, PLO, RAF stehen nun als typische alte terroristische Organisationen Al Qaeda als typischer neuer terroristischer Organisation gegenüber.67

Eine neue Unterscheidung zwischen alten und neuen terroristischen Organisationen erkennen Autoren wie Steven Simon, Paul Wilkinson, Wolfgang Kraushaar oder Lord Anthony Giddens in der Struktur der terroristischen Organisationen. Alleine Bruce Hoffman hatte bereits 1998 und 1999 auf diese Unterschiede hingewiesen.68 Während alte terroristische Organisationen meist kleine, hierarchisch angeordnete Organisationen mit einer strikten Befehls-, Kontroll- und Kommunikationsstruktur sind,69 stellen sich die neuen terroristischen Organisationen als große, diffuse und amorphe Gebilde dar. Die neuen terroristischen Organisationen bestehen nur noch aus autonomen, lose miteinander verbundenen Zellen, ohne eine hierarchische, teilweise sogar ganz ohne eine klar erkennbare Organisations- und Mitgliederstruktur.70 Meist ist die Führung nur noch spirituell und nicht mehr strategisch. Der Zusammenhalt der Organisationen bleibt trotz der fehlenden strategischen Führungsperson bestehen. Ein gemeinsamer Glaube und eine spirituelle Inspiration ersetzen diese.71

Es gibt jedoch auch einige Autoren, die die Entwicklung zu komplett autonomen, dezentralisierten Gebilden mit Einschränkungen sehen. Peter Neumann beschreibt die neuen terroristischen Organisationen nach wie vor als kleine Organisationen, deren Strukturen nur diffuser geworden sind.72 An dieser Stelle spiegelt sich das unterschiedliche Verständnis von „Organisation“ und „Netzwerk“ wieder. Die Unsicherheit, wann eine Organisation schon ein Netzwerk ist und in wie viele Ebenen es sich aufteilen lässt, zeigt sich besonders bei Al Qaeda. Während einige Autoren Al Qaeda als eine terroristische Organisation beschreiben,73 die sich in netzwerkartig miteinander verbundene Zellen teilt, ist sie für andere: „… eine Organisationsstruktur, die ähnlich wie ein globales Unternehmensnetzwerk aufgebaut ist und aus Terrorgruppen in über 40 Ländern besteht.“74 Brian Michael Jenkins und Paul Wilkinson sehen bei Al Qaeda noch eine hierarchische Kommunikations- und Führungsstruktur als vorhanden an, während Martha Crenshaw dagegen Al Qaeda nach 2001 als ein vollkommen dezentralisiertes Netzwerk beschreibt. Dies bleibt jedoch für sie das einzige Beispiel einer dezentralisierten religiösen terroristischen Organisation.75 Renate Mayntz, die sich ausführlich mit Organisationsformen von terroristischen Organisationen beschäftigt hat, sieht die Grenze allerdings fließend und spricht von Hybriden-Organisationen: „… the boundary between a decentralized organization and a well-connected network may appear fluid …“76 Al Qaeda habe sich im Laufe der Zeit in seiner Struktur gewandelt und sei weniger hierarchisch, dafür mehr netzwerkartig geworden. Jedoch gilt für Al Qaeda, laut Renate Mayntz, wie für alle anderen neuen terroristischen Organisationen, dass sie neben ihrer netzwerkartigen Struktur auch Charakteristiken einer hierarchischen Struktur aufweisen. Dies gelte im Umkehrschluss auch für die alten terroristischen Organisationen.77 In diesem Sinne hält auch Peter Neumann die Zellenstruktur nicht für ein neues Phänomen: „cells are as old as terrorism, and they are not what is meant when referring to the diffusion of terrorist group structures.“78 Für ihn ist die Zellenstruktur nur flexibler geworden, die Hierarchie bleibt durch den Anführer der einzelnen Zelle bestehen, auch wenn dies nach außen hin nicht mehr sichtbar ist. Dadurch ist die Zelle nur soweit autonom, wie es die Führungspersonen zulassen.79

Neben Veränderungen in der Führungs- und Kommunikationsstruktur ist der Grad der Internationalisierung ein weiteres strukturelles Merkmal, das in der Diskussion um eine steigende Netzwerkartigkeit aufgegriffen wird. Während Bruce Hoffman für die neunziger Jahre einen Rückgang internationaler Anschläge aus US-amerikanischer Sicht anmerkt, und Rueven Paz nur für den islamistischen Terrorismus eine globale Ausbreitung sieht, ändert sich dies nach dem 11. September 2001.80 Während die alten terroristischen Organisationen lokal begrenzt aktiv werden in Bezug auf Planung, Rekrutierung und Ausführung der Anschläge,81 wird den neuen terroristischen Organisationen ein globaler Charakter zugesprochen. Die neue terroristische Organisation erscheint als globales Unternehmen mit geo-politischen Zielen, dessen Mitglieder sich multinational zusammensetzen und das weltweit rekrutiert und Finanzquellen erschließt. Der wichtige Unterschied zu den alten terroristischen Organisationen liegt jedoch in einer Veränderung bis hin zur Transnationalität, der jeder lokale Bezugspunkt fehlt.82 Die Entwicklung zu internationalen Verbindungen wird auch den alten terroristischen Organisationen in den letzten 30 Jahren zugesprochen, diesen blieb jedoch meist ein geographischer Bezugspunkt.83 Die neuen terroristischen Organisationen scheinen einen Schritt weiter beim Grad der Internationalisierung zu gehen. Sie bewegen sich in transnationalen Räumen ohne festes Basisland und bilden in diesem Räumen ihre Netzwerke in alle Richtungen aus.84 Den Grund für diese Ausbreitung sieht Peter Neumann vor allem in der technischen Entwicklung. Niedrige internationale Reisekosten und moderne Kommunikationstechnologien ermöglichen die Transnationalisierung. Aber auch die Identitätskrise vieler Migranten, denen die Verbundenheit zu einem nationalen Bezugspunkt fehlt, gehört für ihn zu den Hauptgründen.85 Brian Michael Jenkins erkennt in Al Qaeda eine der ersten terroristischen Organisationen, die sich das Modell eines globalen Unternehmens angeeignet haben.86 Die meisten Autoren teilen die Ansicht, dass es sich bei Al Qaeda eindeutig um eine internationale Organisation handelt.87 Thomas R. Mockaitis weist dagegen darauf hin, dass sich zumindest die Anschläge selbst bei diesem vermeintlichen Prototyp einer transnationalen terroristischen Organisation, neben den zwei Anschlägen 1993 und 2001 in den USA, auf Afghanistan und den Irak beschränken. Er bezweifelt aber auch insgesamt die geographische Ausbreitung der Ziele. 88

Einige – aber nicht alle – Autoren nehmen ein neues Verhältnis terroristischer Organisation zu Staaten und Regierungen wahr. Insgesamt hatte die staatliche Unterstützung des Terrorismus nachgelassen. Walter Laqueur weist daraufhin, dass der staatlich geförderte Terrorismus jedoch nicht ganz verschwinden wird. Zwar sind die Sowjetunion und einige europäische Staaten als Unterstützer weggefallen, dennoch gibt es immer noch einige Staaten im Nahen Osten, die terroristische Organisationen nach wie vor unterstützen. Während die alten terroristischen Organisationen durch eigene oder ausländische Regierungen kontrolliert, finanziell oder strategisch unterstützt oder sogar beauftragt würden,89 seien die neuen terroristischen Organisationen dagegen unabhängiger von Staaten und Regierungen. Durch neue finanzielle Quellen, die sich hauptsächlich im illegalen Bereich bewegen, sollen sie weniger auf finanzielle und strategische staatliche Unterstützung angewiesen. Neben Kidnapping, Drogenschmuggel und Betrug, gehen einige terroristische Organisationen jedoch auch legalen Geschäften nach.90 Rueven Raz dagegen sieht jedoch die Trennlinie nicht zwischen alten und neuen terroristischen Organisationen, sondern zwischen säkularen und religiösen terroristischen Organisationen. Religiöse terroristische Organisationen waren für ihn noch nie Empfänger staatlicher Unterstützung, außer der Hamas und Hezbollah, die er als Ausnahmen bezeichnet.91

Eine Willkür bei der Opferauswahl haben bereits Walter Laqueur und Bruce Hoffman Ende der neunziger Jahre angesprochen.92 Nach den Anschlägen des 11. September 2001 auf das World Trade Center, das Pentagon und das Weiße Haus, bei denen die meisten der fast 3.000 Todesopfer Zivilisten waren, steht dieser Aspekt noch stärker im Mittelpunkt des Diskurses um den Neuen Terrorismus. Viele Autoren weisen darauf hin, dass die alten terroristischen Organisationen Gewalt selektiv, begrenzt und überlegt gegen symbolische Ziele einsetzten. Moral, Image und Verhaltenskodizes, aber auch der Zuspruch von Unterstützern, Publikum und eigener Bezugsgruppe hielten diese terroristischen Organisationen davon ab, Unschuldige zu Opfern ihrer Anschläge zu machen.93 Peter Neumann weist jedoch darauf hin, dass auch den alten terroristischen Organisationen Zivilisten zum Opfer fielen, dies war jedoch die Ausnahme und wurde durch die terroristischen Organisationen zumindest begründet, z.B. als Kollateralschaden.94 Bei den neuen terroristischen Organisationen scheint der Angriff auf Zivilisten oder zumindest die Inkaufnahme von zivilen Opfern zur Routine zu werden. Anthony Giddens und Wolfgang Kraushaar sprechen von einer „Entgrenzung der Gewalt“ und beziehen sich dabei auf diese willkürliche Opferauswahl bzw. die Inkaufnahme von zivilen Opfern, aber auch auf die insgesamt steigenden Opferzahlen.95

Stärker als in den neunziger Jahren wird die hohe Opferzahl bezogen auf einzelne Anschläge, aber auch auf den Terrorismus insgesamt zu einem Thema, da die Anzahl der Verwundeten und Getöteten in einem überdurchschnittlichen Maße ansteigt.96 Massentötungen als das neue Ziel von neuen terroristischen Organisationen und eine steigende Brutalität der Taktiken und Mittel stehen im Mittelpunkt der Diskussion.97 Zwar steigen die Zahlen der Opfer seit Ende der sechziger Jahre kontinuierlich leicht an, den „großen Sprung“ gibt es aber erst nach den neunziger Jahren. Die Entwicklung des Tötens von einem Mittel zum Ziel und die damit verbundene erhöhten Gewaltbereitschaft in Form von steigenden Opferzahlen erkannte auch Brian Michael Jenkins als das wichtiges Element eines Neuen Terrorismus. Während er 1975 noch schrieb „Terrorists want a lot of people watching, not a lot of people dead“98, konstantiert er dagegen 2006: „Many of today’s terrorists want a lot of people watching and a lot of people dead.“99 Die Hauptgründe für die anwachsende Gewalt sieht er zum einen in dem wachsenden Druck, durch immer brutalere Anschläge immer spektakulärere Bilder in den Medien zu erzeugen, im Kampf um die größten Schlagzeilen. Zum anderen ist für ihn die Verschiebung von rein politischen zu ethnischen und religiösen Motiven ein weiterer Grund. Der tiefverwurzelte Hass ethnischer Auseinandersetzungen und die Hinwegsetzung über alle weltlich moralischen Grundsätze durch eine fanatische göttliche Rechtfertigung sieht er als Auslöser für die neuen terroristischen Organisationen mehr Gewalt anzuwenden, die sich in Form von höheren Opferzahlen niederschlägt.100 Die Logik dieser steigenden Gewalt sehen einige Autoren auch als Konsequenz der medialen Entwicklung. Ein abgestumpftes Publikum verlangt nach immer spektakuläreren Bildern, um den Anschlägen Aufmerksamkeit zu schenken. Das Töten selbst und die Art des Tötens werden von den neuen terroristischen Organisationen genutzt, um Aufmerksamkeit beim Publikum zu erzeugen.101 Nicht nur möglichst viel und möglichst wahllos wird getötet, sondern auch möglichst spektakulär, nach dem Motto: „… if it bleeds, it leads, and the more it bleeds, the more attention it attracts.“102 Enthauptungen von Geiseln werden ins Internet gestellt, um die Gewalt einer möglichst globalisierten Medienöffentlichkeit zu präsentieren. Hoffman erkannte bereits 1999 eine Gewaltspirale in den Medien und der Öffentlichkeit, die die Täter zu spektakulären Bildern zwingt. Er bezog sich dabei aber vor allem auf einige wenige, spektakuläre tödliche Anschläge aus dem Jahr 1996 und nicht auf einen Anstieg der Anschläge insgesamt.103

Ein weiteres spektakuläres Mittel, zu dem die neuen terroristischen Organisationen greifen, ist das Selbstmordattentat. Während in der Diskussion vor 2001 Selbstmordattentate in Bezug auf den Neuen Terrorismus nicht thematisiert oder nicht als neues Phänomen dargestellt wurden,104 ändert sich dies nach dem 11. September 2001. Das Selbstmordattentat als Mittel scheint nun der Logik des Neuen Terrorismus zu folgen, vor allem in Kombination mit religiösen Ideologien: das „Ewigkeitsversprechen“ und der Moment des Märtyrertums der Religionen versetzt die Täter überhaupt erst in die Lage, Ihre eigene Angst zu überwinden und ihren Tot als Bedingung zur erfolgreiche Ausführung eines Anschlags in Kauf zu nehmen.105 Selbstmordattentate werden von vielen Autoren als spektakuläre, undifferenzierte und maßlose Mittel des Neuen Terrorismus beschrieben.106

Neben den Selbstmordattentaten kommt ein weiteres Mittel der neuen terroristischen Organisationen in die Diskussion, das bereits vor 2001 zur Debatte stand, zu dieser Zeit jedoch anders bewertet wurde. Steven Simon und Daniel Benjamin waren sich bereits 2000 sicher, dass die neuen terroristischen Organisationen Massenvernichtungswaffen einsetzen werden, um besonders spektakuläre Bilder zu erzeugen und besonders viele Menschen zu töten.107 Bruce Hoffman dagegen hielt vor 2001 den Gebrauch von Massenvernichtungswaffen für sehr unwahrscheinlich, da er große technologische Schwierigkeiten bei deren Einsatz sah. Für ihn war dieses Szenario höchsten bei religiösen terroristischen Organisationen in Kombination mit Amateurterrorismus denkbar. Die damalige Wahrnehmung der Gefahr durch Massenvernichtungswaffen beschrieb er insgesamt als überproportional und realitätsfern.108 Auch Walter Laqueur war sich sicher, dass Massenvernichtungswaffen in Zukunft eher wenig benutzt würden, weil ihr Gebrauch kontraproduktiv für die terroristischen Organisationen sei, da sie zum einen schwer zu handhaben sind und zum anderen auch die eigene Bezugsgruppe gefährden würden.109 Martha Crenshaw ließ die Beantwortung nach der Wahrscheinlichkeit von Anschlägen mit Massenvernichtungswaffen offen, vermutet jedoch auch eine Überbewertung.110 Obwohl im Gegensatz zu dem Anschlag 1995 auf die Tokioter U-Bahn durch Aum Shinrikyo bei dem Anschlag 2001 durch Al Qaeda keine Massenvernichtungswaffen eingesetzt wurden, scheint sich die Erwartungshaltung gewandelt zu haben. Viele Autoren halten danach den Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch die neuen terroristischen Organisationen zumindest für eine denkbare Möglichkeit.111 Selbst Bruce Hoffman sieht nun auch die zukünftige Bedrohung des Terrorismus bei den Massenvernichtungswaffen.112 Einige Autoren zeigen sich allerdings immer noch kritisch, was den zukünftigen Einsatz von Massenvernichtungswaffen angeht. Einer steigenden Motivation, diese Waffen zu benutzen, sehen sie praktische Hindernisse gegenüber stehen.113 Aber auch, wenn sich die Autoren nach 2001 immer noch nicht einig sind über den Gebrauch von Massenvernichtungswaffen, zeigt die umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema, in welchem Bereich die tatsächliche Bedrohung der Massenvernichtungswaffen liegt: „Terrorists’ actual capabilities, ambitions, and fantasies blur with our own speculation and fears to create what the terrorists want: an atmosphere of alarm.“114

Ein Element des Neuen Terrorismus, das sowohl vor als auch nach dem 11. September 2001 eine große Bedeutung hat, ist ein vermehrtes Auftreten des religiösen Terrorismus. Es wird von fast allen Autoren in den Texten zum Neuen Terrorismus mit aufgeführt und häufig in Verbindung mit anderen Aspekten, wie Selbstmordattentaten und Massenvernichtungswaffen genannt. Die Gewalt als sakrales Element in den neuen religiösen Organisationen wird hierbei als die zentrale Bedrohung gesehen.115 Die Autoren begründen dies aus der Logik einer fundamentalistischen Religion mit apokalyptischen Zielen heraus: ein anderes Wertesystem mit anderen Mechanismen der Legitimation, moralischen Vorstellungen und Weltansichten, legitimierte Gewalt gegen die „Anderen“. Die Welt werde in Gut und Böse geteilt, damit gäbe es keine Unschuldigen mehr, nur Anhänger und Feinde. Es existiere aber auch kein politisches Kalkül mehr. Verhandlungen seien nicht mehr ein Schritt zum Ziel, da die Ziele nicht mehr verhandelbar sind, sondern absolut. Das Ziel besteht in der Vernichtung des Feindes, um einem auserwählten Kreis von Anhängern die Erlösung in einer neuen Welt zu bringen.116 Daniel Benjamin und Steven Simon betonen dieses Zusammenspiel von Religion und Gewalt im Neuen Terrorismus in einem Artikel im Jahr 2000 in der New York Times: „It is just this combination – religious motivation and a desire to inflict catastrophic damage – that is the new to terrorism.“117 Häufig wird die fundamentalistische Auslegung des Islam, der Islamismus, als Stereotyp einer gewalttätigen religiösen Ideologie erwähnt. Martha Crenshaw, Mark Juergensmeyer, Steven Simon, Daniel Benjamin und Peter Neumann weisen jedoch darauf hin, dass dies ebenso für christliche, jüdische oder pseudo-religiöse oder andere religiöse Ideologien bei terroristische Organisationen gilt.118

Religiöser Terrorismus wird nicht in dem Sinne als neu beschrieben, dass es ihn bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben hätte. Vielmehr wird ein Wiedererstarken religiöser terroristischer Organisationen wahrgenommen, die im letzten Jahrhundert nur von anderen ideologischen Ausrichtungen überschattet wurden. Das Wiedererstarken des religiösen Terrorismus in den neunziger Jahren wird zum einem mit dem Jahrtausendwechsel begründet. Dieses Ereignis hat für religiöse und quasi-religiöse terroristische Organisationen einen apokalyptisch-millenarischen Charakter. Vor allem werden die Gründe aber im ökonomischen und politischen Bereich gesehen: Globalisierung und Demographischer Wandel und die Modernisierung haben zu Unsicherheiten und Ungewissheiten geführt, auf die säkulare Ideologien keine Antwort geben konnten. Die Religion soll aber vermeintlich ideologische Klarheit bringen.119 Nicht zuletzt die Tatsache, dass die Anschläge 2001 auf das World Trade Center, das Pentagon und das Weiße Haus durch religiös motivierte terroristische Organisationen verübt wurden, führte bei den Autoren dazu, die religiöse Ideologie als eine zentrale Eigenschaft des Neuen Terrorismus wahrzunehmen. Dies bezieht sich ebenso auf die meisten spektakulären Anschläge in den neunziger Jahren, bei denen Bruce Hoffman die Religion als „connecting linking thread“ bezeichnet: „Four incidents in particular – the Tokyo nerve gas attack, the Oklahoma City bombing, the 1993 bombing of New York City’s World Trade Center, and the 1998 attack on U.S. embassies in Africa – indicate that terrorism may be entering a period of increased violence and bloodshed. The connecting thread linking these four otherwise unrelated incident is religion.“120

Neben dem religiösen Terrorismus bleibt auch der national-separatistische Terrorismus auf der Tagesordnung. Thomas Mockaitis weist darauf hin, dass der Großteil der Anschläge durch diese terroristischen Organisationen ausgeübt wurde, auch wenn sie weniger tödlich waren als die der religiösen terroristischen Organisationen.121 Martha Crenshaw erkennt auch in den rechten terroristischen Organisationen immerhin ein Potential zum Neuen Terrorismus. Die radikalen, rechts-konservativen terroristischen Organisationen der Christian-Identity-Bewegung aus den USA haben zum Beispiel apokalyptisch religiöse Elemente in ihrer Ideologie, die sie wesentlich gewaltbereiter werden lassen als europäische rechts-konservative terroristische Organisationen.122 Peter Neumann weist auf einen Punkt hin, den sowohl religiöse, national-separatistische als auch rechts-konservative terroristischen Organisationen in ihrer Ideologie aufweisen, der zu hoher Gewaltbereitschaft führen kann: „Diese [die terroristischen Organisationen – Anm. Autor] definieren bestimmte ethnische, religiöse oder rassistische Gruppen als ‚anders‘ und damit als weniger menschlich oder beachtenswert als die eigene.“123

2.3 Kritische Betrachtung des Paradigmenwechsels

Die zitierten Autoren der vorangegangenen Kapitel, die sich mit dem Forschungsparadigma des Neuen Terrorismus beschäftigen, sind sich insgesamt darüber einig, dass es seit Beginn der neunziger Jahre einen Neuen Terrorismus gibt, auch wenn sie die einzelnen Eigenschaften unterschiedlich in ihrer quantitativen und qualitativen Entwicklung bewerten. Es hat sich jedoch nach dem 11. September 2001 auch ein Autorenkreis gebildet, der dem Diskurs um den Neuen Terrorismus kritischer gegenübersteht bzw. die Existenz und Neuwertigkeit der Eigenschaften genauer betrachtet und teilweise anzweifelt. Im Mittelpunkt dieser Metadiskussion stehen unter anderem die zuvor erwähnten Autoren und deren Einschätzungen zu dem veränderte Verhalten terroristischer Organisationen. Diese Kritiker und Ihre Vorwürfe werden im Folgenden im zweiten Teil dieses Kapitels beleuchtet. Zunächst werden jedoch die möglichen Ursachen des Neuen Terrorismus erörtert, die von den Autoren des Diskurses genannten werden und als Begründung für die Existenz des Neuen Terrorismus verstanden werden können.

2.3.1 Mögliche Ursachen des Neuen Terrorismus

In der Metadiskussion um den Neuen Terorrismus gibt es zwei Autoren, die auf Veränderungen in der Umwelt von terroristischen Organisationen hinweisen, die durchaus einen Wandel in ihrem Verhalten ausgelöst haben könnten und mit ihrer Argumentation die Vertreter des Paradigmenwechsels unterstützen. Matthew J. Morgen und Audrey Kurth Cronin führen einige Faktoren auf, welche sie als mitverantwortlich sehen für die Wandlungen im Verhalten terroristischer Organisationen. Audrey Kurth Cronin sieht Terrorismus als „… a by-product of broader historical shifts in the international distribution of power in all of its forms – political, economic, military, ideological, and cultural“124 und terroristische Organisationen als „normale“ internationale Akteure, die von Veränderungen, wie zum Beispiel der Globalisierung, profitieren.125 Matthew J. Morgen geht noch einen Schritt weiter und behauptet: „Terrorism has quantitatively and qualitatively changed from previous years.“126

Zum einen werden politische und geschichtliche Ereignisse, wie die Iranische Revolution, der Zusammenbruch der Sowjet Union und der Jahrtausendwechsel, von Autoren für Veränderungen verantwortlich gemacht. Der Zusammenbruch der Sowjet Union hat nicht nur viele nukleare Waffen in den Schwarzmarkt gelangen lassen, auf die terroristische Organisationen zugreifen können, er hat auch pakistanische und afghanische Kämpfer zurück gelassen, die durch den pakistanischen und amerikanischen Geheimdienst ausgebildet wurden. Diese gut ausgebildeten Kämpfer, denen nach dem Krieg sowohl eine Beschäftigung als auch eine Perspektive fehlten, bildeten die Basis für die Mitgliederrekrutierung durch islamistische terroristische Organisationen. Auch hatte der Zusammenbruch eines der größten kommunistischen Systeme Auswirkungen auf den Rückgang von sozialrevolutionären Ideologien in terroristischen Organisationen. Das Versagen des Kommunismus und der Rückgang links-sozialrevolutionärer terroristischer Organisationen hat eine ideologische Lücke hinterlassen, die der Religion einen Raum bot sich als Ersatzideologie zu etablieren.127

Zum anderen machen die Autoren die Folgen der Globalisierung für das Entstehen des Neuen Terrorismus verantwortlich. Ein entscheidender Aspekt ist spielt hierbei die Technologisierung und die globale Verbreitung deren Errungenschaften.128 Sowohl die Kommunikation als auch die Handlungsreichweite haben sich für terroristische Organisationen verbessert. Vor allem das Internet und das Mobiltelefon machen die Verbreitung von Ideologien und Informationen, die Rekrutierung und Werbung einfacher. Die Möglichkeit sich seit Beginn der neunziger Jahre über die Herstellung und den Gebrauch von Massenvernichtungswaffen zu informieren, lässt für viele auch die Wahrscheinlichkeit steigen, dass Terroristen hiervon Gebrauch machen und dies zu einem Ansteigen der Opferzahlen führen könnte. Aber auch die Planung simultaner, komplexer Anschläge, wie die des 11. September 2001 und vor allem die Rekrutierung junger Leute für islamistische terroristische Organisationen, wurde erleichtert. Des Weiteren können mithilfe des Internets und des Mobiltelefons auch kleinste, weit entfernte terroristische Organisationen an großen, weitverstreuten terroristischen Netzwerken teilhaben.129 Audrey Kurth Cronin und Matthew J. Morgan weisen auch auf weitere infrastrukturellen Vorteile der Globalisierung hin, von denen terroristische Organisationen profitiert haben: durch geminderte Grenzkontrollen ist die Grenzüberschreitung und somit internationales Agieren für terroristische Organisationen zumindest in Europa und der Nordamerikanischen Freihandelszone einfacher geworden. Die Terroristen selbst, aber auch Material und Geld können sich über weite Strecken bewegen ohne Gefahr zu laufen entdeckt zu werden, erleichtert durch die unterschiedliche Gesetzgebung der jeweiligen Staaten.130

Der Hauptgrund für die Ausbreitung religiöser terroristischer Organisationen sehen die Autoren jedoch zum einen vor allem in einer wachsenden Ungleichverteilung von Chancen, Einkommen und Gütern in der Welt, die die Globalisierung mit sich bringt und zum anderen in einer wachsenden Unsicherheit in der Bevölkerung, die durch das Zusammentreffen westlicher, säkularer, liberal-demokratischer Werte und religiöser fundamentalistischer Lebensweisen entsteht. Die Regierungen hätten es nicht geschafft dauerhafte Strukturen zu schaffen, die die Probleme der Ungleichverteilung, der nicht erfüllten Erwartungen und der Verunsicherung lösen konnten.131 Dass an dieser Stelle die Religion und damit gleichzeitig auch terroristische Organisationen mit religiösen Ideologien die Menschen auffangen konnten, beschreibt Peter Neumann als ein Resultat des „wahrgenommene Scheiterns der angeblich modernen, säkularen Ideologien“132 und der Anfälligkeit für „Ideen und Ideologien ohne einen nationalen Bezugspunkt“133 als Folge der globalen Migration. Field weist darauf hin, dass die Religion in Zeiten globaler Veränderungen der öffentlichen Ordnung den Menschen vor allem eine Tiefgründigkeit und ideologische Klarheit gibt, die es ihnen einfach macht den Alltag zu verstehen und zu akzeptieren.134

2.3.2 Kritik am Forschungsparadigma

Da die Existenz eines Neuen Terrorismus auch die Existenz eines Alten Terrorismus bedingt, gibt es zwei Formen des Terrorismus, deren Eigenschaften sich miteinander vergleichen lassen. Die meisten Kritiker argumentieren, ähnlich wie die Vertreter des Paradigmenwechsels, mit einem zeitabhängigen Konzept, bei dem alles vor der Stunde null zum Alten Terrorismus gehört und alles nach der Stunde null zum Neuen Terrorismus.135 Alle Beispiele, die dieser Annahme entgegenstehen, werden von den Kritikern als Argumente gegen die Existenz eines Neuen Terrorismus gesehen. Zu dieser Argumentation werden sowohl einzelne Anschläge als Beispiele herangezogen sowie einzelne Organisationen als auch die Eigenschaften selbst. Das Hauptargument, das gegen das Forschungsparadigma eines Neuen Terrorismus spricht, ist der fehlende Neuigkeitswert der Eigenschaften, der die Namensgebung rechtfertigen würde. Einige Aufsätze beschäftigen sich hauptsächlich mit dieser Frage nach dem Neuigkeitswert des Neuen Terrorismus: „Is the ‚New Terrorism‘ Really New?“136, „How New Is the New Terrorism?“137 oder „The ‚New Terrorism‘: Revolution or Evolution?“138

Besonders die Religion als Ideologie des Neuen Terrorismus bietet immer wieder Angriffsfläche in der Diskussion um die Neuwertigkeit. Alexander Spencer und Isabelle Duyvesteyn weisen darauf hin, dass die Religion schon seit Jahrtausenden als Motiv für terroristische Organisationen existiert. Zum anderen führen sie terroristische Organisationen auf, denen sie einen religiösen Anteil in der Ideologie zusprechen, die in der Debatte um den Neuen Terrorismus jedoch als alte terroristische Organisationen bezeichnet werden. Dazu zählen zum Beispiel die Ulster Freedom Fighters (UFF), die IRA, die Irgun, die Front de Libération de Nationale (FLN), und die Ethniki Organosis Kyprion Agoniston (EOKA).139

Nicht nur die Religion als Ideologie terroristischer Organisationen muss sich diesem Vorwurf stellen. Anthony Field erkennt eine gewisse Kontinuität im Verhalten terroristischer Organisationen und schreibt 2009 über den Neuen Terrorismus: „In short, it appears that the characteristics of the ‚new terrorism‘ are not particularly new.“140 Er stellt neben der Religion ebenso die Unverhandelbarkeit der Ziele, den Einsatz von Massenvernichtungswaffen, die Internationalisierung, die Netzwerkartigkeit, die Tödlichkeit und die undifferenzierte Opferwahl von terroristischen Organisationen in Frage.141 David Tucker dagegen sieht zumindest den Einsatz von Massenvernichtungswaffen als neuen Weg der Aufmerksamkeitserregung an: „In sum, the one thing new about the new terrorism ist the increased likehood of the use of CBNR weapons.“142 Für Alexander Spencer ist auch der Selbstmordterrorismus kein neuer Aspekt terroristischer Organisationen. Als Beispiel führt er die Assassinen an, die bereits ca. 1100 nach Christus in vollem Bewusstsein dazu bereit waren, bei Angriffen ihr Leben zu opfern. Auch die Tamil Tigers, die er offensichtlich zu der Kategorie des Alten Terrorismus zählt, führt er hierbei als Beispiel auf. Er verweist auf den außergewöhnlich hohen Anteil von Selbstmordattentaten am gesamten Terrorismus zwischen 1980 und 2000.143

An diesen Beispielen wird deutlich, dass nicht nur die Argumente für, sondern auch gegen die Existenz eines Neuen Terrorismus zum Großteil nur durch einzelne Fallbeispiele getragen werden, aber auch wie abhängig die Richtung der Argumentation von der Definition eines Neuen Terrorismus ist. Neben der Datenproblematik144 dieses Fallbeispiels liegt das Problem vor allem in der Verwendung der terroristischen Organisation als Untersuchungsbereich. Dass die LTTE als Gegenbeispiel für das Verhalten des Alten Terrorismus über einen Zeitraum von 1980 bis 2000 herangezogen wird, impliziert zum einen, dass sie in die Kategorie „alte terroristische Organisation“ gehört, auch nach 1990 weiterhin zur dieser Kategorie gehört und eine Veränderung im Verhalten ausgeschlossen wird. Zum anderen zeigt die reine Betrachtung der Anwendung von Selbstmordattentaten durch die LTTE, dass diese erst seit 1990 zum Repertoire der LTTE gehören, obwohl sie schon seit 1975 mit Anschlägen aktiv ist. Versteht man Neuen Terrorismus als eine Verhaltensänderung des Terrorismus insgesamt und nicht als ein umfassendes Verhaltenskonzept einzelner terroristischer Organisationen, spricht diese Datenlage jedoch eher für das Forschungsparadigma eines Neuen Terrorismus, da in diesem von einem Anstieg der Selbstmordattentate seit Beginn der neunziger Jahre ausgegangen wird.

Auch Thomas Copeland kritisiert, dass sich die Argumentation vor allem auf einzelne Anschläge als Beweise für den Neuen Terrorismus stützt. Den Beginn des Neuen Terrorismus Anfang der neunziger Jahre versucht er mit Gegenbeispielen zu widerlegen: Die Anschläge 1993 auf das World Trade Center und 1995 auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City beschreibt er zwar als schockierend jedoch nicht als neu, da es bereits davor Anschläge auf amerikanische Staatsbürger gab, wie zum Beispiel den Anschlag 1983 auf Marine Kasernen in Beirut. Dem Anschlag 1995 auf die U-Bahn in Tokio gesteht er zwar zu, die psychologische Hemmschwelle zum Gebrauch von Massenvernichtungswaffen durchbrochen zu haben, weist jedoch darauf hin, dass es seit 1968 bereits 60 Versuche gab, Massenvernichtungswaffen einzusetzen. Zum anderen sieht er in vielen Anschlägen, die als typische Anschläge des Neuen Terrorismus gelten, einige Eigenschaften, die eher unter die Kategorie Alter Terrorismus fallen. In dem Anschlag 2000 auf die USS Cole im Jemen sieht er keinen klassischen Anschlag des Neuen Terrorismus, da dieser gezielt gegen Militärpersonal gerichtet ware und mit einer konventionellen Bombe durchgeführt wurde. Vor allem die Anschläge von 2001 auf das World Trade Center, das Pentagon und das Weiße Haus ein Beweis sind für ihn ein Beweis gegen die These eines Neuen Terrorismus. Wie bei vielen Anschlägen in der Vergangenheit nutzten die Attentäter die Methode einer Flugzeugentführung und beschränkten sich auf Messer als Waffen. Auch aufgrund der hohen symbolischen Wirkung der Ziele und der staatlichen Unterstützung durch Afghanistan und den Irak in Form von Rückzugsgebieten, Dokumenten, Geld und Informationen lässt er die Anschläge nicht als Beweis für die Existenz eines Neuen Terrorismus gelten. Insgesamt kommt er zu der Erkenntnis, dass die gelieferten Argumente nicht ausreichen und es zum damaligen Zeitpunkt zu früh sei, um einen Paradigmenwechsel auszurufen.145

Den Autoren des Neuen Terrorismus werden in der Metadiskussion neben dem Wunsch nach wissenschaftlicher Erkenntnis auch weitere Absichten unterstellt, die sie dazu verleiten einen Paradigmenwechsel in der Terrorismusforschung zu unterstützen. Martha Crenshaw richtet hierbei Vorwürfe explizit in Richtung der wissenschaftlichen Gemeinde. Sie unterstellt einigen Autoren, vor allem aber Anfängern, eine absichtliche Eingrenzung des Untersuchungsbereichs. Die zeitliche Eingrenzung auf den Zeitraum nach 1990 und die Fokussierung auf die Religion als alleinige erklärende ideologische Variable sieht sie als Ausweg um sich nicht mit dem gesamten komplexen Phänomen des Terrorismus auseinander setzen zu müssen. Den Grund für politische Akteure auf das Bild des Neuen Terrorismus zurückzugreifen sieht sie ebenfalls im Bereich der Komplexitätsreduktion. Das Zurückgreifen auf einfache Metaphern und Analogien, wie sie häufig bei der Beschreibung des Neuen Terrorismus verwandt werden, erspare diesen Akteuren Zeit und Energie in einer komplexen Informationswelt.146

Der häufigste Vorwurf der den Autoren des Neuen Terrorismus jedoch gemacht wird, ist die politische Erwünschtheit des Paradigmenwechsels. Das Szenario des Neuen Terrorismus impliziert das Bild einer in diesem Ausmaß noch nie dagewesenen Bedrohung, die nach entsprechenden Gegenmaßnahmen verlangt. Der Neue Terrorismus bietet ein präzises und bedrohliches Feindbild eines global agierenden, wahllosen und unverhandelbaren Terrorismus, der einen neuen globalen Kampf gegen den Terrorismus rechtfertigt. Der Zuschauer wird damit von der Notwendigkeit der Maßnahmen überzeugt, um die Legitimation für eine Ressourcenerhöhung der einzelnen Akteure zu erreichen. Es würden hierbei sogar direkte militärische Aktionen oder die Einschränkung von Freiheitsrechten legitimiert.147 Alexander Spencer sieht hierbei einen direkten Zusammenhang zwischen der Propagierung eines Neuen Terrorismus und den gewählten Terrorismusbekämpfungsstrategien und nennt die Besetzung des Iraks und die Ausweitung der Polizeibefugnisse auf eine Shoot-to-kill Strategie der Polizei in Großbritannien als Beispiele für Terrorismusbekämpfungsstrategien, die weder „democratically debated, publicly discussed, independently monitored or even necessary“148 sind.149

Die Vorwürfe an Autoren und politische Akteure, einen Paradigmenwechsel bewusst herbeigeführt zu haben, bleiben bei einigen Autoren nicht nur wage, sondern richten sich an konkrete Institutionen und Personen. Thomas Copeland listet zum Beispiel für die USA eine Reihe von Institutionen auf, denen er unterstellt durch die Etablierung des Paradigmas die eigenen Ressourcen zu erhöhen bzw. die eigene Existenz weiterhin zu rechtfertigen. Zu diesen Institutionen zählt er proaktive Institutionen wie die CIA und die NSA, reaktive Institutionen wie die Federal Emergency Management Agency oder das State Department’s Foreign Emergency Support Team, aber auch Institutionen, die sich mit einem hoch technologisierten Terrorismus auseinandersetzen wie die Air Force oder die DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency).150 Den Vorwurf an Analysten und politische Akteure, ein Interesse an der Verbreitung des Forschungsparadigmas des Neuen Terrorismus zu haben, formuliert er im Jahr 2001 nach den Anschlägen des 11. September sehr deutlich: „Key proponents of the paradigm include the analysts at places like the Center for Strategy and International Studies and the RAND Corporation (home to Laqueur and Hoffman respectively), who influence both mid-level bureaucrats (at CIA, State, and DOD, whose job it is to defend against terrorism), and the policy makers who decide how to spend the government’s counter-terrorism money.“151

Ähnlich wie Thomas Copeland sehen Jonny Burnett und Dave Whyte die Schlüsselrolle in der Verbreitung des Forschungsparadigmas bei der RAND Corporation. Besonders den Autoren, die im Umfeld der RAND Corporation tätig sind, unterstellen sie auf Grund ihrer Abhängigkeit von der Institution in einen Konflikt zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und erwünschten Ergebnissen geraten zu sein. Zu diesem „Nexus“ zählen sie vor allem die Autoren Bruce Hoffman, Brian Michael Jenkins, Magnus Ranstorp, Paul Wilkinson, das Center for Studies in Terrorism and Political Violence (CSTPV) der University of St. Andrews und die Zeitschriften „Terrorism and Political Violence“ und „Studies in Conflict and Terrorism“. Als kritisch an diesem engvernetzten Forschungspool sehen sie aber vor allem die teilweisen Überschneidungen von Personal der RAND Corporation und der ehemaligen US-Regierung unter Georg W. Bush.152 Auch die direkten und indirekten Beteiligungen an militärischen und geschäftlichen Aktivitäten im Irak während der Zeit der US-amerikanischen Besatzung lassen Jonny Burnett und Dave Whyte von einer „Embedded Expertise“ sprechen und feststellen, dass „… an effect of being embedded is that research cannot be regarded as objective scholarship in a traditional sense.“153

Nimmt man sich des Vorwurfs von Thomas Copeland, Jonny Burnett und Dave Whyte der politischen Verflechtung an und beleuchtet die Verbindungen der identifizierten Autoren des Diskurses zu wissenschaftlichen, politischen und militärischen Einrichtungen, fallen vor allem sechs Namen dabei auf: Bruce Hoffman, Brian Michael Jenkins, Paul Wilkinson, Steven Simon, Daniel Benjamin und Paul L. Bremer. Bruce Hoffman war von 2001 bis 2004 Direktor des RAND Büros in Washington D.C. und gleichzeitig Vizepräsident für außerbetriebliche Angelegenheiten als auch geschäftsführender Direktor des Center for Middle East Public Policy (CMEPP) im Jahr 2004.154 Brian Michael Jenkins ist aktuell noch Senior Adviser des Präsidenten der RAND Corporation nachdem er von 1972–1998 Vorsitzender des Political Science Department bei der RAND Corporation war.155 Auch Paul Wilkinson hatte unter anderem über das Center for the Study of Terrorism und Political Violence (CSTPV), welches er gemeinsam mit Bruce Hoffman 1994 an der University of St. Andrews gründete, Verbindungen zur RAND Corporation. Die University of St. Andrews und die RAND Corporation verband nicht nur die Personalie Bruce Hoffman, sondern auch die gemeinsame RAND-St. Andrews Database, die eine Vorgängerversion der Terrorism Incident Database war und ursprünglich von Brian Michael Jenkins im Jahr 1970 ins Leben gerufen wurde.156

Darüber hinaus müssen auch die identifizierten Autoren Steven Simon, Daniel Benjamin und Paul L. Bremer aufgrund Ihrer Lebensläufe nicht nur als Wissenschaftler und Journalisten sondern auch selbst als Teile des politischen Systems bewertet werden. Paul L. Bremer war unter Präsident Ronald Reagan bereits in wichtigen politischen Positionen tätig. Nach zwei Jahren als Executive Secretary des U.S. Department of State wurde er Botschafter in den Niederlanden, Sonderbotschafter für Counterterrorism and Coordination for Counterterrorism und Direktor des Bureau of Counterterrorism. Unter Präsident Bill Clinton wurde er dann noch zum Vorsitzenden der National Commission on Terrorism ernannt und führte schließlich im Jahr 2003 als oberster Verwalter die Übergangsverwaltung (Coalition Provisional Authority – CPA) im Irak an.157 Der Journalist Daniel Benjamin war von 2009 bis 2012 unter der Außenministerin Hillary Clinton Sonderbotschafter und Coordinator for Counterterrorism im U.S. Department of State nachdem er bereits in den neunziger Jahren unter Präsidenten Bill Clinton zuerst als Nationaler Sicherheitsberater und anschließend als Direktor für transnationale Bedrohungen im Sicherheitsrat der USA tätig war.158 Auch der Terrorismusexperte Steven Simon, der mit Daniel Benjamin zu den Autoren gehörte, die das Forschungsparadigma des Neuen Terrorismus immer wieder zu einem Thema Ihrer (auch gemeinsamen) Veröffentlichungen machten, blickt auf eine lange Karriere in der US-amerikanischen Politik zurück. Er war viele Jahre im U.S. Department of State tätig und bereits in den neunziger Jahren Direktor für globale Angelegenheiten und anschließend Senior Direktor für transnationale Bedrohungen im Sicherheitsrat der USA. Im Jahr 2011 kam er als Direktor für die Bereiche Mittlerer Osten und Nordafrika erneut zurück in den Sicherheitsrat der USA. Darüber hinaus war er jedoch auch noch als Experte für den Bereich Mittlerer Osten bei der RAND Corporation tätig.159

Bei den restlichen Autoren scheinen dagegen jedoch keine offensichtlichen Verbindungen zu relevanten Institutionen zu bestehen. Hierbei handelt es sich vor allem Wissenschaftler wie Ulrich Schneckner, Thomas R. Mockaitis, Kumar Ramakrishna, Martha Crenshaw160 und der Soziologie Lord Anthony Giddens. Darunter sind auch bekannte Terrorismusexperten wie Walter Laqueur, Peter R. Neumann, Mark Juergensmeyer oder Wolfgang Kraushaar, welcher jedoch als Experte für Linksextremismus und Linksterrorismus das Thema Neuer Terrorismus eher beiläufig anschneidet. Matthew J. Morgan ist einer der wenigen Autoren, der neben seiner Tätigkeit als Dozent an diversen Universitäten, vor allem als Berater in der Privatwirtschaft tätig war. Er war jedoch auch sechs Jahre für die United States Intelligence (USAI) tätig, wie in einer Selbstbeschreibung seines Werks „A Democracy is Born“ zu lesen ist.161 Die Autoren Kai Hirschmann und Russell D. Howard haben dagegen beide einen militärischen Hintergrund. Russel D. Howard, der unter anderem auch Direktor des Jebsen Center for Counterterrorism Studies der Fletcher School und Gründungsdirektor des Combating Terrorism Center in West Point war, ist Brigardegeneral a.D. der United States Army.162 Kai Hirschmann war zuletzt Chefredakteur und Dezernatsleiter der Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr.163

2.4 Zuammenfassung: Kapitel 2. Alter und Neuer Terrorismus im wissenschaftlichen, medialen und politischen Diskurs

Der im Kapitel 2. Alter und Neuer Terrorismus im wissenschaftlichen, medialen und politischen Diskurs aufgearbeitete Diskurs um den Neuen Terrorismus hat Anfang der neunziger Jahre begonnen und bekam mit den Ereignissen des 11. September 2001 eine erneute inhaltliche und personelle Dynamik, die es sinnvoll erscheinen ließ, ihn in zwei Phasen zu teilen. Von Anfang der neunziger Jahre bis zum 11. September 2001 kristallisierten sich vor allem die US-amerikanischen Autoren Bruce Hoffman, Walter Laqueur, Steven Simon, Daniel Benjamin, Martha Crenshaw und Mark Juergensmeyer, aber auch der deutsche Autor Kai Hirschmann als Treiber des Diskurses heraus. Im Zentrum standen zu dieser Zeit bei den meisten Autoren vor allem die Bedeutung der Religion für den Terrorismus, aber auch eine wachsende Gewaltbereitschaft und eine weniger selektive Gewalt wurde von mehreren Autoren erwähnt. Einige Autoren brachten auch spezielle Phänomene, wie den Amateur-Terroristen, den Lone-Terrorist, den Privat-Terroristen oder Single-Issue-Terrorism als Begriffe mit in den Diskurs ein, die sich jedoch in der zweiten Phase des Diskurses nach dem 11. September 2001 nicht weiter verfestigten. Die weniger selektive Opferauswahl und die steigende Gewaltbereitschaft dagegen waren auch nach dem 11. September 2001 weiterhin Bestandteil des Diskurses. Beide Phänomene führten zum Einsatz spezifischer Mittel, wie Selbstmordattentate und Massenvernichtungswaffen, aber vor allem zu einer steigenden Opferzahl.

Ganz neu wurde von vielen Autoren eine Veränderung in der Struktur der terroristischen Organisationen hin zu großen diffusen, dezentralisierten Netzwerken formuliert. Auch eine Internationalisierung bzw. Globalisierung der Organisationen und Anschläge kam neu als Themenschwerpunkt hinzu. Der Autorenkreis erweiterte sich in der zweiten Hälfte des Diskurses um die bekannten Terrorismusexperten Brian Michael Jenkins und Paul Wilkinson aber auch um Autoren mit militärisch-politischem Hintergrund wie Paul L. Bremer oder Russell D. Howard sowie um einige Wissenschaftler, darunter Lord Anthony Giddens, Thomas R. Mockaitis, Kumar Ramakrishna und Matthew J. Morgan. Gleichzeitig kamen weitere Autoren aus dem deutschsprachigen Raum hinzu wie zum Beispiel Wolfgang Kraushaar, Peter R. Neumann, Ulrich Schneckener. Vor allem die Religion als Faktor stand sowohl vor als auch nach dem 11. September 2001 im Mittelpunkt des Diskurses. Aber vor allem in der zweiten Hälfte legten sich die meisten Autoren auf die Religion als zentrale Eigenschaft des Neuen Terrorismus fest.

Als mögliche Auslöser für den Neuen Terrorismus nannten die Autoren hauptsächlich Ereignisse, wie die Iranische Revolution, den Zusammenbruch der Sowjet Union, den Jahrtausendwechsel, aber auch die wachsende Ungleichverteilung in der Bevölkerung, die Globalisierung und der technische Fortschritt bei Kommunikationsmitteln, Reisemöglichkeiten und Waffen wurden genannt. Ein anderer Autorenkreis, der sich vor allem nach dem 11. September 2001 in den Diskurs einbrachte, formulierte dagegen auch Zweifel an der Existenz eines Neuen Terrorismus. Zu ihm gehörten unter anderem Autoren wie Alexander Spencer, Isabelle Duyvesteyn, Anthony Field, Thomas Copeland, Jonny Burnett oder Dave Whyte. Aber auch Martha Crenshaw artikulierte im Laufe der Zeit immer wieder ihre Zweifel an der Existenz eines Neuen Terrorismus. Kritisiert wurden vor allem die zeitliche Eingrenzung des Konzepts, der fehlende Neuigkeitswert, die auf Einzelfallbeispielen basierenden Argumentationen und eine Komplexitätsreduktion des Phänomens. Am stärksten wurde jedoch eine Kritik formuliert, die konkreten Institutionen und Personen eine politische Erwünschtheit des Forschungsparadigmas unterstellte. Dies betraf vor allem in den USA ansässige Personen und Institutionen aus dem Umfeld der RAND Corporation, zu denen auch die genannten Autoren Bruce Hoffman, Brian Michael Jenkins und Paul Wilkinson gehörten. Aber Personen mit Verbindungen zu politischen und militärischen Institutionen wie Steven Simon, Daniel Benjamin und Paul L. Bremer.

22 Vgl. Morgenthau 1993.

23 Vgl. Fried 1996.

24 Kean/Hamilton 2004, S. 72.

25 Vgl. u.a. Laqueur 1996; Laqueur 1999; Crenshaw 2000; Juergensmeyer 2000; Simon/Benjamin 2000; Hoffmann 2002; Simon 2003; Wilkinson 2003; Giddens 2004; Jenkins 2008; Neumann 2009a.

26 Vgl. u.a. Simon/Benjamin 2000; Bremer 2001; Gurr/Cole 2009.

27 Vgl. u.a. Jenkins 2006.

28 Vgl. u.a. Hirschmann 2000; Morgan 2004.

29 Im Folgenden werden alle Artikel und Texte berücksichtigt und unter dem Oberbegriff „Neuer Terrorismus“ zusammengefasst, die diese oder ähnliche Begriffe verwenden.

30 Taleb 2007, xvii–xviii.

31 Vgl. LaFree 2012.

32 Vgl. National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START) 2015a, 199808030008/199311110002.

33 Vgl. Collins 2015.

34 Vgl. Boot 2015.

35 Vgl. Kean/Hamilton 2004, S. 47ff.

36 Vgl. Schmid 2011, S. 11.

37 Hoffmann beschreibt vor 2001 immer wieder Hinweise, die er im Rückblick als Beweise für einen Neuen Terrorismus bewertet. Er widerspricht sich teilweise in seiner Vorstellung über die zukünftige Entwicklung des Terrorismus, was auf eine allgemeine Unsicherheit über das Eintreffen seiner aufgestellten Prognosen deutet.

38 Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000b, S. 162.

39 Vgl. Hoffman 1993; Simon/Benjamin 2000, S. 59.

40 Vgl. Hoffman 2000, S. 37/39; Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000b, S. 163.

41 Vgl. Hoffman 1999a, S. 8/1999b, S. 21; Ebenso: Laqueur 1996, S. 2/7; Juergensmeyer 2000, S. 158.

42 Vgl. Hoffman 1999a, S. 36ff; Ebenso: 2000, S. 37.

43 Vgl. Hoffman 2002, S. 30ff.

44 Hoffman 2006, S. 407.

45 Vgl. Mockaitis 2008, S. 39ff. Die MIPT Terrorism Knowledge Database und die RAND Corporation werden in Kapitel 4.3. Terrorist Organization Profiles (TOPs): Datenherkunft näher beschrieben.

46 Vgl. Mockaitis 2008, S. 41, Table 3.3.

47 Vgl. Laqueur 1996, S. 5f; Hoffman 1998–1999a, S. 12; Crenshaw 2000, S. 411ff.

48 Vgl. Laqueur 1996, S. 5; Hirschmann 2000, S. 309; Hoffman 2000, S. 37. Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000b, S. 163. Anders: Simon/Benjamin 2000, S. 71; Stern 2001, S. 8ff.

49 Vgl. Laqueur 1999.

50 Laqueur 1999, S. 78.

51 Vgl. Hoffman 1999b.

52 Crenshaw 2000, S. 415.

53 Bei dem Anschlag gab es 13 Tote und 5.500 Verletzte. Vgl. National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START) 2015a, 199503200014.

54 Der Anschlag war dennoch der erfolgreichste und am meisten wahrgenommene Anschlag mit Massenvernichtungswaffen bis zu diesem Zeitpunkt. Vgl. Stern 2001, S. 60.

55 Vgl. Laqueur 1996, S. 7.

56 Siehe näheres hierzu: Whine 1998; Weimann 2004; Canadian Center for Intelligence and Security Studies 2006; Mockaitis 2008, S. 44.

57 Vgl. Laqueur 1999, S. 74ff.

58 Hirschmann 2000, S. 309. Hoffman hält dies auch in einem Beitrag von 2002 noch für die „next great callenge“. Vgl. Hoffman 2002, S. 45.

59 Vgl. Hirschmann 2000, S. 308f.

60 Vgl. Canadian Center for Intelligence and Security Studies 2006, S. 4. Anders: Arquilla/Ronfeldt/Zanini 1999, S. 67.

61 Auch Walter Laqueur führt in seinem Buch „Krieg dem Westen“ 2004 das Thema Cyberterrorismus nicht mehr mit auf. Vgl. Laqueur 2004.

62 Vgl. Hoffman 1999a, S. 20f./2006, S. 405.

63 Vgl. Laqueur 1996, S. 6f.

64 Vgl. Hirschmann 2000, S. 302ff. Auch bei: Poland 2005, S. 47f.

65 Vgl. Smith 1998. Im Gegensatz zu Smith hält Laqueur zumindest den Ökoterrorismus (Tierschutz und Umweltschutz) für ein Phänomen, dass sich auf entwickelte Länder (und die damalige Sowjet Union) beschränkt. Vgl. Laqueur 1999, S. 208.

66 Das FBI bezeichnet 2008 den Ökoterrorismus und den Tierrechtsextremismus als „… one of the most serious domestic threats in the USA today …“ Bis zu diesem Zeitpunkt wurden 2.000 Verbrechen in diesem Bereich durch das FBI erfasst. Vgl. Federal Bureau of Investigation 2008a. Siehe unter anderem ausführlich zum Thema Ökoterrorismus: Long 2004; Buell 2011.

67 Vgl. u.a. Hoffman 1999a; Simon 2003; Wilkinson 2003; Howard 2004; Kometer 2004; Giddens 2004; Kraushaar 2006, S. 13ff; Neumann 2009a.

68 Hoffman 1998–1999a; S. 18/1999a, S. 8ff.

69 Vgl. Hoffman 1999a, S. 8ff./2000, S. 38/2006, S. 405; Wilkinson 2003, S. 1; Kraushaar 2006, S. 17.

70 Vgl. Hoffman 1999a, S. 9f./2000, S. 38/2006, S. 405ff; Simon/Benjamin 2000, S. 69; Giddens 2004, S. 7; Kraushaar 2006, S. 18.

71 Vgl. Crenshaw 2000, S. 411; Giddens 2004.

72 Vgl. Neumann 2009b, S. 3.

73 Vgl. Wilkinson 2003; Jenkins 2006, S. 123.

74 Behr/Märker 2004, S. 2.

75 Vgl. Wilkinson 2003, S. 2; Jenkins 2006, S. 123; Anders: Crenshaw 2007, S. 27.

76 Mayntz 2004, S. 10.

77 Vgl. Mayntz 2004, S. 11f. Ähnlich auch zur Struktur von Al Qaeda: Simon/Benjamin 2000, S. 69f; Jenkins 2006, S. 123.

78 Mockaitis 2008, S. 18.

79 Vgl. Neumann 2009a, S. 17f.

80 Vgl. Hoffman 1999a, S. 10; Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000c, S. 168.

81 Vgl. Wilkinson 2003, S. 1; Giddens 2004; S. 5; Neumann 2009a, S. 18/1999b, S. 3.

82 Vgl. Wilkinson 2003, S. 1; Behr/Märker 2004, S. 1f; Giddens 2004, S. 6; Jenkins 2006, S. 124f; Kraushaar 2006, S. 18; Neumann 2009a, S. 20/2009b, S. 3.

83 Vgl. Behr/Märker 2004, S. 2; Jenkins 2006, S. 124; Mockaitis 2008, S. 43; Neumann 2009a, S. 18f.

84 Vgl. Schneckener 2006, S. 49.

85 Vgl. Neumann 2009b, S. 3f.

86 Vgl. Jenkins 2006, S. 123.

87 Vgl. u.a. Hoffman 2002, S. 35ff; Giddens 2004; Schneckener 2006, S. 50; Howard 2004, S. 77.

88 Vgl. Mockaitis 2008, S. 48.

89 Vgl. Hoffman 1999a, S. 8; Simon/Benjamin 2000, S. 61; Jenkins 2006, S. 121f. Simon/Benjamin zählen Iran, Irak, Syrien, Sudan, Kuba, Libyen und Nord Korea zu den Ländern, die die alten terroristische Organisationen unterstützen.

90 Vgl. Wilkinson 2003, S. 1f; Jenkins 2006, S. 120f.

91 Vgl. Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000c, S. 168.

92 Vgl. Laqueur 1996, S. 2; Hoffmann 1998–1999a, S. 15.

93 Vgl. Hoffman 2000, S. 38; Juergensmeyer 2000, S. 158; Simon/Benjamin 2000, S. 65f.; Bremer 2001, S. 23; Giddens 2004, S. 7; Hoffman 2006, S. 405; Jenkins 2006, S. 118; Kraushaar 2006, S. 15.

94 Vgl. Neumann 2009a, S. 25/27/2009b, S. 4.

95 Vgl. Giddens 2004, S. 7; Kraushaar 2006, S. 15f.

96 Vgl. Bremer 2001, S. 24; Hoffman 2002, S. 31; Howard 2004, S. 75; Wilkinson 2003; Jenkins 2006, S. 118/2008, S. 184f; Kraushaar 2006, S. 14; Mockaitis 2008, S. 39f; Neumann 2009b, S. 5.

97 Vgl. Wilkinson 2003, S. 1; Neumann 2009a, S. 25.

98 Jenkins 1975, S. 4

99 Jenkins 2006, S. 119.

100 Vgl. Jenkins 2006, S. 118.

101 Vgl. Jenkins 2006, S. 118/2008, S. 190; Neumann 2009b, S. 5.

102 Mockaitis 2008, S. 43.

103 Vgl. Hoffman 1999a, S. 10.

104 Vgl. Laqueur 1996, S. 2; Crenshaw 2000, S. 414.

105 Vgl. Hoffman 2002, S. 32; Kraushaar 2006, S. 17.

106 Vgl. Bremer 2001, S. 25; Wilkinson 2003, S. 1; Kraushaar 2006, S. 16f; Neumann 2009b, S. 4.

107 Vgl. Simon/Benjamin 2000, S. 71f; Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000d, S. 171f.

108 Vgl. Hoffman 1998–1999b, S. 21/1999a, S. 37f./2000, S. 39; Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000b, S. 163ff.

109 Vgl. Laqueur 1996, S. 4f.

110 Vgl. Crenshaw 2000, S. 413ff.

111 Vgl. Bremer 2001, S. 24; Cameron 2002, S. 67; Wilkinson 2003, S. 2; Behr/Märker 2004, S. 2; Bolz/Dudonis/Schulz 2005, S. 133; Neumann 2009b, S. 4.

112 Vgl. Hoffman 2002, S. 45.

113 Vgl. Giddens 2004, S. 8; Jenkins 2006, S. 119f; Neumann 2009a, S. 28.

114 Jenkins 2006, S. 120.

115 Vgl. Hoffman 1998–1999a, S. 12/15/1999a, S. 20; Benjamin/Simon 2000; Crenshaw 2000, S. 411; Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000d, S. 171; Simon/Benjamin 2000, S. 66; Bremer 2001, S. 25; Hoffman 2006, S. 409f; Jenkins 2008, S. 187f; Mockaitis 2008, S. 41; Neumann 2009a, S. 28/2009b, S. 5.

116 Vgl. Hoffman 1998–1999a, S. 15/1998–1999b, S. 21/1999a, S. 19f/2006, S. 148; Crenshaw 2000, S. 411; Simon 2003, S. 1; Jenkins 2008, S. 187; Mockaitis 2008, S. 41.

117 Vgl. Benjamin/Simon 2000.

118 Vgl. Crenshaw 2000, S. 412; Hirschmann 2000, S. 300; Juergensmeyer 2000, S. 158; Simon/Benjamin 2000, S. 66; Neumann 2009b, S. 8.

119 Vgl. Hoffman 1998–1999a, S. 13f./2006; Juergensmeyer 2000, S. 163; Ramakrishna/Tan 2002, S. 3f; S. 145; Neumann 2009b, S. 4.

120 Hoffman 1998–1999a, S. 12.

121 Mockaitis bezieht sich auf die Zahlen der MIPT Terrorism Knowledge Database aus einem Zeitraum von 1968 bis 2006. Vgl. Mockaitis 2008, S. 40f.

122 Vgl. Crenshaw 2000, S. 411f.

123 Neumann 2009b, S. 5.

124 Cronin 2003, S. 53.

125 Vgl. Cronin 2003, S. 51.

126 Morgan 2004, S. 41.

127 Vgl. Hoffman 1998–1999a, S. 12ff; Roy/Hoffman/Paz/Simon/Benjamin 2000a, S. 161; Heine 2004, S. 128f; Morgan 2004, S. 39; Hoffman 2006, S. 144.

128 Vgl. Simon/Benjamin 2000, S. 73; Hoffmann 2002, S. 35f; Cronin 2003, S. 46ff.

129 Vgl. Hirschmann 2000, S. 301; Simon/Benjamin 2000, S. 7; Cronin 2003, S. 46ff; Morgan 2004, S. 41; Neumann 2009b, S. 3.

130 Vgl. Cronin 2003, S. 48f; Morgan 2004, S. 38.

131 Vgl. Simon/Benjamin 2000, S. 73; Ramakrishna/Tan 2002, S. 3f; Cronin 2003, S. 45/52f; Hirschmann 2004, S. 302; Morgan 2004, S. 36; Hoffman 2006, S. 145.

132 Neumann 2009b, S. 4.

133 Neumann 2009b, S. 4.

134 Vgl. Juergensmeyer 2000, S. 163.

135 Vgl. Spencer 2006, S. 4.

136 Vgl. Tucker 2001.

137 Vgl. Duyvesteyn 2004.

138 Vgl. Field 2009.

139 Isabelle Duyvesteyn und Alexander Spencer verweisen in diesem Zusammenhang auf David C. Rapoport und dessen Ausführungen über die Zealoten und die Assassinen. Vgl. Duyvesteyn 2004, S. 445; Spencer 2006, S. 14; siehe auch: Rapoport 1984; Hoffman 1998–1999a.

140 Field 2009, S. 205.

141 Vgl. Field 2009, S. 200ff; Ebenso: Tucker 2001, S. 3f; Duyvesteyn 2004, S. 443f./447; Spencer 2006, S. 15f./18/21f./23; Crenshaw 2007, S. 12f/19f./28.

142 Tucker 2001, S. 7.

143 Vgl. Spencer 2006, S. 20.

144 Alexander Spencer führt auf, dass die LTTE 168 von 270 Selbstmordanschlägen in einem Zeitraum von 1980 bis 2000 verübt haben sollen. Als Quelle gibt er einen Artikel von Yoram Schweitzer aus dem Jahr 2000 an. Dieser wiederum verweist auf einen Artikel von Dr. Johann Gunaranta, ohne dass jedoch die Herkunft der Daten ersichtlich wird. Die Global Terrorism Database (GTD) dagegen führt von 1990 (erster Selbstmordanschlag) bis einschließlich 2000 62 Selbstmordattentate der LTTE auf. Vgl. Schweitzer 2000; Gunaratna 2000, S. 68ff; Spencer 2006, S. 20; National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START) 2015a.

145 Vgl. Copeland 2001, S. 93/102.

146 Vgl. Crenshaw 2007, S. 29f.

147 Vgl. Burnett/Whyte 2005, S. 8; Spencer 2006, S. 5; Crenshaw 2007, S. 28f; Field 2009, S. 205.

148 Spencer 2006, S. 5.

149 Vgl. Spencer 2006, S. 26; Ebenso Burnett/Whyte 2005, S. 8.

150 Vgl. Copeland 2001, S. 100f.

151 Copeland 2001, S. 100.

152 Vgl. Burnett/Whyte 2005, S. 8ff.

153 Burnett/Whyte 2005, S. 13.

154 Vgl. Georgtown University 2015; Council on Foreign Relations 2019.

155 Vgl. Jenkins 2015; RAND Corporation 2015b.

156 Vgl. Burnett/Whyte 2005, S. 9; Houghton 2008; University of St. Andrews 2011.

157 Vgl. Dobins/Jones/Runkle/Mohandas 2009, S. 14f; United States Department of State 2019.

158 Vgl. Brookings 2019; The John Sloan Dickey Center for International Understanding 2019.

159 Vgl. Council on Foreign Relations 2009; Middle East Insitute 2014; Massari 2017.

160 Martha Crenshaw beteiligt sich zwar auch als Autorin am Diskurs um den Neuen Terrorismus, äußert aber bereits 2000 Kritik und Zweifel an der Existenz des Forschungsparadigmas. Vgl. Crenshaw 2000.

161 Vgl. Morgan 2007, S. 174.

162 Vgl. Monterery Insitute of International Studies 2014.

163 Vgl. Center for Global Studies 2018.

Neuer Terrorismus – Reale Bedrohung oder konstruiertes Forschungsparadigma?

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