Читать книгу Windeln, Wahnsinn, Wochenbett - Juliane Lauterbach - Страница 6

Februar. Wandertage

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Nur ein kleines Loch zum Atmen hat sich Maria in ihrer Höhle gelassen. Sie will ja niemanden wecken. Es ist 3.45 Uhr in der Nacht und Maria liest auf dem Handy unter der Decke, wie so oft in letzter Zeit. Sophia ist gerade wieder neben ihr eingeschlafen, nachdem Maria ihr die Flasche gegeben hat, ihr Mann Jan liegt am äußersten Rand des Bettes und es klingt, als ob auch er gerade eben eingeschlafen sei.

Manchmal, wenn sie so daliegt zwischen ihrer kleinen neuen Familie, stellt sie sich vor, wie das wohl von oben aussieht. Im Film geht die Kamera ja manchmal hoch und zeigt Vater, Mutter und Kinder, die kreuz und quer gemeinsam im Bett liegen, Arme und Beine so verknotet, dass unklar ist, wem die Gliedmaßen jeweils gehören. Dass dabei alle selig schlafen, versteht sich von selbst. Sie mochte diese Bilder immer.

Und jetzt versucht sie, in ihrer Erinnerung alle diese Szenen durchzugehen, aber sie ist sich ziemlich sicher, dass in den Filmen nie ein leeres Beistellbett danebensteht, in dem das Kind eigentlich schlafen sollte. Bei ihnen schon.

Maria und Jan hatten das Beistellbett noch vor der Geburt von ihren Freunden Richard und Beate übernommen. „Das ist wirklich ein super Bett. Unsere Tochter hat es sehr geliebt“, haben sie gesagt. Ihre Tochter sei nur leider rausgewachsen. Da sie das Bett aber immer pfleglich behandelt hätten, sei es im Grunde noch fast wie neu.

Jan baute es neben ihrem Ehebett auf, Maria legte noch ein kleines Kissen dazu, auf das sie den Namen Sophia gestickt hatte, und bezog auch das Ehebett mit neuer Bettwäsche. Am ersten Abend, den sie nach der Geburt im Krankenhaus zu Hause verbrachten, legten sie Sophia in das Beistellbett und zogen die Spieluhr auf. Jan und Maria stellten sich neben das Bett, schauten ihre Tochter eine Weile versonnen an und legten sich dann in ihr Ehebett, das erste Mal wieder Arm in Arm und vor allen Dingen ohne einen dicken Bauch dazwischen. Das war einfach herrlich. Ganze fünf Minuten lang zumindest.

Denn dann zeigte Sophia mit all den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, dass sie nicht in ihrem Bett liegen wollte. Und ihre Mittel waren relativ begrenzt: Sie brüllte. Und so nahmen Jan und Maria ihre Tochter zu sich in ihr Ehebett und legten sie erst zurück in das Beistellbett, als sie eingeschlafen war. Doch Sophia fing sofort wieder an zu brüllen und so verbrachte ihre Kleine ihre erste Nacht zu Hause zwischen Mama und Papa im Ehebett. „Wir machen mal eine Ausnahme“, flüsterte Jan, bevor sie einschliefen. Und Maria sagte Ja, obwohl sie nicht daran glaubte.

Am zweiten Abend versuchten sie es erneut und auch am dritten und am vierten. Jedes Mal wurde das Umbetten zur Ausnahme erklärt, mal von Jan, mal von Maria. Und irgendwann wurde die Ausnahme zur Regel, ohne dass es von irgendjemandem dazu erklärt wurde. Und Maria findet es im Grunde auch nicht weiter schlimm. Im Gegenteil, eigentlich findet sie es insgeheim sogar ganz schön.

Ihr Schlaf ist ohnehin wacher geworden, und nicht nur Sophia schläft schneller wieder ein, wenn sie neben ihr liegt, sondern auch Maria. Einmal kurz horchen und fühlen, Kind atmet, Kind ist trocken, Kind schläft. Weiterpennen.

Und sie wünschte, Jan könnte das auch. Aber sie hört jede Nacht, dass er es nicht kann. Und sie weiß, dass er sich das alles anders vorgestellt hat. Wie genau, dass weiß sie allerdings auch nicht, weil Maria und Jan nicht besonders gut sind im Sachen-Besprechen. Also im Große-Sachen-Besprechen. Das haben sie noch nie gekonnt. Meistens warten sie einfach so lange, bis sich das Thema, das man besprechen sollte, irgendwie von alleine erledigt hat. In diesem Fall wäre das jedoch vielleicht die falsche Taktik, glaubt Maria. Die anderen Mütter in den Foren sagen jedenfalls, dass es noch dauern könnte, bis Sophia in ihrem eigenen Bettchen schläft.

Maria und Jan, das Gutwetterpaar – so hatte Marias beste Freundin die beiden mal genannt. Ein Paar, bei dem sich jeder von beiden bei schlechtem Wetter unter seinem Schirm verstecken und warten würde, bis die Sonne wieder rauskommt. Dass das Modell bisher durchaus ein Erfolgsmodell war, lag einzig und allein daran, dass es bisher selten geregnet hat, da ist sich Maria inzwischen sicher. Aber wo hätte der Regen auch herkommen sollen?

Maria hatte bis vor der Geburt als Cutterin beim Fernsehen gearbeitet, und das tat sie gerne. Jan ist Journalist im Kulturressort beim Hamburger Generalanzeiger, und auch er mag seinen Beruf. Sie haben eine hübsche Wohnung in Winterhude, sind zweimal im Jahr in den Urlaub geflogen. Im Grunde hatten sie bislang nichts zu beklagen. Oder wenig zumindest.

Knatsch gab es natürlich trotzdem immer wieder mal. Zum Beispiel, wenn Maria ihre Sachen überall rumliegen ließ. Seitdem sie mit Jan zusammenwohnt, hat sie die Chaotin in sich zwar ganz gut gebändigt, aber ab und zu brach sich die Unordnung Bahn und herrenlose Kaffeebecher standen auf Fensterbänken und Bücherregalen, Schuhe nicht im Schuhschrank, sondern irgendwo, und ihre Filmzeitschriften stapelten sich im Wohnzimmer. Was dann passierte, folgte einem immer gleichen Schema. Jan wurde dann einfach grummelig, sagte aber nicht, wieso. Was er auch nicht musste, weil Maria den Grund ja kannte. Und auch, was sie in solch einem Fall zu tun hatte. Dann marschierte sie durch die Wohnung und versuchte, ihre Wege der vergangenen Tage zu rekonstruieren und dabei einfach alles wieder einzusammeln. Und daraufhin war wieder Frieden. Und wenn Maria mal grummelig war, passierte dasselbe. Nur andersherum und aus anderen Gründen.

Dabei ist Maria im Grunde eigentlich nicht wirklich konfliktscheu, hat es aber nun mal gerne harmonisch. Und so liebte sie es insgeheim, wenn sie die ganz besonders kitschigen Filme schneiden durfte. Die, in denen einfach immer die Sonne scheint, Hochzeitsanträge mindestens am Strand gemacht werden und auf den Esstischen immer ein Strauß frischer Tulpen steht. Traumschiff, das wäre was für sie gewesen. Oder Rosamunde Pilcher. Aber in der Daily Soap, die sie drei Jahre betreut hat, wurde immerhin auch recht regelmäßig geheiratet.

In Beziehungen übernimmt Maria stets die Funktion der Waage, die stets um Ausgleich bemüht ist. Das war schon immer so. Und wenn sich Jans Seite nach unten neigte, hat sie meist irgendein Gegengewicht parat gehabt. Wenn Jan maulig war, weil er Stress bei der Arbeit hatte, kochte sie sein Lieblingsessen, wenn er von irgendwelchen verpeilten Freunden genervt war, überraschte sie ihn mit einem Ausflug, wenn er genervt von irgendwas anderem war, zog sie sich etwas Hübsches an und sie landeten im Bett. Es war so einfach – bisher.

Seitdem Sophia da ist, ist das alles etwas komplizierter geworden. Denn Maria hat keine Klötze mehr in der Tasche, die sie schnell auf die Waage schmeißen kann, und keine Zeit mehr, sich darüber Gedanken zu machen, welche das überhaupt sein könnten. Obwohl Zeit vielleicht gar nicht das größte Problem ist. Meist ist sie einfach zu müde.

Und bei der Sache mit dem Bett weiß sie schlicht und einfach auch keine Lösung. Heute ist Jan spät nach Hause gekommen. Bei einem Konzertkritiker ist das oft so. Wenn er früher erst um 23 Uhr zur Tür reinkam, hat Maria noch mit einem Glas Wein auf ihn gewartet. Das ist in letzter Zeit doch sehr selten geworden. Meistens liegen Maria und Sophia schon im Bett, wenn Jan nach Hause kommt. Und dann schleicht sich Jan dazu und kriecht in seine Ecke, und Maria ist froh, wenn er schnell in einen tiefen Schlaf fällt. Doch das kommt leider selten genug vor. Oft wird Sophia genau dann wach, wenn er sich dazulegt. Und oft genug ist dann die Nacht erst mal vorbei, die für Jan noch gar nicht angefangen hat. Maria nimmt sich meistens vor, am nächsten Tag nach einer Lösung zu suchen, nach einem Gewicht, das sie in die Schale werfen könnte, um wieder Ausgleich herzustellen.

Neulich fand sie zumindest eine Art kleines Gewicht in einem Magazin, das im Wartezimmer beim Kinderarzt auslag. Da las sie, dass sie offenbar doch gar nicht gescheitert waren mit ihrem Beistellbett, ganz im Gegenteil. In dem Artikel stand nämlich, dass das Schlafen im Elternbett gar keine Notlösung ist, sondern ein Konzept mit einem Namen und allem Drum und Dran. Co-Sleeping heißt das und bezeichnet dabei die Praxis, bei der Kinder in unmittelbarer Nähe der Eltern schlafen. Damit ist ganz offensichtlich das Schlafen in einem gemeinsamen Bett gemeint. Eltern und Kind liegen so nah beieinander, dass sie „Klänge, Berührungen, Gerüche und Temperatur des anderen wahrnehmen und auf sie reagieren können“. Dass das Ganze jetzt auch noch ein Konzept sein soll, das gefiel Maria sehr. Das klang so durchdacht und so wenig nach hineingeschlittert.

So müsste sie zumindest nicht sagen: „Sophia muss bei uns im Bett schlafen, weil das mit dem Babybett nicht klappt“, sondern einfach: „Wir praktizieren das Co-Sleeping-Modell.“

Natürlich hat sie sofort Jan davon erzählt. „Co-, was?“, hat der nur gefragt. „Na, dass wir jetzt alle zusammen in einem Bett schlafen, heißt Co-Sleeping oder Familienbett, und Hebammen und Stillberaterinnen sind sich einig, dass das eine total natürliche Art des Schlafens ist! Viele Kulturen machen das so, die kennen gar kein Babybett und da sagt auch keiner was. So ist das nämlich.“

Jan hat nur genickt und geschwiegen.

Seine Fragen konnte Maria trotzdem hören: Wo bleibt man denn dann als Paar? Wie soll man das dem Kind denn wieder abgewöhnen? Und wann?

Maria sieht jetzt jede Nacht, wie schwer Jan sich mit diesem Co-Sleeping tut. Er hatte ja ohnehin schon immer einen schlechten Schlaf. Definitiv keine gute Ausgangslage für diese Art Nachtlager.

Deutlich entspannter wäre es, sie würden dieses verdammte Beistellbett einfach abbauen, damit es nicht immer als Mahnmal des Scheiterns neben dem Elternbett stünde. Es einfach bei den Online-Kleinanzeigen aufgeben und das über ihr Beistell- oder Kinderbett schreiben, was alle Eltern tun: „Das Bett ist wirklich super! Auch die Matratze könnt ihr ohne Weiteres nehmen, weil wir sie so pfleglich behandelt haben.“

Maria glaubt inzwischen, dass diese ganze Babybettindustrie im Grunde eine reine Verbrecherbande ist. Und deren Marketingabteilungen die reinsten Gehirnwäsche-Experten. Auf dem Werbefoto ist das Schlafzimmer der Familie hell erleuchtet, die Mutter trägt ein roséfarbenes Negligé; sie gibt ihrem Baby einen Kuss auf die Wange, während sie es neben sich in das Beistellbett legt. Und das Baby schaut sie dabei an, als würde es sagen wollen: Du bist die beste Mama der Welt. Ich liebe es, ohne Decke allein in diesem Babyknast zu liegen, während du nebenan mit Papi kuschelst.

Maria navigiert sich nun unter der Decke auf ihrem Handy durchs Internet. Sie weiß genau, wo sie hinwill. In dieses Forum, in dem sich Mütter über alle möglichen Themen austauschen, die irgendwas mit Babys zu tun haben. Von Pastinakenbrei bis Bäuerchen, von Stilltee bis Stoffwindeln.

Diese Forenbesuche sind bei Maria inzwischen schon fast zum Zwang geworden: Immer wenn sie gerade irgendwo sitzt, und sie sitzt jetzt oft irgendwo, liest sie die Unterhaltungen in diesen Chaträumen mit. Das war nicht von Anfang an so. In den ersten Tagen nach der Geburt las sie zum Beispiel noch tagesaktuelle Nachrichten auf irgendwelchen Newsportalen. Aber irgendwie fühlte sich Nordkorea in dieser Zeit noch weiter weg an als ohnehin schon, und dann landete sie doch wieder beim Pastinakenbrei.

Dabei nimmt sie sich seither jeden Morgen vor, damit mal aufzuhören. Aber irgendwas ist ja immer.

Ist es normal, dass mein Baby dreimal am Tag Stuhlgang hat? Dass es sich schon dreht? Dass es so viel schreit? Dass es schon sieben Kilo wiegt? Dass es nur beim Stillen einschläft? Und heute will Maria eben wissen, wie es die anderen Mütter so halten mit dem Co-Sleeping oder Familienbett oder dem Schlafen allgemein. Das Thema „Co-Sleeping – ja oder nein?“ wurde dankenswerterweise von einer Mutter namens Adriana1978 eröffnet:

Mein Mann und ich möchten mit unserer Tochter (sechs Wochen) im Familienbett schlafen, sind aber verunsichert, ob das nicht gefährlich ist wegen Rausfallen und plötzlichem Kindstod und so. Wie macht ihr das?

Conny (mit Bendix, 3, und Ben, 1): „Hallo Adriana1978, mein Mann hat extra ein Co-Sleeping-Bett gebaut, wo wir zu viert drin schlafen. Und bevor jetzt gleich jemand meckert, mein Mann hat auch ein Begrenzungsgitter gebaut.“

Streberin, denkt Maria. Sie sieht den fremden Ehemann vor sich; ein gut gebauter Typ wie aus der Davidoff-Werbung, der nicht nur das Geld nach Hause bringt und mal eben noch ein Familienbett baut, sondern vor Ort im Baumarkt sogar auch an ein Begrenzungsgitter denkt. Jan dagegen war neulich daran gescheitert, einen Rauchmelder im Kinderzimmer an die Decke zu dübeln.

Cordula (mit Jesse, 3, und Krümel inside): „Sorry, aber ich hab es schon beim ersten Kind nicht verstanden, warum die Kinder nicht einfach im eigenen Bett neben Mama und Papa schlafen können. Das ist viel sicherer #plötzlicher Kindstod, Ersticken etc. Und beim zweiten Kind werden wir es ganz sicher wieder genauso machen.“

Im Grunde könnte Maria jetzt aufhören zu lesen. Sie weiß, was jetzt kommt: Mama1 pöbelt, Mama2 findet, dass man das ja echt nicht so verallgemeinern könne und dass es doch wohl jeder selbst am besten wissen müsse. Mama3 pflichtet ihr bei und sagt, dass das echt nur eine Modeerscheinung sei mit dem Kinderbett und dass früher immer alle gemeinsam in einem Bett geschlafen hätten. Dann meldet sich eine Stillberaterin, die per Copy-and-paste fünf Absätze eingefügt hat, in denen sie anhand von Tierbeispielen erklärt, dass Eltern und Kinder auch in der Natur immer zusammen sind, um dann, quasi als Finale, bei den Elefantenbabys zu landen, die nämlich sterben, wenn man sie von ihren Eltern entfernen würde. Dann kommt Mama4 und sagt, dass Menschen aber keine Elefanten seien und dass das Risiko des plötzlichen Kindstodes im Familienbett deutlich erhöht sei. Mama5 fasst in einer Art Schlusswort zusammen, dass es praktisch an Körperverletzung grenzen würde, weil man sein Kind im Schlaf auch plattwalzen könne. Das würde schließlich in jedem Buch stehen – „Stirnrunzel!“ Mama6 findet den Ton spätestens jetzt nicht mehr schön und meint, dass jede Mama intuitiv weiß, was für ihr Kind richtig ist. Sie spricht der ursprünglichen Fragestellerin, von der lange nichts zu hören war, Mut zu.

Maria legt das Handy zur Seite und schließt die Augen. Früher haben Frauen bestimmt ein schlaues oder zumindest schönes Buch gelesen oder einen Film geschaut, statt sich von anderen Müttern kirre machen zu lassen. Oder sie haben einfach mal geschlafen, denkt sie. Was sie an der Sache mit dem Babybett besonders ärgerlich findet, ist – und da ist sie inzwischen fest überzeugt –, dass das ein riesiger Markt ist für ein Produkt, dessen Zielgruppe, also die Babys, überhaupt kein Interesse daran hat.

Neulich hatte sie mal auf einem Kleinanzeigenportal nach gebrauchten Babybetten geschaut und jedes zweite war nach Angaben der Verkäufer gleichzeitig „heiß geliebt“ und „neuwertig“. Finde den Fehler! Maria überlegt, ob nicht andere Dinge wichtiger gewesen wären als ein neuwertiges Babybett. Ohropax zum Beispiel. Und vielleicht auch etwas Humor.

Jan wälzt sich nun einigermaßen humorlos hin und her, wobei er dafür nicht besonders viel Platz zur Verfügung hat. Ein Bein hängt, soweit sie das sehen kann, schon halb aus dem Bett raus, und da, wo eigentlich sein Kopf liegen müsste, liegen Sophias Füße. Kurz versucht er, ein wenig Raum zu gewinnen, indem er versucht, Sophias Schlafsack wieder zurück in Richtung Bettmitte zu ziehen, lässt es aber schnell wieder, weil Sophia sofort wieder so komische Geräusche macht. Jan seufzt.

Maria lässt die Kamera in ihrem Kopf wieder hochfahren, das ist mittlerweile längst eine Art Spleen von ihr geworden. Und bei dieser Kameraeinstellung ist sie sich nun ganz sicher, dass dieses Bild garantiert niemand gerne in einem Film sehen würde. Überall Windeln, Spucktücher, Nachtlichter, Fläschchen. Ihr Bett ist kein Ehebett mehr, sondern ein Versorgungslager. Die Nacht ist keine Nacht mehr, sondern Kernarbeitszeit ohne Zuschläge. Und sie können weder einen Betriebsrat einschalten noch streiken.

Maria linst zum Wecker auf dem Nachttisch. 4.30 Uhr. Jetzt würde es sich eh nicht mehr lohnen, einzuschlafen. Und tatsächlich beginnt Sophia genau in diesem Moment, leise rumzumuckeln. Jan dreht sich auf die andere Seite, während Maria hofft, dass es schnell geht mit dem Beruhigen und dass im Familienbett rasch wieder Ruhe einkehrt.

Doch es klappt einfach nicht. Sophia will ihr Fläschchen nicht, den Schnuller auch nicht, gar nichts will sie. Da steht Jan auf und geht. Wortlos, leise, aber irgendwie entschlossen. Und dann hört sie, wie die Tür zum Wohnzimmer aufgeht und er das Sofa auszieht. Sie fragt sich, ob das jetzt der Anfang von irgendetwas ist und ob er wiederkommen wird und wann. Sophia weint immer noch. Sie nimmt Sophia auf den Arm, verlässt das Zimmer und wandert über den Flur. Hin und zurück und hin und zurück und hin und zurück.

Eine Freundin hatte ihr noch vor der Geburt erzählt, dass mit einem Baby die Zeit der Wanderungen beginnen würde. Damals hatte Maria nicht verstanden, was damit gemeint war. Aber jetzt ahnt sie es. Eltern müssen wandern. Weil sie Platz für sich suchen und Ruhe. Sie wandern ihre Babys in den Schlaf, sie wandern Trampelpfade in Wohnungsflure, sie wandern in Gedanken, weil ihr Bewegungsradius in der Realität plötzlich sehr klein geworden ist.

Nach einer Weile kann Maria nicht mehr wandern und lässt sich auf den Sessel im Arbeitszimmer fallen. Sophia ist mittlerweile eingeschlafen und mit dem schlafenden Kind im Arm schläft auch sie nun langsam ein. Das Letzte, was sie mitbekommt, ist die Kamera in ihrem Kopf, die im Schlafzimmer nach oben fährt. Das Familienbett ist leer.

Noch in derselben Nacht zieht Maria mit Sophia wieder zurück ins Familienbett. Ein Sessel, das war nun wirklich keine Alternative. Jan liegt immer noch im Wohnzimmer, aber sie ist zu müde, um darüber nachzudenken, ob das irgendetwas heißt, und wenn ja, was.

Vier Stillpausen später – nach der Zeitspanne also, die für gewöhnlich als Nacht bezeichnet wird – verlässt Sophia das Familienbett und sieht, dass das Sofa im Wohnzimmer wieder zusammengeklappt ist. Und mehr noch: Auch die Decken und Kissen, die Jan mit rübergenommen hatte, sind nirgends zu sehen. So als hätte es diesen Vorgang gar nicht gegeben. Maria reibt sich die Augen und versucht, ihre Gedanken zu sortieren, als sich die Badezimmertür schwungvoll öffnet und ein Schwall Duschwasserdampf die Sicht vernebelt. Aus dem Nebel hervor tritt Jan, als wäre das hier die Wunderkugel in der Mini-Playback-Show, die einen erschöpften Mann in ein junges Reh verwandelt hat.

So ein bisschen Schlaf ist schon schmückend, denkt Maria und lässt sich von Jan im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange geben, während sie versucht, die Augen irgendwie geöffnet zu halten. Weder beim Frühstück noch irgendwann später sprechen sie über die vergangene Nacht auf der Couch. Man hätte es gleich morgens machen müssen, denkt Maria, denn schon am Mittag kommt ihr die Nacht so weit weg vor, dass sie sich gar nicht mehr richtig erinnern kann. Und überhaupt: Was war denn schon passiert?

Als sich der Tag dem Ende zuneigt, legt sich Jan wieder wie immer zu Maria und Sophia ins Bett. Als Sophia in der ersten Stillpause gegen 1.30 Uhr aufwacht, ist der Platz neben ihr leer. Und in der folgenden Nacht ist er es ebenso und auch in der darauf. Jedoch ist Jan ganz offenbar weiterhin darauf bedacht, keine Spuren von seinem nächtlichen Umzug zu hinterlassen, und deshalb sieht es am nächsten Morgen immer so aus, als wäre nichts gewesen.

Was sollten sie denn um Himmels Willen besprechen? Jan sieht aus, als wäre er in den vergangenen Nächten fünf Jahre jünger geworden, und Maria hat sich im Übrigen auch in Windeseile auf den Mehrplatz im Bett eingestellt. Manchmal wacht sie jedenfalls zwischendurch auf und liegt quer im Bett – und Sophia, die offenbar immer auf wundersame Weise wie ein kleines Würmchen hinter ihr herkrabbelt, natürlich auch.

Aber dass es so gar kein Thema ist, dass sie als Paar nicht mehr im selben Bett schlafen, das macht es fast schlimmer, als es in Wirklichkeit ist, findet Maria. Einfach, weil man nur über die Dinge nicht redet, die entweder zu wichtig oder zu unwichtig sind.

Und unwichtig ist es Jan ganz bestimmt nicht. Jan kommt schließlich aus Münster, also aus der Käseglocke. Katholisch, klar, aber für Marias Geschmack auch ein bisschen viel Gewese um Wochenmarktfolklore, klassische Konzerte und den Kirchgang. Dass seine Eltern auch nur eine Nacht ihres Ehelebens in getrennten Betten geschlafen haben, hält sie jedenfalls für unwahrscheinlicher, als dass sie selbst mal zum Mond fliegen würde.

Wenn sie zu Besuch nach Hamburg kämen, dann sollten sie jedenfalls keinen Hinweis darauf herumliegen lassen, dass hier ein Leerstand von Babybetten zu beklagen ist. Dieser imaginäre Besuch ist für Maria im Grunde die einzige Existenzgrundlage dieses Möbelstückes geworden.

Denn wenn die Großeltern, aber letztendlich auch einige ihrer Freunde, kein Möbelstück ausmachen könnten, das ganz klar als Schlafstätte für einen kleinen Menschen zu identifizieren wäre, würden sie Fragen stellen. Und das konnte niemand wollen. Bei ihrem Besuch würde Maria jetzt jedenfalls immer ein paar kleine Kuschelkissen in das Bettchen legen und ein bisschen an dem Mobile wackeln, das sie aus Origami-Kranichen selbst gebastelt hat. So staubt es zumindest nicht völlig ein.

Ob man wohl auch für dieses aktuelle Schlafmodell einen Namen finden könnte? Also dafür, so zu tun, als würde man gemeinsam in einem Bett schlafen mit einem Kind daneben, obwohl in Wahrheit jede Nacht einer flüchtet. Könnte es gar irgendeine wissenschaftliche Theorie geben, die man heranziehen könnte, die erklärt, wie und wo das Baby denn nun schläft?

Vielleicht Show-Sleeping statt Co-Sleeping? Oder Couchsurfing? Das war es nämlich tatsächlich geworden.

Man müsste doch irgendwas dazu sagen können. Aber man könnte auch einfach das sagen, was alle anderen auch immer sagen. „Ach, unser Baby schläft zwar erst in seinem Bettchen ein, kommt dann aber später zu uns rüber und bleibt dann den Rest der Nacht da.“ Weitere Rückfragen schließt man mit dieser Antwort aus. Und die anderen konkretisieren schließlich auch nie, was genau mit „später“ und „Rest der Nacht“ gemeint ist. Und Maria weiß manchmal nicht, ob sie es vielleicht auch gar nicht wissen will. Es wäre wahrscheinlich ohnehin nicht die Wahrheit, was daran liegt, dass selbst Eltern, deren Kinder durchschlafen, dies hoffentlich nie vor anderen Eltern sagen würden, deren Kinder nicht durchschlafen. Einfach, weil es die Höflichkeit gebietet, und auch, weil es sehr unschöne Gefühle beim anderen auslösen kann. Mindestens Missgunst und Neid, vielleicht auch Schlimmeres.

Mit den Gästen, die heute kommen, würde es nicht ganz leicht werden, das Thema zu umschiffen. Es sind Richard und Beate, das Pärchen, das ihnen vor rund einem Jahr das Beistellbett verkauft hat.

Es ist ein verregneter Aprilnachmittag. Sie sitzen bei Kaffee und Kuchen im Wohnzimmer auf dem Sofa und unterhalten sich über dieses und jenes, was bei jungen Eltern so viel heißt, wie: zu 80 Prozent über die Kinder, zu zehn Prozent über die Ausscheidungen der Kinder und zu weiteren zehn Prozent über andere Dinge, die aber auch immer irgendwas mit den Kindern zu tun haben.

Und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie bei dem Schlafthema landen. Das ist bei jungen Eltern fast zwanghaft, glaubt Maria. Einfach, damit sie ihr eigenes Schlafpensum mal im Vergleich sehen und sich damit vielleicht ein paar Nächte ein bisschen besser fühlen, sofern sie auf der Gewinnerseite stehen. Das ist wie beim Offenlegen der Gehälter. Im besten Fall ist man endlich mal glücklich mit dem, was man hat, im schlechtesten erkennt man, dass man auf der Leiter der Erfolgreichen ganz unten ist, und dann, dass man dringend nachverhandeln muss. Auf der anderen Seite: Mit wem sollte man als Eltern nachverhandeln? Und was würde das Nachverhandeln bringen? Der Schlaf der vergangenen Wochen kann ja schlecht irgendwie steuerwirksam in die Jahresbilanz eingehen oder als Freizeitausgleich ausgezahlt werden oder so. Besser ist also, man fragt nur, wenn man mit der Antwort auch einfach leben kann.

Ihre Freunde Richard und Beate fangen jetzt jedenfalls an, von ihrem Kinderbett zu erzählen. Und dass sie das nun leider auch verkaufen müssten. „Das ist wirklich ein super Bett. Sehr bequem. Unsere Emmi hat da so gern drin geschlafen“, sagt Beate dann. Und Richard betont, dass auch die Matratze wie neu sei, die hätten sie immer pfleglich behandelt. Ob sich Maria und Jan vielleicht jetzt schon das Folgebett sichern wollten, bevor es jemand anderes tut?

Maria fragt höflich nach Modell, Hersteller und Maßen. Und Jan fragt, wo denn dann das Kind fortan schlafen würde und warum sie das Kinderbett verkaufen, wenn Emmi da so wahnsinnig gern drin geschlafen hätte. „Wir haben jetzt so ein ganz tolles neues Bett gekauft, das hat die Form einer Wolke und da blinkt nachts ein Sternenhimmel und so. Wir haben das von Freunden gekauft, die sagten, ihr Sohn hätte das geliebt.“

Jan hört zu und nickt, als hätte er gerade die Relativitätstheorie verstanden. Ob sie das Bett denn nun haben wollten, fragt Richard. Ach, das sei ja noch so weit weg, sagt Maria schnell. Und Sophia sei ja noch so klein. Aber bei Gelegenheit würde man sicher drauf zurückkommen.

Maria ist sich inzwischen sicher, dass auch Richard und Beate einfach ein Alibibett nach dem nächsten kauften. Vielleicht hatten sie auch für die Großeltern damit angefangen, später dann wohl weitergemacht, weil ein Kinderzimmer ohne Bett irgendwie kein Kinderzimmer ist. Und dann fragt sie sich, ab welchem Alter eigentlich Betten für Kinder produziert werden, in denen irgendwann auch mal welche schlafen. Ob man das vielleicht errechnen könnte? Dann würden sie sich nämlich die Kosten für die ganzen Betten dazwischen sparen und wahrscheinlich erst eins kaufen, wenn Sophia mit ihrem ersten Freund um die Ecke kommt und unter Kingsize gar nichts mehr geht.

Bis zum Alter von zwei bis, na ja, schätzungsweise drei Jahren, ist es ja ganz offensichtlich so, dass eine ganze Menge Regenwald abgeholzt wird, nur damit zumindest in Deutschland alle Alibibetten in den Kinderzimmern stehen haben und die Großeltern oder der Besuch denken, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Also so wie früher, wo ja angeblich auch immer alle Kinder im Kinderwagen geschlafen haben, während die Eltern in Ruhe ein Drei-Gänge-Menü beim Italiener genossen haben. Dieses Gedächtnis ist schon ein verrückter Apparat. Wahrscheinlich würden Jan und Maria sich in 30 Jahren auch nur noch an dieses eine Mal erinnern, als Sophia im Beistellbett geschlafen hat, zumal sie das ja auch fotografiert haben. Und dann würden sie immer erzählen, ihre Tochter hätte so wahnsinnig gerne in diesem Bett geschlafen. Genauso wie von den 30 Versuchen, in Ruhe was beim Italiener zu essen, und den 20, bei denen man gar nicht erst losgegangen ist, nur das eine Mal in Erinnerung bleibt, als das Kind eh 38,8 Grad Fieber hatte und das ganze Essen im Fieberschlaf verpennt hat.

Und so geht das von Generation zu Generation weiter, obwohl alle wissen, dass es anders ist. Jedenfalls wäre die Scheidungsrate ganz sicher deutlich höher, wenn es keine Ausziehsofas und Matratzen gäbe, auf die Väter in den ersten Monaten ausweichen könnten, damit nachts wenigstens einer von beiden schläft, und er dann morgens um sechs noch zwei Stunden übernehmen kann. So kann Mama noch zwei Stunden echten Schlaf an die Halbschlafnacht klatschen und damit eventuell auf das durchschnittliche Maß an Schlafstunden kommen, das für Mütter im ersten Babyjahr Standard geworden ist und bei etwa drei bis vier Stunden liegt.

Nachdem ihre Bettenverkäufer-Gäste wieder nach Hause gegangen sind und Maria später am Abend mit Sophia in ihrem XXL-Bett liegt, muss sie mal wieder auf dieses Beistellbett starren, während sie hört, dass Jan nebenan noch fernsieht. Sie hatten wenig geredet an diesem Tag. Das war nicht weiter schlimm, aber es war eine unangenehme Form des Schweigens gewesen, eine mit lauter Worten, die über ihnen in der Luft waberten, ohne dass jemand nach ihnen gegriffen hätte. Nach und nach hatte das die Luft über den Abend so dick gemacht, dass Maria das Bedürfnis verspürt hatte, ein Fenster zu öffnen.

Früher hätte sie in so einem Fall ein Gewicht aus ihrer Tasche gezaubert. Ihr wäre schon irgendwas eingefallen, damit die Luft wieder klar würde. Doch heute fühlt es sich an, als wären ihre Taschen inklusive aller Geheimfächer leer.

Aber dann denkt Maria, dass es manchmal ja gar nicht unbedingt mehr Gewicht sein müsse, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Manchmal würde es vielleicht auch reichen, etwas Gewicht wegzunehmen. Und da würde ihr spontan gerade nur ein Gewicht einfallen beziehungsweise ein Gegenstand.

Sollte sie das Beistellbett vielleicht einfach verkaufen? Wenn es erst mal weg wäre, wäre es weg, und darüber würden sie wahrscheinlich auch nicht reden. Und dann wäre es irgendwann einfach gut und man müsste nicht jeden Tag weiter mitansehen, dass es anders gekommen ist, als man es geplant hatte.

Aber einfach verkaufen, ohne mit Jan zu sprechen? Maria entschließt sich, erst mal nach dem Preis zu schauen, den andere dafür nehmen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was so ein Ding wohl wert sein könnte.

Beistellbetten, so viel ist nach zehn Minuten klar, sind allein im Umkreis von 1000 Metern 20-mal gebraucht zu kaufen. Allesamt „neuwertig“ versteht sich. Matratze? Kaum genutzt. Trotzdem war das Bett immer „heiß geliebt“. Und dann fällt ihr dieses eine Bild von dem Beistellbett auf, das genau aussieht wie ihres. Und der Schrank, vor dem es fotografiert wurde, sieht auch so aus wie ihrer. Das ist ihr Bett!

Sie klickt drauf. Tatsache: Jan hat ihr Beistellbett eingestellt, aus vier Fotos eine Bildergalerie gebastelt. 90 Euro Verhandlungsbasis hat er angegeben und als Produktbeschreibung: „Wir verkaufen unser heiß geliebtes Beistellbett. Unsere Tochter hat sehr gern darin geschlafen. Da wir pfleglich damit umgegangen sind, ist es noch immer in einem neuwertigen Zustand.“

Maria überlegt einen Moment, dann klickt sie auf „Nachricht an den Verkäufer“: „Guten Tag! Das Bett sieht wirklich toll aus. Aber sind Sie sicher, dass Sie das auch mit ihrer Frau besprochen haben?“

Vom Nachbarzimmer her hört sie Jans Handy brummen, dann die Decke rascheln. Nach wenigen Minuten antwortet Jan: „Liebe Interessentin! Danke für Ihr Interesse und die Frage. Ehrlich gesagt habe ich das nicht besprochen. Aber ich glaube, meine Frau und ich verstehen uns meistens auch ohne Worte. Oder meinen Sie, ich sollte sie doch sicherheitshalber noch mal fragen?“

„Nein“, schreibt Maria. „Wenn Sie das sagen, haben Sie sicher recht.“ Und dann fühlt es sich an, als hätten sie endlich das Gespräch geführt, das heute Abend besonders, aber eigentlich seit so vielen Wochen die Luft in ihrer Wohnung so dick und schwer gemacht hat.

Zwei Tage später verkaufen Maria und Jan das Bett an eine junge Frau, die im sechsten Monat schwanger ist. Eine Musiktherapeutin, wie sie bei der Begutachtung des Bettes von sich erzählt. Und zwar eine mit einer klaren Haltung. Ihr Kind würde jedenfalls garantiert nicht bei ihr und ihrem Partner mit im Bett schlafen. Das hätten sie sich fest vorgenommen. Und ihre Hebamme hätte gesagt, wenn man ganz klar ist in seiner Haltung, egal wobei, würden die Kinder das auch annehmen.

Maria beglückwünscht sie zu diesem Entschluss. „Eine sehr gute Entscheidung.“ Ob sie nicht auch noch die Matratze mit dazunehmen wolle?

„Auf keinen Fall“, sagt diese dann. Sie halte das für eine „große Lüge“, dass immer alle schreiben würden, dass die Bettchen praktisch ungenutzt seien. Nichts für ungut, aber das würde man doch nur sagen, damit man die Matratze auch noch verkaufen könne.

Maria zuckt mit den Schultern und verabschiedet die junge Frau an der Tür. Im Grunde hat ja einfach jeder das Recht auf seine eigene Lüge.

In der folgenden Nacht, die erste ohne Babybett, schläft Maria unruhig. Es fühlt sich an, als ob etwas fehlen würde. Die Begrenzung, die Ablagefläche. Wenn Sophia aufwacht, irren ihre Hände jedenfalls ständig in der Luft herum und finden Windeln und Tücher nicht mehr da, wo sie die vergangenen Monate lagen: auf dem Beistellbett. Sehr spät in der Nacht, als auch die anderen Frauen in den Mütterforen schon lange schlafen, steht sie auf, geht leise zu Jan rüber und kuschelt sich an ihn. Das ist doch auch mal eine Variante, denkt sie und entscheidet sich nach kurzem Darübernachdenken dazu, die Kamera für den Rest der Nacht auszulassen. Das hier geht nun wirklich keinen mehr was an.

Windeln, Wahnsinn, Wochenbett

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