Читать книгу Verliebt bis in die Haarspitzen - Jurenka Jurk - Страница 7

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„Du willst schon aufbrechen?“, fragte Fabian in die peinliche Stille.

Helen nickte. „Trotzdem danke für den Drink.“ Sie sah in Fabians braune Augen und spürte, wie ihre Beine zu zittern begannen. Ohne nachzudenken, griff sie nach dem Glas, das Fabian ihr entgegenstreckte. Sie brauchte etwas zum Festhalten. Er wusste also, dass sie gehen wollte. Was hatte er noch von ihrem Gespräch mitbekommen?

„Helen, bitte bleib!“, flüsterte Yvonne beschwörend. „Du solltest jetzt nicht ...“, sie sah kurz zu Fabian hinüber und wisperte noch leiser, „alleine sein.“

„Doch, das ist schon in Ordnung“, erklärte Helen lautstark und schob sie beiseite.

„Dann komme ich eben mit dir!“, beschloss Yvonne, sichtlich bekümmert.

„Und ich werde mich auch auf den Weg machen“, sagte Fabian betreten.

Helen schaute entgeistert von Yvonne zu Fabian. Sie wollte sich allein mit einer gigantischen Tafel Schweizer Schokolade in ihr Bett verkriechen. Hektisch überlegte sie, wie sie die beiden loswerden konnte. „Nur ich gehe!“, widersprach sie energisch. „Ich will euch nicht den Abend verderben, bloß weil ich mit meinem verstauchten Knöchel nicht tanzen kann!“

„Du hast dich also doch bei dem Sturz verletzt!“ Fabian hielt Helen am Handgelenk fest. Bei der Berührung fühlte sie ihre letzte Kraft schwinden. Sie musste schnell raus hier. Sonst würden ihr noch in aller Öffentlichkeit die Tränen zu laufen beginnen. Sie versuchte, sich aus Fabians Griff zu winden.

Leider hielt sie in dieser Hand auch ihren Drink, der bei ihrem Befreiungsversuch zur Hälfte über Fabians Arm schwappte. Erschrocken sah sie zu ihm auf. Der schien die Flüssigkeit auf seinem Arm nicht einmal zu bemerken, sondern redete weiter auf Helen ein.

„Du darfst jetzt nicht gehen, erst recht nicht in den Schuhen!“ Entschlossen nahm Fabian Helen den Drink ab und drehte sich suchend um. „Du musst den Knöchel hochlegen und kühlen! Da drüben in der Sitzecke sind einige Sessel frei, da werde ich mir deinen Fuß anschauen.“ Fabian steuerte einen Bistrotisch an, auf dem er seinen und Helens Glas abstellte.

Endlich fand die völlig perplexe Helen ihre Sprache wieder. „Nein, es geht schon! Ich werde mir eben ein Taxi nehmen und meinetwegen barfuß laufen.“ Sie drückte zum Abschied kurz Yvonnes Hand und setzte zur Flucht an.

Mit zwei langen Schritten hatte Fabian sie eingeholt. „Keine Widerrede! Möglicherweise musst du ins Krankenhaus.“

Noch ehe Helen wusste, was geschah, fühlte sie Fabians Arme um sich. Zum zweiten Mal an diesem Abend verlor sie den Boden unter ihren Füßen. Diesmal jedoch, weil Fabian sie hochhob und zur Sitzecke trug.

„He, was soll das? Lass mich runter!“ Helen stemmte sich gegen den plötzlichen Übergriff. Dann fiel ihr der kaputte Rock ein und panisch suchten ihre Finger nach einem Zipfel, um sich nicht schon wieder vor aller Augen zu entblößen.

Kaum hatte Fabian sie abgesetzt, versuchte Helen aufzustehen. „Was fällt dir eigentlich ein! Lass mich sofort gehen!“ Ihre aufgestauten Tränen verwandelten sich in rasende Wut. Eine Szene in einer Disco war noch immer besser als eine Heulerei, entschied Helen. „Du bist abscheulich, ein richtiges Ekelpaket! Du ...“ Fabian drückte sie einfach zurück in den Sessel und schaffte es sogar, ihre Beine auf den gegenüberliegenden Sitz zu bugsieren. „Du ... Monster!“, fauchte Helen weiter. Vergebens versuchte sie, ihr Bein anzuziehen, als Fabian vorsichtig ihren Knöchel befühlte. „Sag ihm, dass er mich gehen lassen soll!“, befahl Helen Yvonne, die mittlerweile auch die Sitzgruppe erreicht hatte.

„Sieht glücklicherweise nicht schlimm aus. Ich werde jetzt Eis holen. Und deine Schuhe nehme ich als Pfand mit.“ Geschickt befreite er ihre Füße von den Riemchensandalen. „Damit du nicht versuchst wegzulaufen.“

„Gib sie mir zurück! Das ist nicht fair“, wetterte Helen hinter ihm her. „Warum hilfst du mir nicht?“, blaffte sie nun Yvonne an.

„Was soll ich denn machen? Mich auf ihn stürzen und ihm die Schuhe entreißen?“, spottete Yvonne, sichtlich amüsiert von der Szene.

„Genau! Das wäre das Mindeste!“

Yvonne verdrehte die Augen. „Ich glaube, ich hol mal lieber unsere Drinks hierher.“ Sie wandte sich um und ging zum Bistrotisch nahe der Treppe.

„Bitte bleib!“ Helen wollte nicht allein sein. Erst recht nicht, wenn Fabian gleich zurückkommen würde. Der Kloß in ihrem Hals drohte, wieder größer zu werden.

„Hier kommt das Eis. Und die bekommst du auch zurück.“ Die Sandaletten baumelten an Fabians Finger. Er ließ sie in Helens Schoß fallen und hielt ihr ein Glas hin. „Der Barkeeper wollte sie nicht in Zahlung nehmen gegen ein paar neue Drinks. Herztonikum hatten sie leider nicht, daher bringe ich uns auf den Schrecken neue Gin Tonics mit.“

„Ich werde jetzt gehen!“, erklärte Helen eisig und machte sich daran, die erste Sandalette anzuziehen.

„Hätte ich mir ja denken können“, murmelte Fabian resigniert und stellte die Getränke und den Eisbeutel auf einem Tischchen ab. Er griff nach Helens gesundem Fuß und zog ihn zu sich heran, um den Schuh erneut zu lösen. Mit einem spitzen Schrei rutschte Helen tief in den Sessel. „Dann muss ich die wohl noch ein wenig länger bei mir behalten. Keine Sorge, das tue ich gerne für dich“, frotzelte Fabian und suchte nach dem zweiten Schuh, der auf dem Boden gelandet war.

„Wow, Helen. Ich wusste gar nicht, dass du Yoga kannst“, kommentierte die zurückgekehrte Yvonne Helens ungewollte Akrobatik.

„Ich hasse Yoga! Und ich hasse euch!“, machte Helen ihrem Ärger Luft.

„Ich glaube, du solltest dringend etwas zur Entspannung trinken.“ Yvonne wartete, bis Helen sich aufgerappelt hatte, und drückte ihr ein Glas in die Hand. Das andere reichte sie Fabian.

„Danke.“ Fabian trank einen Schluck und stellte das Getränk zu den anderen auf den Tisch. „Einen Verdurstungstod müssen wir wohl nicht befürchten.“ Er deutete auf die Unzahl von Gläsern vor sich. „Ich mache dir einen Vorschlag, Helen. Wir trinken hier unsere zwei Drinks und in der Zeit kühle ich deinen Knöchel. Dann kannst du gehen, wenn du möchtest.“ Erwartungsvoll schaute er sie an.

Helen biss die Zähne zusammen und warf ihm einen bitterbösen Blick zu.

„Komm schon. Wäre doch schade um die Drinks“, versuchte Yvonne, ihre Freundin zu überreden. „Wenn du willst, bringe ich dich danach auch nach Hause.“ Nun bekam sie Helens zornigen Blick ab. „Oder du gehst eben alleine“, fügte sie hinzu und stieß mit ihr an, obwohl Helen noch immer kein Wort sagte. Yvonne zuckte mit den Schultern und prostete Fabian zu. „Ich bin übrigens Yvonne.“

„Yvonne Petterfy, nehme ich an. Ich bin Fabian.“ Er nickte nur kurz und begann dann Helens Knöchel zu kühlen; um ihn tiefzukühlen, so kam es Helen zumindest vor.

Sie versuchte, ihr Bein erneut wegzuziehen, aber Fabian hatte es fest im Griff. Helen schnaubte vor Wut. Sogar Yvonne schien auf seiner Seite zu stehen. Und dass Fabian Yvonne kaum eines Blickes gewürdigt hatte, wie es sonst alle Männer ausgiebig taten, war definitiv der Beweis dafür, dass er schwul war.

Helen starrte in ihr Glas. Wenigstens die Drinks sollte sie verwerten, wenn der Abend schon ein Desaster war. Sie nippte an ihrem Getränk.

„Gott sei Dank!“, stieß Yvonne erleichtert hervor und ließ sich in einen Sessel neben Helen fallen.

„Ich bleibe nur, bis ich ausgetrunken habe!“, stellte sie klar und nahm diesmal einen großen Schluck.

„Mach mal langsam.“ Yvonne schaute sie besorgt an. „Hast du überhaupt etwas gegessen? Ansonsten wird dich der Alkohol umhauen, wenn du so schnell trinkst.“

Helens Magen zog sich wegen des kalten Getränks zusammen. Das Abendessen hatte sie völlig vergessen bei der heutigen Aufregung. „Ich hatte keine Zeit zum Essen. Aber das macht nichts.“ Demonstrativ trank sie noch mehr.

„Du hattest keine Zeit?“ Fabian sah Helen fassungslos an. „Was hast du bis um elf gemacht?“

Helen würdigte ihn keines Blickes, sondern sprach zu einem kleinen Fussel auf ihrem Rock: „Ach weißt du, ich habe mich dummerweise auf dem Weg nach Hause verlaufen und kam erst zehn vor elf dort an.“

Fabian biss sich auf die Zunge. Das hatte er wohl verdient. Er hätte sich denken können, was Frauen den ganzen Abend tun, wenn sie sich auf eine Party vorbereiten. Es war ja nicht zu übersehen, wie umwerfend Helen an diesem Abend aussah. „Ich werde mal schauen, ob ich etwas zu Essen auftreiben kann.“

Das war eine gute Gelegenheit, diesem fantastischen Bein zu entkommen, das leider die Verlängerung des zu kühlenden Knöchels war. Auch wenn Helen die Zipfel des zerrissenen Rocks zwischen Bein und Sessel eingeklemmt hatte, entblößte der Riss noch immer zu viel von der zarten Haut ihrer Schenkel. Erleichtert stand Fabian auf und zwang sich, nicht zurückzuschauen.

Als er außer Hörweite war, wandte sich Helen Yvonne zu: „Er konnte es kaum erwarten wegzukommen. Und ich blöde Kuh habe mich den ganzen Abend für ihn aufgebrezelt.“

„Oh nein, Süße! Du solltest dich nie für einen Mann schick machen, sondern nur für dich selbst. Und glaube mir, es gibt hier viele Männer, denen du auch schon aufgefallen bist“, versuchte Yvonne Helen aufzumuntern.

„Das entscheidende Wortteil ist ‚fallen‘! Jede Frau, die eine Treppe hinabstürzt, wird beachtet. Frauen wie mir hilft man auf. Aber dann lässt man sie lieber stehen, bevor sie einen mit sich in den Abgrund reißen. Kein Wunder, dass Fabian gegangen ist.“ Sie trank ihr Glas auf einen Zug aus und griff nach dem nächsten.

„Er kommt doch gleich wieder, weil er für dich nämlich gerade“, Yvonne malte Gänsefüßchen in die Luft, „jagen geht!“ Sie nahm Helen das Getränk ab und stellte es energisch zurück auf den Tisch. „Er gibt sich echt Mühe. Und er kann nicht wissen, dass du sauer auf ihn bist. Sei also ein bisschen netter zu ihm, auch wenn er schwul ist. Vielleicht könnt ihr ja Freunde werden.“

„Darf ich das abräumen?“ Der Barkeeper war neben ihnen aufgetaucht und deutete auf Helens leeres Glas.

„Sicher.“ Sie spürte, wie der Alkohol ihre Zunge bereits schwer werden ließ.

Der junge Mann beugte sich über Helens Beine, um nach dem Glas zu greifen, aber hielt plötzlich inne. „Was haben wir denn da?“, murmelte er. Sein Blick wanderte von Helens Füßen weiter hinauf und er pfiff anerkennend durch die Zähne. Helen zupfte verlegen an ihrem kurzen Rock, während der Kerl sein Kinnbärtchen zu zwirbeln begann. „Diese Beine sind viel zu sexy, um hier im Dunkeln versteckt zu werden. Komm doch mal an meiner Bar vorbei. Dort bekommst du alles, was du willst.“ Er schaute sie vielsagend an. „Ich bin übrigens Pete.“

Helen lächelte müde den blonden Schönling an.

„Siehst du!“, wisperte Yvonne triumphierend.

Helen traute ihren Ohren nicht. Yvonne konnte nicht ernsthaft diesen selbstverliebten Schnösel als möglichen Lover in Betracht ziehen!

„Ab zwei bin ich frei für dich! Dann können wir uns amüsieren. Was meinst du, Sweety?“ Pete schüttelte seinen Pony aus der Stirn. Dabei blieb sein Blick auf Helens Dekolleté hängen.

„Danke Pete. Vielleicht ein andermal“, entgegnete Helen tonlos.

„Wann immer du willst!“ Er ließ seine Augenbrauen hüpfen, drehte sich um und ging.

„Was war denn das?“ Helen schüttelte sich vor Abscheu. „Und du wagst es, mir zu so einem Kerl zu raten?“

„Na ja, es muss ja nicht der sein. Aber gib zu, er hat einen tollen Hintern!“, versuchte Yvonne, sich herauszureden.

„Dann hattest du den schöneren Anblick. Ich konnte ihn leider nur von vorne betrachten“, höhnte Helen.

Yvonne prustete los und auch Helen musste grinsen. „Okay, wir suchen dir lieber einen, der von vorne und von hinten gut aussieht“, feixte Yvonne weiter.

Helens Elend kehrte unvermittelt zurück. „Keine Chance, Yvonne! Für mich gibt es keine Männer! Der Einzige, der von allen Seiten betrachtet attraktiv ist, ist nicht zu haben. Ehrlich, das Erlebnis mit Fabian hat mir den Rest gegeben. Das ist so ungerecht! Er ist so süß!“, jammerte sie.

„Hier sind noch mehr tolle Kerle“, versuchte Yvonne, sie zu trösten, bekam aber einen drohenden Blick von ihr zugeworfen. „Schon verstanden“, sagte sie rasch. „Übrigens, schau mal, bei wem dein Lieblingsmann gerade steht.“ Sie deutete in Richtung Bar.

Helen entdeckte ihn sofort. Er hatte Pete am Arm gefasst und schien eindringlich auf ihn einzureden.

„Ist ja gut, Mann!“ Pete versuchte, sich aus Fabians Griff zu winden, aber der packte ihn noch fester. „Aua! Was willst du überhaupt von der Kleinen. Ich dachte, du bist schwul?“

„Und wenn schon! Lass das meine Sorge sein, klar?“ Er wusste, dass er überreagierte. Bisher hatten ihn Männer, die Frauen wie Briefmarken sammelten, wenig gestört. Bei Helen war das etwas anderes. Er hatte ihr bereits genug wehgetan. Leider konnte er ihr nicht alles erklären, aber wenigstens wollte er versuchen, sie vor Vollidioten wie Pete zu beschützen. Am Nachmittag hatte sie ihm von einigen Männergeschichten erzählt, die schuld daran waren, dass sie so lange nicht mehr ausgegangen war. Sie hatte versucht, cool zu klingen, aber er hatte deutlich gespürt, wie sehr sie verletzt worden war.

Fabian drückte noch ein letztes Mal kraftvoll zu und ließ dann Petes Arm los.

Helen zuckte zusammen als Yvonne plötzlich loskreischte und von ihrem Sessel aufsprang. „Mensch Sabrina, was machst du denn hier?“ Auf sie kam eine rothaarige Frau zugestürmt und Yvonne fiel ihr in die Arme.

„Ich habe hier ein Gastspiel und will jetzt so richtig auf den Putz hauen! Und du? Du siehst fantastisch aus, wie immer! Was machst du gerade?“, sprudelte nun Sabrina los.

„Ich wohne schon ein paar Jahre in Zürich. Hab einen festen Vertrag. Es läuft spitze!“ Yvonne befreite sich aus der Umarmung und deutete auf Helen. „Übrigens, das ist meine Mitbewohnerin und Freundin Helen. Helen, das ist Sabrina, eine Kollegin, die ich noch von der Musicalschule kenne. Wir haben damals zusammen ‚Hair‘ aufgeführt.“

In diesem Moment erschien Fabian wieder auf der Bildfläche. „Ich habe leider nichts anderes als Salzstangen ergattert.“ Er reichte sie Helen.

„Und das ist Fabian“, stellte Yvonne ihn vor.

Es war deutlich zu sehen, dass Fabian Sabrina nicht kalt ließ. „Hallöchen. Lasst uns doch gemeinsam die Tanzfläche stürmen“, schlug Sabrina vor und klimperte den sexy Mann mit ihren langen Wimpern an.

„Ich nicht, mein Knöchel. Aber lasst euch nicht aufhalten.“ Helen warf Yvonne einen aufmunternden Blick zu. Ihre Freundin hatte lange genug ihr Händchen gehalten und ihre Launen ertragen. Da war es nur fair, wenn sie heute Abend noch ein bisschen Spaß hatte.

„Schade! Man sieht sich“, entgegnete Sabrina, hakte sich bei Fabian unter und marschierte los. Helen spürte, wie sie sich bei dem Anblick verspannte.

Geschickt zog Fabian seinen Arm aus der Umklammerung. „Ich bleibe hier bei Helen.“ Sabrina blieb enttäuscht stehen.

„Bis später.“ Yvonne schnappte sich Sabrinas Hand und zog sie einfach mit sich.

„Hey, willst du nicht auch tanzen gehen?“, forderte Helen Fabian auf, obwohl ihr der Gedanke an Fabian, der mit Sabrina tanzte, überhaupt nicht gefiel.

„Und wer passt dann auf, dass du dir auf der Flucht nicht eines deiner langen Beine brichst?“ Er griff nach dem beinahe flüssigen Eisbeutel und drückte ihn zurück auf Helens Knöchel.

Die plötzliche Kälte ließ ihr eine Gänsehaut über die Arme kriechen. Sie erinnerte sich an das wohlige Erschauern am heutigen Nachmittag im Friseursalon und den Grund dafür, die prickelnde Kopfmassage. Ohne es zu wollen, entschlüpfte ihr ein Seufzer.

„Tut es noch sehr weh?“ Er musterte sie aufmerksam.

„Was?“ Verwirrt starrte sie in sein Gesicht. Natürlich tat es weh, wenn so ein wundervoller Kerl um einen herumschwirrte und trotzdem unerreichbar blieb. Konnte er das meinen? Schlagartig wurde ihr klar, wovon er sprach: „Oh, du meinst den Fuß. Nein, überhaupt nicht“, beruhigte sie ihn. Dann fiel ihr auf, dass sie sich verplappert hatte. Helen fühlte sich kraftlos. „Oh man, ich kann einfach nicht schwindeln. Irgendwann rutscht mir immer die Wahrheit heraus“, gestand sie. „Damit bin ich heute schon zum dritten Mal aufgeflogen, zuerst mit dem Namen, dann dem Beruf und jetzt mit dem Fuß. Eigentlich hat der Knöchel nie wehgetan. Ich wollte nur nach Hause.“ Sie schaute Fabian in seine braunen Augen. In dem schummrigen Licht erschienen sie noch dunkler, dafür glomm darin ein goldener Schimmer. „Entschuldige“, sagte sie leise.

Es rührte ihn, dass sie so ehrlich war. Ganz im Gegensatz zu ihm. „Ja, tut mir auch leid!“, antwortete Fabian geistesabwesend. Er bedauerte es, dass er Helen nicht die Wahrheit sagen konnte und sie damit verletzte.

Wenn er ihr nicht schon nahe sein durfte, wollte er sie wenigstens ansehen. Sein Blick wanderte über ihr zartes Gesicht. Ein winziger Leberfleck gleich neben ihrem rechten Nasenflügel zog ihn in seinen Bann. Seine Finger prickelten. Sie sehnten sich danach, den kleinen Tupfen zu berühren. Als er mit den Augen dem weichen Schwung ihrer Oberlippe folgte, musste er trocken schlucken. Nur anschauen, ermahnte er sich.

In diesem Moment kam Pete vorbei, rempelte ihn an und räumte die leeren Gläser ab. Während der ganzen Zeit ignorierte er Helen vollkommen und verschwand ebenso wortlos, wie er aufgetaucht war. Das holte Fabian in die Realität zurück.

Helen schien erleichtert über die Unterbrechung und schaute dem Barkeeper hinterher. „Was hast du eigentlich mit dem armen Pete gemacht? Der wirkt total verstört.“

Fabian grinste frech. „Ich habe ihm gesagt, dass er sich andere Gewässer zum Fischen suchen soll.“

„He, was mischst du dich in meine Männergeschichten ein?“ Helen richtete sich mit gespielter Angriffslust in ihrem Sessel auf.

„Der ist nichts für dich!“, informierte Fabian sie mit ernster Miene. „Ich kenne ihn. Pete bloggt seine Sexgeschichten im Internet.“ Er atmete tief ein. „Und als guter Freund will ich nicht, dass dir jemand wehtut!“ Fabian spürte einen Stich. Er hatte es ausgesprochen. Auch Helen hatte bei den Worten guter Freund erschrocken geblinzelt. Aber das war richtig so, redete sich Fabian gut zu. Es war momentan die einzige Möglichkeit, in ihrer Nähe sein zu können.

„Warum sitzen wir hier eigentlich noch, wenn du laufen kannst? Komm, lass uns tanzen!“ Er streifte Helen die Riemchensandalen über und zog sie mit einem eleganten Schwung aus dem Sessel. Gerade als sie die Tanzfläche erreicht hatten, legte der DJ eine romantische Ballade auf.

Fabian fühlte sein Herz davongaloppieren. Hoffentlich würde er diesen Abend lebend überstehen.

Verliebt bis in die Haarspitzen

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