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Zu Sprache, Stil, Handschriften und zur Rezeptionsgeschichte
ОглавлениеSprache und Stil44 der Epitome tragen Züge, die von Sallust und Tacitus, vor allem im Hinblick auf die angestrebte brevitas, entlehnt sind. Teilweise werden fünf, sechs gedanklich getrennte Sachverhalte durch Partizipialkonstruktionen, Konjunktionen und Subjunktionen zusammengestellt. Häufig weicht gerade in indirekten Reden die Verwendung des Modus von der Erwartung des Lesers ab, was sicher bewusste Eigenwilligkeiten des Autors darstellt45.
Die Handschriften, welche die Epitome enthalten, lassen sich in vier Klassen einteilen; sie sind zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert entstanden. Während des Mittelalters ist der Text häufig gelesen worden, sodass mehr als 230 Codices erhalten sind.
Nachweisen lässt sich die Verwendung des Iustinus bei Orosius im 5., Cassiodorus im 6. und Isidorus von Sevilla am Anfang des 7. Jahrhunderts. Im Rahmen der Karolingischen Renaissance wurde die Epitome häufig benutzt, weil man in ihr gerade die außerrömische Geschichte in großer Kürze zusammengefasst fand. Für die Humanisten stellte sie „das eigentliche Compendium für die nichtrömische alte Geschichte“46 dar. Erstmals gedruckt wurde das Werk um 1470 in Venedig und Rom47; weil die Epitome auch als eine Quelle für die Geschichte Alexanders des Großen herangezogen wurde, finden sich Teile von ihr in Schulausgaben bis zum 19. Jahrhundert. Insgesamt aber war sie eher ein Handbuch, auf das Gelehrte zurückgriffen.
Für die häufige Verwendung des Werkes ausschlaggebend war neben der Sammlung von Exempla die Grundidee der translatio imperii. Gerade im Mittelalter erhielt dieser Gedanke der antiken Historiographie infolge des Machtkampfes zwischen der weltlichen und der geistlichen Gewalt besondere Aktualität, als die Päpste eine kuriale Translationslehre entwickelten, derzufolge durch den Willen des Nachfolgers Petri das weltliche imperium übertragen wurde48.
1 S. dazu Augustinus, civ. dei 4,6: Iustinus, qui Graecam vel potius peregrinam Trogum Pompeium secutus non Latine tantum sicut ille, verum etiam breviter scripsit historiam, und Orosius 1,8,1: Pompeius historicus eiusque breviator Iustinus.
2 Seel, Weltgeschichte 1 und ANRW 1381, vermutet, dass Iustinus das Gesamtwerk des Trogus auf 1/10 gekürzt habe.
3 Brunt, Fragments 487, und Heckel, Justin V, weisen darauf hin, dass auch Trogus eine Epitome seiner Quellen vorgelegt hat.
4 Manches hat Gültigkeit für Trogus wie für Iustinus, sodass es äußerst schwierig ist, den genauen schriftstellerischen Anteil des Iustinus zu entscheiden, so z.B. Iust. 20,1,6: multae urbes adhuc… ostentant, dazu Steele, Justinus 24.
5 Alonso-Núñez, History 61, zu Iust. praef. 4: florum corpusculum.
6 Iust. praef. 4.
7 Zur Bedeutung der Rhetorik für die Geschichtsschreibung s. v.a. Quint. 10,1,31: proxima poetis et quadammodo carmen solutum est et scribitur ad narrandum, non ad probandum, und Cic. Brut. 42: concessum est rhetoribus ementiri in historiis, ut aliquid dicere possint argutius. Heckel, Justin 17f., meint daher, Iustinus sei an seinen rhetorischen Fertigkeiten zu messen. Nach Hose, Vergangenheit 12f., erlangt Geschichte ohnehin nur im Zusammenhang mit Rhetorik Bedeutung. Historische Kenntnisse seien nur in dem Maß relevant gewesen, wie sie die rhetorische Praxis benötigt habe, ebd. 15.
8 Für Seel, Universalgeschichte 225, gilt gerade die Durchbrechung eines grammatikalisch korrekten und chronologisch angemessenen Zeitenschemas als „wichtiges Strukturelement dieser Darstellungskunst“.
9 Die zumeist verwendeten Zeitangaben wie eodem tempore, interea, dum haec aguntur und diu sind höchst schwammig; vgl. Richter, Historiographie 14.
10 Burde, Universalgeschichtsschreibung 113f. Nach Iust. 1,2,13 hat das imperium Assyrii 1300 Jahre gedauert, ohne dass dessen Beginn oder dessen Ende eingeordnet würde. Gleiches gilt für das Reich der Meder, das 350 Jahre lang die Vorherrschaft beansprucht habe, 1,6,16f.
11 Auszüge aus Reden bzw. kurzen Ansprachen finden sich durchaus in direkter Rede, so Iust. 14,4,1–15, und 18,7,10–15.
12 Iust. 38,3,11; s. auch Seel, praefatio 52.
13 Syme, Justin 369, geht von einem gallischen Ursprung des Namens aus; Steele, Justinus 31, und Heckel, Justin 19, der Iustinus für einen Rhetoriklehrer hält, vermuten hingegen, er stamme aus Afrika.
14 Iust. 43,5,11f.
15 Alonso-Núñez, History 69, erkennt in Trogus’ Darstellung gallischer Leistungen dessen Patriotismus, so in 12,13,1; 28,2,1–3; 31,5,9; 38,4,7–10. Aber ob im Verhältnis zum Gesamtwerk diese Erwähnungen den postulierten Patriotismus nachhaltig bestätigen, ist fraglich.
16 Iust. 43,5,12; dazu Seel, Weltgeschichte 89f.
17 Steele 24, Seel, ANRW 1381. Neben den historiae Philippicae hat der vir priscae eloquentiae (praef. 1) auf der Grundlage des Aristoteles ein zehnbändiges Werk de animalibus verfasst. Plin. mai. zieht es mehrfach heran: nat. hist. 7,33; 10,101; 11,229. 274. 276. Zu den insgesamt überlieferten 14 Fragmenten s. Seel, Fragmenta, S. 3–18.
18 Seel, ANRW 1382.
19 Seel, Weltgeschichte 267, A 132. Konkreter sieht es Urban, Trogus 95: Mit dem Vater Alexanders des Großen habe ein Philipp am Anfang des Hellenismus gestanden und auch an dessen Ende habe ein Philippos geherrscht: Philippos I. (94–83) und sein Sohn Philippos II. Philorhomaios (66–63), der aber von Pompeius nicht anerkannt wurde. Diesen „Symbolwert der Philippoi“ hält er für ausschlaggebend bei der Wahl des Werktitels. Allerdings stellt sich dann die Frage, weshalb das Werk in den ersten sechs Büchern nicht auf die makedonische Geschichte eingeht. Tatsächlich steht beginnend mit Buch 7 und abschließend mit Buch 33 die makedonische Geschichte im Zentrum. Sechs dieser 27 Bücher widmen sich explizit den Leistungen Philipps und Alexanders des Großen. Burde, Universalgeschichtsschreibung 92, deutet den Titel als Zusammenfassung der Völker, die mit Rom im Kampf standen oder von ihm unterworfen wurden, was zugleich die Möglichkeit zu kritischen Äußerungen aus deren Munde geboten habe.
20 S. Iust. praef. 4: ut Graeca … nostra lingua legi possent.
21 Derartige Ausführungen sind freilich nicht singulär; bereits Herodot fügte Exkurse in seine Historien ein. Cato verfasste mit seinen origines ein Werk, das sich bereits im Titel explizit darauf festlegt, Ursprünge zu verdeutlichen.
22 Iust. 42,5,12. Als letztes datierbares Ereignis wird in prol. XLII reges Tocharorum Asiani interitusque Saraucarum 6 n. Chr. genannt; dazu Alonso-Núñez, History 60.
23 So Burde, Universalgeschichtsschreibung 93.
24 Seel, Universalgeschichte 180, 14–30, 269 zu Iust. 41,5,8: sicuti Romani Caesares Augustosque cognominavere. Das setzt allerdings voraus, dass Trogus die Begrifflichkeit entsprechend ernst genommen hat. Weil die Schlacht im Teutoburger Wald 9 n. Chr. nicht erwähnt wird, hat Trogus nach Alonso-Núñez, World History 61, das Werk wohl zwischen 2 v. Chr. und 2 n. Chr. verfasst.
25 Geradezu symptomatisch ist, dass auch sein nomen gentile unklar bleibt, das in den Manuskripten nur im Genitiv als M. Iuniani Iustini genannt wird, sodass Iunianus oder Iunianius denkbar sind. Syme, Justin 369, bevorzugt Iunianius.
26 Galdi, epitoma 108, vermutet die Publikation zwischen 130 und 180, Steele, Justinus 41, 144 oder 145, Seel, Weltgeschichte 346, um 200, so auch Heckel, Justin 1; Norden, Kunstprosa 300, geht von einen Zeitpunkt ab dem dritten Jahrhundert aus, Klotz, Epitoma 548, vom vierten Jahrhundert; Syme, Justin 365, schlägt um 390 vor.
27 Heckel, Justin 5, geht davon aus, dass erst unter Antoninus Pius (138–161) diese Titel allgemein akzeptiert worden seien.
28 41,1,1: velut divisione orbis cum Romanis facta. Dass Iustinus Parther und Sasaniden nicht unterscheidet, verwundert nicht: Zum einen war Ardaschir I. (reg. 224–240), der Gründer des Sasanidenreiches, ein aufständischer Fürst aus dem Süden des Partherreiches, sodass sich keine Notwendigkeit für einen geographischen Exkurs bot; zum anderen stellte sich dem römischen Reich wiederum ein ethnisch vergleichbarer Gegner an der Ostgrenze mit weiterhin großem militärischen Potential entgegen. Der Begriff der Parther war hinreichend etabliert, sodass der Epitomator seine Hauptaufgabe, Denkwürdiges zusammenzustellen und Nebensächliches unberücksichtigt zu lassen, ohne Namensänderungen fortsetzen konnte.
29 Die Prologe könnten auch entstanden sein, nachdem Iustinus seine Epitome bereits fertiggestellt hatte, aber die Weltgeschichte des Trogus noch verfügbar war, Heckel, Justin 2.
30 Herodot geht von den Reichen der Assyrer, Meder und Perser aus, 1,95.130. Ihm folgt Ktesias in seinen Persiká nach Diodor 2,1–34.
31 Aemilius Sura in seinem Werk de annis populi Romani nach Velleius Paterculus 1,6,6 summa imperii ad populum Romanum pervenit, und zwar in der inzwischen kanonierten Reihenfolge der Reiche von Assyrern, Medern, Persern und Makedonen.
32 Dion. Hal. ant. 1,2,3–3,5 erstellt dieselbe Abfolge, allerdings ohne die Parther.
33 Offenbar war das Modell zu seiner Zeit bereits so ausgeprägt, dass er auf genauere zeitliche Einordnungen verzichten konnte: Das medische Reich ging nach seiner Darstellung in der vierten Generation zugrunde, das persische dauerte nicht länger als 200 Jahre, das makedonische endete in der zweiten oder dritten Generation. Wichtig für ihn war, dass das römische Reich am längsten bestand; deswegen gibt er auch keine Dauer für das assyrische Reich an, denn das hätte in seiner Dauer das imperium Romanum übertroffen, Dion. Hal. 1,2,1; 1,3,3.
34 Diese Möglichkeit verwirft Iust. 11,12,15 ausdrücklich in Bezug auf eine Koexistenz von Persia und Macedonia.
35 Damit hat Ninos nach Seel, Universalgeschichte 237, „Geschichte“ erfunden.
36 Dareios III. soll Alexander als obersten Lenker der Welt tituliert haben, 11,15,10. Die Weltherrschaft soll Alexander bei seiner Geburt vorausgesagt worden sein, 12,16,5. Die Weltherrschaft sei ein Charakteristikum von Alexanders Reich gewesen, 12,7,4.
37 30,4,3f. Wiederum durch ein Erdbeben wird die Herrschaft über Syrien im Voraus angekündigt, 40,2,1.
38 Seel, ANRW 1414, 1417, Universalgeschichte 256.
39 Vergil, Aen. 1,279; 6,851.
40 Seel, Universalgeschichte 284, 305.
41 Burde, Universalgeschichtsschreibung 68, weist auf die Abschwächung bei Iust. 41,1,1 durch velut hin. Für Alonso-Núñez, History 65, sind die Parther die moralischen Erben der Perser.
42 Bisweilen scheint das Werk Kritik am römischen Imperialismus zu üben, so Alonso-Núñez, History 68, z.B. in 28,2; 29,2,1–7; 31,5,2–9; 38,4–7. Andererseits finden sich kritische Bemerkungen auch bei annalistischen Geschichtsschreibern (s. z.B. die Rede des Calgacus bei Tac. Agr. 30,1–32,5), ohne dass sie Roms Herrschaft tief greifend reformieren wollten. Von Romfeindlichkeit im Denken des Trogus kann keine Rede sein, s. Richter 19.
43 S. Oros. hist. 7,2,2. 8.
44 Zu den rhetorischen Mitteln Heckel, Justin 18: Iustinus verwende „the whole battery of rhethorical figures“.
45 S. z.B. Seel, Universalgeschichte 294, 333.
46 Rühl, Justinus 50.
47 Genau festlegen lässt sich der Zeitpunkt des erstmaligen Drucks nicht. Die in Venedig von Jenson gedruckte Ausgabe enthält die Jahresangabe 1470. Das in der Druckerei von Ulrich Hahn in Rom angefertigte Exemplar – auch dies lässt sich nur durch ein Distichon am Anfang des Werkes in Erfahrung bringen – weist weder eine Ortsnoch eine Jahresangabe auf. Rühl, Justinus 52, führt einen weiteren Druck an, den er für ähnlich alt hält. Die nächste gesicherte Ausgabe erschien bereits am 26. September 1472 durch Sweynheim und Pannartz im Palazzo Massimi alle colonne.
48 Goez, Translatio 137–156.