Читать книгу Mrs. Commingdale 4 - Zwei auf einen Streich - Jutta Wölk - Страница 5
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Am folgenden Morgen zermarterte Margret sich wieder das Gehirn, bis ihr eine Idee kam. Wofür hat man Söhne, wenn die einem nicht einmal zur Hand gingen? Sie würde ihren Jüngsten, Paul, am Sonntag bitten, für sie nach den bekanntesten Kaffeestuben in London zu recherchieren. In der Gewissheit, sich damit nicht mehr befassen zu müssen, atmete sie erleichtert auf.
Da sie bis zum wöchentlichen Treffen genug Zeit hatte, konnte sie sich bis dahin einen Schlachtplan zurechtzulegen. Eine sorgfältige Planung war von immenser Wichtigkeit, wenn sie weiterhin perfekt sein wollte. Und Margret war gut im Planen, sehr gut sogar. Eine Perücke, ein neuer Mantel und ein Schal reichen höchstwahrscheinlich aus. Dazu ... Eine Brille!, kam ihr ein Geistesblitz. Begeistert über den Einfall, klatschte sie in die Hände. Mit dieser Aufmachung erkennt mich kein Mensch.
Weder ihr Ältester noch die beiden jüngeren Söhne trugen den Vornamen Mortimer, obwohl es damals üblich war, den Erstgeborenen nach dem Vater zu benennen. Margret hatte befürchtet, ihrem Stammhalter ein zu schweres Erbe aufzubürden, wenn sie ihn nach dem alten Schwerenöter benannte. Das war allerdings vergebliche Liebesmüh gewesen. Wie sich herausstellen sollte, kam Henry in Sachen Treue ganz nach dem Erzeuger.
Der Mittlere und der Jüngste trugen zum Glück ihre Gene in sich. Während Brian äußerlich nach seinem alten Herrn kam, sah Paul, ihr Kleiner, wie sie ihn liebevoll nannte, ihr am ähnlichsten. Er besaß ihre Gesichtszüge und die strahlenden blauen Augen, die auch sie einstmals gehabt hatte. Jetzt hatten sie ihren Glanz jedoch verloren. Dem Himmel sei Dank, dass er nicht so kurz geraten war wie seine Mutter! Er überragte sie mit seinen 1,75 m um zwanzig Zentimeter.
Im Gegensatz zu ihr legte er viel Wert auf seine Kleidung. Sie hatte sich in ihrer lieblosen Ehe einen unmodernen Stil zugelegt, in dem sie nach wie vor auftrat. Die altmodische, überwiegend in grauen Farben gehaltene Garderobe gehörte zur Tarnung. Zuvor hatte sie nur dem Zweck gedient, den untreuen Gemahl zu triezen.
Mortimer! Sie schnaubte. Hast dich gekleidet wie ein Mann von Welt, obwohl du nur ein einfacher Gärtner warst. Und wie hast du dich für mich geschämt!
Die Haare färbte Margret noch immer nicht, sondern frisierte sie weiterhin streng am Hinterkopf zu einem Dutt. Obgleich sie nach Mortimers Tod diese unzeitgemäße Aufmachung hätte ablegen können, hielt sie daran fest. Dieser Stil gehörte wie die Krücken, die sie eigentlich nicht mehr brauchte, zur Scharade. Wer traute schon einer winzigen, dürren und gehbehinderten Frau ein Verbrechen zu? Niemand! Und im Grunde waren es ja auch keine Straftaten.
Paul, sinnierte Margret, plötzlich schwermütig geworden. Durfte sie ihren Kleinen in diese Sache hineinziehen, ihn zum Komplizen machen? Ist er das, bloß weil er mir zur Hand geht? Diese Fragen beunruhigten sie. Aber, wenn das so wäre, müsste ja ein großer Teil der Londoner Bevölkerung aus Mittätern bestehen. »Nein!«, sprach sie zu sich selbst. »So schnell wird keiner zum Kollaborateur.«