Читать книгу Mrs. Commingdale 4 - Zwei auf einen Streich - Jutta Wölk - Страница 6
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Am darauffolgenden Sonntag empfing Margret wie üblich ihre drei Söhne zum Tee. Diese eine Stunde kam sozusagen einem Brauch gleich, seit Mortimer die Gänseblümchen von unten betrachtete. Selbstverständlich wussten ihre Kinder nicht, dass ihre Mutter nachgeholfen hatte. Anfangs hatten sie sie mit ihren wöchentlichen Besuchen trösten und ihr beistehen wollen. Inzwischen waren sie sich jedoch einig, dass eine lieb gewonnene Gewohnheit daraus geworden war. Dann sprachen sie über allerlei Themen und Probleme, die sie gemeinsam zu lösen versuchten. Und weil sie – bis auf Henry, der wieder geschieden war –, ein Singleleben vorzogen, gab es keine Komplikationen mit nörgelnden Ehefrauen. Margret wunderte es zwar, aber sie dachte bei sich, dass es wohl heutzutage modern war, unverheiratet zu sein. Und schließlich hielten die meisten Ehen eh kaum noch lange.
Dass ihre Kinder einmal in der Woche zu ihr kamen, hatte ihrer Vermutung nach allerdings nicht ausschließlich mit Mutterliebe zu tun. Zumindest bei Henry hegte sie den Verdacht, dass er weiterhin auf ihr Eigentum beziehungsweise den Erlös bei einem Verkauf spekulierte.
Als sich Margret vor einigen Monaten zum Probewohnen in einem Pflegeheim einquartiert hatte, wollte er das Haus schon zum Kauf anbieten. Wie hätten er oder seine Brüder auch ahnen können, was der wahre Grund für diese Entscheidung gewesen war, nämlich die Bewohner von Schwester Rabiata zu befreien, einer boshaften Pflegerin. Bestimmt ärgerte Henry sich nach wie vor über deren Unfall, der ihm einen Strich durch die Rechnung machte.
Nachdem es sich ihre Söhne im Wohnzimmer bequem gemacht hatten, präsentierte Margret ihnen die wundersame Heilung. »Jungs ...«, begann sie strahlend, legte die Gehhilfen beiseite und lief ein paar Schritte umher. »Seht euch das an.« Erwartungsvoll sah sie in die Runde. »Ich übe seit einigen Tagen. Jetzt geht es ohne, ich brauche die Krücken nicht länger. Ist das nicht wunderbar?«
Henry sah sie skeptisch an. Sowohl Paul als auch Brian sprangen von ihren Plätzen auf, gingen auf ihre Mutter zu und umarmten sie.
Margret herzte sie ergriffen. »Endlich kann ich auf diese Dinger verzichten.« Nebenbei richtete sich ihr Blick auf den Ältesten, der sitzen geblieben war. Perplex starrte er sie an. Diese Reaktion war typisch für ihn. Vielleicht hoffte er immer noch, dass sie ins Altenheim zog. Pech gehabt, mein Lieber, dachte sie belustigt. Gleichzeitig wurde ihr das Herz schwer. Sie liebte ihn, wie jedes ihrer Kinder, aber er war Mortimer so ähnlich.
Über ein Jahr lang war Margret nach der Operation an Krücken gehumpelt. Anfangs, weil es nicht anders ging, später, um die Täuschung aufrechtzuerhalten. Sie hatte sich jetzt entschlossen, damit aufzuhören. Wenn sie daran festhielte, könnte sie als Simulantin erscheinen, da sich die meisten Hüftoperierten recht zügig erholten. Dann fiel sie auf, was sie unbedingt vermeiden musste. Immerhin –, sie war eine so unscheinbare Person und hatte sich im Laufe der Zeit eine so graue Fassade aufgebaut, dass es auch ohne Krücken gehen würde.
»Und nun möchte ich meine wiedererlangte Bewegungsfreiheit auskosten. Ich werde ausgehen, so oft wie möglich. Als Erstes unternehme ich einen Stadtbummel in London. Um mich nicht zu überanstrengen, fange ich klein an und ruhe mich zwischendurch in einem Coffeeshop aus. Ich wollte mir schon immer die bekanntesten Kaffeehäuser in der City ansehen. Aber euer Vater hatte ja kein Interesse daran.« Drei Augenpaare sahen sie verdutzt und besorgt zugleich an.
»Mutter«, ergriff Henry das Wort. »Denkst du nicht, dass das etwas verfrüht ist? Du mutest dir zu viel zu und ...«
»Ich finde es wunderbar«, unterbrach Brian seinen Bruder. »Abwechslung wird dir guttun.«
»Bin ganz deiner Meinung«, stimmte Paul erfreut zu. »Seit Vaters Tod hockst du überwiegend in diesem Haus. Es wird Zeit, dass du unter Menschen kommst und wieder Freude am Leben hast.«
»Um mich nicht gleich zu überanstrengen, dachte ich ...« Lächelnd wandte Margret sich ihrem Jüngsten zu. »Du besorgst mir die Adressen der Cafés aus diesem Computter. Du schwärmst doch so von dieser Technik und erzählst ständig, was man damit so alles in diesem Interweb anstellen und herausfinden kann.«
Paul schmunzelte. »Es heißt Computer und Internet, Mutter. Und ja, das erledige ich sehr gerne für dich. Sollen wir dich erst einmal fahren und begleiten, vorsichtshalber?«
»Nein, nein«, wehrte Margret ab und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das ist nicht nötig. Ich liebe es, mich mit dem Bus kutschieren zu lassen. Außerdem habt ihr ja noch eure eigenen Leben und die Arbeit. Ich komme schon zurecht. Ihr braucht euch wirklich keine Sorgen zu machen.«
Henrys Miene hellte sich auf. Womöglich hatte er befürchtet, sie in seiner Freizeit als Babysitter begleiten zu müssen. Margret grinste in sich hinein. Eigentlich würde es ihr einen gewissen Spaß breiten, ihn damit ein wenig zu necken. Er drückte sich gern, wenn es um Einkäufe ging, und überließ es lieber seinen Brüdern, Getränke und Lebensmittel für sie zu besorgen. Henry hatte stets eine Ausrede parat. Im Geiste seufzte sie ob der negativen Eigenschaften ihres Erstgeborenen. Doch genug der trüben Gedanken! Jetzt freute sie sich, bald ihre neue Aufgabe in Angriff nehmen zu können. Sie konnte es kaum erwarten und sprühte geradezu vor Tatendrang.