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01-Zusammenfassung der Faktenlage

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Die Menschheit hat es sich in ihrer Lebenslüge, der sogenannten Normalität mit ihrer tatsächlichen Lebenswirklichkeit und der Negierung der psychischen Grundbedürfnisse gemäß der ursächlichen Lebenswirklichkeit, eingerichtet und will die wirkliche Verfassung der Gesellschaften, ihrer Mitglieder und ebenso der Umwelt nicht wahrhaben.

Der Mensch baut sein Leben (sein Lernen, seine Sozialisation, sein Verhalten, seine Vorstellungen, seine Ziele, etc.) ausschließlich auf den vorhandenen Verhältnissen auf, ohne die echten Erfordernisse getreu seiner wesensgemäßen Grundlagen umfassend und ausreichend zu kennen. Bei den gemeinten Bedürfnissen handelt es sich nicht rein um psychische, sondern gleichfalls um zahlreiche weitere Bereiche, wie die richtige Ernährung, die richtige Art des Essens, der richtige Umgang mit dem Körper, die richtige Körperhaltung, die richtige Atmung, usw.

Der Blick auf die individuellen und sozialen Realitäten ist vor lauter Ersatzhandlungen und Kompensationen getrübt und verstellt, die Verdrängungs- und Rationalisierungsmechanismen laufen auf Hochtouren.

Die Vielzahl der Neurosen und Psychosen sind zur Gewohnheit verkommen und erregen einzig noch Aufmerksamkeit und Interesse, wenn sie in Exzessen ausarten. Dann wird kurzfristige Betroffenheit praktiziert, um schnell wieder zum Alltag, der Normalität, überzugehen. Die zugrunde liegenden Ursachen und Wurzeln werden bewusst oder auch unbewusst ausgeblendet, um dergestalt keine Gefahr für das scheinbar so gut funktionierende, faktisch jedoch höchst fragile System darzustellen.

Im besten Fall wird hektisch an den Symptomen herumgedoktert oder es wird solange hin- und herdiskutiert und weichgespült, bis von einer sinnvollen und zielführenden Lösung nichts oder nur viel zu wenig übrig bleibt.

Die angesprochene Normalität ist entstanden, weil vorherrschende Um- und Zustände wegen der egoistischen bzw. selbstbezogenen Mentalität (die in der defizitären Grundbedürfniserfüllung der Kindheit und der daraus resultierenden, lebenslangen - bewussten und/oder unbewussten – Selbstbeschäftigung mit der identitätsgemäßen Problematik begründet ist) vom Menschen nicht hinterfragt und deshalb als selbstverständlich respektive als natürlich wahrgenommen werden.

Anders ausgedrückt: Der Mensch ist mit sich, seinen Problemen und seiner Umwelt zu sehr beschäftigt, um seine Situation tiefgründig und nachhaltig zu beleuchten und zu prüfen, da er angesichts seiner frühkindlichen und kindlichen Erlebnisse, verbunden mit der Urangst, ein Gefangener seiner geschädigten, im Extremfall zerstörten, Psyche ist. Diese mehr oder minder große Last beschwert den Menschen und treibt ihn durch ihre Permanenz in Ersatz- und Kompensationshandlungen.

Der Mensch wird genötigt, seine inneren Konflikte nach außen zu tragen, weil er alleine mit ihrer Bewältigung überfordert und dem anhand der Problematik hervorgerufenen psychischen Druck nicht gewachsen ist. Dieser identitätsgemäße Mangel ist vergleichbar mit einem latenten Hungergefühl, dessen Stillung über Ersatzhandlungen, Kompensationen und damit Ersatzbefriedigungen erfolgen soll, mit dem – in den modernen Gesellschaften – gelenkten und fokussierten Schwerpunkten Macht und Konsum, in all ihren direkten und indirekten Formen (physische Macht dank Kraft und Stärke, psychische Macht, wirtschaftliche Macht {Wohlstand, Reichtum}, sexuelle Macht, intellektuelle und wissenschaftliche Macht {recht haben}, etc./Warenkonsum, medialer Konsum, Freizeitkonsum, sexueller Konsum, Wissenskonsum, etc.).

Über die Hauptvehikel Macht und Konsum soll Bestätigung generiert werden, um dermaßen einen Gegenpol zur identitätsgemäßen Grundproblematik und den dadurch ausgelösten Ängsten, besonders der Versagensangst (im Sinne von im Leben bestehen zu können, sowohl sich selbst wie anderen Menschen gegenüber), zu schaffen.

Wohlstand und Konsum werden gleichgesetzt mit Zufrieden- und Ausgeglichenheit (bzw. wird dies gesellschaftlich und von wirtschaftlicher Seite so suggeriert) und bilden als die Hauptersatzhandlungen und hiermit Hauptersatzbefriedigungen den Kleister der – vor allen westlichen – Gesellschaften. Anzumerken ist, dass sich diesbezüglich die anderen, noch nicht in dieser Verfassung befindlichen Gesellschaften im zum Teil rasendem Tempo, den Westen zum Vorbild, angleichen, mit all ihren unerquicklichen Nebenwirkungen und Kollateralschäden.

Der Mensch steckt in einer teufelskreisgemäßen Endlosschleife. Seine auf Ersatzhandlungen aufgebaute Existenz produziert belastende Symptome, die wiederum mit neuen Ersatzhandlungen entgegnet und bekämpft werden. Diese fortlaufende Überlagerung von Ersatzhandlungen macht es extrem schwer, Entwicklungen nachvollziehen und zwischen wahren, originären Bedürfnissen und neu erzeugten, künstlichen unterscheiden zu können. Kurz: Der Mensch weiß weder, was er will, noch was er effektiv braucht, und der Sättigungseffekt der Ersatzhandlungen erreicht niemals den Wert einer originären Bedürfnisbefriedigung.

Der Mensch reagiert auf seine Lebenslage und die Problematik, Ursache/Wurzel und korrelierende Wirkung/Symptomatik in die richtige Verbindung und das richtige Verhältnis zu setzen, mit aktiver Verdrängung mittels Ablenkung, und dies in breit gefächerten Variationen.

In der archäologischen Diktion: Dem Menschen fehlt das geeignete Werkzeug, um gebührend tief schürfen und die Überlagerungen freilegen zu können und. Derart bleibt bzw. verharrt er auf - vermeintlich - sicherem Terrain, nämlich an der Oberfläche (sinnbildlich: dem Oberflächlichen).

> Entweder er bürdet sich so viel auf – Stichworte: Arbeitssucht/Workaholic, voller Terminkalender {dies kann genauso die Freizeitaktivitäten betreffen}, Getriebener -, um im Dauerstress und ständiger Zeitnot zu stehen, und auf diese Weise einer Konfrontation mit sich und seinem Leben aus dem Weg zu gehen, sicherlich verbunden mit der jeweiligen, rationalisiert dargestellten Notwendigkeit für dieses Verhalten, wie beispielsweise Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl, > oder/und er sucht Zerstreuung in belangloser, medialer und internetgemäßer Dauerberieselung und sogenannter Kommunikation (soziale Plattformen, Chatrooms, etc.) > oder/und er betäubt sich durch Alkohol- und Drogenkonsum.

Dies lediglich einige der vorherrschenden – in der Regel unbewussten – (suchtgeprägten) Verdrängungsszenarien zur Verhinderung einer intensiven Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der eigenen identitätsgemäßen Problematik.

Die erwähnte Arbeitssucht ist nicht nur eine entsprechende Verdrängungsreaktion, indes auch eine Quelle zur Generierung von Ersatzbefriedigung (Wohlstand, Anerkennung, Bewunderung, etc.).

Der Handlungsbedarf ist exorbitant, die Probleme sozialer, wirtschaftlicher und umweltgemäßer Art immer dringlicher. Die Zahl der psychisch Kranken und Leidenden steigt rasant, gleichzeitig streiten Politiker, Wirtschaftsführer, Wissenschaftler, Philosophen, Psychiater, Psychologen, Pädagogen, Soziologen, Ärzte, Biochemiker, Neurobiologen, Molekulargenetiker und und ... über Ursachen, Konsequenzen, Lösungsvorschläge, Behandlungskonzepte und Deutungshoheiten. In erster Linie stehen nicht die konkrete Problematik und deren nachhaltige und tiefgründige Bewältigung im Vordergrund, hingegen die Profilierung, um letztlich zwar großgeistig verpacktes, aber tatsächlich kleingeistiges Recht haben.

Eine zielführende, fächer- bzw. disziplinübergreifende, auch multinationale und ganzheitliche Anstrengung im Sinne der Sache scheitert an den speziellen Eigeninteressen der genannten Akteure (u. a. Kreierung von Bestätigung über Ersatzhandlungen per zum Beispiel Wissensanspruch bzw. –macht oder/und wirtschaftlichen Vorteil, dadurch Steigerung des Selbstwertgefühls), die Ergebnis und Symptomatik des identitätsgemäßen Defizits sind.

Die Handelnden leiden gewöhnlich nicht nur selbst an der menschlichen Grundproblematik, sondern sind oft überdies Verursacher der daraus erwachsenden, auf Ersatzhandlungen basierenden Folgeprobleme, die sie dann auf der anderen Seite bekämpfen, entschärfen und lösen sollen (bzw. dies vorgeben zu tun). Sie sind im Endeffekt ebenso Gefangene und sitzen prinzipiell im selben Boot, allein die individuelle Lebenssituation und -perspektive sind unterschiedlich oder mögen eine unterschiedliche sein.

Bildhaft und drastisch formuliert: Die Akteure gleichen psychisch gestörten Feuerwehrmännern, die, um sich beweisen, auffallen und beeindrucken zu können, Feuer entweder selbst legen oder bestehende Feuer erst noch anzufachen, um anschließend kraft ihrer – scheinbaren - Kompetenz das Feuer wieder einzudämmen respektive zu löschen.

Beispiele zur Verdeutlichung:

> Politiker, die am eigenen Positionserhalt interessiert sind, weil sie dank Einfluss und Macht Bestätigung (Befriedigung) für ihr identitätsgemäßes Pseudogleichgewicht erhalten und so Anerkennung finden, sollen weitreichende, in die Zukunft gerichtete, den kommenden Generationen gerecht werdende Weichenstellungen treffen, die aber zwangsläufig zur Folge hätten, dass im Hier und Jetzt entsprechende Wählererwartungen nicht erfüllt werden. Die Konsequenz wäre eine Popularitätseinbuße, das Verlieren der nächsten Wahlen, was identisch mit einem Verlust der über die Macht zu generierenden Bestätigung wäre.

> Oder Energiemanager, die für eine umweltverträgliche Energieerzeugung sorgen sollen, die allerdings aus Gründen der Profitmaximierung - trotz vorliegender wissenschaftlicher Erkenntnisse - lange Zeit im Schulterschluss mit der Auto- und Bauindustrie kraft ihres Lobbyismus zielführende Forschungen für umweltverträglichere Antriebs- und Heizsysteme verzögert, blockiert oder zumindest nicht ausreichend gefördert haben. Der wirtschaftliche Erfolg ihrer Firma und letztlich der eigenen Person zum Erhalt der jeweiligen Würdigung (Wohlstand, gesellschaftlicher Status, Einfluss, Achtung, etc.) steht im Vordergrund, alles unter bewusster Inkaufnahme der daraus sich resultierenden schädlichen Auswirkungen für die Gesellschaft.

> Oder Industrielle, die Produkte dergestalt konzipieren lassen, dass sie nur eine vorab begrenzte Funktionsdauer haben (Stichwort: Obsoleszenz) und damit unnötigen Ressourcenverbrauch und große Müllberge verursachen, dafür jedoch hohe Gewinne garantieren. Auch hier zulasten der Konsumenten, Allgemeinheit und Umwelt, aber zum individuellen Vorteil.

> Oder Psychiater, Psychologen, Biochemiker, Neurobiologen und Molekulargenetiker, die über die Motive und die Therapiemöglichkeiten für das Krankheitsbild Depression streiten und sich gegenseitig widersprechen, anstatt fakultätsübergreifend im Sinne der Sache zu agieren. Jeder Akteur für sich und seinen Fachbereich will den Anspruch auf die Lösung und den Erfolg reklamieren, mit dem Hintergrund der eigenen wie fachgemäßen Anerkennung und dem potenziellen Gewinn von Auszeichnungen, Preisen, Forschungsgeldern und überdies der Anhebung der privaten Bezüge.

> Oder, oder, oder ...

Zur persönlichen und gesellschaftlichen Beruhigung und Rechtfertigung werden die vermeintlichen Bemühungen mit einem rationalen Anstrich versehen, am besten mit einem wissenschaftlichen, und Ernsthaftigkeit und Verantwortung vorgegaukelt.

Dass der erforderliche, nachhaltige und sowohl für den Menschen wie die Umwelt gesunde Fortschritt dermaßen nicht funktionieren kann, ist naheliegend. Hier zeigt sich die Be- und Eingeschränktheit der menschlichen Natur durch die identitätsgemäße Problematik, die zu diesen Zuständen geführt hat und obendrein die tatsächliche Ärmlichkeit der menschlichen Entwicklung.

Ein anderer, äußerst bedeutender Aspekt im Gesamtzusammenhang der identitätsgemäßen Problematik und der Schwierigkeit, Lebensumstände zeitnah, elementar und dauerhaft zu ändern und zu verbessern, liegt in dem durch das menschliche System begründeten Faktum der automatischen Übertragung der elterlichen (bzw. bezugspersonengemäßen) psychischen Instabilität und Unsicherheit auf das Kind, da davon die essenzielle psychische Grundbedürfniserfüllung betroffen ist. Weil dann wichtige Bereiche der Grundbedürfnisse nicht oder nur ungenügend versorgt bzw. gestillt werden können, manifestiert sich die unbewusste Angst beim Kind, inwieweit es überhaupt und in welcher Qualität zu einer Bedürfnisbefriedigung kommen wird. Wegen der vorhandenen Bedarfshaltung getreu dem psychischen Apparat existiert eine außergewöhnliche Sensibilität des Kindes bezüglich der elterlichen Verfassung.

Diese Labilität und psychische Unfreiheit beschäftigen den Betroffenen ein Leben lang, werden in der Regel wieder und wieder in jeweils an die Lebensgegebenheiten angepasster Form und Ausprägung weitergegeben und bilden derweise unweigerlich einen endlosen, sich selbst speisenden Teufelskreis.

Wie soll verhindert werden, dass psychisch fragile, unreife und gestörte Eltern ihrem Kind nicht ihre Problematik in mehr oder minder großem Umfang – auch aufgrund der extremen und sehr langen Abhängigkeit des Kindes von den Eltern – weiter vermitteln und somit aufbürden? Leider ein Ding der Unmöglichkeit!

So banal und abgedroschen es klingen mag, so richtig ist die Feststellung, dass solange beim Menschen kein innerer – psychischer - Frieden herrscht (anlässlich der Konflikte, die aus der Identitätsproblematik herrühren), solange wird es immer äußeren Unfrieden geben, der im Kleinen beginnt (Streit und Problemherde in der Familie, im nahen Umfeld, im Schul- und Berufsbereich, Nachbarstreit, rivalisierende {Rand} Gruppen, kleine Gewalttätigkeiten, etc.), sich schließlich angesichts des potenzierenden Massencharakters (der enormen Anzahl an Problemfällen) und der sich aus der Lage ergebenden und überlagernden Ersatzhandlungen ins Große (innergesellschaftliche Auseinandersetzungen, Randale/Ausschreitungen, Terrorismus, Kriege, usw.) fortsetzt.

Obzwar sich der innere Unfrieden eines Menschen im Resultat selbstredend extrem unterschiedlich darbieten und auswirken kann, von Stimmungsschwankungen, Unzufriedenheit, latenter aggressiver Haltung über Gewalttätigkeiten, Sadismus, Grausamkeiten bis hin zu unrühmlichen, verabscheuungswürdigen Despoten a la Hitler, Stalin, Saddam Hussein, Pol Pot, etc., der Kern und Ausgangspunkt liegt stets im Grad der psychischen Schädigung und der sich daraus erwachsenden persönlichen, identitätsgemäßen Verfassung des Menschen.

Für die dann äußerst divergierenden Verhaltensweisen ist – sehr verkürzt gesagt – neben der Intensität des psychischen Defizits und dem korrespondierenden, entweder geringen, erheblichen, starken bis hin zum höchsten Druck nach Kompensation die individuelle Situation (Identitätsproblematiken 2 bis 4) verantwortlich, die, beispielsweise hervorgerufen durch besondere Umstände und spezielle Opportunitäten, katalytische Entwicklungen zur Folge hat.

Aus dem anfänglich (relativ) kleinen Keim der psychischen Störung (Demütigung, Entwertung, Trauma, etc.) können hinterher – je nach konkreten Konstellationen – zum Beispiel gewaltige Machtapparate aufkommen, deren motivationale Zurückverfolgung sich anschließend schwierig gestaltet (Ursache der Entstehung).

Eine zum Kontext passende Zwischenbemerkung: Eine psychische Schädigung als Ergebnis und vor allem die diesbezüglich zugrunde liegende Vorgeschichte (wie u. a. eine die psychischen Grundbedürfnisse nicht beachtende Erziehung, physische und psychische Gewalt, traumatische Erlebnisse) sind nicht nur ein persönliches Problem bzw. Privatsache der betroffenen Person und der Verursacher (meist die Eltern oder andere Bezugspersonen), sondern eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit, da eine Störung nahezu immer nach außen drängt und dadurch das Umfeld, manchmal aber auch weite gesellschaftliche Bereiche, maßgeblich beeinflusst und beeinträchtigt.

Mit anderen Worten: Eine psychische Krankheit ist ähnlich einer Infektionskrankheit ansteckend, weil die durch sie ausgelösten Ersatz- und Kompensationshandlungen meist nicht auf den ursächlich Betroffenen ein- und begrenzbar sind (speziell bei schwerwiegenden Fällen).

Interessanterweise berufen sich gerade die Verursacher von psychischen Schädigungen auf ihre Privatsphäre und verbitten sich jegliche Einmischung von außen, ob von Privatpersonen oder von entsprechenden Institutionen, obwohl sie tatsächlich mittel- und unmittelbar durch ihr Handeln die Privatsphäre anderer verletzen.

Drastische Beispiele hierfür wären Vergewaltigungs- oder Amoklaufopfer, deren Täter grundsätzlich erst selbst Opfer, zum Beispiel von fortwährender Demütigung, Erniedrigung und erfahrener Gewalt, waren, und diese Verletzung – häufig in gesteigerter Form - wieder weitergeben.

Diesen Gedankengang fortsetzend und auf die gesellschaftlichen wie gesetzlichen Parameter übertragend, stehen hier ebenfalls die Gesellschaft und besonders die wirtschaftlichen Entscheider in der Verantwortung. Dies betrifft beispielsweise die konkreten Rahmenbedingungen, innerhalb deren Erziehung stattfinden kann bzw. muss.

Viele Menschen erkennen, dass das konsumgesteuerte, auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtete Leben keine nachhaltige und tiefe Zufriedenheit vermitteln kann, und suchen daher nach alternativen Wegen, diese zu erreichen und derart mit sich selbst (respektive der menschlichen Basis) in Berührung zu kommen.

Als Beispiele für die Versuche seien folgende Stichworte aufgeführt: Spiritualität, Transzendenz, Esoterik, Meditation, Zentrierung, autogenes Training, Yoga, verschiedene religiöse Ausrichtungen (vor allem fernöstlicher Natur), Sekten, Lebenshilfeliteratur aller Couleur, u.v.m.

Oftmals, auch dies eine bittere Ironie der ganzen Problematik, werden diese Neuorientierungen, die letztlich eine Flucht vor den gegenwärtigen Zuständen und in der Konsequenz eine große Hilflosigkeit, mitunter sogar Not, darstellen, abermals – nur im differenten Mantel – ebenso kommerzialisiert, vermarktet, schlimmstenfalls durch Geschäftemacher missbraucht und auf diese Weise die eigentlich Suchenden erneut enttäuscht.

Ausnützer und Nutznießer in Gestalt von wirtschaftlichem Gewinn, Ausübung von Macht über andere Menschen, Generierung von Anerkennung und Bestätigung (wie dank Erlangung von Bekanntheit und Prominenz) – also Aufwertung der persönlichen defizitären, identitätsgemäßen Substanz mittels Ersatzbefriedigung – sind selbst ernannte Gurus, Religionsführer, Bestsellerautoren und deren Verlage, und, und ...

So schließt sich der Kreis und alles bleibt im Grunde unverändert.

Zusammengefasst: Der Mensch hat sich von seinen wesens-/anlagegegebenen, anhand der psychischen Struktur definierten und verankerten Grundbedürfnissen weit entfernt und sich dadurch von sich selbst entfremdet (er weiß gar nicht wirklich, was er braucht). Er läuft diesen einzulösenden Vorgaben, bei denen es sich nicht um Kann-, sondern Muss-Bedingungen handelt, aber gleichwohl in symbolisierter Form (Ersatz- und Kompensationshandlungen) ein Leben lang mehr oder minder erfolglos hinterher, weil der Befriedigungswert der erlangten Symbole zu schwach ist und folglich laufend aufgefrischt werden muss.

Das Fatale daran ist, dass der Mensch die beschriebenen Zusammenhänge nicht tiefgründig wahrnimmt und aus dieser Unkenntnis sein Verhalten als normal und, wie es so schön pauschal heißt, als zutiefst menschlich ansieht.

Überspitzt ausgedrückt, jedoch im Kern zutreffend: Der Mensch lebt ein falsches Leben, ohne es de facto zu wissen.

Nochmals anders formuliert: Die falschen Grundannahmen hinsichtlich ihrer Natur (Stichwort: Identitätsproblematik, Urangst) haben die Menschheit zu einer fragilen und labilen Konstitution geführt, die lediglich kraft Ersatzbefriedigungen (westliche Nationen) oder Gewalt/Angst vor Repression (Diktaturen) aufrechterhalten werden kann. Angesichts der starken Abhängigkeiten von Ersatz-und Kompensationshandlungen besteht für das sich herausgebildete, instabile Pseudogleichgewicht (gesellschaftlicher Frieden) eine permanente Gefährdung, und bei Wegfall dieser substanziell schwachen wie künstlichen Stabilitätsanker kann die Lage schnell umschlagen, das System ins Wanken geraten oder schlimmstenfalls kollabieren.

Unterschwellige, bisher unterdrückte bzw. in Schach gehaltene, durch die Identitätsproblematik anlässlich psychischer Defizite entstandene Aggressionen treten hervor und brechen aus, übermäßige Enthemmung, Nationalismus, Hetze, Randale bis hin zu Aufständen sind die Folge. Der Mensch wandelt diesbezüglich auf einem schmalen Grat und dieses Bewusstsein ist in der Politik, zwar zustande gekommen mittels einer irrigen Analyse respektive Anschauung nach dem Motto „im Wesen des Menschen grundsätzlich veranlagt“, weit verbreitet.

Aus vordergründig verantwortungsvollen/humanistischen und hintergründig Macht erhaltenden Motiven steuert die Politik ob der genannten Ängste (z. B. vor Wiederholung historischer Ereignisse wie dem Nationalsozialismus) einen Kurs, der die Zumutbarkeit der zu fällenden Entscheidungen in den Mittelpunkt stellt und damit ausreichend Nachschub an Ersatzbefriedigung gewährleistet (in der Marktwirtschaft gleichzusetzen mit der Teilnahme am Konsum und unweigerlich unverminderten Raubbau an der Natur, exorbitanten Ressourcenverbrauch, etc.).

Im internationalen Rahmen wird in einer Art von Präventivmaßnahme per Einbindung in politische Unionen und Vertragswerke versucht, existente gefährliche Potenziale zu entschärfen.

Fazit: Im Kern traut der Mensch sich selbst nicht.

Die Mensch-Erklärungsformel (Teil 6)

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