Читать книгу Dragonfire - K. S. Hopefighter - Страница 6
Episode 1
ОглавлениеIch war noch ein junger Bursche, sagen wir mal um die Mitte 20 alt, sah nicht anders aus als die anderen, zumindest täuschte ich das vor. Ich war schon immer äußerst anpassungsfähig. Daher trug ich meist eine lockere dunkle Jeanshose, ein passendes Hemd mit einer grauen, weit ausgeschnittenen Jacke, die über meinen Knien endete. Ich passte mich der modernen Mode Tokyos an, verschwamm mit den Gassen mit den Menschenmengen dort. Tagsüber war ich der normalste, unscheinbarste Mensch. Doch in der Nacht war ich jemand anders. Mit Einbruch der Dunkelheit begann mein zweites Leben, das ich immer im Schattendasein geführt habe.
Während die meisten schliefen, richtete ich mich her für das Nachtleben. In dem Augenblick, in dem die Lichter in den Straßen anfingen zu leuchten, zog ich mir den Anzug an. Sobald meine Füße den Asphalt berührten, packte ich mein Arbeitsmaterial in einen Aktenkoffer, und wenn die ersten Stimmen draußen erklangen, schloss ich die Türen ab und begab mich zum Ausgang des Gebäudes, das ich mir mit hundert anderen teilte.
Wo ich lebe fragt ihr euch sicher, ich lebe in der Party Meile von Tokyo, auch besser bekannt als Dragon Fire.
Und was ich genau tue, bleibt vorerst ein Geheimnis. So viel sei gesagt - Es hat nichts mit Normalität zu tun! Ich befand mich im Aufzug … Und Mann, war der langsam!
Wer kannte das nicht … man musste unbedingt etwas schnellstmöglich erledigen, aber wurde von Dingen, wie einem alten Aufzug, aufgehalten.
Irgendwie ironisch!
Vielleicht hatte ich das verdient, nach all den Dingen, mit denen ich meine Hände schmutzig gemacht hatte. Denn, wie hoch war schon die Wahrscheinlichkeit, dass in einem derartigen Etablissement wie diesem hier, der Aufzug so schlecht funktionierte, dass er seine Energie in den 50ern bereits verbraucht hatte.
Die dreiminütige Aufzugfahrt fühlte sich für mich wie eine halbe Ewigkeit an. Ich würde schwer behaupten, sie dauerte 3 Minuten zu lange...
Nun blieben mir zudem drei Minuten weniger, um mein Ziel aufzusuchen. Die kühle Luft schlug mir draußen entgegen, während ich wie ein Soldat im Anzug durch aus der Lobby auf die Straße trat. Ich bewahrte sowohl Haltung als auch einen kalten Gesichtsausdruck bei. Alles, was sich in meinem Kopf sich gerade abspielte, war: „Danke Gott - danke, dass ich endlich aus diesem stinkigen, lahmen Aufzug heraus bin!“ Im Inneren explodierten meine Gedanken, doch äußerlich blieb ich starr.
Die Straßen waren belebt und füllten sich immer mehr, da immer mehr Menschen die Straßen füllten.
„Na ja“, dachte ich mir, „ob man das als ein Leben betrachten kann?“ Denn obwohl die Straßen voller Menschen waren, lief jeder für sich. Fokussiert auf nichts als das eigene Ziel. Denn jeder von ihnen war mit sich und mit seiner virtuellen Identität beschäftigt.
„Ja gut …“ wiederum war ich auch nicht besser. Immerhin stand ich gebannt vorm Gebäude und hielt einen Aktenkoffer in der Hand. Ich würde ein sehr gutes Paradebeispiel abgeben. Nicht was?
Irgendwie fühlte ich mich gestresst, vielleicht war es die Masse an Menschen oder vielleicht auch nur Nervosität. Bis heute noch spekulierte ich, was es war. Daraufhin zündete ich mir eine Zigarette zur Beruhigung an. Das half sonst immer!
Noch im selben Augenblick, in dem ich die Zigarette in meinen Mund steckte, vibrierte es in meiner Hosentasche. Da war es wieder, das allseits beliebte Handy. Jemand rief mich an, nicht ungewöhnlich in meiner Branche, aber diesmal stimmte etwas nicht. Die Nummer auf dem Telefon war unterdrückt. Skepsis kam in mir auf.
Telefonstreiche waren altbeliebt, doch konnte sich noch nie jemand bei mir durchsetzen. Ich nahm das Telefonat mit der anderen Hand und zog an meiner Zigarette. Irgendwie verrückt, wenn man bedachte, dass ich mich unmöglich auf das Rauchen und Telefonieren gleichzeitig fokussieren konnte. Eines überwog immer!
Ich nahm ab und sagte: „Hallo!“
Es war nichts zu hören außer ein Rauschen.
„Wer ist da?“, hakte ich nach. Langsam verlor ich die Nerven und sprach eine Drohung aus. Doch auch daraufhin kam nichts, bis auf Rauschen.
Ich verlor die Geduld und wollte auflegen, als noch im selben Moment die Worte: „22“ „22 „22“ gebrüllt wurden.
„Wer ist da?“
Die Stimme war verzehrt und klang irgendwie unheimlich. Denn ihr müsst Eines wissen: „22“ ist mein Codename und nur ein kleiner ausgewählter Kreis kannte diesen. Kannte die Identität da hinter.
Dies konnte nichts Gutes bedeuten!
Es rauschte wieder, jedoch lediglich, sobald ich etwas sagen wollte. Also beschloss ich, zuzuhören. Ich blieb still und lauschte.
Die verzerrte Stimme wiederholte: „22! Ich weiß was du getan hast. Deine Zeit läuft, und schon bald wird sich die Offenbarung erfüllen!“
Das Gespräch brach nach der Botschaft ab.
Als ob ich nicht genug um die Ohren hätte, muss mich das Karma genau jetzt finden, jetzt wo ich so etwas Wichtiges zu erledigen habe. Diese Worte wiederholten sich in meinem Kopf. Ich hatte keine Zeit mehr darüber meinen Kopf zu zerbrechen. Ich musste schnellstens zum Treffpunkt, denn die heutige Mission war etwas Großes.
Daher warf ich die Probleme zusammen mit meiner Zigarette in den Eimer und begab mich unmittelbar dorthin.
Natürlich beschäftigte mich dieses Geheimnis noch, doch dies ist eine andere Geschichte … zu der wir noch später kommen werden.
Denn zuerst muss der erste Anfang sein Ende finden!
Ich war nun auf dem Weg zu dem Treffpunkt. Er befand sich nicht einfach irgendwo in Dragon Fire, denn wenn es so wäre, würde jeder dort reinplatzen können. Die Stadt war riesig. Sie wurde mithilfe der verschiedensten Lichter auf jeder Straßenseite nachts zum Tag gemacht. Doch heute waren die Straßen so überfüllt, dass ich von meiner bekannten Route abweichen musste. Man sagt ja eigentlich: „Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.“
Doch meine Interpretation in diesem Fall wäre folgende: „Man sieht den Weg vor lauter Maschinen nicht.“ Denn die Menschen rasten durch Tokyo, als würden sie auf einem Fließband sitzen.
Um rechtzeitig anzukommen, blieb mir nichts anderes übrig, als die Seitengassen zu nehmen. Diese habe ich oft versucht, zu meiden, denn beim Anblick der düsteren Gassen schauderte ich bereits. Man erzählte sich, dass in diesen Ecken die dunkelsten Geheimnisse ans Licht kommen. Es gab verschiedene Geschichten über die düsteren Gassen Tokyos, die fantasiereicher nicht sein konnten. Daher wählte ich eigentlich immer den sicheren Weg, der nicht allzu weit weg war und doch vergleichsmäßig ungefährlich war. Aber heute konnte ich nicht anders … ich nahm eine der kleineren Seitengassen, die um die Ecke lag. Sie war zum Glück nicht überfüllt. Nur ein paar Menschen durchquerten sie. In ihr befand sich nichts, als ein Hinterausgang von einer Bar.
Man blieb unentdeckt.
Es war allerdings dieses Mal still.
Zu still um wahr zu sein.
Je näher ich dem Hinterausgang kam, desto lauter hörte ich verzweifelte Geräusche, die sich schmerzhaft in die Länge zogen. Es hörte sich an, als würde jemand zusammengeschlagen werden.
Meine Gedanken gingen mit mir wieder durch… was eigentlich nichts Schlechtes sein musste. Sie haben mir oft schon aus der Patsche geholfen.
Plötzlich schlug die Tür vor mir auf und eine Frau wurde auf den harten Asphalt geworfen. Wie eine Leiche lag sie dort. Ich ging hinter einem kleinen Container zu meiner Rechten in Deckung, um nicht entdeckt zu werden. Ich beobachtete das Geschehen. Nachdem die Frau am Boden lag, traten 4 Männer aus der Bar. Hinter sich hievten sie einen windelweich geprügelten Mann. Als dieser ebenfalls auf dem Boden abgelegt wurde, begann das Chaos seinen Lauf zu nehmen.
Ein anderer der Vierertruppe, im blauen Anzug gekleidet, nahm seine Zigarette aus dem Mund und drücke sie am linken Auge des Mannes aus. Die anschließenden Schreie waren unerträglich, als würde Jemandem die Seele aus dem Leib gerissen werden. Sogar wortwörtlich, denn im nächsten Zug überreichte der Große, der den Mann rausgetragen hatte, einen Baseballschläger an seinen Kollegen und daraufhin lachte er und zog den Baseballschläger mit voller Wucht über den Kopf des Mannes.
Nicht bloß ein, zwei oder drei Mal.
Er vollzog den Akt des Leidens so oft, bis der Kopf aufplatzte und einem zermatschten Erdbeerkuchen glich.
Doch der hochgewachsene Kerl hörte danach noch nicht auf. Sie drehten sich nach der Hinrichtung zur Frau und wollten den Akt wiederholen.
Dieses Mal konnte ich einfach nicht tatenlos zusehen.
Auch wenn dies meine Identität und alles, was sie verbirgt, kosten würde, konnte ich dieses Mal nicht wegschauen. Denn um ehrlich zu sein, war das Wegschauen ein Teil meines Jobs. Doch das hier ging zu weit (selbst für mich).
Also legte ich den Koffer ab, öffnete ihn und holte aus einer Seitentasche ein kleines Set aus Waffen. Diese versteckte ich, klappte den Koffer leise zu und rief: „Action!“
Ich stand auf, entfernte mich von meinem Versteck und fing an ganz lässig zu pfeifen. Die Melodie von 99 Luftballons. Ich dachte mir, es würde ganz gut passen und ging mich langsam auf die Truppe zu.
Ich erregte ihre Aufmerksamkeit.
Sie riefen in meine Richtung: „Verpiss dich, hier gibt’s nichts zu sehen!“ Ich ignorierte sie.
Ich pfiff weiter und man merkte den Männern an, wie sie langsam nervös wurden. Der Typ in blau rief zu mir: „Da sucht wohl jemand Ärger.“
Ich dachte mir, Nein kein Ärger, nur eine Möglichkeit, paar Ärsche zu versohlen!
Der Typ in Blau, sein Kollege, rief dem Großen etwas auf Japanisch zu, was man nach seiner Haltung so interpretieren könnte: „Ey, Gorilla! Geh und mach den kleinen Floh fertig!“ Er kam mir näher, und war bereit zuzuschlagen, jedoch so langsam, dass ich mich im gleichen Augenblick wegducken konnte. Dabei führte ich mit meinem Schienbein zwei Tritte gegen sein Bein aus, sodass er noch im selben Moment wegknickte und am Boden lag. Ich machte ihn kampfunfähig. Die anderen sprachen auf Japanisch ihre Verzweiflung aus. Der in Blau schickte die anderen beiden auf mich los. Sie waren ein leichtes Spiel für mich, denn ich drängte sie an die Wand und rannte darauf zu. Ich sprang von ihr ab und verpasste beiden auf einen Schlag einen starken Side Kick, der beide sofort ins K.O versetzte. Nun wandte ich mich an den blauen Anzugkerl, der noch den Basketballschläger umklammert hielt. Sein Gesicht war von Angst erfüllt. Er zitterte am ganzen Körper, als hätte man ihn an ein Stromkabel angeschlossen.
Er rannte auf mich los, mit dem Baseballschläger direkt in der Richtung mir entgegen. Ich wich zur Seite und entwaffnete ihn.
Da viel er vor Schreck auf den Boden und winselte sich vor sich hin. So hatte ich Zeit, um nach der Frau zu sehen.
Gerade, als ich der Frau aufhelfen wollte, um sie in Sicherheit zu bringen, hörte ich das Geräusch einer entsicherten Waffe. Ich zog einen kleinen Betäubungspfeil aus meiner linken Jackentasche und warf ihn noch im gleichen Zeitpunkt.
Der Pfeil traf ihn in die linke Brust und ließ den Schuss noch rechtzeitig ins Leere gehen.
Der Mann war betäubt. Ich richtete meinen Blick auf ihn und dann zur Frau. Ich bemerkte schnell, dass sie schwer verletzt war. Als ich sie aufheben wollte, fragte sie mich: „Wo bringen Sie mich hin?“, ich antwortete leise.
„An einen sicheren Ort.“ Danach rannte ich so schnell wie ich konnte in die entgegengesetzte Richtung. Ich entschied mich für meine Unterkunft. Dort ließ ich die Frau bei einer Nachbarin, die Ärztin war. In Eile machte ich mich wieder auf den Weg, um endlich das verdammte Treffen zu erreichen. Mir blieb nur noch eine Stunde Zeit und der Treffpunkt befand sich noch 12 km entfernt. Jetzt musste ich mich sputen. Und im Kopf drehte sich Folgendes immer wieder ab: „Na jetzt seht ihr, warum ich solche Gassen meide, in jeder Ecke kannst du echt tief in die Scheiße treten.“
Ich hatte bereits Angst, nicht mehr rechtzeitig anzukommen, doch anscheinend meinte es das Karma dieses Mal gut mit mir. Hinter der Gasse, in der das Chaos sich abgespielt hatte, befand sich ein Weg, der mir sehr vertraut vorkam. Ich erinnerte mich noch gut an ihn. Der Weg, auf den ich jetzt blickte, war der, in dem ich als Kind aufgewachsen war. Dort stand ein kleines Haus gleich um die Ecke – mein Geburtshaus. Würde ich die Straße durchqueren, wo es lag, müsste ich nur noch 2km laufen und ausschließlich eine kleine Seitenstraße nehmen, dort würde das Ziel auf mich warten. Allerdings war ich mir nicht mehr sicher, ob das Haus überhaupt noch stand. Vor einigen Jahren wurden an dieser Straße ein paar Sanierungen und weitere Bauarbeiten ausgeübt.
Nach der Ankündigung der Erneuerungen, wurde es still um das Projekt, wieso wusste niemand, doch seitdem hatte sich nicht mehr viel getan.
Ein Versuch konnte nicht schaden, immerhin wäre es schön, in alten Erinnerungen zu schwelgen. Und Zeit hatte ich auch nicht mehr so viel. Also nahm ich die Straße und ging zu meinem früheren Zuhause. Ich bog von der Hauptstraße in den Weg meines alten Zuhauses ab. Als ich meinen ersten Fuß auf den Asphalt setzte, weinte mein inneres Kind voller Freude. Ich sah es noch vor meinen Augen, als wäre es gestern gewesen. Wie der Weg verläuft, die Bäume stehen, die Familien und Bekannten an ihren Terrassen sitzen oder an den kleinen Familien Restaurants gemeinsam Suppe oder Sushi aßen. Ich mit den Nachbarskindern auf den Straßen darum kämpfte, wer die meisten Tore schießen konnte oder wer der größte Krieger war. Eine Zeit, an die ich gerne zurückdachte. Eine Zeit, die für mich am liebsten nie ein Ende nehmen dürfte.
Doch hinter dieser Schönheit, verbarg sich ein grauenhaftes Ereignis, das der Öffentlichkeit vorenthalten wurde und immer noch dazu führte, dass ich zu dem wurde, der ich heute bin. Aber zu diesem Teil kommen wir noch früh genug zurück…
Je näher ich dem Haus kam, wurde ich vom Anblick der Realität glatt erschlagen. Denn wo einst Häuser standen, wo glückliche Familien lebten und Familiengeschäfte das Viertel belebt hatten, standen nun Casinos auf der einen Seite, die in den Himmel ragten und auf der anderen, viele kleine Liebeshäuser, dessen Lichter einen glatt blenden würden, wenn man in sie hineinblicken würde. Ihr Anblick sollte einen verführen, wenn man sich darauf einlässt.
Zu dieser Uhrzeit war niemand draußen, da die Party um diese Zeit in vollem Gange war. Als ich die Straße durchquerte, war ich aufgewühlt … darüber nachzudenken, was aus dieser Heimat nun wurde, machte mich traurig. Allerdings erlaubte es mein Stolz nicht, eine Träne zu vergießen. Denn wenn jemand bei dem Treffen eine Träne bemerken würde, könnte er Verdacht schöpfen und vielleicht unter meinem antrainierten Deckmantel alle Geheimnisse lüften.
Das konnte ich mir nicht erlauben.
Ich wischte schnell die Trauer mit einem stolzen Lächeln weg.
In nicht weniger als zehn Minuten war ich endlich am Ziel angelangt. Es war erleichternd für mich, zu wissen, dass ich es geschafft hatte.
Na ja so wie man es nimmt.
Denn wenn ich am Ziel war, begann meist erst der wahre Spaß.
Nun war ich endlich da.
Nachdem ich am Ende der Straße noch einmal einen kleinen Seitenweg genommen hatte, erreichte ich meinen Zielort. Irgendwie fühlte sich das hier wie eine tote Stadt an … also zumindest dieser Teil. Denn keine Menschenseele war zu sehen und kein Geschäft belebte die Straßen. Nur ein kleiner Laden, vor dem ich stand, leuchtete auf. Auf dem Schild befand sich ein blauer Fisch und neben ihm das Gesicht eines freundlichen Koches. Speichel sammelte sich in meinem Mund und mein Magen knurrte so laut, als hätte eine Rockband in meinem Magen einen riesigen Gig am Laufen. Doch als ich das Lokal betrat, verging mir jeder Appetit. Alles war zerfallen - es gab keine Tische, die Fenster waren von innen von Brettern versperrt. Der Boden und die Wände waren von Schimmel befallen, der mehr als nur sichtbar, sondern zugleich auch spürbar war. Nur eine Lampe flackerte an der Decke. Am Ende des Raumes befand sich noch eine Tür, die schon halb offenstand und in der die Scheibe herausgebrochen war.
Es war irgendwie unheimlich das Gebäude zu betreten. Auch wenn ich einen harten Typen verkörpern musste, konnte ich der Macht der Gedanken nicht widerstehen. Beim Durchqueren quietschte die Tür. Fast so, als würde ich mich in einem Horrorfilm befinden und hinter ihr würde mich etwas Ekliges oder gar Totes warten.
Ich wagte mich hindurch.
Hinter der Tür befand sich ein kleiner Raum, mit einem kleinen Tisch. Anscheinend spielten hier früher die Angestellten im Geheimen Poker. Doch das war noch nicht alles, hinter dem Tisch sah man noch ein kleines Licht, das schwach hin und her flackerte. Beim Flackern kam noch eine weitere Tür zum Vorschein, diese war allerdings weder kaputt noch alt, sondern stich heraus und sah massiv aus. Sie erinnerte mich an den Eingang eines Kühllagers. Vielleicht bewachte sie sogar etwas streng Geheimes.
Die Tür besaß zum Glück einen Augenscanner. So etwas wie einen Schlüssel besaß ich nicht bei mir. Ich legte mein linkes Auge an den Scanner, da erklang eine weibliche Stimme: „Scan wird gestartet.“ Kurz darauf: „Willkommen 22!“
Danach öffnete sich die Tür wie ein Tor zur Pforte der Unterwelt. Ich ging hindurch und befand mich in der Finsternis.
Es roch nach Verwesung. Es war ein furchtbarer Geruch … es fühlte sich an, als würde meine Nase sich glatt selbst begraben. Ich tastete mich weiter vor und fühlte etwas Flüssiges an meinen Händen, ich dachte mir, dass es vielleicht eine Kühlkammer oder etwas Ähnliches seien würde. So beruhigte ich mich fürs Erste. Plötzlich ging das Licht an und meine These bestätigte sich, es war eine Kühlkammer, wo Fleisch aufbewahrt wurde. Vor mir sah ich endlich etwas Leben in der Bude, mein Kontaktmann wartete bereits auf mich, auf einem kleinen Stuhl neben einem rundlichen Holztisch. Ich begab mich zu ihm und es schien, als wüsste er, dass ich da war, denn er rief zu mir von seinem Platz aus: „Der alte Herr hat es nun auch endlich geschafft.“
„Wen bezeichnest du hier als alt? Immerhin bist du doch immer derjenige, der es nicht einmal schafft, die Treppe hochzukommen und immer bei einer Wanderung, mit einem Rollator am Start ist…“
Mein Kontaktmann lachte und sprach zu mir: „Mach dich noch lustig darüber, in ein paar Jahren wirst du an meiner Stelle sitzen und dann werden wir sehen, wer hier alt ist! Hast du, was ich dir geschickt habe?“
Ich antwortete: „Natürlich! Du weißt ja, wenn ich eins kann, dann ist es Dinge sicher ans Ziel zu bringen.“
Ich öffnete meinen Koffer und holte daraus eine Akte. Mein Kontakt, der unter dem Namen Kugelfisch bekannt war, sagte darauf: „Na dann, lass mal sehen.“
Er nahm sich einen Moment Zeit und nahm alles unter die Lupe. Ich nahm ihm kurz darauf den Wind aus den Segeln und fragte: „Sind das die Informationen, die wir brauchen, um ihn zu erledigen?“
Kugelfisch erwiderte mit Begeisterung: „Nicht nur ihn, sondern zugleich auch alle, die hinter ihm stehen.“
Er lachte daraufhin auf, doch sein Lachen wurde von einem Motorgeräusch unterbrochen, das von draußen kam.
Plötzlich öffnete sich das Rolltor des Hintereinganges und ein Konvoi von drei schwarzen Pickups fuhr hinein und blendete uns mit seinem Scheinwerfer. Ich fürchtete fast zu erblinden. Ich erkundigte mich: „Wer ist da?“, doch es kam keine Antwort.
Nachdem der Motor des Autos aus war, stieg eine Gruppe von schwarzgekleideten Hintermännern aus und gruppierte sich in einer Reihe, als würden die Männer einen Schutzwall bilden wollen. Ich ließ mir von dem Anblick nicht den Moment stehlen, um Kugelfisch leise zuzusprechen.
„Na, die sehen ja mal wie große Fische aus, was glaubst du, wie viel können die stemmen?“
Kugelfisch erwiderte mit kleiner Freude: „Auf jeden Fall mehr als du.“
„Du könntest auch mehr vertragen, immerhin könnte dich sogar ein kleiner Junge in dem übertreffen, was du vorgibst, zu stemmen.“
Ich lachte innerlich und da rief ihm zu: „Das stimmt nicht, ich stemme gute vier Kilos, zwei auf der einem und zwei auf dem anderen.“ Man spürte die Veränderung mit jedem Atemzug.
„Träum´ nur weiter, kleine Prinzessin.“
„Nein, aber im Ernst, ich habe keine Ahnung wer diese Kerle sind, das kann nichts Gutes bedeuten.“
Ich erwiderte darauf: „Da kann ich dir nur zustimmen, alter Freund.“
Kurz darauf trat hinter den Männern ein Mann hervor, der pure Boshaftigkeit ausstrahlte. Da dachte ich nur:
Der strahlt glatt mehr als die Sonne. Hm, ob ich in seiner Gegenwart wohl Verbrenne, ohne Sonnencreme?
Sein Lachen verstummte.
„Das ist wohl mein Glückstag. Denn wer kriegt heutzutage noch die Ehre, den Mann hinter der berüchtigten Nummer „22“ zu treffen. Oh, das wird ein Spaß!“
Ich konnte es nicht mehr hören und raffte mich dazu auf, zu fragen: „Musst du eigentlich immer so auftreten? So wie du dastehst, würde jedes Tier direkt in das nächste Auto steigen und die Fliege machen. Wo bleibt da der Spaß?“
Der Fremde lachte.
„Genau das habe ich auch vor. Du kennst mich zu gut, Nummer „22“ oder sollte ich besser sagen Daisuke.“
Sein Zug stellte mich kalt … so, als würde mich eine Kugel treffen.
Woher kannte er meinen Namen?
Woher?
Niemand außer die, die ausgewählt wurden, kannten mein wahres Ich.
Ich versuchte meine Fassade aufrecht zu halten: „Woher kennst du mich?“ Woher kennst du diesen Namen.“
Der Mann lachte wieder, doch dieses Mal ironischer. Er trat er immer näher und sprach: „Du wirst doch wohl nicht den Mann vergessen, wegen dem du zu dem geworden bist, der du heute vorgibst, zu sein. Denn wir wissen beide, dass du nicht das Zeug dazu hast, diesen Namen zu tragen.“
Und nach dem er es aussprach, brachte die Dunkelheit sein wahres Ich zum Vorschein. Als ich sein Gesicht sah, fühlte sich alles leer an. Alles in mir zerbrach, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen werden. Denn das konnte nicht sein, es konnte nicht sein, dass dieser Mann noch lebte.
Es konnte nicht sein, da ich ihn mit meinen eigenen Händen ermordet hatte.
Der Mann sprach: „Was der große Daisuke schweigt, da hätte ich nach all diesen Jahren mehr erwartet. Eine Schande.“
Dann ging das Licht aus. Ich hörte nur noch laute Schritte, die näher kamen und eine Waffe, die entsichert wurde. Es ertönte ein Knall, wie aus einer Pistole, der den Himmel erhellte und mich gleichzeitig aus meiner Gedankenwelt der Verzweiflung riss.
Danach war nichts mehr zu hören.
Nichts mehr, außer Totenstille.