Читать книгу Briefe historischer Persönlichkeiten - Karel Markowski - Страница 5

Cicero

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[Staatsmann 106-43 v.d.Z.

Zeitgenosse des Julius Cäsar 100-44 v.d.Z.]

Brief 1 - An Curio

Es tut mir leid, daß Sie mich für einen nachlässigen Briefschreiber halten. Bitter trifft mich ihr Vorwurf, meine Pflicht versäumt zu haben, doch der Gedanke, daß Sie auf diese meine Pflicht Anspruch erheben, tröstet mich, besonders da ich den Fehler, den sie mir zur Last legen, nicht verschuldete, und da die Sehnsucht, mit der sie meine Briefe erwarten, Ihre Freundschaft beweist. Aller Proben ungeachtet, die sie mir schon gegeben haben, ist diese Freundschaft meinem Herzen immer gleich angenehm und willkommen. Nie ließ ich eine Gelegenheit ungenutzt vorübergehen, Ihnen zu schreiben. Denn wenn jemand gern schreibt, so bin ich’s. Von Ihnen aber besitze ich zwei, höchstens drei ganz kurze Briefchen. Ich könnte also Ihnen also mit ähnlichen Vorwürfen aufwarten. Wollen Sie das nicht, müssen Sie sich nachsichtig zeigen. Darf ich übrigens hoffen, Sie mit häufigen Briefen nicht allzusehr zu belästigen, sollen Sie nicht über mich zu klagen haben. Doch nun genug über unseren Briefwechsel.

Sehr leid tut es mir, Sie ferne zu wissen und mich der Freude Ihres Umgangs beraubt zu sehen. Indessen freut es mich, daß Ihre Pläne sich verwirklichen und daß Sie mit Ihren Angelegenheiten so zufrieden sind, als ich es nur wünschen kann.

Zum Schluß eine kleine Ermahnung, zu der mich meine Liebe für Sie zwingt. Man erwartet sehr viel von Ihrer Einsicht und von Ihrem Herzen. Ich beschwöre Sie, diese Erwartung nicht zu täuschen, wenn sie nach Rom zurückkehren, sondern durch Ihr ganzes Betragen zu erfüllen. Nie werde ich vergessen, wie sehr Sie sich um mich verdient gemacht haben. Allein bedenken Sie auch ein wenig, daß Glück und Ehre, wozu Ihnen prächtige Aussicht winkt, nur daraus erblühen, daß Sie von meinen ebenso aufrichtigen wie liebevollen Lehren frühzeitig Gebrauch machten. Ich glaube es daher um Sie zu verdienen, daß Sie mir wohlwollen und dem Alternden Ihre jugendkräftige Unterstützung schenken.

Brief 2 - An Curio

Rupa war fest entschlossen, die Spiele nach Ihrem Wunsch anzukündigen, doch ich und alle Ihre römischen Freunde widerrieten ihm, weil es uns bedenklich erschien, daß in Ihrer Abwesenheit etwas geschehe, was Sie nach Ihrer Heimkehr vergeblich widerrufen möchten. Meine Ansichten über diesen Fall setze ich Ihnen ein andermal auseinander oder überrasche Sie mit einem vertraulichen Gespräch, ehe Sie selbst darüber nachgedacht haben. Vielleicht gelingt es mir, Sie zu überzeugen. Wenigstens erfahren Sie meine Ansicht und können sie gebrauchen, sollte – gegen meinen Wunsch – Ihr Entschluß Reue erwecken. Mit einem Wort, Sie werden Rom in einer Lage finden, die Ihnen gestattet, auch die glänzendsten Ansprüche leichter durch Ihre Talente, Ihre Geschicklichkeit und Ihr sprichwörtliches Glück durchzusetzen, als mit Hilfe der prächtigsten Spiele. Solche Spiele geben, bringt wenig Ehre, denn sie beweisen nur den Reichtum, nicht die Größe eines Mannes. Außerdem ist man schon mit solchen Festen übersättigt. – Doch ich habe nicht vor, Ihnen schon jetzt meine Gründe zu erklären. Das spare ich zu Ihrer Heimkehr auf.

Seien Sie versichert, daß man alles von Ihnen erwartet, was man nur immer von einem tüchtigen und einsichtsvollen Mann erwarten kann. Bereiten Sie sich deshalb so vor, wie es nötig ist und ich es Ihnen zutraue, so entschädigen Sie Ihre Freunde, Ihre Mitbürger und ganz Rom für die ausgefallenen Spiele, wären sie noch so ausgedehnt und üppig gewesen. Es soll Ihnen nicht an Beweisen fehlen, daß ich Sie mehr als andere schätze.

Brief 3 - An Curio

Wie Sie wissen, schreibt man Briefe mit den verschiedenartigsten Absichten. Die wichtigste, der wohl das Briefschreiben seine Entstehung verdankt, besteht darin, daß wir den Abwesenden eine Nachricht geben wollen, die uns oder ihnen berichtenswert vorkommt. Einen solchen Brief werden Sie von mir nicht erwarten, denn es fehlt Ihnen kaum an Leuten, die alles schreiben, was in ihrem Haus geschieht. Meine eigenen Angelegenheiten sind aber keine Neuigkeiten für Sie.

Dann gibt es noch zwei andere Arten von Briefen, die vertraulich scherzhafte, und jene, die allerlei Wichtiges ernsthaft behandelt. Auf jede dieser Arten zu schreiben, macht mir Vergnügen, aber diesmal fällt es mir in der Tat schwer zu wählen. Soll ich mit Ihnen scherzen? Bei den Göttern! Das könnte nur einem schlechten Patrioten einfallen. Oder soll ich Ihnen mit ernsten Betrachtungen kommen? Wovon aber könnte sich Cicero mit einem Curio ernsthafter unterhalten, als von der Lage des Staates? Allein meine Bedenken überwiegen, so daß ich` s nicht wage, mich deutlicher auszudrücken. Da mir der Stoff ausgegangen ist, schließe ich wie immer mit der freundschaftlichen Bitte, daß Sie ihre wahre Ehre gut im Auge behalten. Sie haben sich auf eine starke Gegnerin gefaßt zu machen, nämlich auf die Hoffnung, die man in Ihre Person setzt. Dieser Gegnerin sind Sie nur gewachsen, wenn Sie ausschließlich die edelsten Maßregeln bei der Ausführung Ihrer Pläne anwenden. Wäre ich nicht von der Größe Ihres Handelns überzeugt, würde ich noch einiges hinzufügen, aber selbst diese Andeutung hat nicht den Zweck, Sie aufzuregen, sondern soll nur der Beweis meiner herzlichen Zuneigung sein.

Brief 4 - An Curio

Dieser Brief sollte Ihnen durch Sextus Villius, einen Bekannten meines Freundes Milo, zugehen, denn Ihre Ankunft in Italien war noch nicht bekannt. Man vermutete sie wohl, wußte auch, daß sie Asien verlassen hatten. Doch der Inhalt meines Schreibens war so wichtig, meinen Wunsch, es sobald als möglich in Ihren Händen zu wissen, so groß, daß ich nicht genug eilen konnte. Hätte ich wirklich so viel Verdienste um Sie, als Sie mir entgegen meiner eigenen Ansicht anrechnen, dann würde ich Bedenken tragen, Sie in einer wichtigen Sache zu belästigen. Der Bescheidene fühlt sich immer verlegen, wenn er jemand um eine Gefälligkeit bitten muß, den er sich verpflichtet glaubt. Seine Bitte könnte einer Forderung ähnlich sehen und vermuten lassen, als heische er Entgelt für sein Verdienst. Allein da Ihre Verdienste um mich ebenso bekannt und neu als groß sind und da jeder Wohldenkende immer nach Veranlassung strebt, das Wohlwollen seines Gönners zu genießen, so scheue ich nicht, mich in einer dringenden und interessanten Angelegenheit an Sie zu wenden. Ich hoffe auch all des Guten, das ich Ihnen zu verdanken habe, nicht ganz unwürdig zu sein, da ich nicht nur das Wohlwollen meiner Freunde zu schätzen weiß, sondern mich auch für befähigt halte, es ebenso gut wie nützlich zu erwidern.

Milos Konsulat beschäftigt mich jetzt vollständig, und ich hoffe, daß meine Tätigkeit mich in den Stand setzen wird, diesem Mann meine Hochachtung zu beweisen. Sie verhilft mir dann zu einem Erfolg, der über dem Vergnügen steht, meine Pflicht getan zu haben. Das eigene Wohl kann niemandem so sehr am Herzen liegen, wie mir die Ehre des Mannes, dem ich alles, was ich bin und habe, verdanke. Sie allein können, wenn sie wollen, so viel für ihn tun, daß mir in dieser Hinsicht kein Wunsch übrig bleibt. Viele Umstände sind uns schon günstig. Sie wissen, daß er sich unter großem Beifall als Tribun sich für mich verwandte. Das hat ihm alle braven Römer günstig gestimmt. Durch prächtige Spiele und edle Denkart gewann er das Volk. Die ganze Ritterschaft und alle Leute von Einfluß geben ihm gern ihre Stimme aus Dank für Gefälligkeiten in ähnlicher Lage. Und ist auch meine eigene Stimme nicht so bedeutungsvoll, sie gehört ihm doch und tut vielleicht gute Dienste. Es fehlt uns nur ein Mann, der den Ton angibt, ein Steuermann, der die günstigen Winde zu benutzen weiß. Da wüßte ich in der Tat unter allen, die ich kenne, keinen, der dieser Aufgabe so gut wie Sie gewachsen wäre. Wollen Sie von meinem Eifer, womit ich mich der Sache Milos annehme, auf meine Dankbarkeit und mein gutes Recht schließen und mich Ihres Wohlwollens für würdig erachten, so bitte ich Sie, mich durch Ihre Unterstützung von meinem Anliegen zu befreien, bei dem nicht nur meine Ehre, sondern mein Glück auf dem Spiele steht. Sie finden in Annius Milo, wenn Sie sich seiner annehmen, einen Mann, der sich durch Dankbarkeit Ihnen gegenüber ebenso auszeichnen wird, wie durch seinen großen, edlen und festen Charakter. Für mich aber ist die Ehre Ihrer Unterstützung so groß, daß ich Sie ebensosehr für den Förderer meines Ruhmes halten werde, wie ich Sie schon für den Schöpfer meines ganzen Glückes halte. Wüßte ich nicht, daß Ihnen die Wichtigkeit meines Unternehmens einleuchtet, daß sie begreifen, wieviel Kampf und Mühe mich Milos Unterstützung kosten wird, setzte ich noch mehr hinzu. Lassen Sie sich also meine Angelegenheit und mich bestens empfohlen sein. Glückt meine Absicht durch ihre Vermittelung, dann haben Sie noch mehr Anspruch auf meinen Dank als Milo. Denn so schätzbar mir auch Leben und Vermögen sind, die ich beide Milo verdanke, so wird mir das Gefühl noch angenehmer sein, ihm meinen Dank und meine Achtung zu beweisen, was ich nur kann, wenn Sie mir helfen.

Brief 5 - An Curio

Selbst ein verspäteter Glückwunsch darf Verzeihung hoffen, wenn er nicht aus Nachlässigkeit verspätet ist. Ich bin so weit von Ihnen entfernt, daß alle Nachrichten nur sehr spät bei mir eingehen.

Großen Anteil nehme ich an der Würde des Tribunats, die Sie erhalten haben und ich wünsche, daß sie Ihnen zu stetem Ruhm gereichen werde. Folgen Sie nur bei jeder Unternehmung der eigenen Einsicht und lassen Sie sich nie durch fremde Ratgeber aus ihrer Bahn lenken. Kein Mensch kann Ihnen besser raten, als Sie selbst und Sie werden nie irre gehen, wenn sie sich folgen. Das soll keine Schmeichelei sein. Ich weiß, an wen ich schreibe; ich kenne Ihre Grundsätze und glaube fest, daß sie weder parteiisch noch unbesonnen handeln, wenn Sie auf dem beharren, was Sie für Recht halten. Daß Sie Tribun wurden in der gegenwärtigen bedenklichen Lage des Staates, ist kein Zufall, sondern die Folge Ihres freien Willens. Sie wissen daher selbst wohl am besten, wie sehr das Schicksal eines Staates von Zeit und Umständen abhängt, wie ungewiß unsere Erwartungen, wie unstet die Gesinnungen der Menschen sind und ebensowenig kann Ihnen unbekannt sein, wieviel Arglist es gibt und

wie selten gute Grundsätze sind. Trotzdem bitte ich Sie inständig, denken Sie nicht an Neuerungen, sondern gehen Sie mit sich selbst zu Rat, wie ich zu Beginn des Briefes schrieb, hören Sie auf sich und gehorchen Sie dieser Stimme. Von Ihnen kann man sicher besten Rat erwarten und niemand wird Ihnen besser raten als Sie selbst.

Warum bin ich nicht bei Ihnen, ihr Götter! Warum kann ich nicht Zeuge Ihres Ruhmes, nicht Helfer und Förderer Ihrer Anordnungen sein! Ich weiß zwar, daß Sie keinen Gehilfen brauchen, aber vielleicht könnte meine unbegrenzte Freundschaft mich befähigen, Ihnen manches zu erleichtern. Nächstens schreibe ich mehr. In wenig Tagen erstatte ich dem Senat Bericht und lege Rechenschaft ab über meine sommerliche Tätigkeit in der Provinz. In der Tat bin ich mit den Erfolgen zufrieden. Wieviel Mühe ich mir gab in bezug auf das Pontifikat trotz aller Schwierigkeiten Ihnen dienstlich zu sein, ersehen Sie aus meinem Brief, den ich Ihrem Theaso mitgab.

Teuerster Curio, ich weiß, daß Ihre Gunst für mich so groß ist, wie meine Achtung Ihnen gegenüber. Ich bitte Sie, suchen Sie ja zu verhindern, daß mein beschwerlicher Aufenthalt in der Provinz noch verlängert wird. Neuerungen verlange ich nicht, da sie mit so viel Hindernissen verbunden sind. Erreichen Sie nur, daß es beim Alten bleibt. Ehe ich wissen konnte, daß Sie Tribun werden, sprach ich schon persönlich mit Ihnen darüber. Schriftlich habe ich Sie schon öfters darum ersucht im Vertrauen auf Ihr Ansehen und Ihren Einfluß als Senator. Jetzt sind Sie Tribun — der Tribun Curio — und ich wiederhole meine Bitte. Suchen Sie geltend zu machen, was Senat und Gesetz über meine Provinz verordnet haben und helfen Sie, daß es bei den Bedingungen bleibt, unter denen ich die Stelle angetreten habe. Ich bitte Sie angelegentlich darum. Leben Sie wohl.

Brief 6 - An Nigidius Figulus

Lange habe ich überlegt, was ich Ihnen wohl schreiben sollte; allein mir kam weder ein geeigneter Vorwurf noch der richtige Ton in den Sinn. Unseren gewöhnlichen Briefton, den wir unter günstigen Verhältnissen gebrauchen, hat die Zeit verstimmt und die traurige Lage, in der wir uns befinden, ließ mich in diesem Ton weder denken noch schreiben. Es zeigte sich mir ein einziger, für die Gegenwart passender Ausweg: Ich mußte Ihnen entweder Hoffnung machen, Sie zu unterstützen, oder ich mußte Sie zu trösten suchen. Allein auch dieses war ich nicht imstand. Hilfe kann ich Ihnen unmöglich versprechen: Ich teile ja Ihr Schicksal, rechne selbst auf Unterstützung und habe mehr Augenblicke, in denen ich mich des Lebens überdrüssig fühle, als solche, in denen ich mich seiner freue. Für meine Person bin ich zwar nicht sonderlich gekränkt, im Gegenteil, Cäsar ist mir in allem, was ich mir in meiner Lage nur wünschen konnte, entgegengekommen. Trotzdem drücken mich aber noch soviel Sorgen, daß ich schon den Wunsch länger zu leben für ein Verbrechen halte. Meine besten Freunde sind meist tot oder geflohen und alle, deren Wohlwollen ich mir im Dienste der Republik einst erwarb nach Ihrem Rat, sind nun für mich verloren. Ich wandle auf den Trümmern ihrer Güter. Es wäre schon traurig genug, wenn ich nur hören müßte, wie räuberisch man mit dem Besitz derjenigen verfährt, die mir bei der Rettung des Staates aus seinem Brande halfen. Aber ich muß alles mit Augen sehen. In derselben Stadt, wo ich sonst in Fülle Einfluß, Ansehen und Ruhm genoß, fühle ich mich nun all dieser Vorzüge beraubt. Ist Cäsar auch noch so freundlich zu mir, er kann nicht gutmachen, was die Zeit verdorben hat. Meine Tätigkeit, wie ich sie gewohnt war und wie sie meinen Neigungen entsprach, ist gehemmt. Deshalb bin ich mit mir selbst ebenso unzufrieden, wie es vielleicht die

Öffentlichkeit ist. Bei meinem angeborenen Streben, stets auf die beste Art zu wirken, fehlt mir es nun nicht nur an Gelegenheit, sondern auch an guten Gedanken, und ich bin jetzt nicht imstande, obwohl ich sonst die unbedeutendsten Personen, ja sogar Verbrecher erfolgreich verteidigen konnte, einem Nigidius, dessen Einsicht und Rechtschaffenheit die höchste Achtung genossen, der mein wahrer Freund ist, die mindeste Hoffnung auf Fürsprache zu machen.

In diesem Ton konnte ich also nicht an Sie schreiben. So muß ich Sie denn wohl trösten und Gründe anführen, die Sie Ihren Kummer vergessen lassen. Allein, wenn irgend jemand in hohem Grade die Fähigkeit besitzt, sich oder andere zu trösten, so sind Sie es gewiß selbst. Es ist dies ein Geschäft, das soviel Feinheit und Wissen erfordert, daß ich mich damit nicht abgeben kann, sondern es Ihnen überlasse. Wie sich ein großer Mann in dieser Hinsicht benehmen muß, zu welchen Entschlüssen Ihr erhabener Sinn, Ihre Verdienste, Ihre Talente und Kenntnisse, worin Sie sich schon frühzeitig auszeichneten, sie verpflichten, das wissen Sie selbst am besten. Da ich in Rom bin und alle Vorkommnisse aufmerksam verfolge, kann ich Ihnen wenigstens die Versicherung geben, daß Sie – obwohl unsere gemeinschaftliche Lage vielleicht nie günstiger wird – für Ihre Person nicht mehr lange in dem jetzigen traurigen Zustand verharren werden. Irre ich mich nicht, so ist der Mann, dem alles zu Gebote, sehr geneigt, Sie zu befreien. Zu dieser Annahme habe ich guten Grund. Je weniger ich sein Vertrauter bin, desto größere Mühe gebe ich mir, hinter seine Gesinnungen zu kommen. Seine Neigung, denen, die er nicht liebt, den Unwillen fühlbar zu machen, dürfte vor der Hand Ihre Zurückberufung verzögern. Aber seine Vertrauten und Freunde denken und sprechen sehr vorteilhaft für Sie. Außerdem haben Sie Anhang im Volk und Sie können glauben, daß die jetzt allerdings ohnmächtige Republik ihre übrigen Kräfte aufbieten wird, ihre Zuchtmeister sobald als möglich zu Ihren Gunsten umzustimmen.

Doch ich will Ihnen nun auch Hoffnung auf etwas machen, was ich bisher verschwiegen habe. Ich suche Cäsars Freunde, die mir gewogen sind und mit denen ich oft zusammentreffe, zu gewinnen, um mir bei ihm selbst den Zugang wieder zu öffnen, den ich mir bisher durch Schüchternheit selbst verschlossen hatte, und will alle nur erdenklichen Wege einschlagen, auf denen ich unsere Absicht auszuführen hoffe. Ich werde überhaupt vielmehr tun, als ich melden darf und Sie können alles, was viele andere auch für Sie tun

werden, von mir doppelt erwarten. Mein Vermögen steht Ihnen zu Diensten wie mir selbst. Aber ich will mich kurz fassen mit diesem Versprechen, um Ihnen die festgegründete Hoffnung nicht zu rauben, daß Sie sich selbst helfen werden.

Zum Schluß bitte ich Sie, fassen Sie Mut und machen Sie nicht nur von den Grundsätzen Gebrauch, die Sie ihren großen Lehrern verdanken, sondern benutzen Sie auch die Erfahrungen des eigenen Nachdenkens. Verbinden Sie beides miteinander, dann hoffen Sie in allen Fällen immer das beste und überdauern jedes Schicksal mit weiser Gelassenheit. Doch das sagen Sie sich alles selbst besser und am besten. Übrigens werde ich mich stets mit der größten Sorgfalt für Sie verwenden und nie vergessen, wie sehr Sie sich zu einer Zeit, in der meine Lage höchst traurig war, um mich verdient gemacht haben.

Brief 7 - An Publius Sextus

Daß ich Ihnen so lange nicht schrieb, geschah weder aus Mangel an Freundschaft noch aus Nachlässigkeit. Teils der traurige Zustand, in den uns der zerrüttete Staat bringt, teils Ihr eigenes hartes, unverschuldetes Schicksal veranlaßte mein langes Schweigen. Da nun aber geraume Zeit verflossen ist und da ich mich immer mehr von Ihrer männlichen Standhaftigkeit überzeugt habe, hielt ich es für gut, Ihnen zu schreiben.

Es gab eine Zeit, in der ich Ihrer, mein Bester, annahm gegen die entehrenden Beschuldigungen, die man in Ihrer Abwesenheit gegen Sie vorbrachte. Als der bekannte Prozeß einer Ihrer besten Freunde für Sie eine gefährliche Wendung nahm, gab ich mir in Ihrem Interesse die größte Mühe. Noch vor kurzem, nicht lange nach meiner Ankunft in Rom, fand ich Ihre Sache zu meinem größten Ärger viel schlechter eingeleitet, als ich es gestattet hätte, wäre ich von Anfang an dabei gewesen. Trotzdem habe ich alle meine Kräfte in Ihren Dienst gestellt. Als Sie nicht nur von Ihrem Feind, sondern sogar von bisherigen Freunden wegen des Getreideverkaufs zur Verantwortung gezogen wurden und als Ihre gerechte Sache ein Opfer unwürdiger Richter und anderer Gebrechen unserer Verfassung werden mußte, unterstützte ich Ihren Sohn mit Rat und Tat und stellte Ihm meinen ganzen Einfluß zur Verfügung. Je gewissenhafter ich also alle Pflichten der Freundschaft erfüllte, desto weniger kann ich Ihnen eine aufrichtige Bitte verschweigen. Denken Sie daran, daß Sie ein Mann sind, das heißt, ertragen Sie mit weiser Gelassenheit jedes Schicksal, das niemand zu vermeiden noch abzuändern vermag. Lassen Sie sich nicht vom Schmerz übermannen und bedenken Sie, daß es nicht nur bei uns, sondern auch in anderen berühmten Freistaaten tüchtige Männer gegeben hatte, die unter den Händen ungerechter Richter dasselbe Schicksal erlitten. Wollten die Götter, es wäre nicht wahr, wenn ich Ihnen sage, daß sie eine Stadt verließen, an der ein tüchtiger Mann keine Freude mehr hat.

Noch muß ich mit einigen Worten Ihres lieben Sohnes gedenken, um mich der Pflicht zu entledigen, sein vortreffliches Benehmen zu rühmen. Freilich muß ich fürchten, in Ihrem Herzen von neuem Sehnsucht schmerzlich zu erregen, wollte ich meine ganze Meinung über ihn aussprechen. Indessen können Sie sich, wo Sie auch weilen mögen, des Gedankens erfreuen, daß Ihr Sohn mit inniger Ehrfurcht Ihnen gegenüber Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit verbindet. Was wir uns recht tief in die Seele eingeprägt haben, bleibt uns so nahe, als hätten wir es wirklich vor Augen. Wenn Sie sich daher von den Verdiensten Ihres Sohnes überzeugen, wenn Sie an mich und die übrigen Freunde denken, die Sie nicht nach Ihrem Schicksal, sondern nach Ihrem Charakter beurteilen, wenn Sie endlich mit dem

Bewußtsein Ihrer Unschuld den Gedanken verbinden, daß der Weise sich nur gegen Laster und Verbrechen, nie gegen Unglück und feindliche Kränkung empört, so müssen diese Betrachtungen viel zu Ihrer Beruhigung beitragen. Unsere alte Freundschaft, die ich nie vergessen werde und die Achtung, die ich für Ihren vortrefflichen Sohn hege, machen es mir zur Pflicht, Sie in jeder Lebenslage zu trösten und zu stützen. Wenn Sie mir in Ihren Angelegenheiten schriftliche Aufträge geben, werde ich Sie stets zu vollster Zufriedenheit besorgen.]

Brief 8 - An Marius

Wenn Unwohlsein oder Schmerzen sie abhielten, unseren Spielen beizuwohnen, trug der Zufall schuld und nicht Ihr eigener Wille. Waren Sie aber gesund und wollten nicht kommen, weil Sie unsere Spiele für Possen halten, dann freue ich mich zweifach, erstens weil Sie gesund und ohne Schmerzen gewesen sind, zweitens weil Ihr Verstand kräftig genug ist, Dinge zu verachten, denen andere ohne Grund Wert beilegen. Hoffentlich haben Sie nur Ihre Muße recht angenehm genutzt, denn Sie hatten gute Gelegenheit, weil man Sie in Ihrem Garten fast ganz allein gelassen hat. Doch ich zweifle nicht, daß Sie sich diese Tage über in dem kühlen Saal mit der Aussicht nach den Gefilden von Stabiae während der Morgenstunden mit allerlei Lektüre unterhielten, indes die abtrünnigen Genossen einige alltägliche Schauspiele schlaftrunken angafften. Sie konnten sich das Vergnügen, womit Sie den Tag verkürzen wollten, nach Gutdünken aussuchen und wir mußten gezwungen bei Schauspielen aushalten, die Maecius zu geben für gut fand. Im ganzen genommen entfaltete man auf der Szene viel Pracht, aber ich glaube nicht, daß es nach Ihrem Geschmack war. Es erschienen, vermutlich ehrenhalber, alte Schauspieler auf dem Theater, die früher gewiß um ihrer Ehre willen die Bühne verlassen hatten. Ihr Liebling, Aesop, benahm sich diesmal so schlecht, daß ihm niemand verwehrt hätte, aufzuhören. Beim Deklamieren versagte ihm die Stimme, mehr brauche ich nicht zu erwähnen, die anderen Mitwirkenden kennen Sie. Die Aufführung bot nicht einmal die Unterhaltung, die man von mittelmäßigen Kräften verlangt. Prächtige Aufzüge verdrängten jede angenehme Stimmung und ich bin versichert, daß Sie sich nicht im mindesten nach solchem Glanz gesehnt haben. Denn wen erfreut es, in der “Klytemnestra” [verlorene Tragödie von Attius] einen Trupp von mehr als hundert Maultieren aufziehen zu sehen oder im “Equus Trojanus” [verlorene Tragödie von Livius] an dreitausend Schilde oder eine Menge Rüstungen für Fußvolk und Reiter anzustaunen. Das sind Dinge, die den Pöbel entzücken, aber Ihnen gewiß nicht gefallen hätten. Überließen Sie sich in diesen Tagen Ihrem Protogenes, so genossen Sie sicherlich besseres Vergnügen — er müßte Ihnen nur etwas anderes als meine Reden vorgelesen haben. Nach den griechischen oder oscischen (oscito=gähnen; oscitatio,nis= das Gähnen; Osci=Volk in Kampanien – Anmerkung Hrg. amarko) Schauspielen haben Sie sich wohl auch nicht gesehnt? Oscische Komödien kann man ja zur Not noch in der Ratsversammlung von Arpinum anhören und die griechischen werden Ihnen ebensowenig behagen, wie die griechische Straße auf ihr Landgut. Sollten Sie Gladiatoren sehen wollen, obwohl Sie sich immer wenig daraus gemacht haben? Pompejus gesteht es jetzt selbst, daß sich Mühe und Kosten nicht lohnen. Der doppelte Tierkampf, der fünf Tage dauerte, war glänzend, das läßt sich nicht leugnen. Aber was für ein Vergnügen findet ein aufgeklärter Mann, wenn ein wildes, kraftvolles Tier einen schwachen Menschen zerfleischt? Oder wenn ein schönes, herrliches Tier von einer Lanze durchbohrt

wird? Verdient so etwas überhaupt gesehen zu werden, so hat man es ja schon mehr als einmal gesehen und entdeckt nichts neues daran. Der letzte Tag galt den Elefanten. So viel der Pöbel bei diesem Schauspiel zu bewundern fand, so wenig wahres Vergnügen gewährte es. Man konnte sich im Gegenteil eines gewissen Mitleids nicht erwehren, wenn man eine Art von Sympathie der Tiere für den Menschen bemerkte.

Damit Sie übrigens sehen, daß es mir während der Spiele nicht nur an Freude, sondern auch an Freiheit gefehlt hat, will ich Ihnen nur sagen, daß ich mich in der Angelegenheit Ihres Freundes Gallus Caninius mit Vergnügen zerrissen hätte. Verfügte ich über ein so nachsichtiges Publikum wie Aesop, ich legte gern mein Handwerk nieder und genösse meine Tage, wie Sie und Ihresgleichen es tun. Ich war meines Berufs schon zu einer Zeit

überdrüssig, da Jugend und Ehrgeiz mich noch ermutigten. Auch konnte ich Klienten abweisen, die mir mißfielen. Aber jetzt ist es ein elendes Leben. Ich erwarte nicht nur keine Belohnung, sondern sehe mich auch zuweilen auf Bitten meiner Gönner genötigt, für Leute zu arbeiten, die es schlecht um mich verdient haben. Daher arbeite ich für das Ziel, einmal als mein eigener Herr zu leben. Und ich lobe Sie sehr, daß Sie sich so behaglich eingerichtet haben.

Daß Sie mich so selten besuchen, verschmerze ich eher, weil wir meiner geschäftlichen Überlastung wegen einander nur wenig genießen könnten. Ich möchte nicht ganz frei von Geschäften sein, aber sobald ich einigermaßen aufatme, will ich Ihnen trotz Ihrer eigenen mehrjährigen Erfahrungen zeigen, was es heißt, glücklich zu sein. Fahren Sie nur fort, für Ihren leidenden Zustand zu sorgen, damit Sie mich bald auf dem Landhaus besuchen und mir in der Sänfte Gesellschaft leisten können. Ich habe Ihnen diesmal etwas weitschweifiger geschrieben als ich gewohnt bin, nicht etwa, weil ich überflüssige Zeit hatte, sondern weil ich Sie gern habe und weil Sie mir einmal zu verstehen gaben — vielleicht erinnern Sie sich dessen — ich möchte Ihnen von den Spielen so viel melden, daß Sie ihre Abwesenheit von Rom nicht bereuen. Es soll mich freuen, wenn ich diese Absicht erreichte. Wenn nicht, bleibt mir der Trost, daß Sie ein andermal unsere Schauspiele besuchen, bei dieser Gelegenheit auch zu mir kommen und es nicht bloß bei der Hoffnung bewenden lassen, Ihnen ein Vergnügen zu bereiten.

Brief 9 - An Luccejus

Offen will ich Ihnen schreiben, was ich gern öfters mit Ihnen besprochen hätte. Doch hielt mich törichte Schamhaftigkeit zurück. Briefe erröten nicht. Ich brenne darauf, in Ihnen meinen Biographen zu finden, hoffentlich tadelt niemand solche Begierde. Versprochen haben Sie es allerdings, also verzeihen Sie, daß ich dränge. Hatte ich auch schon längst alle Ursache, von Ihrer Kunst Vortreffliches zu erwarten, so übertrafen doch Ihre Schriften meine Erwartung und begeisterten mich in so hohem Grade, daß ich mich nicht länger des Wunsches erwehren kann, meine Biographie, von Ihnen geschrieben, zu lesen. Ich verfolge gerade nicht die Absicht, bei der Nachwelt unsterblich zu sein, sondern ich wünsche vor allem, mich selbst in Ihrem Urteil, an den Merkmalen Ihres Wohlwollens und dem Zauber Ihrer Kunst zu freuen. Wohl weiß ich, daß Sie bereits wichtigere Aufgaben unter den Händen haben, aber weil Sie doch mit der Geschichte des italischen Krieges und der bürgerlichen Unruhen beinahe fertig sind und selbst einmal davon sprachen, auch die spätere Zeit zu bearbeiten, so möchte ich Sie nur zu der Überlegung veranlassen, ob die mich betreffenden

Nachrichten in das ganze verwebt werden sollen, oder ob die Verschwörung für sich allein darzustellen sei, getrennt von den auswärtigen Verwicklungen, wie verschiedene griechische Schriftsteller, z.B. Kallisthenes den trojanischen Krieg, Tymäus den Feldzug gegen Pyrrhus, Polybius den gegen Numantia einzeln und ohne Verbindung mit der allgemeinen Geschichte behandelt haben. Wollen Sie auf solche Art nicht erst die Stelle abwarten, wo Sie meine Person einschalten können, sondern gleich den Anfang damit machen, so wird zwar mein Ruhm nicht sonderlich gewinnen, aber meine Erwartung wird schneller befriedigt. Bei der Geschichte eines einzelnen Mannes gewinnt — meiner Ansicht nach — Ihre Arbeit an Schönheit und Vollkommenheit. Ich fühle wohl, wie unverschämt es von mir ist, daß ich Sie trotz Ihrer anderweitigen Beschäftigung mit diesem Antrag belästige und dazu Ihnen zumute, mein Lobredner zu werden. Wie nun, wenn Sie nichts zu loben finden? Indes, wer

unverschämt ist, soll es bis zur Neige sein. Ich bitte Sie daher, vergessen Sie einmal den Beruf des Geschichtschreibers und sagen Sie mehr zu meinem Preis, als Sie vor sich selbst verantworten können. In einem Ihrer Vorberichte steht zwar die Erklärung, daß Sie sich ebensowenig von parteiischer Gefälligkeit hinreißen ließen, wie Herkules von den Verführungen der Wollust, allein, wenn ich bei solcher Gefälligkeit beträchtlich gewinnen sollte, könnten Sie vielleicht eine Ausnahme machen und für Ihren Freund die Grenzen der Wahrheit manchmal überspringen. Entschließen Sie sich, meinen Plan auszuführen, so finden Sie nach meiner vollen Überzeugung einen Stoff, der Ihren Anlagen und Beredsamkeit würdig ist.

Die Geschichte von Anfang der Verschwörung bis zu meiner Rückkehr aus dem Exil braucht wohl nur wenig Raum. Dabei könnten Sie Ihre Kenntnisse der verschiedenen Staatsveränderungen verwerten, die Quellen verderblicher Neuerungen zeigen und die Maßregeln dagegen anführen. Was zu tadeln ist, verdient Tadel, was Ihren Beifall erweckt, können Sie mit Angabe der Gründe namhaft machen. Sollten Sie sich mit gewohntem Freimut

ausdrücken wollen, so finden Sie Gelegenheit, die Treulosigkeit, Tücke und Verräterei festzunageln, die mir von so manchen Personen zuteil wurde. Die Erzählung meines wechselvollen Schicksals selbst wird Ihrem Vortrag eine gewisse Lebhaftigkeit geben, die dem Leser angenehme Unterhaltung bringt. Denn nichts eignet sich besser, den Leser zu unterhalten als der Wechsel von Zeit und Glück. Und waren auch meine Erfahrungen dabei nicht angenehm, so wird deren Lektüre nicht unangenehm wirken. Denn ruhiges Erinnern an seine peinlichen Lagen hat für den Menschen immer etwas Wohltuendes und für die, denen eigene Not unbekannt blieb, bringt es die süße Empfindung des Mitleids, die der Anblick fremden Elends bei kummerfreien Herzen erregt. Wer denkt nicht mit behaglicher Rührung an den bei Mantinea sterbenden Epaminondas, der das tödliche Geschoß nicht früher aus der Wunde ziehen läßt, als bis er hört, daß sein Schild in guten Händen sei, und der trotz aller Schmerzen die Fassung bis zum Tode behauptet? Wer unterhält sich nicht, wenn er von Flucht und Rückkehr des Themistokles liest? Fortlaufender Bericht wie in den “Fastis”, wo die Begebenheiten nacheinander aufgezählt werden, ermüdet. Aber die gefahrvolle, mit wechselndem Erfolg gespielte Rolle eines bedeutenden Mannes, erregt bald Bewunderung, bald Erwartung, bald Freude, bald Mitleid, bald Hoffnung, bald Furcht. Nimmt sie noch außerdem ein interessantes Ende, so gewährt die Lektüre den schönsten Genuß.

Können Sie sich nun entschließen, das Schauspiel meines Lebens, von der allgemeinen Geschichte gesondert, darzustellen mit seinen mannigfaltigen Auftritten, zahlreichen Abschnitten und Vorkommnissen, sollte es mich desto mehr freuen. Übrigens brauche ich wohl nicht zu befürchten, daß Sie mir zutrauen, ein Schmeichler zu werden, da ich Sie zu meinem Lobredner wählte. Sie kennen sich ja selbst am besten und wissen, daß Sie

nicht der Mann sind, der alle, die ihn einmal loben, für Schmeichler hält oder andere, die nicht immer Weihrauch streuen, für neidische Geschöpfe. Ich aber bin nicht Tor genug, um meine Biographie von einem Schriftsteller zu wünschen, der sich mit seinem eignen Talent keinen Ruhm erwerben könnte. Daß sich der große Alexander nur von Apelles malen und von Lysipp meißeln ließ, geschah gewiß nicht um den Künstlern zu schmeicheln, sondern weil er wußte, daß diese Arbeit den Künstlern zur Ehre und ihm selbst zum Ruhm gereiche. Trotzdem konnten sie nichts als seinen Körper bilden, ein Werk, das zum Ruhme großer Männer wohl entbehrlich ist. Der Spartaner Agesilaos, der sich weder bilden noch malen ließ, ist darum nicht weniger berühmt als andere, die in ihrem Dienst Maler und Bildhauer beschäftigten. Allein Xenophons Lobrede hat alle Bildnisse und Statuen dieses Fürsten überflüssig gemacht. Auch ich werde unendlich mehr Freude und Ehre davon haben, wenn Sie meine Geschichte

schreiben, als wenn es sonst irgendein Schriftsteller täte, nicht nur, weil Sie ihr großes Talent an mich wenden, wie Timaeus [offenbar ist die Schreibung eines identischen Namens Tymäus=Timaeus variiert] an Timoleon oder Herodot an Themistokles, sondern auch weil diese Geschichte dann das Werk eines Mannes wird, dessen Ruhm und Verdienst schon in den wichtigsten Angelegenheiten des Staates vorteilhaft bekannt sind. Sie werden nicht nur der Herold meines Ruhmes sein, wie es Alexander einst auf dem Vorgebirge Sygageum von Homer in bezug auf Achilles sagte, sondern ich werde auch das Zeugnis eines bedeutenden, berühmten Mannes auf meiner Seite haben. Denn ich teile Hectors

Meinung, der bei Naevius sagt, daß er gerne sein eignes Lob höre, aber aus einem Munde, der selbst Lob verdiene.

Zwar schmeichle ich mir, nicht leicht eine Fehlbitte bei Ihnen zu tun, sollten Sie jedoch meinen Wunsch jetzt nicht gewähren können, d.h. Hindernisse haben, die Ihnen das Werk unmöglich machen, nun so entschließe ich mich trotz allem, was sich dagegen sagen ließe, mein Leben selbst zu beschreiben. Mancher Große und Berühmte hat es schon getan. Freilich hat die Sache, wie Sie wohl wissen, auch schlimme Seiten. Findet man etwas zu loben, muß man es mit äußerster Bescheidenheit tun, und manches Tadelnswerte wird man zu verschweigen suchen. Dazu kommt, daß man dem, was einer über sich selber sagt, wenig Glaubwürdigkeit beimißt. Und endlich erscheinen die Tadler und meinen, daß die Herolde beim griechischen Spiel viel bescheidener gewesen seien, sie hätten zwar die Sieger bekränzt und deren Namen laut ausgerufen, aber wenn ihnen selbst ein Kranz zuteil geworden wäre, so hätten sie, um nicht eigenes Lob zu verkünden, den Ausruf einem anderen Herold überlassen. Solche Verlegenheit möchte ich mir gern ersparen. Das geschieht, wenn Sie meine hier wiederholte Bitte gewähren. Da Sie mir schon einigemal Hoffnung gemacht haben, meine vollständige Biographie zu schreiben, so nehmen Sie mir es nicht übel, daß ich Sie dringend und umständlich ermahne. Denn wie gesagt, schuld trägt nur das Verlangen, Ihre Schrift zu meinen Lebzeiten in Händen meiner Freunde zu sehen und meines Ruhmes dabei selbst froh zu werden. Schreiben Sie, wenn es Ihnen nicht zu viel Mühe macht, wozu Sie sich entschlossen haben. Wollen Sie den Plan gleich ausführen, halte ich das Material bereit. Verschieben Sie die Sache, dann reden wir mündlich darüber. Suchen sie indessen das Angefangene zu vollenden und bleiben Sie mir freundlich gesinnt.

Brief 10 - An Atticus

Ich habe den Verlust in ganzer Stärke gefühlt, den uns der Tod des Lentulus brachte. Uns ist ein tugendhafter Mann geraubt, der viel Vornehmheit und hohen Geist mit feiner Lebensart verband. Es bleibt uns ein Trost, der kräftig ist, obwohl er aus unserem Unglück stammt, er besteht darin, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen sein Schicksal nicht zu beklagen ist. Ich denke nicht wie Saufeius und seine Gesinnungsgenossen. Mir scheint, daß die Götter dem Lentulus, indem sie seine Vaterlandsliebe kannten, den Schmerz ersparen wollten, Untergang und Brand des Staates zu sehen. Wir sind also viel unglücklicher als er. In der Tat, was haben wir nicht täglich durchzumachen? Ich spreche hauptsächlich von mir. Was Dich betrifft, so hast Du, obwohl Du alle Vorbedingungen erfüllt hast, keine feste Stellung angenommen und Du trägst nur das Joch, das alle Bürger tragen.

Aber ich! Mein Eifer für den Staat wird als Wahnsinn betrachtet, die kleinste Schonung für schändlichen Zwang und mein Schweigen selbst für Feigheit oder Verrat. Was habe ich nicht zu erdulden! Ich leide um so mehr, als ich nicht wage, mich zu beklagen, aus

Furcht für einen Undankbaren zu gelten. Wenn ich mich noch zurückziehen könnte und außerhalb des Wirrwarrs der Geschichte eine Zuflucht fände, aber ich bin nicht mein eigener Herr. Im Gegenteil, ich muß mich nun einschiffen und auf Posten bleiben. Ich werde also Untergebener sein, ich, der einst als Oberhaupt befehlen wollte. Doch ich folge Deinem Rat und unterwerfe mich. Hätte es den Göttern gefallen mögen, daß ich ihm stets gehorsam gewesen! Es ist klug zu sagen, daß man sich in die Zeit schicken soll. Aber es wird viel Mühe kosten, dies auf mich zu nehmen, und ich verzeihe es dem Philoxenes von Herzen, daß er lieber ins Gefängnis zurückkehrte, als seinen Gefühlen untreu zu werden. Nichtsdestoweniger arbeite ich daran, mich zu anderen Grundsätzen zu bekehren und Du wirst dieses Werk vollenden, wenn wir zusammen sind. Du schreibst mir oft, aber ich bekomme mehrere Deiner Briefe auf einmal. Deshalb hat mich auch der Tod des Lentulus noch mehr bewegt. Denn ich las zuerst in drei Briefen, daß es ihm besser ging und der vierte traf mich dann wie ein Blitzstrahl. Aber ich wiederhole es noch einmal, sein Schicksal ist nicht zu beklagen, das unsere ist Sklaverei.

Was jenes Schreiben betrifft, das ich an Hortensius richten soll, so muß ich gestehen, daß ich noch nicht daran gearbeitet habe, nicht aus Vergeßlichkeit, aber aus Abscheu. Ich sagte mir, daß es genug sei, mit außerordentlicher Geduld die schlechte Lebensart eines Mannes ertragen zu haben, der sich mein Freund nannte, ohne so weit zu gehen, ihn mit einem Lob zu überhäufen, das nur seine Ungerechtigkeit an den Tag brächte. Ich sagte mir, daß meine Empfindsamkeit mein Betragen genügend beeinflußt und daß ich keine neuen Proben davon in meinem Schreiben ablegen müsse, daß man es für eine Art von Genugtuung halten könne, aus der man schlösse, ich sei ungerecht gewesen oder ich sei wankelmütig. Aber ich überlege es mir. Schreibe mir oft! Bitte Luccejus, Dir eine Abschrift meines Briefs zu geben, in dem ich ihn bitte, die Geschichte meines Konsulats zu schreiben. Ich glaube, Du findest diesen Brief sehr schön. Er hat mir geantwortet, daß er für mich arbeiten werde. Berede ihn, es bald zu tun. Ich bitte Dich, so oft Du kannst, in mein Haus zu gehen und dem Vestorius zu versichern, daß seine Redlichkeit mich rührt.

Brief 11 - An den Imperator C. Julius Cäsar

Sehen Sie, ob ich Sie nicht wie ein anderes Ich betrachte, nicht nur in Bezug auf die Dinge, die mich selbst angehen, sondern so oft es sich um die Angelegenheiten meiner Freunde handelt. Ich war entschlossen, nach welcher Seite ich mich auch wenden würde, Trebatius mitzunehmen in der Hoffnung, daß er nicht nach Rom zurückkehre, ohne vorteilhaft die Folgen meines Wunsches empfunden zu haben, ihm Gutes zu erweisen, aber der Aufenthalt des Pompejus in Rom, der länger dauerte als ich erwartet hatte, und meine eigene Unschlüssigkeit, die auch Sie gut genug kennen, ließen mich meine Reise aufgeben oder wenigstens verzögern. Sie sehen also, was ich auf meine Schultern genommen und wie sehr ich auf Ihre Freundschaft rechnen muß. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, daß Trebatius von Ihnen bekommt, was er von mir bekommen hätte, und ich habe ihm versichert, daß er an Ihrem Herzen findet, was er an meinem erwartete. Ein seltsamer Zwischenfall hat sich dabei ereignet, der Ihre Güte bezeugt und meine Meinung wunderbar rechtfertigt. Während ich mit unserem gemeinsamen Freund Balbus über meine Pläne mit Trebatius sprach, erhielt ich Ihren Brief, dessen letzte Zeilen besagten: “Was Rufus betrifft, den Sie mir empfehlen, so werde ich ihn zum König von Gallien machen, oder wenn es Ihnen lieber ist, zum Statthalter in Lepta. Schicken Sie mir doch irgendeinen anderen, dem ich Ihnen zu lieb einen Dienst erweisen

kann.” Balbus und ich erhoben die Hände. Die Gelegenheit schien uns so glücklich und einzig, daß wir es nicht für einen Zufall hielten, sondern für einen Wink der Götter. Ich schicke Ihnen also Trebatius nicht nur um meines Planes willen, sondern um Ihrer Aufforderung Folge zu leisten. Fördern Sie ihn, mein lieber Cäsar, mit ihrer gewohnten Güte und verwenden Sie ihn auf alles, was Sie auf meine Empfehlung hin für meine Freunde tun wollen. Ich stehe für Ihn, nicht in dem Sinn, in dem Sie mich mit Recht neckten, als ich von Milo sprach, aber mit römischer Aufrichtigkeit, die jene der Ehrenmänner ist. Sie können ihn, auf mein Wort, als den ehrenhaftesten, besten und bescheidensten aller Männer empfangen. Seine Anlagen machen ihn zum ersten unserer Rechtsgelehrten und ich kenne eine Schrift von ihm, die geradezu vollendet ist. Ich bitte um keine Legion, um keine Statthalterei, noch um einen anderen hohen Posten für ihn, sondern um Ihre Freundschaft, ohne natürlich auszuschließen, was Sie nach eigenem Ermessen für sein Fortkommen und seinen Ruhm tun wollen. Schließlich gebe ich ihn, wie man sagt, aus meiner Hand in die Ihre, die Sieg und Treue zu belohnen weiß. Mein Anliegen geht vielleicht zu weit, aber ich sehe voraus, daß Sie mir vertrauen. Sorgen Sie für Ihre Gesundheit und hören Sie nicht auf, mir geneigt zu verbleiben.

Brief 12 - An Trebatius

Ich schreibe nie an Cäsar oder an Balbus, ohne meiner Pflicht gemäß ein Wort der ersten Empfehlung beizufügen. Dabei bleibe ich nicht bei landläufigen Ausdrücken stehen, sondern trachte stets danach, meine Freundschaft durch etwas ganz anderes darzutun. Aber ich wünschte, daß Sie manche Kleinlichkeit ablegen möchten und aufhören, ewig die Stadt und das städtische Wesen zu vermissen. Ihre Emsigkeit und Tugendhaftigkeit müssen Sie zum Ziele führen, dem zu liebe Sie fortgegangen sind. Ihre Freunde werden es Ihnen verzeihen, wie es die Damen von Korinth der Medea verziehen, die ein Mittel zur Überredung

fand darzutun, daß es kein Verbrechen sei, die Vaterstadt zu verlassen; denn eine Menge von Leuten hat fern von der Heimat die eigenen Geschäfte sowohl wie die des Staates sehr gut wahrgenommen. Viele andere wurden getadelt, weil sie niemals die Grenzen überschritten. Dazu würden Sie gehören, wenn wir Sie nicht gezwungen hätten, Rom zu verlassen. Doch davon ein anderes Mal mehr. Hüten Sie sich vor dem schlechten britannischen Fuhrwerk, der Sie uns vor dem hiesigen Vorsicht empfehlen und vergessen Sie nicht die Lehre — da ich nun einmal die Rolle der Medea übernommen habe: — Es ist eine törichte Art, weise zu sein, wenn man nicht weise zum eigenen Nutzen ist. Lassen Sie sich’s gut gehen.

Brief 13 - An Atticus

Ich bin Dir zu großem Dank verbunden, daß Du Eurychides freigelassen hast. Aus Deinem früheren Eigennamen und Deinem jetzigen Familiennamen hast Du ihm den Namen T. Caecilius gegeben, ebenso wie wir aus unseren beiden Namen den des Dionysios gemacht haben, Marcus Pomponius. Ich wäre sehr froh, wenn Eurychides erführe, daß Du ihm auf meinen Rat hin diese Gnade zuteil werden ließest und daß ich weiß, wie tief er teilgenommen hat an meinem Unglück und daß ich seither immer daran denke, mich dankbar zu zeigen.

Du mußt in Asien sehr wichtige Geschäfte haben, sonst würdest Du nicht ohne zwingenden Grund Dich so weit von allem entfernt haben, was Du liebst und was Dich erfreut. Aber wir werden Deine Freundschaft und Deine Anhänglichkeit erst nach Deiner pünktlichen Rückkehr bemessen. Ich fürchte sehr, daß Du Dich nicht von dem Rhetor Clodius trennen kannst, von diesem so höflichen Herrn, und von Pituanius, dem Gelehrten, der sich noch im Alter bemüßigt fühlte, die griechischen Autoren zu lesen. [Bei von Gleichen Komma statt Punkt.] Nichtsdestoweniger wäre es gerecht, daß der Reiz ihrer Gespräche Dich nicht länger zurückhalte. Halte Wort und komme, wie Du versprochen. Werden diese Schöngeister in Rom sein, so erlauben wir Dir sie zu sehen, so oft Du willst.

Du sagst in Deinem letzten Brief, daß Du Dich nach Nachrichten von mir sehnst. Ich habe Dir einen recht ausführlichen Bericht über alles geschickt, was hier seit Deiner Abreise vor sich ging. Aber da Du meiner Ansicht nach nicht lange in Epirus bliebst, hast Du ihn vielleicht nicht bekommen. Wenn ich nachher nicht mehr schrieb, so liegt es daran, daß meine Briefe zu wichtig sind — wenigstens für Dich — um sie unsicheren und ungetreuen Händen anzuvertrauen. Nun zu den römischen Angelegenheiten: Am 5. Juli wurden Sufenus und Cato freigesprochen, Procilius verurteilt. Dies zeigt, daß die dreifach großen Richter die gestörten Wahlen für nichts achteten, noch die Kabalen, die Zwischenregierungen und alle Staatsverbrechen, das ganze Unglück der Republik. Das einzige, was jetzt noch verboten ist, bleibt, einen Familienvater im Kreis seines Hauses zu töten. Und auch da sind die Meinungen geteilt. Procilius wurde von 22 Stimmen freigesprochen und nur von 28 verurteilt. Der Schluß von Clodius Rede, der unter den Anklägern sprach, war sehr geschickt und machte großen Eindruck. Hortensius gab sich beredt, wie gewöhnlich. Ich beobachtete Schweigen, [Bei von Gleichen sollte es eigentlich heißen: ich beobachtete schweigend.] meiner Tochter zuliebe, die krank ist und fürchtete, daß mir ein Pfeil entfliehen könne, der Clodius verletzt. Am selben Tag entführten mich die Reatiner in ihr reizendes “Tempe”. Ich soll sie gegen die Interamnaten verteidigen vor einem Konsul und zehn Beigeordneten. Sie beklagen sich, daß ihr fruchtbares Tal alle Feuchtigkeit verloren habe, seit M. Curio am Veliner See den Ausfluß in den Nares

verbreitert habe durch Abnehmen eines Hügels. Ich blieb einige Tage bei Axius, der mich in sein Haus zu den Siebenbrunnen führte. Am 6. Juli kam ich zur Sache des Fonteius nach Rom zurück. Dann ging ich ins Theater, wo mich das Publikum mit lautem Beifall begrüßte. Aber darum handelt es sich nicht und es ist eine Schwäche von mir, darüber zu sprechen. Um zur Sache zu kommen, ich sah Antiphon in mehreren Rollen. Er war umjubelt, schon ehe er auftrat, mit einem Wort, er trug den Preis davon. Und doch — unter uns — habe ich nie einen Schauspieler gesehen, der weniger Kraft und Stimme hatte und so überaus gewöhnlich war. Es ist ja richtig, daß er in “Andromache” besser als Astya spielte und daß er in den übrigen Stücken die anderen ausstach. Du fragst mich über Arbuscula, er gefiel aller Welt. Die prachtvollen Spiele gelangen auf das best, die Jagd wurde verschoben.

Folge mir jetzt auf das Schlachtfeld. Die Intrigen entbrennen immer heftiger denn je. Hier hast Du ein Beispiel. Das Geld stieg am 15. Juli um die Hälfte seines Wertes. Du wirst sagen, das ärgert mich nicht. Schöne Gefühle für einen Bürger! Die Partei Cäsars schiebt Memnius vor, der gemeinsame Sache mit Domitius macht. Die Konsuln bringen sie zusammen. Ich wage nicht, Dir in einem Brief mitzuteilen, unter welcher Bedingung. Dies mißfällt Pompejus, der Lärm darüber schlägt und sich für Scaurus erklärt. Aber man weiß nicht, ob er sich für diesen so sehr interessiert, als er den Schein erwecken möchte. Keiner der Kandidaten gewinnt merklich an Oberhand. Das Geld ersetzt Verdienst und Ansehen. Messalla zeigt Spuren von Entmutigung, obwohl es ihm weder an Geld noch an Freunden fehlt. Doch die Klugheit seiner zwei Mitbewerber, die von den Konsuln und von Pompejus

begünstigt sind, bildet ein starkes Hindernis. Ich glaube, daß die Wahlen mehr als einmal aufgeschoben werden. Die Kandidaten des Tribunats sind übereingekommen, Cato [Marcus Porcius Uticensis; auch genannt der Jüngere; Urenkel des Marcus Cato mit dem Beinamen Porcius=das Schwein, der seine Berühmtheit erlangte durch den stereotyp wiederholten Appendix an seine Reden im Senat vor dem 3.Punischen Krieg. Der viehische Beinname des älteren Cato, wurde beim Urenkel, wie eine Art Adelstitel, zum Ehrennamen] zum Schiedsrichter zu nehmen. Jeder von ihnen hat Cato 500 000 Sesterzen anvertraut, die verfallen, wenn der Schiedsrichter einen der Wahlmache bezichtigt, und unter die Mitbewerber verteilt werden.

Morgen sollten die Wahlen stattfinden, werden sie nicht aufgeschoben, schreibe ich Dir die Einzelheiten. Nur darf der Bote vor dem 28. nicht abgegangen sein. Wenn die Wahlmacherei ausgeschlossen wird, dann ist Cato furchtbarer als alle Tribunen zusammen. Ich habe mich Messius angenommen, den Appius dem Cäsar zugeteilt hat und der zurückgerufen wurde, vor Servilius zu erscheinen ... Dann werde ich für Drusus und Scaurus eintreten. Meine Liste ist mit berühmten Namen gefüllt, vielleicht mit solchen von designierten Konsuln. Wenn Scaurus nicht durchdringt, werden ihm seine Angelegenheiten viel Mühe bereiten. Aus den Briefen meines Bruders schließe ich, daß er schon in Britannien angekommen ist. Ich erwarte mit Ungeduld Nachricht von ihm. Mehrmals habe ich Gelegenheit gehabt, festzustellen, daß Cäsar mir viel Freundschaft und Achtung entgegenbringt. Grüße Dionysius und suche von ihm zu erreichen, daß er sobald wie möglich meinem Sohn Unterricht gibt — und auch mir.

Brief 14 - An seinen Bruder Quintus

Wenn Du meine Briefe von der Hand eines Schreibers gefertigt bekommst, schließe nicht daraus, daß ich überbeschäftigt bin, aber denke, wenn sie eigenhändig sind, daß ich trotzdem keine überflüssige Zeit habe. Jetzt zum Beispiel bin ich mehr denn je von Rechtssachen und Urteilen in Anspruch genommen. Nichtsdestoweniger ist die Jahreszeit sehr

ungeeignet und wir leiden unter der Hitze. Aber das muß man geduldig ertragen, wie es auch Deine Grundsätze gebieten. Ich will nicht, daß man mir vorwirft, Deinen Erwartungen nicht entsprochen zu haben, besonders da ich trotz aller Schwierigkeiten großes Ansehen und würdige Wertschätzung aus meiner Arbeit ernte. So bemühe ich mich — um Dir entsprechend zu handeln — nicht nur keinen Menschen zu beleidigen, sondern außerdem die Zuneigung jener zu gewinnen, die sich daran stoßen, uns so eng mit Cäsar verbunden zu sehen. Auch die Liebe und Achtung unserer Freunde suche ich zu steigern und solche zu gewinnen, die sich nur halb nach unserer Seite neigen.

Mehrere Tage hielt ich mich vom Senat entfernt, während man sehr heftig die Wahlmache behandelte, da die Übergriffe des Konsulatskandidaten unerträglich wurden. Ich habe beschlossen, nicht Partei bei der Heilung des Staates zu ergreifen, wenn ich nicht genug Leute hinter mir habe.

Heute, wo ich Dir schreibe, wurde Drusus, den man amtlicher Untreue beschuldigt hatte, von den Tribunen mit vier Stimmen Mehrheit freigesprochen, nachdem Senat und Ritter ihn verurteilt! Heute Nachmittag muß ich Vatinus verteidigen. Das ist leicht zu machen. Die Komitien sind auf September verschoben, Scaurus wird gleich verhandelt und ich werde ihm zur Seite stehen. “Die Gäste des Sophokles” haben mir nicht gefallen, obwohl ich zugestehe, daß dieses Stück in den Vorstellungen, die Du gesehn, gefallen haben mag.

Nun will ich auf das kommen, was eigentlich die erste Stelle in meinem Brief einnehmen sollte. Mit welcher Freude empfing ich Deine Nachrichten aus Britannien! Ich hatte Angst des Meeres wegen und fürchtete die Küsten dieser Insel. Auch über das übrige

darf man sich nicht leicht hinwegsetzen, aber trotzdem sehe ich mehr Grund zur Hoffnung als zur Unruhe und Warten stört mich mehr, als Besorgnis. Im ganzen sehe ich eine schöne große Aufgabe vor Dir. Welche Sachlage! Welche Gegend und welche Ereignisse, welche Sitten, welche Volksstämme, welche Schlachten! Und endlich was für ein Feldherr! Gern verspreche ich dir jede Art von Unterstützung, die Du begehrst, auch werde ich Dir nach Deinem Wunsch Verse schicken, obwohl mir vorkommt, als trüge ich Eulen nach Athen.

Aber mir scheint, Du verschweigst mir, was Cäsar über unsere Verse gedacht hat. Er schrieb mir, daß er das erste Buch gelesen habe, und daß ihm dieser Anfang so gut gefiel, wie das Beste, was er von den Griechen gelesen. Das übrige bis zu einer bestimmten Stelle schien ihm weniger sorgfältig ausgeführt. So sagte er. Gestehe mir, war es der Inhalt, war es die Form, die ihm mißfiel? Fürchte nicht, daß ich an Selbstachtung verliere und enthülle mir die Wahrheit als Freund und Bruder.

Brief 15 - An Atticus

W eil ich zu sehr beschäftigt bin, diktiere ich diesen Brief meinem Schreiber. Seit Deiner Abreise erhielt ich mehrere Briefe, aber sie enthielten nichts anderes als den Ort Deines Aufenthalts und gute Nachrichten über Dein Befinden. Mit Vergnügen las ich die beiden aus Buthrotum, in denen Du mir kurz nacheinander von angenehmer Seefahrt erzählst. Ich danke Dir für die Pünktlichkeit, mit der Du schriebst, obwohl der Brief kürzer war, als ich wünschte... Jetzt muß ich auf Deine Fragen antworten. Ich werde versuchen, Varro in einem meiner Dialoge auftreten zu lassen, aber nach der Art, wie ich sie geplant habe, ist die Sache nicht leicht zu machen. Z. B. in dem über die Redekunst, der Dir so gut gefallen hat, dürfen nur Leute erwähnt werden, die den redenden Personen bekannt sein können oder von denen

sie wenigstens haben sprechen hören. Dieselbe Schwierigkeit liegt bei den Dialogen über den Staat vor, wo ich Scipio, Philus, Laelius und Manilius auftreten lasse. Unter den jungen Leuten jener Zeit wählte ich noch Q. Tubero, R. Rutilius, mit Fannius und Scaevols, den Schwiegersöhnen des Laelius. Aber da ich gewohnt bin, solchen Büchern eine Vorrede mitzugeben, wie es Aristoteles bei jenen tat, die er esoterisch nennt, so habe ich Lust, eine an Varro zu richten, worin ich ihn nach Verdienst loben könnte, ohne meine bisherige Schreibart zu ändern. Ich werde mich daran halten, da Du es gebilligt hast, vorausgesetzt, daß ich mein Ziel damit erreichen kann. Du weißt, es ist eine langatmige Sache, die viel Muße bedarf und ich habe deren so wenig.

Du möchtest, daß in meinem Dialog über die Redekunst, mit dem Du sonst sehr zufrieden bist, Scaevola bis zum Schlusse bleibt. Aber ich habe Gründe, ihn nur im ersten Buch auftreten zu lassen. Ich habe unseren Gott Plato nachgeahmt in seinen Dialogen “über den Staat”. Sokrates kommt, um Pyraeos Kephalos zu finden, den reichen, liebenswürdigen Greis, der seine Ansicht über die im ersten Buch aufgeworfenen Fragen kundgibt. Aber nachdem er eine Zeitlang vernüftig über die Dinge gesprochen hat, die er versteht, verläßt der Greis die Gesellschaft, um ein Opfer zu bringen. Er kommt nicht mehr zurück. Wahrscheinlich hat Plato geglaubt, daß es nicht angängig sei, einen so alten Herren bei einem so langen Gespräch immer anwesend zu lassen. Dieser Grund trifft noch mehr bei Scaevola zu, dem weder Alter, noch Gesundheit, noch Stellung gestatten würden, mehrere Tage hintereinander bei Crassus in Tusculum zu verweilen. Übrigens behandelt gerade mein erstes Buch eine Frage, die den Kenntnissen, in denen sich Scaevola auszeichnete, besonders entspricht, während die beiden folgenden ein Dorngestrüpp von Regeln und Vorschriften

enthalten, die nichts mit dem angenehmen und weltklugen Wesen gemein haben, das auch Du an Scaevola kanntest. ... Messala, unser gemeinsamer Freund, und Domitius, sein Mitbewerber, haben dem Volke eine Freigebigkeit erwiesen, die ihnen alle Stimmen gewann. Sie werden sicher gewählt. Aber man hat im Senat beschlossen, daß man vor der Versammlung eine heimliche Untersuchung über alle Kandidaten anstellen werde. Man hat ihnen Beobachter zugesellt, worüber sie in große Aufregung geraten sind. Doch einige unter den Richtern - unter anderen Opimius Antius, aus den vejentischen Stamm - ließen die Tribunen sich einmischen, die zunächst dafür sorgten, daß man die Sache nicht ohne Zustimmung des Volkes behandle. So wird der Entwurf nicht durchgehen. Man gab nur einen Erlaß, der die Wahlen hinausschob bis nach Veröffentlichung des entsprechenden Gesetzes: aber als man es vorschlug, lehnte sich Terentius dagegen auf. Die Konsuln, die es sehr lässig behandelten, beriefen den Senat, um darüber zu beraten.

Stelle Dir diese Abderitenversammlung vor. Ich konnte nicht schweigen. “Was?” wirst Du fragen, “Du hast Dir doch Zurückhaltung auferlegt?” Es ging nicht mehr. In der Tat, wer würde die Geduld nicht verlieren? Der Senat hatte beschlossen, daß die Wahl nicht vor Gültigkeit des neuen Gesetzes stattfinden solle. Wenn jemand dagegen wäre, würde man es ein zweitesmal zur Beratung stellen. Die Konsuln zeigten Gleichgültigkeit, sie sind entzückt, wenn das Gesetz nicht durchgeht und meinen, man solle unverzüglich die Wahl abhalten, nachdem der Senat befragt worden sei. Unterdessen hat Scaevola bis zum Heutigen, dem 30. September, an dem ich diesen Brief schreibe, an jedem Sitzungstag die Auspizien beobachtet und Scaurus, für den ich mit solchem Erfolg gesprochen habe, daß er vor einigen Tagen freigesprochen wurde, benutzte den Aufschub, um in seinem Haus an die Stimmträger aller Stadtteile größere Summen als seine Nebenbuhler zu verteilen. Aber seine Freigebigkeit kam zu spät und verschaffte ihm wenig Parteigänger. Ich möchte gern Dein Gesicht bei dieser

Nachricht sehen. Denn Du glaubst, daß diese Unordnungen und Machenschaften noch lange dauern.

Heute, am 1. Oktober, soll sich der Senat versammeln. Jetzt dämmert der Morgen. Niemand wird mit Freiheit reden außer Antius und Favonius. Cato ist krank, ich werde mich zu bescheiden wissen. Indessen ich verschwöre nichts. .....

Du fragst wohl, wie ich alles aufnehme? Ich, sehr ruhig und ich bin froh darüber. Wir haben nicht allein Saft und Kraft der alten Republik verloren, auch Form und Ansehen sind dahin. Nichts hält uns mehr und nichts interessiert uns. “Und Du bist nicht untröstlich?” möchtest Du fragen. Im Gegenteil. Ich erinnere mich der blühenden Zeit, in der ich teil an der Regierung hatte. Die Art, wie mir meine Dienste gelohnt wurden, enthebt mich des Jammerns. Diejenigen, die mich um mein bißchen Macht beneideten, verzweifeln nun, weil sie die ganze Gewalt in der Hand eines einzigen sehen. Das ist kein geringer Trost für mich.

Übrigens benehme ich mich mit Würde. In meinen Büchern finde ich Unterhaltung, wie sie meiner Neigung entspricht. Meine Tätigkeit als Anwalt ist unangenehm, aber glänzend. Ich freue mich meines schönen Hauses in Rom und meiner angenehmen Landsitze. Ich denke nicht, wie tief ich gestürzt bin, sondern wie hoch ich mich wieder erhoben habe. Vorausgesetzt, daß ich den Rest meines Lebens mit Dir und meinem Bruder verbringe, kann man meinetwegen alles umstürzen. Man wird uns wenigstens nicht verhindern, zusammen zu philosophieren. Ich habe jene Empfindlichkeit verloren, die meine Ruhe trübte. Dieser Teil meines Wesens ist abgehärtet. Annehmlichkeiten such ich nur mehr in meiner Familie und unter Freunden. Endlich genieße ich jene bewundernswerte Heiterkeit, die nur Deine Rückkehr zu steigern vermag, denn mit niemand auf der Welt stehe ich besser als mit Dir, dessen Charakter wie keiner zu dem meinen stimmt. ....

Was hätte ich Dir noch zu erzählen. Ja, hier ist eine Geschichte, die Dich unterhalten wird. Eine Stunde, nachdem Gabinius freigesprochen war, verurteilten andere Richter, wütend über solche Schmach, einen seiner Freigelassenen und Untergebenen, den Schüler des Malers Sopolides mit Namen Antiochus Gatinius, zu den Strafen der lex Papia. Der Mann rief nach dem Urteil: “Ich habe immer gehört, daß Mars und Venus im selben Netz gefangen wurden.” ...

Ämilius Paulus hat bereits den Tempel beinahe wieder aufgerichtet, der mitten auf dem Platze stand. Er hat die alten Säulen verwendet, aber ein Gebäude von überraschender Schönheit geschaffen. Diese Ausgabe bringt ihm viel Ehre ein und gefällt dem Volke sehr gut. Nach diesem Beispiel haben die Freunde Cäsars (Solltest Du vor Verdruß darüber sterben wollen, mußt Du wenigstens wissen, daß ich von Oppius und von mir rede.), die Freunde Cäsars haben also beschlossen, um seinen Plan auszuführen, der auch Dir gut gefiel, den Platz zu erweitern, den Cäsar machen ließ bis zum Tore der Freiheit. Wir haben schon 60 Millionen Sesterzen zusammenbekommen, um alle Häuser auf diesem Raum zu kaufen. So hat man sich mit den Besitzern geeinigt. Es wird nichts Prachtvolleres geben. Wir machen auch auf dem Campus Martius Höfe und Säulengänge aus Marmor, die von einem großen Porticus von tausend Schritten umgeben sein werden, wo sich das Volk gedeckt versammeln kann. Dies Gebäude wird mit einer öffentlichen Meierei verbunden.

Was dies mich angeht, meinst Du, und warum ich so ausführlich davon erzähle? Soll ich die Neuigkeiten Roms verschweigen? Würdest Du lieber von der Abnahme der Bevölkerung hören, an die kein Mensch mehr denkt oder von den Urteilen nach der lex Cincia?

Jetzt muß ich Dich auszanken, da Du es verdienst. Du hast mir in Deinem Brief von Buthrotum geschrieben, daß Du die Reise nach Asien nicht aufgeben könntest. Mir scheint, daß Deine Geschäfte in dieser Provinz auch ohne Deine Anwesenheit gehen würden. Du gehst so oft fort, muß es auch noch auf lange sein? Aber es läßt sich nichts mehr dagegen machen, vielleicht hätte ich Dich vorher abhalten können. Lassen wir die unnützen Vorwürfe. Doch vielleicht beschleunigen sie Deine Rückkehr. Wüßte ich wohin, würde ich öfters schreiben. Diesen Brief gebe ich einem Unbekannten, in der Hoffnung, daß er ihn eigenhändig abgibt. Da Du nach Asien willst, schreibe mir, wann wir Dich ungefähr erwarten können und was Du für Eurychides getan.

Brief 16 - An Atticus

Brutus erwartet Nachrichten von Dir, ich habe ihm als erster den Erfolg Deines Tereus geschrieben. Er glaubte, man habe “Brutus” gespielt und hatte gehört, daß nur wenig Menschen im griechischen Schauspiel waren. Das hat mich nicht überrascht bei meiner bekannten Ansicht über dieses Theater.

Doch nun zu einer Sache, die sehr wichtig für mich ist. Unser Neffe war einige Tage bei mir und wäre noch länger geblieben, wenn ich es gewünscht hätte. Aber Du ahnst nicht, wie zufrieden ich während seines Aufenthalts in jeder Beziehung mit ihm war, besonders in der Richtung, in der er uns bisher so wenig befriedigt hat. Diese Veränderung wurde erreicht durch die Lektüre einiger meiner Schriften, die ich gerade überarbeitete, durch zahlreiche Gespräche mit mir und durch die Ratschläge, die ich ihm dabei gab. Sie geht so tief, daß wir in Zukunft bei ihm auf die Gesinnungen eines guten Staatsbürgers rechnen können. Nachdem

er mich vollständig überzeugt hat, bat er mich inständig, ihm bei Dir zum Vermittler zu dienen und Dich zu benachrichtigen, daß er Deiner und unser von jetzt ab würdig sei. Er will nicht, daß Du es ohne weiteres glaubst, sondern daß Du sein Freund wirst, wenn er Dir Beweise gegeben. Hegte ich auch nur leichten Zweifel an seinen Gesinnungen und hielte sie nicht für genügend gefestigt, hätte ich das nicht getan, was ich Dir jetzt mitteilen werde. Ich begleitete ihn zu Brutus, der von seiner Aufrichtigkeit so überzeugt war, daß er gar nichts von meiner Bürgschaft wissen wollte, indem er die guten Absichten lobte, sprach er sehr freundlich von Dir. Beim Abschied umarmte er unseren jungen Mann sehr herzlich. Obwohl mir scheint, daß ich Dich eher deshalb beglückwünschen sollte als für ihn sprechen, bitte ich Dich dennoch, überzeugt zu sein, daß der Leichtsinn, den man bisher seiner Jugend zugut halten mußte, vollständig vorüber ist. Glaube mir, Deine Zustimmung und Dein Ansehen werden viel dazu beitragen - um nicht zu sagen alles - ihn in seinen guten Absichten zu bestärken.

Ich habe Brutus einigemal im Gespräch nahegelegt, daß ich mich gern mit ihm einschiffen würde, aber er hat es nicht aufgenommen, wie ich dachte. Vielleicht erwartet er irgendeine Nachricht und er erwartet in der Tat eine solche, hauptsächlich über seine Spiele. Zu Haus in meiner Villa erfuhr ich von Gn. Luccejus, der täglich mit Brutus zusammen ist, daß er seine Abreise nicht beschleunigen will: keineswegs, daß er wollte abwarten, ob die Verhältnisse sich nicht zufällig änderten. Ich könnte gut nach Venusia gehen, dort die Nachricht von den Legionen zu erwarten. Kommen sie nicht, wie einige glauben, werde ich nach Hydrunt reisen. Aber wenn es weder zu Land noch zur See Sicherheit gibt, ziehe ich mich hierher zurück (Puteoli). Du willst nicht buchstäblich nehmen, womit ich Dich beauftragte. Ich will sterben, wenn es noch eine Person gäbe, die mich zurückhält. Suche überall, Du findest niemand. Aber wenn ich mit Dir zusammen bin, schäme ich mich ein wenig, Dir derartig zu widersprechen. Daß die Tage, an denen die Auguren in Tätigkeit treten,

in den Büchern des Lepidus wohl vermerkt sein möchten und gut übereinstimmten mit den Maßregeln, die ich für meine Rückkehr getroffen! Durch die Hoffnung, Dich in Griechenland zu treffen, bestimmst auch Du mich, abzureisen. Aber das stört Deine Geschäfte nicht. Es gibt noch keine Sammlung meiner Briefe. Tiron besitzt ungefähr 70, Du könntest auch einige zusteuern. Ich muß sie aber vor der Veröffentlichung durchsehen und verbessern.

Briefe historischer Persönlichkeiten

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