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Verdiente Auszeit

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Tina hatte sich die Auszeit wirklich verdient. Sie saß vor einem kleinen Café am Rande der Piaza del Duomo und beobachtete das rege Treiben rund um sie. Die Sonne in Mailand wärmte und ließ sie das regnerische München kurzzeitig vergessen. Der Stress der letzten Wochen in der Firma fiel langsam von ihr ab.

„Il loro Espresso, per favore.“

„Grazie.“ Am Platz schoben sich Unmengen Touristen hin und her. Sie hatte bereits einen Besuch der Pinacoteca di breri hinter sich und stand noch immer unter dem Einfluss der herrlichen Gemälde von Tiepolo und Canaletto.

Den Nachmittag wollte sie für einen Spaziergang quer durch die Stadt nutzen. Sie liebte Kunst jeglicher Art. Als Kind hatte sie Kunstgeschichte studieren wollen. Es stellte sich aber als ziemlich brotlos heraus und deshalb hatte sie sich für Betriebswirtschaft entschieden. Aber der Kunst galt noch immer ihre ganze Leidenschaft.

Am Platz tummelten sich nicht nur Touristen sondern auch Schausteller und Gaukler jeglicher Art. Ein goldener Geigenspieler stand als Statue am Rand des Platzes in der prallen Sonne. Auf seiner Stirn hatten sich unzählige Schweißperlen gebildet. Ein kleiner Strom lief ihm seitlich über die Wange.

Dazwischen saßen auch einige Hobbykünstler, die sich anboten, eine Karikatur oder eine realistische Zeichnung von Interessierten anzufertigen. Einfach abschalten und an nichts denken.

„Scusa … äh … la poltrona è … äh … gratuita?“

„Am besten wir bleiben bei deutsch. Und ja, der Sessel ist frei.“

„Danke.“ Seufzend ließ sich der Unbekannte ihr gegenüber nieder. „Sie sind aber keine Deutsche? Ich höre da einen österreichischen Akzent.“ Der gut gebaute dunkelhaarige Fremde setzte ein warmes Lächeln auf.

Christina – kurz Tina - lächelte zurück. „Stimmt. Ich komme aus Österreich. Lebe aber nun im München.“

„Ich komme aus Wien und lebe nun bald ganz in Niederösterreich. Aber nun sind wir hier. Darf ich mich nun setzen?“

„Sicher. Der Platz ist frei. Was verschlägt einen wienerischen Niederösterreicher nach Mailand? Urlaub?“

„Ja, ich genieße einige Tage Urlaub hier. Und Sie?“

„Ebenfalls. Eine Auszeit vom Alltag. Ich liebe Gemälde und besuche gerne Galerien. Das ist mein erster Besuch in Mailand.“ Warum erzählte Tina ihrem Gegenüber all diese Dinge über sich? „Entschuldigung, ich wollte Sie nicht belästigen.“

„Nein, Sie belästigen mich nicht. Schließlich habe ich mich Ihnen aufgedrängt. Ich mag ebenfalls Kunst, aber vor allem die Fotografie.“

Der Kellner brachte einen Espresso für den dunkelhaarigen Schönling. Die Sonne stand nun bereits weiter westlich am Himmel. Tinas blondes Haar spiegelte sich im Sonnenlicht und wirkte fast durchsichtig.

„Darf ich Ihnen etwas Persönliches sagen? Sie sehen in dem Licht wie ein Engel aus. Darf ich ein Foto von Ihnen schießen?“

Tina blickte den Fremden verständnislos an. „Bitte?“

„Ich fotografiere selbst auch gerne. Dürfte ich in diesem Licht ein Foto von Ihnen machen? Sie wirken gerade so entspannt und glücklich.“

„Ja, warum nicht.“

Er zückte eine Spiegelreflexkamera, die auf Tina ziemlich professionell wirkte. „Aha, ein Fotograf. Beruf?“

„Eher Berufung.“

„Finde ich mein Bild dann irgendwo im Internet wieder.“

Der Fotograf lachte. „Nein, die sind für meinen Eigenbedarf. Und was machen Engel so am Nachmittag?“

„Engel spazieren durch Mailand und genießen die spärliche Auszeit.“

„Dürfen Fotografen sie dann begleiten?“

„Wenn Fotografen gerne durch Städte spazieren und bei jedem interessanten Mauerwerk stehen bleiben, dann ja.“

Tina schulterte lachend ihren Rucksack und die beiden ließen sich durch das Getümmel treiben.

Die Stunden verflogen im Nu, die Gespräche drehten sich um Stilepochen und geschichtliche Vorfälle und sie beschlossen den Nachmittag in einer kleinen Pizzeria.

„Das war ein wirklich angenehmer Nachmittag, mein Engel.“ Tina hatte ihren Namen noch immer nicht genannt. Sie wusste auch nicht, wie ihr Fotograf hieß. Namen hatten an diesem Tag keine Bedeutung. „Ja, das finde ich auch.“

„Was machen Engel morgen so?“

„Ich habe noch nichts geplant.“

„Ich habe mir ein Mietauto reserviert, um die Umgebung zu erkunden. Möchtest du mich begleiten?“ Irgendwann waren sie beim Du gelandet.

„Äh, wenn es dich nicht stört, dann nehme ich das Angebot gerne an. Aber ich möchte dich nicht belasten und um deinen wohlverdienten Urlaub bringen.“ Es störte Tina nicht, alleine Urlaub zu machen. Aber sie genoss die Nähe des Fremden, der ihr so vertraut erschien. Als ob sie sich schon ewig kannten.

„Ich denke, dass es mit dir erst richtig Urlaub wird. Also abgemacht. Wir treffen uns nach dem Frühstück. Ich besorge das Auto und wir treffen uns in der Nähe des Hauptbahnhofs.“

Sie blickten sich tief in die Augen. Ihr Fotograf beugte sich leicht nach vor und Tina kam ihm für einen Kuss entgegen. Ihre Lippen berührten sich sanft. Er streichelte leicht über ihre Wangen. „Gute Nacht, mein Engel.“

Sie trennten sich und Tina ging leichten Schrittes zu ihrem Hotel zurück. Sie spürte noch immer den Abdruck seiner Hand auf ihrer Haut. Er war anders, als alle Frösche, die sie vorher geküsst hatte.


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Mit Urlaubssouvenir nach Walding

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