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Kapitel 2: Was ist in Italien los?

Maximilian lief freudig aus der Schule, er hatte in Mathematik gerade noch ein Gut erreicht. Das war viel besser als erwartet. Er musste die Arbeit unbedingt am Abend seinen Eltern zeigen. Dafür war seine Mama sicher bereit, am Sonntag Wiener Schnitzel mit Pommes frites zu machen als Belohnung. Das war sein absolutes Lieblingsessen.

Zu Hause angekommen, verzog er aber die Miene beim Anblick des Essens. Pepe musste lachen, als er den angeekelten Gesichtsausdruck des Jungen sah. Heute gab es leider Spinat mit Erdäpfeln, seine Mutter war streng in der Fastenzeit. Da gab es unter der Woche kein Fleisch und keine Süßigkeiten. Maximilian hasste Fasten. Er mochte zwar Obst und Gemüse, aber nicht nur. Er fand, die Abwechslung machte es aus. Sein Vater aber meinte immer, dann würde man Notzeiten besser überstehen, wenn man Verzicht geübt hätte.

Maximilian jedoch fragte sich, was schon Großartiges auf sie zukommen konnte. Er hatte noch nie eine wirkliche Krise erlebt und konnte sich auch nicht vorstellen, wie das war. Da gefiel ihm Mamas Argument schon besser, dass mehr Zeit für die Familie und fürs Gebet zu Gott war, wenn man auf etwas anderes verzichtete. Das leuchtete ihm wenigstens ein. Denn Computerspiele und Fernseher waren momentan unter der Woche auch tabu. Und das war nicht weniger hart, durchzuhalten. Wenigstens durfte er sein Smartphone behalten, um mit seinen Freunden in Kontakt zu bleiben. Aber er traf sich sowieso lieber so mit ihnen. Schreiben übers Handy war nicht dasselbe.

Er blickte kurz auf das Display. Er hatte das Smartphone brandneu zu seinem Geburtstag bekommen. Er sah eine Nachricht von Nonna und Nonno. Da stand: Hast du Zeit zum Telefonieren?

Er las die Nachricht nun laut vor und Pepe nickte zustimmend. Er meinte, er würde inzwischen die Küche zusammenräumen, was eigentlich Maximilians Aufgabe gewesen wäre. Aber er nahm Pepes Angebot dankend an und verdrückte sich.

Maximilian setzte sich an den Computer in seinem Kinderzimmer, um seine Großeltern in Italien übers Internet anzurufen. Beide erschienen auf dem Bildschirm. Irgendetwas stimmte nicht, das sah man ihnen an. Beide wirkten gestresst und sahen heute noch älter aus als sonst. Das durfte Maximilian aber nicht laut sagen, denn seine Oma war eitel. Ihre Haare saßen immer perfekt und sie war ordentlich geschminkt. Dagegen wirkte sein Opa immer wie ein absolutes Kontrastprogramm. Von ihm hatte Maximilian die abstehenden Haare geerbt. Die wirkten an seinem Großvater auch immer unordentlich, aber das schien ihn nicht weiter zu kümmern. Nonno richtete sich nur etwas, wenn seine Großmutter etwas sagte. Dann lächelte er stillschweigend und zwinkerte ihr als kleine Entschuldigung zu, die nicht wehtat und seine Liebe zu ihr zeigen sollte.

„Hallo Maximilian. Wie geht es dir?“, begannen die beiden das Gespräch. Der Junge kam nicht zu einer Antwort, denn der Hund von Nonna und Nonno hüpfte ins Bild und leckte freudig den Bildschirm ab. Durch seine Größe verdeckte er den ganzen Monitor. Maximilian musste lachen, seine Großeltern schimpften mit Aquila und schafften ihn zur Seite.

Nun konnte der Junge mit ihnen reden: „Ich habe ein Bild von Aquila für euch gemalt, weil ich euch so vermisse. Ich schicke euch dann auch noch ein Foto davon. Dann könnt ihr es ausdrucken und aufhängen, wenn ihr wollt.“

„Natürlich wollen wir. Danke, du bist ein Schatz. Wir vermissen dich auch.“

„Das freut mich. Ihr schaut heute so traurig. Ist bei euch alles in Ordnung?“

„Nein, nicht so wirklich. Also es geht uns beiden gut, aber in Italien ist ein Virus ausgebrochen. Der hat sich zuerst in China verbreitet und nun vermehrt er sich in Italien, sehr viele haben sich angesteckt. Es ist schrecklich, viele Menschen sterben an dieser Erkrankung.“

Maximilian war entsetzt: „Was heißt das für euch?“

„Wir schützen uns, indem wir zu Hause bleiben. Wenn die Menschen nicht mehr vor die Tür gehen, außer es muss unbedingt sein, dann sollten die Ansteckungen irgendwann weniger werden. Zumindest ist das die Hoffnung, die wir haben in dieser schlimmen Zeit. Aber wir haben gehört, dass es auch schon bei euch in Österreich ein paar wenige Fälle gibt – so wie in anderen europäischen Ländern – und da wollten wir dich warnen“, sagte Nonna besorgt.

„Was ist das für ein Virus?“, wollte Maximilian wissen.

„Er heißt Covid-19 oder auch Coronavirus. Man kann sich aber vor einer Ansteckung schützen, indem man genug Abstand hält zu den Menschen und sich regelmäßig ordentlich mit Seife die Hände wäscht. Außerdem sollte man sich nicht mit den Händen ins Gesicht fahren“, erklärte Nonno.

„Muss ich jetzt Angst um euch haben?“, fragte Maximilian unsicher.

„Wir versuchen, uns nicht anzustecken. Aber wir wollen, dass du auf dich aufpasst. Das ist uns ein großes Anliegen, deshalb rufen wir dich an. Wir sollten jetzt alle beten für die Menschen, die krank sind, und für die Familien, die jemanden verlieren. Doch egal, was passiert, wir haben dich sehr lieb“, antworte Nonna.

„Und das ist das Wichtigste“, fügte Nonno hinzu.

Die Nächsten, die ihn behandelten, als wäre er noch keine zwölf Jahre alt. Aber da sich Maximilian etwas Sorgen machte, verabschiedete er sich ordentlich von seinen Großeltern und ließ ihre Liebesbekundungen heute ausnahmsweise ohne Widerrede zu.

„Pepe?“, rief der Junge. „Hast du zugehört?“, fragte er, als der alte Mann in der Tür erschien.

Der nickte etwas verlegen. Neugierde war eine seiner Eigenschaften, auf die er manchmal nicht so stolz war. Nicht jeder schätze es, wenn man die Nase in seine Angelegenheiten steckte.

„Ich habe Angst vor dem Tod“, kam ehrlich der erste Gedanke aus Maximilian hervor.

„Das verstehe ich“, sagte Pepe und überlegte eine Weile, was er dem Jungen sagen sollte. Dann ging er zu Maximilian herüber, setzte sich neben ihn und sagte behutsam: „Ich habe keine Angst vor dem Tod. Und das hat mit Ostern zu tun, das Fest, das wir bald feiern. Weißt du, wieso?“

Der Junge schaute ihn an und riet drauflos: „Hat das etwas mit Jesus zu tun?“

„Ja, genau. Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Jesus wurde von einem Freund verraten, von seinen Feinden verspottet, sie taten ihm weh. Sie fügten ihm unglaubliche Qualen zu. Und dann kreuzigten sie ihn auch noch. Nicht einmal Gott blieb unendliches Leid erspart. Er ging diesen Weg bis zum Ende. Aber das Gute daran ist, Jesus blieb nicht tot. Er ist auferstanden, er war drei Tage später wieder am Leben. Und auch wir werden nach dem Tod im Himmel auferstehen. Das hat uns Gott versprochen. Im Himmel gibt es kein Leid, keinen Tod und keinen Schmerz mehr. ... Ich hatte ein langes und erfülltes Leben, für mich hat der Tod den Schrecken verloren, denn im Himmel bei Gott geht es uns gut. Und etwas anderes will und kann ich nicht glauben. Ich bin zu alt, um daran zu zweifeln. Denn ich wünsche mir nichts mehr, als dass mein letzter Weg auf Erden nicht das endgültige Ende ist. Ich wünsche mir, dass es einen neuen Weg für mich gibt im Himmel, bei Gott.“

„Aber ich werde sehr traurig sein, wenn du stirbst oder meine Großeltern“, erwiderte Maximilian.

„Ja, das wirst du. Und das ist auch richtig so, denn du hast mich und deine Großeltern gern. Aber das ist der Lauf der Zeit. Der Tod gehört zum Leben dazu. Und du wirst nach einer Zeit der Traurigkeit wieder lachen können, wenn du an uns denkst. Du wirst froh sein über die vielen Erinnerungen, die du mit uns geteilt hast und gerne daran denken. Verstehst du, was ich meine?“, fragte Pepe.

Maximilian verstand nur zu gut und fiel ihm in den Arm. Jetzt benahm er sich selbst wie ein kleines Kind. Aber er wollte seine Tränen verbergen, denn er wollte niemanden verlieren, den er mochte. Dazu war er nicht bereit.

„Warte, ich habe etwas für dich“, sagte Pepe und verschwand kurz.

Als er wiederkam, hatte er eine Postkarte in der Hand, auf der stand: „Liebe ist, jemanden so zu sehen, wie er ist. Nicht, wie man ihn gerne hätte.“ Er gab sie Maximilian und der las sich den Text mehrfach durch. Aber er verstand nicht ganz, was er damit anfangen sollte.

„Eines Tages wirst du verstehen, warum ich dir diese Karte gegeben habe. Wichtig ist für den Moment nur, dass Gott uns immer bedingungslos liebt, ganz genau so, wie wir sind. Und nicht so, wie wir uns manchmal haben möchten. Sondern wirklich so, wie wir sind – ohne Wenn und Aber“, zwinkerte Pepe, während er sprach.

Maximilian verstand noch immer nicht ganz, aber er nahm sich vor, die Karte gut aufzuheben und ein anderes Mal darüber nachzudenken. Pepe klopfte ihm anerkennend auf die Schulter, als er meinte: „Und jetzt steck die Karte weg und schau, dass du zu deinen Freunden kommst. Verplempere deine Zeit nicht mit einem alten Mann.“

Der Junge brauchte nichts zu erwidern, denn Pepe zwinkerte ihm erneut zu. Er meinte also nicht ernst, was er sagte. Aber er wollte Maximilian auch nicht abhalten, sich mit seinen Freunden zu treffen.

Und so lief der Junge los und räumte die Postkarte in sein Zimmer in seine Schatzkiste. Dort bewahrte er alle Dinge auf, die ihm kostbar erschienen. Dort wäre sie gut aufgehoben.

Dann rannte er nach draußen, holte den Fußball aus der Garage und wartete auf Sebastian und Artan. Wenige Minuten später bogen sie um die Ecke. Sie kickten den ganzen Nachmittag und hatten jede Menge Spaß. Zwischendurch holten sie sich Eistee aus dem Kühlschrank, den seine Mutter gemacht hatte. Der Eistee war eine ihrer Spezialitäten und hatte nichts mit dem ungesunden Zeug gemeinsam, das man im Supermarkt kaufen konnte. Das leckere Getränk ließen sie sich schmecken. Eine ideale Erfrischung für die sportlichen Pausen.

Leonie war heute nicht gekommen, sie war auf Besuch bei ihrer Cousine. Die hatte heute Geburtstag. Es war zwar schade, dass sie nicht hier war. Aber nur mit den Jungs zu toben, war auch einmal eine nette Abwechslung. Da konnten sie Fußball spielen bis zum Umfallen, weil es niemanden störte.

Und so verging der Nachmittag leider viel zu schnell. Die Sorgen um die Großeltern hatte Maximilian schon wieder fast vergessen. Erst als er erschöpft, mit müden Muskeln vom Fußballspielen, im Bett lag, musste er an Nonna und Nonno denken. Er hoffte, dass sie nicht krank würden. Und er betete für die Menschen in Italien, die krank waren, und für die Familien, in denen jemand gestorben war. Sie brauchten jetzt besonders Gottes Beistand.

Ich mag Corona nicht!

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