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2. Stufe.

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Mit der Entwicklung der Willenskraft und der ok­kulten Fähigkeiten muss auch eine gewisse KörperkuItur Hand in Hand gehen. Ein schwächlicher Körper ist kein geeignetes Instrument für die freie Betätigung der großen Kräfte.

Der Schüler wolle daher sein Augenmerk auf eine zielbewusste Abhärtung seines Körpers richten. Wenn er Licht, Luft und Wasser zu seinen Bundesgenos­sen erwählt, wird er sein Ziel gar bald erreichen. Er setze sich so viel als möglich dem Sonnenlicht aus, sorge tags­über für den Zutritt von frischer Luft in sein Arbeits­zimmer, schlafe auf hartem Lager ohne Federbetten und scheue sich nicht vor der Nachtluft. Ein Flügel eines Fensters im Schlafraum soll stets geöffnet sein. Wer gewohnt war, bei geschlossenen Fenstern zu schlafen, muss allerdings für den Anfang etwas vorsichtiger sein, er schütze sich durch eine Bettwand oder eine ähnliche Vorrichtung vor der direkten Überstrahlung der Nacht­luft. Für empfindliche Personen ist es angezeigt, wenn sie das Fenster in dem, dem Schlafzimmer angrenzenden Raum geöffnet halten, und erst, wenn sie sich an die Nachtluft gewöhnt haben, mögen sie das Fenster des Schlafzimmers geöffnet halten.

Des Morgens muss der ganze Körper rasch abge­waschen werden, wozu man am besten einen Schwamm verwendet. Hierauf trockne man sich rasch ab und be­arbeite den ganzen Körper tüchtig mit einem Frottier­tuch. Auf das Frottieren muss strenge geachtet werden, man darf es niemals unterlassen, weil die Odstrahlung dadurch sehr vermehrt wird. Allzuvieles Baden soll während der Entwicklungszeit vermieden werden — es genügt, wenn der Schüler zweimal wöchentlich ein Bad nimmt, dem aber jedesmal ein ausgiebiges Frottieren des Körpers folgen muss. Ein längeres Verweilen im Wasser hat einen großen Odentzug zur Folge — wer während des Entwicklungsstadiums täglich badet, hat für die Übungen wenig Odkraft zur Verfügung. Jedenfalls aber muss auf eine peinliche Reinlichkeit des Körpers ge­achtet werden, die Hautporen dürfen nicht verstopft sein, damit eine kräftige Hautatmung nicht behindert wird.

Allzu dichte Kleidung ist selbst im Winter nicht zu empfehlen — es gibt warme, aber poröse Kleiderstoffe, die die Haut anregen, selbst einen dichten Wärmemantel um den Körper zu bilden. Man muss sich viel in frischer freier Luft bewegen. Der Schüler soll sehr darauf achten, seine berufsfreie Zeit so viel als tunlich im Freien zuzubringen.

Eine gute Abhärtung bringt auch das Luftbad, wel­ches in jeder Jahreszeit durchgeführt werden kann, im Winter im vorher gut durchlüfteten und gewärmten Zim­mer, im Sommer bei offenem Fenster oder im Freien. Man setze den nackten, nur mit einer Schwimmhose bekleideten Körper täglich mindestens eine halbe Stunde auf diese Art der Luft aus, und mache sich während dieser Zeit tüchtig Bewegung. Der Schüler kann die weiter unten folgenden sehr nötigen gymnastischen Übungen mit dem Luftbad in Verbindung bringen.

Bevor wir diese Übungen angeben, müssen wir auch den Schüler darauf aufmerksam machen, dass er seiner täglichen Leibesreinigung die größte Sorgfalt zu­wenden muss, nötigenfalls gebe er sich lauwarme Kly­stiere, welchen stets ein kleines, kühleres Bleibeklystier folgen muss. Er darf auf keinen Fall eine Ansammlung verbrauchter Stoffe längere Zeit in seinen Gedärmen dulden, denn das würde die Wirkung vieler Übungen sehr beeinträchtigen.

Die von Stufe zu Stufe zu höheren Leistungen fort­schreitende Atemtechnik verlangt auch ein Reinhalten der Nasenkanäle. Der Schüler soll sich angewöhnen, täglich bei seiner Morgentoilette dreimal aus der hohlen Hand lauwarmes Wasser durch die Nase aufzuziehen, und es durch den Mund wieder herauszulassen. Nach einigen Sekunden zieht er auf dieselbe Art etwas kälteres Wasser ein. Leidet er an Erkältungen, so empfehlen wir ihm, sich außerdem jeden Abend die inneren Nasenräume mit etwas Vaseline einzuschmieren.

Wir kommen nun zu den schon an früherer Stelle erwähnten Übungen der Körpergymnastik. Diese Übungen sind ungemein wichtig und nötig, da sie nicht nur die Säftezirkulation regeln, physische Kraft erzeugen und die Gesundheit befördern, sondern sie dienen auch als Einleitung für die verschiedenen Hatha-Yoga Übungen. Alle Entwicklungssysteme, die den Schüler ohne körperliche Vorbereitung zu Hatha-Yoga-Übungen an­leiten, sind nicht nur einseitig, sondern auch gefährlich. Die Technik der Hatha-Yoga verlangt Körperstellungen, die ohne eine vorhergegangene Muskeltrainierung leicht schädigen kann, mindestens aber wird der Erfolg sehr beeinträchtigt.

Für die körpergymnastischen Übungen gelten fol­gende allgemeine Vorschriften:

„Wer es ermöglichen kann, mache diese Übungen bei leerem Unterleib möglichst kurz vor der Mittags-Mahlzeit. Zwischen dem Ende der Übung und dem An­fang des Essens soll aber eine Ruhepause von mindestens 15 Minuten liegen. Wer nur über eine kurze Mittags­pause verfügt, soll diese Übungen vor dem Abendessen durchführen. Vor jeder Übung soll eine Harnentlassung vorgenommen werden. Der Schüler übe, wie schon erwähnt, nackt und nur mit einer Schwimmhose bekleidet. Diese Übungen müssen täglich vorgenommen und sollen ohne Hast und ohne Übertreibung, aber straff und mit angespannter Muskulatur durchgeführt werden. Man hüte sich vor jedem Zuviel und halte sich genau an die Vorschriften. Nach jeder Übung wird der Kör­per frottiert, bis er ganz warm ist, was man sehr leicht selbst mit einem langen Frottiertuch bewerkstelligen kann. Wo es angegeben ist, wird eine Tiefatmung ein­geschoben, auf die nicht vergessen werden darf. Bei den Übungen muss der Mund geschlossen sein, das Atmen geschieht durch die Nase.

Zu Beginn der Übung stelle man sich mit geschlos­senen Fersen in strammer Haltung hin und beachte, dass die Brust herausgedrückt und die Wirbelsäule einge­zogen sein muss. Dann mache man durch die Nase eine ausreichende Tiefatmung.

1 Mit geballten Fäusten nehme man die Arme an die Brust und stoße sie dann kraftvoll vorwärts. Das mache man zehnmal. Die gesamte Armmuskulatur muss bei beiden Bewegungen straff angespannt sein.

2 Die Arme werden nun abermals an die Brust ge­zogen und dann mit geballten Fäusten straff seitwärts gestoßen. Diese Bewegungen werden auch zehnmal durchgeführt.

3 Die Arme mit geballten Händen werden an die Brust gezogen und straff nach oben gestoßen. Zehnmal.

4 Armstoßen in gleicher Weise nach unten. Zehnmal.

5 Tiefatmen durch die Nase.

6 Bei straffer Stellung der Beine beuge man den Körper vor- und rückwärts in horizontale Lage, sechs­mal hintereinander.

7 Man stemme die Arme in die Hüften und beuge den Rumpf bei straffen, festgeschlossenen Beinen nach links und nach rechts soweit es möglich ist, sechsmal hinter­einander.

8 Tiefatmen durch die Nase.

9 Die Arme werden in die Hüften gestemmt. Nun hebe man abwechselnd das linke und das rechte Bein in starker Kniebeugung so hoch, dass das Knie nahe der Brust kommt. Dabei muss der Oberkörper stramm und unbeweglich gehalten werden, ebenso das ruhende Bein. Die Übung wird fünfmal hintereinander gemacht.

10 Die Fersen fest geschlossen, die Arme in den Hüften, der Oberkörper stramm und unbeweglich. In dieser Haltung erhebe man sich auf die Fußspitzen und lasse sich achtmal niedersinken; so dass das Gesäß in die Nähe der Fersen kommt, aber auf denselben nicht auf­liegen darf.

11 Man steht aufrecht und hat die Hände in die Hüften gestützt. Abwechselnd wird das linke und das rechte Bein wie bei der Übung Nr. 9 hochgehoben und mit voller Muskelanspannung nach vorn gestreckt. Das ruhende Bein und der Oberkörper müssen stramm und unbeweglich bleiben. Diese Übung wird mit jedem Bein fünfmal durchgeführt.

12 Tiefatmen durch die Nase.

13 Übung 1 dreimal, gleich anschließend Übung 6 zweimal, dann Übung 10 zweimal; Übung 2 dreimal, Übung 7 zweimal, Übung 9 zweimal, dann Übung 3 dreimal, Übung 11 zweimal und Übung 4 dreimal. Diese kombinierte Übung ist ohne Ruhepause durchzuführen.

14 Tiefatmen durch die Nase.

Wenn der Schüler die Überzeugung gewonnen hat, dass er die Übungen der ersten Stufe voll und ganz beherrscht, so mag er dieselben durch die nachstehenden Übungen ergänzen.

Die Übung mit dem Spiegel zum Zwecke der Mus­kelbeherrschung bleibt; ebenso die Ruheübung mit den geschlossenen Knien und Fersen und der Konzentration auf das Christusbild.

Dagegen kann das Sortieren der Körner bzw. das Lösen des verwirrten Wolleknäuels wegfallen. Man soll diese Übung nunmehr nur dann machen, wenn man sich ungeduldig oder zum Zorn geneigt fühlt. In einem sol­chen Augenblicke zwinge man sich sofort dazu.

Der Schüler darf unter keinen Umständen mehr eine solche Regung ausströmen lassen, sondern muss sie augen­blicklich bekämpfen, denn das sind die größten Feinde einer erfolgreichen Entwicklung. Zorn und Ungeduld sind die größten Kräftezersplitterer, leichtsinnigen Men­schen vergleichbar, die ihr Gut und Habe in toller Hast verschleudern und verjubeln.

Man gewöhne sich an, stets einen Becher mit solchen Körnern bzw. ein stark verwirrtes Knäuel Wolle bei sich zu tragen, um sie gegebenenfalls sofort verwenden zu können. Man wird zu diesem Zwecke am besten einen flachen Becher kaufen, wie er bei Touristen üblich ist und der bequem in der Tasche getragen werden kann.

Wir gehen nun zu der für den Anfänger so sehr wichtigen Atemübung über. Der Schüler hat dieselbe bis zu 15 Sekunden, also die einmalige Atemprozedur bis auf 3/4 Minuten gesteigert. Seine Lunge ist jetzt an das Voll- und Tiefatmen gewöhnt. Trotzdem übt er in der in Stufe I beschriebenen Weise weiter, nur wird unmittelbar daran noch folgendes Experiment ange­schlossen.

Man atmet bei geschlossenem Munde stoßweise durch die Nase ein. Es werden hintereinander zehn bis fünfzehn kurze Atemzüge genommen (ohne dazwischen auszuatmen) bis die Lunge ganz mit Luft angefüllt ist. Der Vorgang ist ähnlich wie wenn man sich in schlechter Luft befindet oder gezwungen ist, scharfe, reizende Düfte einzuatmen. In solchen Fällen vermeidet man es auch in langen Zügen einzuatmen. Hat man nun mit der obigen Anzahl ganz kurzer Atemzüge die Lunge angefüllt, dann wird der Atem noch einige Sekunden zurückgehalten, um schließlich mit einem einzigen langen Zuge durch die Nase wieder entfernt zu werden. Diese Übung, die stets dreimal hintereinander gemacht werden soll, folge vorläufig auf jede andere Atemübung und dient der Reinigung der Lunge.

Auch die Übung mit dem schwarzen Kreis wird beibehalten, nur wolle der Schüler jetzt einen Kreis nehmen, der kleiner ist, ungefähr nur ein Markstück groß. Außerdem lässt sich diese Übung auch noch dadurch unter­stützen, dass wir tagsüber, bei jeder sich bietenden Ge­legenheit, wenn wir z. B. uns in unserer Arbeit eine kleine Pause gönnen, für einige Minuten einen scharf hervor­tretenden Punkt irgendeines Gegenstandes in das Auge fassen und denselben unverwandt ansehen, ohne die Stellung des Auges zu verändern und ohne zu blinzeln oder mit den Lidern zu zucken.

Die „Plastisch-Denkübung“ mit Gegenstän­den wird fortgesetzt, doch empfiehlt es sich jetzt, die Augen dabei geöffnet zu halten. Dadurch wird dieses Ex­periment allerdings etwas schwerer werden, denn nun heißt es, die Gegenstände mit der größten körperlichen Deutlichkeit vor den leiblichen Augen zu sehen. Hier muss die Einbildung sehr viel nachhelfen, man muss sich mit Auf­gebot der ganzen Willenskraft zwingen bei offenem Auge die Gegenstände in der Luft schweben sehen zu wollen!

Der Schüler muss auch seine Aufmerksamkeit auf ein fortgesetztes plastisches Denken richten. Die meisten Menschen denken nur mit Worten und nicht mit Vor­stellungen. Der Schüler muss sich bestreben beides zu­gleich zu tun. Jedes Wort muss sich sofort mit der ihm zugehörigen Vorstellung verbinden, und zwar mit inten­siver lebenswarmer Klarheit und Plastik. Wer z. B. einen Satz denkt, der von Gegenständen handelt, gewöhne sich an, diesen Gegenstand und die mit ihm ver­bundene Handlung gleichzeitig mit dem gedachten Wort in plastisch greifbarer Deutlichkeit vor seinem geistigen Auge aufsteigen zu lassen.

Nach und nach muss es ihm gelingen, seine ganze Gedankenwelt so intensiv zu gestalten, dass sie sofort im Moment des Entstehens nicht nur mit plastischen Vor­stellungen, sondern auch mit lebenswarmen Empfindungen verbunden ist. Richtig denken heißt — alles Gedachte geistig miterleben!

Wir müssen nun beginnen, uns in der Gedanken­konzentration zu üben. Je schärfer wir imstande sind, unsere Gedanken ausschließlich auf einen Mittelpunk zu konzentrieren, gleichsam wie man die Sonnenstrahlen in einem Brennglase auffängt, desto mehr ziehen wir uns von den Eindrücken der Außenwelt ab.

Wir nehmen uns einen täglichen Gebrauchsgegen­stand zur Hand, wie etwa eine Schere, ein Taschen­messer, einen Bleistift usw. Dabei aber wollen wir be­achten, dass es für den Anfänger angezeigt ist, nicht allzu einfache Gegenstände zu wählen, denn je einfacher ein Gegenstand ist, desto schwerer ist die Konzentration auf ihn. Ein Taschenmesser z. B. wird in dieser Hinsicht gewiss weniger Schwierigkeiten bilden als ein Bleistift oder gar ein unbeschriebenes Blatt Papier.

Der Schüler suche einen abgeschlossenen Raum auf in welchem er nicht gestört werden kann, setze sich bequem nieder und verschließe seine Ohren mit Wattepfropfen, welche tüchtig mit Wachs durchknetet und an einer Schnur befestigt sind, woran man sie leicht wieder aus dem Ohr herausziehen kann. Bevor man sie in das Ohr steckt, mag man sie immer erst etwas durchkneten, um sie weicher zu gestalten und in eine birnenartige Form zu bringen. Hat man nun auf solche Weise seine Ohren hermetisch verschlossen, so dass kein Geräusch hindurchzudringen vermag, so legt man den erwählten Gegenstand vor sich auf den Tisch und zwingt seine Ge­danken, sich ausschließlich nur mit demselben zu be­schäftigen. Der Gedankengang, der sich hierbei ent­wickelt, befasst sich vorläufig nur mit dem Äußeren und dem Zwecke dieses Gegenstandes. Hat man z. B. eine Schere gewählt, so würde man folgenden Gedanken Raum geben: „Das ist eine Schere. Sie besteht aus zwei Teilen, die durch eine Niete zusammengehalten sind. Jeder dieser Teile ist an der Innenseite scharf geschliffen und hat unten am Handgriff eine nullförmige Ausrundung, die zur Aufnahme der Finger dient. Die Schere ist aus Metall gemacht, ungefähr 15 Zentimeter lang und schön poliert. Sie ist schon seit längerer Zeit in meinem Be­sitz und dient mir zum Zerschneiden von Papier, Stoffen u. a.“

Hat man nun diese Gedanken zu Ende gedacht, so muss man jedesmal blitzschnell, ohne auch nur dem ge­ringsten anderen Gedanken inzwischen Raum gegeben zu haben, wieder von vorne anfangen. Dieses Experi­ment wird durch volle 5 Minuten eingehalten. Dabei aber muss man bedacht sein, dass kein anderer Gedanke diese Konzentration stört — man muss immer und immer wieder dieselben Gedanken festhalten. Sobald sich ein anderer Gedanke einzuschleichen sucht, muss er sofort wieder vertrieben werden, und zwar mit aller Energie und Willenskraft. Für den Schüler darf es für die Dauer der Konzentration nichts mehr im Universum geben als den Gegenstand, auf den er konzentriert und er selbst, d. h. seine Gedanken. Das Gefühl seiner Körperlichkeit, sowie alles um ihn herum muss vollständig versinken.

Nur dann, wenn dieser Zustand eintritt, was erst in einem späteren Stadium geschehen kann, ist die Konzentration vollkommen. Der Schüler wolle speziell auf diese Übung sehr viel Sorgfalt verwenden. Die Kon­zentration entwickelt die Willenskraft und ist der Hebel, der bei den meisten magischen Experimenten zur Anwendung gelangt.

Der Schüler muss sich ferner angewöhnen, stets positiv zu denken. Er muss von dem Bewusstsein sich durchdrungen fühlen, dass er ein Teil ist der Allmacht, der Allkraft, des Allwissens und der Allliebe. Er muss die drei Hauptprinzipien der Neugedankenlehre in sich lebendig werden lassen, die sich in folgenden drei Sätzen konzentrieren:

Ich bin — ich will — ich kann!“

Wer sein Denken, Fühlen und Wollen in Einklang mit der All-Harmonie zu bringen bestrebt ist, wird stets positiv, stets bejahend denken. Furcht, Sorge, Zweifel und wie sie alle heißen, diese großen Feinde der Menschheit, müssen für den Schüler langsam die Existenzberechtigung verlieren. Wer auf Sieg denkt und ihn ernst­lich will, wird ihn erringen. Wer auf Niederlage denkt, wer sich von Furcht und Zweifel entmutigen lässt, wird unterliegen. Der Schüler muss sich angewöhnen, bei allen Handlungen seines Lebens — selbst bei kleineren und unwichtigen — die siegesfrohe Zuversicht des Ge­lingens zu erwecken. Wenn sich anfänglich trotzdem ein Misserfolg ab und zu einstellt, so lasse er sich dadurch keineswegs entmutigen. Er halte sich dann vor Augen, dass den Misserfolg nur er allein verursacht hat. Er suche ernstlich den Grund, und er wird ihn finden. Nicht bei anderen wolle er die Ursache des Misslingens suchen, sondern stets bei sich selbst. Eine solche Selbst­kritik wird ihm dann zeigen, dass er es entweder an Vor­sicht, Achtsamkeit, Fleiß oder an der nötigen geistigen Durchdringung der Sache fehlen ließ. Und eine solche strenge Selbstkritik bei allen misslungenen Handlungen wird ihm Segen bringen, denn sie wird ihm zum Lehrer werden.

Der Schüler muss auch sein Gedächtnis üben und stärken. Er wird später durch okkulte Experimente sein Gedächtnis schärfen; vorerst aber ist es nötig, dieses Ziel teilweise auf mechanischem Wege zu erreichen. Dadurch wird auch die Willenskraft gestärkt.

Alle erfolgreichen Menschen erfreuen sich eines guten Gedächtnisses. Wer vergesslich ist, versäumt die günstige Zeit und bringt sich Schaden. Vergesslichkeit führt auch zur Nachlässigkeit.

Der Schüler memoriere fleißig. Alles Gelesene sucht er womöglich wortgetreu zu behalten. Man übe vorher nur an kleinen Lesestücken. Sofort nach dem Lesen rufe man sich das Gelesene noch einmal in das Gedächtnis zurück und halte sich dabei an die Worte des Originals. Man durchdenke alles plastisch und mit großer Aufmerksamkeit und Konzentration und lasse sich durch Eindrücke von außen in keiner Weise stören. Man wie­derhole diesen Vorgang einigemale und bringe das Gedachte zu Papier, um es mit dem Original zu vergleichen. Nach ein oder zwei Stunden zwinge man sich nochmals zu einer wortgetreuen schriftlichen Wiedergabe aus dem Gedächtnis und stelle abermals Vergleiche mit dem Original an. Wenn ein halbwegs günstiges Resultat zustande kommt, so kann man andere Lesestücke wählen. Diese Übung kann zu jeder Zeit des Tages durchgeführt werden, wenn möglich mehrmals, so oft eben der Schüler Zeit und Gelegenheit hat.

Auch das Rückwärtsdenken übt das Gedächtnis. Man zwinge sich vorerst die Zahlen von 1-10, die Ton­leiter, später das Alphabet und schließlich irgendeinen Satz von rückwärts nach vorn zu sprechen. Diese Übung, die unzählige Variationen zulässt, wird dem Schüler drin­gend empfohlen. Er stelle sich aber anfänglich keine schwierige Aufgabe; erst nach und nach steigere er die Anforderungen, bis es ihm gelingt, kleinere Aufsätze und Gedichte von rückwärts nach vorn aus dem Gedächtnis fehlerfrei zu sprechen.

Wir sagten schon früher, dass wir beständig eine feinstoffliche Substanz aus unserem Körper ausstrahlen. Wir nennen diese Ausstrahlung (nach Dr. Karl v. Rei­chenbach) das „Od“. Der Name stammt von dem nordischen Gott „Odin“, der Weltordner. Dieses Od erfüllt das ganze Universum; es entstrahlt allen orga­nischen und anorganischen Körpern. Dem menschlichen als auch jedem Tierkörper entströmt Od, aber auch der Pflanze, dem Mineral usw. Wir erzeugen durch unseren Chemismus fortwährend Od und überstrahlen (verladen) es bei jeder Bewegung, bei jedem Atemzug, auf alle Ge­genstände, die wir berühren, usw.

Die wissenschaftlichen Entdeckungen der Neuzeit stellen bereits mit Sicherheit fest, dass alles strahlt. Die geheimnisvollen N.-Strahlen z. B. sind entschieden iden­tisch mit dem Od, das wurde durch die Experimente der französischen Gelehrten Blondlot und Charpentier be­stätigt. Die grobstoffliche Materie ist also in einer fort­währenden Selbsterzeugung einer feinstofflichen strahlen­den Materie begriffen. Diese Tatsache ist bereits durch die Photographische Platte erwiesen worden, die in licht­dichter Kassette eingeschlossen, sich in der Handform schwärzte, wenn man längere Zeit eine Hand auf die betreffende Kassette legte.

Das meiste Od entströmt den Händen, Füßen, Haaren und Augen. Und darauf gründet sich im Wesentlichen der persönliche Eindruck, den ein Mensch auf den andern macht: „Auf die Quantität und Qualität seiner Strahlung“. Und da das Od der materielle Träger der Ge­danken und auch der psychischen Eigenschaften ist, so wird es begreiflich erscheinen, dass ihm im „persönlichen Magnetismus“ eine große Rolle zugewiesen ist. Und daher halten wir es für unsere nächste Aufgabe, diese odische Strahlung zu sehen, damit wir sie bewusst zur Anwendung bringen können. Diesem Zweck diene folgende Übung:

Der Schüler nehme jeden Abend zu einer bestimm­ten Stunde ein Lesepult und behänge es mit einem schwarzen Tuch. In Ermangelung eines solchen Pultes kann man auch ein sehr großes Buch nehmen und es so auf den Tisch stellen, dass die beiden Einbanddeckel auf der Tischplatte auseinander stehen und der Rücken oben ist. Über dieses improvisierte Pult wird nun ebenfalls ein schwarzes Tuch geworfen, oder aber man legt vor die eine schiefe Fläche einen Bogen schwarzes Papier. Nun legt man den rechten Arm so auf die Tischplatte, dass die ausgestreckte Hand über die schwarz behangene schiefe Fläche des Pultes bzw. des Buchdeckels zu liegen kommt. Die linke Hand mag den rechten Arm unter­stützen, damit die Ermüdung länger zurückgehalten wird. Es ist nicht nötig, dass die innere Handfläche direkt auf dem schwarzen Untergrund aufliegt, sondern es kann dieselbe ungefähr einen Zentimeter davon abstehen. Die Beleuchtung des Zimmers hat man schon vor Beginn der Übung so reguliert, dass die Lampe in größerer Entfernung hinter dem Pult (auf keinen Fall aber hinter dem Rücken des Übenden) postiert ist. Die schwarze Fläche darf also nicht beleuchtet sein. Überhaupt soll im Zimmer nur ein schwaches Dämmerlicht herrschen, das dem Übenden aber immerhin noch erlaubt, die Umrisse seiner Hand deutlich auf dem schwarzen Untergrund zu erkennen. Wenn es die Umstände ermöglichen, so ist eine rote Beleuchtung vorzuziehen. Der Sinn des Ex­perimentes liegt nun darin, dass man seine ganze Willens­kraft aufzuwenden hat, um die erwähnte Strahlung vor­erst aus seinen Fingerspitzen und bei späteren Übungen auch aus seinem Handrücken heraustreten zu sehen, und zwar in Form eines leichten Nebels, der sich nach und immer kräftiger von der schwarzen Fläche abheben wird. Es ist ganz individuell, wann der gewünschte Er­folg eintreten wird, bei dem einen Schüler vielleicht schon bei der dritten oder vierten Sitzung, bei anderen erst später. Eintreten muss der Erfolg, denn die odische Strahlung ist eine, durch das wissenschaftliche Experi­ment bereits nachgewiesene Tatsache. Oberst de Rochas, em. Direktor des Polytechnikums zu Paris, be­schäftigt sich unausgesetzt mit der Exteriorisation des menschlichen Ods und ist es ihm schon mehrfach ge­lungen, diese Ausstrahlungen auf die photographische Platte zu bringen. Auch Professor Crookes, Camille Flammarion, Professor Lombroso, Professor Morselli u. v. a. beschäftigten sich intensiv teils in Verbindung mit Rochas, teils unabhängig von ihm, mit solchen Experi­menten und erzielten die gleichen Erfolge. Der Schüler kann deshalb überzeugt sein, dass sein Körper in der be­schriebenen Weise dieses Fluid entsendet und er wird es auch sehen, sofern er es sehen „will“. Er mag es sich zuerst mit einer lebhaften Fantasie einbilden und aus der Imagination wird endlich die Wirklichkeit.

Der Gipfel des geschilderten Experiments ist schließ­lich darin zu sehen, dass, wenn man auf dieses ent­strömende Od hinbläst, es sich nach dieser Richtung hin bewegt, gleichwie wenn man in Rauch bläst. Diese Übung soll 15 Minuten währen, kann aber auch, wenn es die Zeitverhältnisse des Schülers gestatten, beliebig ausgedehnt werden. Dieses Strahlensehen ist ebenfalls eine sehr wichtige Übung und soll von dem Schüler täglich und mit viel Fleiß ausgeführt werden, da sie in der weiteren Folge ebenfalls ein wichtiger Teil der Ent­wicklung okkulter Kräfte ist.

Es muss nun etwas getan werden, um die Entwick­lung unserer Willenskraft zu beschleunigen. Wir müssen uns besser in die Hand bekommen. In erster Linie müssen wir trachten, unser seelisches Gleichgewicht unter allen Umständen zu erhalten. Wir müssen, ohne deshalb asketisch zu werden, uns so viel als möglich von unseren Leidenschaften befreien, wir müssen den Zorn, die Selbstsucht, die allzu große Sinneslust, Unwahrheit, Ungeduld, alle die vielen Widersacher der Harmonie, mit unbarmherziger Strenge bekämpfen lernen. Das aber ist nur möglich, wenn wir uns einmal in unserer seeli­schen Nacktheit erkennen, ohne jede Beschönigung, ohne jede Verhüllung. Und zu, einem solchen Erkennen führt nur ein Weg und dieser heißt „Selbsterkenntnis“.

Wir müssen so oft als möglich eine unparteiische „Innschau“ üben. Zu diesem Zwecke ziehen wir uns mehrmals in der Woche abends zurück und unterziehen unser vergangenes Leben einer scharfen Kritik. Wir müssen über uns und unsere Handlungen zu Gericht sitzen, nicht wie der Freund über den Freund, der Bru­der über den Bruder, sondern wie ein unbarmherziger strenger Richter über den Angeklagten. Vor dem prüfenden Blick dieses inneren Richters muss aller Schliff der Kultur, alle anerzogene gesellschaftliche Form fallen und da werden wir wenig erfreut sein über den wahren Zustand unseres inneren Menschen. Haben wir diesen aber nun wirklich erkannt, so wäre es sehr unrecht, uns mit einer unangebrachten Reue zu quälen.

Der Neugedankenschüler kennt keine Reue, denn das sind negative Gedanken und er darf nur positiv denken. Er muss sich durchdrungen fühlen von dem allmächtigen Willen zum Guten. Er muss den Kampf aufnehmen mit sich selbst, er muss suchen wahr, gerecht und selbstlos zu werden. Er muss menschlich und nachsichtig gegen andere, aber umso strenger gegen sich selbst werden.

Diese Innschau nun wird uns helfen da anzupacken, wo es nottut. Wenn wir mit ihrer Hilfe unsere schwache Seite erkannt haben, werden wir wöchentlich mindestens dreimal folgende Übung vornehmen. Gesetzt den Fall, wir haben herausgefunden, dass unsere schwersten Fehler der Zorn und die Sinnlichkeit sind. Wir werden uns in unser Zimmer abschließen und über den Zorn nachdenken, wir werden uns in den Zustand versenken, in welchen wir durch den Zorn geraten, wir steigern das Gefühl so intensiv, dass wir beinahe Zorn empfinden, um uns dann blitzschnell in das Gegenteil zu versetzen. Wir zwingen uns sofort zu Gedanken der Ruhe, der Har­monie und des Friedens. Wir stellen uns mit lebhafter Einbildungskraft einen Menschen vor, der von solchen Gefühlen beseelt ist und lassen auch uns davon ergreifen. Das ist eine sehr heilsame Übung, nur müssen wir dar­auf bedacht sein, unsere Gedanken so viel als möglich auf unser Vorhaben zu sammeln und fremden Gedanken keinen Einlass zu gewähren.

In ähnlicher Weise üben wir bei dem anderen Fehler. Wir versenken uns in sexuell sinnliche Gedanken, um uns bald mit großer Willenskraft davon loszureißen und den Gedanken der Tugend, Keuschheit und Entsagung Raum zu geben. Wir rufen uns unsere göttliche Abstammung in Erinnerung und denken an unser erhabenes Ziel, das mit den tierischen Wünschen und Begierden nichts zu schaffen hat usw.

Die in Stufe I für den Abend und vor dem Einschlafen angegebenen Übungen sollen fortgesetzt werden; man suche auch fernerhin mit Gedanken des Friedens und der Ruhe einzuschlafen. Auch die Morgenübung bleibt be­stehen; nach der Atemübung muss, wie früher, die Erfolg­übung gemacht werden.

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Die vorstehenden Übungen sind bei normaler Ent­wicklung ebenfalls auf ungefähr 14 Tage berechnet. Doch sei der Schüler darauf bedacht, die Übungen der nächsten Stufe nur dann vorzunehmen, wenn er die Überzeugung gewonnen hat, den Übungsstoff dieser Stufe praktisch voll und ganz sein eigen zu nennen. Jedes Hasten und ungestüme Vorwärtsdrängen ist zweck­los und führt nur zu Misserfolgen und Entmutigungen. Wer langsam aufwärts steigt, erreicht den Gipfel ohne Fährlichkeiten; wer unvorsichtig vorwärtsstürmt steht fortwährend in Gefahr auszugleiten.


Geheime Seelenkräfte

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