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1. Warum wir geschrieben haben

Das Buch meines Lebens – Der Bericht des Pilgers

Teresa

Wie schön, lieber Ignatius, dass wir uns begegnen können. Deine Mitbrüder, die Jesuiten, waren für mich wichtige Wegbegleiter und haben mir mit ihrer Spiritualität und ihrer Gabe der Unterscheidung wichtige Impulse gegeben. Wir lebten ja in einer verrückten Zeit. Du wurdest zwar ein Vierteljahrhundert vor mir geboren, aber wir erlebten beide die Zeit der Renaissance mit all den gesellschaftlichen und kirchlichen Veränderungen in Spanien. Vor unseren Augen entstand ein geeintes, mächtiges spanisches Königreich. Allerdings um den Preis der Vertreibung der jüdischen und der maurischen Bevölkerung und ein paar Jahrzehnte später der Ausbeutung der indigenen Bevölkerung in Amerika. Kolumbus war ja kurz nach deiner Geburt 1491 nach Amerika aufgebrochen und – stell dir vor – auch meine Brüder schifften sich später ein, um zum neuen Kontinent aufzubrechen. Eine faszinierende, aber auch schreckliche Zeit …

Nun aber zu uns selber, zu unseren Lebensgeschichten. Von uns beiden gibt es ja autobiografische Berichte. Deiner heißt »Pilgerbericht«. Wie kamst du, Ignatius, eigentlich dazu, deine Biografie zu erzählen und aufschreiben zu lassen – und unter den Titel »Pilgerbericht« zu stellen?

Ignatius

Gute Frage, Teresa, denn meine Biografie interessierte mich nie besonders. Es ging mir vielmehr immer darum, täglich dankend zurückzuschauen und nach dem Weg zu fragen, den Gott mit mir vorhatte, anders gesagt, nach dem »Willen Gottes zu suchen«. Es ging mir nie um ein biografisches Kreisen um meine eigene Person. Meine Mitbrüder drängten mich jedoch gegen Ende meines Lebens dazu, meinen Weg zu erzählen. Sie wollten so das Wirken Gottes in meinem Leben deutlicher erkennen und waren überzeugt, das helfe ihnen, den eigenen Weg mit Gott zu suchen und zu gehen. Das überzeugte mich, und so erzählte ich kurz vor meinem Tod meinem Mitbruder Luís Gonçalves da Câmara wichtige Stationen meiner Lebensgeschichte, und zwar aus der Perspektive eines Pilgers, der seinen Weg sucht und sich darin von Gott geführt und begleitet erfährt. Mein Mitbruder schrieb auf, was ich erzählte. So entstand eben weniger eine Autobiografie als vielmehr ein »Pilgerbericht«, mein Zeugnis vom Wirken Gottes in meinem Leben.

Aber wie war es denn bei dir, Teresa? Du hast in deinen Büchern ja viel aus deinem Leben erzählt, ja gar selber deine Vida, deine spirituelle Autobiografie, geschrieben. Ich gebe zu, dass ich vorerst – aufgrund meiner eher nüchternen Art vielleicht – mit deinem weitausholenden Erzählen meine liebe Mühe hatte. Aber je länger ich mich in deine Bücher vertiefte, desto mehr zog mich deine leidenschaftliche Gottsuche in Bann. So frage ich nun gerne dich: Wie kamst du dazu, von deinem Leben zu erzählen und gar deine Vida, »Das Buch meines Lebens«, zu schreiben?

Teresa

Auch ich wäre nie selber auf die Idee gekommen, meine Biografie aufzuzeichnen. Aber meine ersten geistlichen Begleiter, denen ich meine intensiven spirituellen Erfahrungen anvertraute, reagierten misstrauisch. Ich glaube, sie wussten nicht recht, was sie davon halten sollten. So trugen sie mir auf, meine Lebens- und Glaubenserfahrungen detailliert niederzuschreiben. Dadurch sollte klar werden, ob ich mich auf meinem spirituellen Weg im Rahmen des kirchlich Erlaubten bewegte. Sie forderten mich dadurch auch heraus, Sprache zu finden für die mystischen Erfahrungen, die mich oft überwältigt haben. Das war sehr schwierig. Wie sollte ich diese Erfahrungen für mich selber in Worte fassen? Wie sollte ich gar eine Sprache finden, die diese Erfahrungen andern vermitteln konnte?

Am leichtesten fiel mir immer das Erzählen – vor allem meinen Mitschwestern gegenüber –, das ich dann niederschrieb, quasi frisch von der Leber weg, ohne theologische Systematik. Für meine spirituellen Impulse brauchte ich am liebsten Bilder und Gleichnisse oder ich erzählte von eigenen Erfahrungen. Mir lag es immer daran, möglichst konkret zu reden oder zu schreiben. Ich konnte gar nicht anders. Und so verstanden mich auch die Schwestern am besten, unabhängig von ihrer Herkunft, unabhängig davon, ob sie gebildet waren oder Analphabetinnen. Meine Vida ist somit ebenfalls weniger eine Autobiografie als ein Erzählen meiner inneren und äußeren Erfahrungen, vor allem auch meiner oft schmerzhaften Suche nach Gott. Darin ist sie wohl deinem Pilgerbericht recht nahe, obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass dir mein Stil fremd ist und ab und zu Mühe macht. Denn im Unterschied zu meinem spontanen, erzählenden Stil hast du deine Briefe und Texte mehrfach überarbeitet, bis sie deinem hohen Anspruch genügten. Deine Mitbrüder haben dann nach deinem Tod deine geistlichen Tagebucheinträge veröffentlicht und uns damit ein eindrückliches Zeugnis deines spirituellen Weges geschenkt. Das hat mich besonders berührt, weil auch du darin sehr persönlich von deinem spirituellen Suchen berichtest.

Doch nun möchte ich mich noch über unsere Herkunft, unsere Kindheit und Jugendzeit unterhalten. Das hilft bestimmt, uns besser zu verstehen.

Mit Charme gewinnen - kämpfend vorangehen

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