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In den letzten Jahren ist es schwer für ihn geworden. Mit dem Alter kommen die Krankheiten. Solange man jung ist, denkt man nicht daran, aber schließlich kommt doch die Zeit. Nicht für jeden, aber für viele. Einige haben das Glück, diese Zeit nicht erleben zu müssen. Ob das ein Glück ist oder nicht bleibt offen. Die von uns gegangen sind, können wir nicht mehr kontaktieren. Wir wissen nicht was uns erwartet.

Es ist nicht immer leicht zum Arzt zu gehen, gerade für ältere Männer. Die Wartezimmer sind voll von älteren Frauen, die sich unterhalten, bis sie an die Reihe kommen. Die Männer sitzen meist stumm, hören zu, lesen eine Autozeitschrift. Für sie ist der Arztbesuch eine Qual, Frauen lieben das!

"Hast du schon gehört?"

"Was denn?"

"Das von Frau X?"

"Erzähl mal!"

Das Interesse ist geweckt, die Frau hat die ganze Aufmerksamkeit, nicht nur ihrer Gesprächspartnerin, sondern der ganzen Wartenden. Alle hören aufmerksam zu. Und die Frau fühlt sich wohl, wenn sie die Aufmerksamkeit der Wartenden hat. Und sie beginnt zu erzählen, ob das stimmt, was sie erzählt, ist nicht wichtig. Hier werden Geschichten erzählt, Mythen geboren, Leute in die Fresse geschlagen und alle fühlen sich wohl.

Der Rest ist Schweigen…Es wäre oft besser, diese Frauen würden zuerst denken.

'Rede erst wenn du die Gedanken zu Ende gedacht hast.' Wann sind die Gedanken zu Ende gedacht? 'Wenn Du nicht mehr über sie zu reden brauchst.'

Es liegt in der Natur der Gedanken, dass diese nur ein Aspekt des Ganzen wieder spiegeln. Deshalb können wir Gedanken nicht zu Ende denken. Karl weiß das, auch er hat dieses Problem. Einen Gedanken zu fassen ist einfach, ihn zu Ende zu denken eine Unmöglichkeit. Da gibt es zu viele Aspekte, die ein einzelner Mensch gar nicht erfassen kann. Könnten er es, würde er ja das Ganze erfassen, was mit Gedanken nicht möglich ist. Dazu muss er alle möglichen Gedanken über das Ganze zu denken imstande sein. Er kommt demnach nie ganz zu Ende. Würden seine Gedanken alles erfassen, hätte er kein Bedürfnis mehr, darüber zu reden, da er ja dann jede mögliche Antwort bereits kennen würde. Deshalb sollte er mit seinen Gedanken und den daraus resultierenden Wahrheiten vorsichtig sein, denn beide sind vergänglich wie er selbst. Niemand sollte seine Wahrheit den Anderen aufzwingen oder ihnen gar die Köpfe einschlagen, weil sie anderer Meinung sind.

Karl kommt auf ein anderes Ergebnis. Irgendwann vor ein paar Jahren schloss sich der Kreis. Nach ewigen Gedanken kam er zu der Erkenntnis und dem bekannten Satz: 'Ich weiß, dass ich nichts weiß.' Denn das ist so. Man kann niemals alles wissen. Dazu müsste man ja alle Meinungen aller Menschen kennen - und wie soll das bitte gehn?! Jeder kann nur begrenzt Dinge wissen. Egal, wie viel er nachdenkt und egal, was er alles erkennt und in Erfahrung bringt. Als er erkannte, dass er so gesehen nichts wissen kann, war sehr viel Wissensdurst plötzlich gestillt. Weil das einfach so ist. Ja, das würde ihm sehr gefallen, wenn die Menschen mal die Fresse halten könnten, denkt Karl.Nur weil sie reden können, muss das nicht heißen, das man es den ganzen Tag hirnlos tun muss. So. Jetzt hat er es gedacht! Karl ist mit sich zufrieden. Plötzlich kommt ihm ein neuer Gedanke. Der Umstand aber, dass es womöglich oder anscheinend keine endgültige(n) Wahrheit(en) oder vollendeten Gedanken gibt , entbindet uns nicht davon, zu versuchen, sie zu finden respektive zu denken. sonst würde ja das denken unter den Menschen aufhören, jedenfalls das kreative denken, das denken um des Denkens willen. Denn denken als Mittel zum Zweck, also im weitesten Sinne das technische Denken, kann sowieso jeweils erfolgreich abgeschlossen, sozusagen vollendet werden. die Erkenntnis, dass es keine endgültige Wahrheit gebe, wird allzu oft dazu benützt, um Menschen , die eigenständige, originelle Gedanken äußern, mundtot zu machen und die eigene Geistlosigkeit zu legitimieren. Bei der Gelegenheit steht derjenige zudem noch gut da, da er kein anmaßender Korinthenkacker sei, sondern ein cooler Realist. Man soll wiederum aber auch nicht etwa äußern, dass es keine letzten Wahrheiten gebe, da es ja auch schon eine unumstößliche Wahrheit wäre. Langer Rede kurzer Sinn, man sollte durchaus versuchen, Gedanken zu Ende zu denken. Allzu viele Menschen getrauen sich das gar nicht erst, so bleiben sie gefangen in den zahlreichen Vorurteilen, Halbwahrheiten und Allgemeinplätzen. Ein Gedanken muss immer zu Ende gedacht werden. Dabei würde man schon jede Menge neuer Erkenntnisse gewinnen bis man schließlich mit seinem logischen Latein am Ende wäre und in eine Sackgasse hineinmanövriert wird, da wieder herauszukommen Mithilfe eines erlösenden Gedankens, wäre der nächste, dritte und letzte, kreative Denkschritt. Seine Aufforderung erst zu reden, wenn er seine Gedanken zu Ende gedacht hat, auch wenn es dieses eigentlich nicht gibt, er also tatsächlich nur zu einer vorläufigen Schlussfolgerung mit seinem Nachdenken gelangt, bedeutet nicht, nun damit aufzuhören, ganz im Gegenteil; er sollte das Nachdenken intensivieren und nur die vorschnellen Äußerungen limitieren.

Karl ist mit sich ganz zufrieden. Er hat seine Krankheiten im Griff. Wenn er zum Arzt geht, dann nur wenn er wirklich muss. Der Arztbesuch ist ihm zuwider. Er mag diese Menschen nicht, die denken, dass sie Götter sind. Überheblichkeit zeichnet den modernen Arzt aus.

Einige Krankheiten können nicht oder nur eingeschränkt behandelt werden. Die Pharmaindustrie hat nicht an allen Krankheiten Interesse. Das Interesse kommt mit dem möglichen Profit. Eine Krankheit mit vielen Patienten, dass ist es was die Pharmaindustrie möchte, da ist der Profit hoch, der Einsatz gering. Was sie noch möchte ist, dass sie ihre Leute als Vortragende an den Universitäten einsetzen kann. Eine überaus effektive Werbung! Und die Ärzte werben auch für Medikamente, manchmal offen, manchmal versteckt, so wird der Patient zum Versuchskaninchen, meist ohne es zu wissen.

Deshalb hält sich Karl bei seinen Arztbesuchen zurück. Er kennt die Problematik und er möchte ihr ausweichen, sie umgehen. Er denkt, ein kurzer Arztbesuch ist völlig ausreichend. Was er auch ist. Ärzte sind Unternehmer, sie betreiben eine Firma, die anders funktioniert als ein Glühlampengeschäft. Diese muss Werbung machen, muss die Ware anbieten, muss eine Leistung erbringen. Beim Arzt verhält es sich völlig anders. Die Patienten kommen von alleine, sie suchen Hilfe. Der Arzt verrichtet dann eine Dienstleistung, er verschreibt ein Medikament, das hoffentlich auch hilft. Ganz sicher ist das allerdings nicht. Nicht bei jedem wirkt das Medikament. Wenn ein Wirkungsgrad von 80 Prozent vorliegt, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein ganz ausgezeichnetes Medikament handelt.

Auch aus diesem Grund weigert sich Karl alle Medikamente zu nehmen, die ihm verschrieben werden. Jedes Medikament belastet den Körper, je weniger Medikamente er einnimmt, desto gesünder lebt er.

Der Arzt ist noch ganz jung, gerade mit seiner Ausbildung fertig geworden. Sie begrüßen sich.

"Was gibt's Neues?", fragt der Arzt und er sieht sich den Akt des Patienten im Computer an.

Er ist nicht wirklich interessiert, es ist eine Standartfrage. Karl antwortet: "Nichts Neues." Auch eine Standardantwort. Es geht recht rasch, Blutabnahme, Blutdruckmessen, und schon ist er fertig. "Rezepte?", fragt der Arzt. "Natürlich", antwortet Karl. "Was brauchen Sie?" Und Karl zählt auf. Die Liste ist nicht lang. Nach fünf Minuten ist alles vorbei. Karl geht. Er ist froh, den Arztbesuch hinter sich zu haben.

Karl fährt nach Hause. Er ist müde. Um 5 Uhr früh ist er aufgestanden. Wenn er nach Hause kommt wird es nach 14 Uhr sein. Die Wartezeit zu kalkulieren ist nicht einfach. Er hat es eilig. Er hat eine Annonce aufgegeben. Eine Partnerschaftsangebote. Vielleicht ist eine Antwort da, es würde ihm freuen.

Dudu

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