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Kapitel 3 Sardinien
ОглавлениеLangsam tauche ich aus dem Dunkel des Tiefschlafs auf. Ich nehme Geräusche war, spüre ein leichtes Schaukeln, versuche mich auf diese Geräusche zu konzentrieren. Jetzt steigt mir auch ein wunderbarer Geruch von Kaffee und Brötchen in die Nase. Schlagartig bin ich hellwach und werfe mich mit Schwung aus der Koje. Wir waren wieder zu unserem Tauchgebiet gefahren, um noch etwas zu tauchen.
>Eva macht das Frühstück und ich liege hier noch faul rum, also ab ins Bad mit dir<, dachte ich mir.
Auf dem Weg ins Bad sehe ich Eva in der Kombüse stehen.
„Guten Morgen mein Liebes. Wie hast du es geschafft, ohne mich zu wecken aus der Koje zu kommen?«, frage ich sie lachend.
»Tja mein Schatz, auch ich kann mich wie eine Katze bewegen oder du warst zu fertig mit der Welt, um mich zu hören«, antwortet sie mir schelmisch grinsend. Denn der Abend war natürlich nicht mit dem zu Bett gehen zu Ende gewesen. Wir hatten uns noch eine Flasche Sekt mit in die Kabine genommen und sehr viel Spaß miteinander gehabt.
Als ich wieder aus dem Bad komme, hatte sie schon alles nach oben getragen und den Tisch auf der Brücke gedeckt. Ich gehe den Aufgang hoch und mich empfängt ein traumhafter Morgen. Die Sonne steht am tiefblauen Himmel und die See ist spiegelglatt und türkisfarben. Ich schaue mich um, die See ist Menschenleer. Es ist nirgendwo ein Schiff oder ein Boot zu sehen, wir sind allein.
»Komm her und setzt dich, du Langschläfer, lass uns zusammen frühstücken. Hinterher gehen wir tauchen, damit du wieder etwas frischer wirst«, sagt Eva und sieht mich dabei mit ihren glänzenden und strahlenden Augen an, dass es mir heiß und kalt dabei wird. Wir essen in Ruhe und gehen nach einer kleinen Pause, die wir auf dem Sonnendeck verbringen wie Eva es schon gesagt hatte, wieder tauchen.
Wir genießen einen schönen Vormittag und tollen herum wie kleine Kinder. Zu Mittag gibt es Pasta und Salat, wir sind vom Schwimmen total ausgehungert und lassen es uns schmecken. Danach legen wir uns zur Siesta auf das Sonnendeck, das wir mit dem Sonnensegel abgedeckt haben und geben uns der Ruhe hin. Wir liegen uns im Arm und ich streichele sie. Gerade bin ich dabei, so langsam in den Schlaf zu gleiten, als sich das Handy meldet.
»Ach nein, wer ist denn das jetzt«, sage ich etwas mürrisch, gehe ins Cockpit und aktiviere die Ruftaste von meinem Handy, ohne auf das Display zu sehen:
»Pronto?«, melde ich mich kurz angebunden und man kann meiner Stimme anmerken, dass ich wegen der Störung verstimmt bin.
»Hallo Carlo, hier ist Peter. Entschuldige die Störung, aber wir müssen über einen neuen Fall sprechen.«
»Ah, guten Morgen Peter. Ist schon gut, bin nur gerade auf dem Sonnendeck am einnicken gewesen. Was ist das für ein Fall?«, frage ich und setze mich auf die Steuerstandbank der Sea King.
»Es geht um eine Entführung von Eltern und Tochter einer Frau Pia Galvi. Das ist auf Sizilien passiert. Sie hat gestern Abend mit uns Kontakt aufgenommen. Monika und ich haben uns mit ihr auf dem Flughafen Hamburg getroffen und alles besprochen und aufgenommen. Dann habe ich veranlasst, dass das Quadro-Team nach Sizilien geschickt wird, um mit ihr in das Elternhaus zu fahren und alles abzusichern«, erzählt er mir die Vorgeschichte.
»Gut, aber was kann ich jetzt machen?«, frage ich ihn.
Da er ja anscheinend alles im Griff hat.
»Genau, da beginnt das Problem. Wir haben gestern Abend noch eine Meldung vom Flughafen bekommen, dass unsere Männer mit Frau Galvi, auf dem Weg ins Elternhaus sind. Dann noch ein O.K. bei der Ankunft im Haus, aber seitdem ist alles ruhig. Wir haben keinerlei Verbindung mehr zum Team.«
»Hatten sie ihre komplette Ausrüstung dabei?«, frage ich.
So eine Ausrüstung besteht aus Einbruchswerkzeug, Kletter-Haken aus Aluminium, Abhörgerätschaften, einer Skorpion Maschinenpistole und eine Glock achtzehn, eine neun Millimeter Reihenfeuerpistole und großem Magazin, sowie ihren Schutzwesten und dem digitalen Funkgerät.
»Nein, da sie nur als Personenschutz unterwegs waren, hatten sie nur ihre Pistolen im Koffer und ihr Handy dabei und waren komplett in Zivil gekleidet«, beantwortete Peter meine Frage.
»Sind die Handys nicht zu orten?«, frage ich weiter.
»Haben wir schon versucht, aber es kommen keine Signale durch. Die sind beide abgeschaltet. Ich spiele mit dem Gedanken, noch ein Team runter zu schicken. Diesmal mit dem Helikopter, das vor Ort klären soll, was dort vorgefallen ist.«
»Gut Peter, mache das. In welchem Hafen liegt eigentlich die Freya zurzeit?«
»Die liegt in Palermo. Meinst du, wir sollten sie runter schicken?«
»Ja Peter, schicke sie runter und halte mich auf dem Laufenden. Welche Teams sind denn zurzeit an Bord der Freya?«
»Es sind zwei Teams an Bord. Das Uno-Team und das Due-Team.«
»Gut, dann schick mir noch das Echo- und das Foxtrott-Team runter. Das Xray Team mit Josef und Sascha sollen die Sea Princess aus Genua mitbringen. Josef kann uns bestimmt eine große Hilfe sein, denn woanders als nach Tunesien kann man wohl kaum von Sizilien aus schnell verschwinden.«
Josef war ein ehemaliger Fremdenlegionär, bevor er zu uns gestoßen war. Nicht nur, dass er verschiedene afrikanische Dialekte spricht, er kennt sich auch sehr gut mit den Gepflogenheiten in Afrika aus.
»Alles klar, ich melde mich dann wieder, wenn ich mehr weiß oder alles im Einsatzort ist. Ciao Carlo«, sagt Peter und unterbricht die Verbindung.
Die Freya ist ein achtundsiebzig Meter langes und zwölf Meter breites Küstenmotorschiff, das wir umbauen ließen. Sie wird bei unseren Einsätzen als mobile Einsatzplattform eingesetzt und ist vollkommen autark. Sie schafft eine Reisegeschwindigkeit von zwölf Knoten. Der Laderaum wurde geteilt, im vorderen Teil stehen die Fahrzeuge der Teams an Bord, vier Motorräder, vier Autos und zwei Schlauchboote. Um diese Fahrzeuge von Bord hieven zu können, wird der Kran auf der Back benutzt. Im hinteren Laderaum befinden sich eine komplette Einsatzzentrale mit allen erdenklichen elektronischen Geräten und die Unterkünfte für sechs Zwei-Mann Teams und das Kommunikationsteam. Die vordere Luke ist so ausgelegt und umgebaut, dass man sie als Aufzug benutzen kann. Hier besteht auch die Möglichkeit, einen Hubschrauber unter Deck zu verbringen der auf der mittleren Ladeluke landen kann.
»Was ist passiert mein Schatz? Gibt es Probleme?«, fragt mich Eva von der Sonnliege her.
Sie hat sich aufgesetzt und sieht mich mit besorgter Miene an. Sie weiß, dass man mich nur anruft, wenn es Probleme gibt.
»Ja, das Quadro-Team ist mit einer Kundin zusammen auf Sizilien verschwunden. Jetzt schickt Peter noch ein Einsatzteam runter, sie sollen nachsehen was da los ist.«
»Meinst du, es ist was Schlimmes passiert?«, fragt sie mich besorgt mit ängstlicher Stimme.
»Ich hoffe nicht. Aber wir müssen mit allem rechnen. Sobald ich Näheres erfahren habe, sehen wir weiter. Ich glaube, einen Espresso und einen Grappa könnten wir Beide jetzt gebrauchen. Machst du uns einen?«
In der Hoffnung, sie durch die Beschäftigung etwas vom Geschehen gedanklich abzulenken. Während Eva nach unten geht, um uns einen Espresso zu machen, überlege ich mir, was wohl der Grund war, warum sich das Team nicht mehr meldet. Ich kannte die beiden Männer, Pietro Bonci war bei der italienischen Spezialeinheit für Terroristen- Bekämpfung als Scharfschütze tätig, bevor er zu uns kam. Tom Elbers war bei der deutschen Sondereinheit KSK tätig. Beide hatten uns letztes Jahr bei der Befreiung von Eva unterstützt und gehören zur Abteilung Süd der Operation Group in Italien.
Die Operation Group besteht aus zwei Komlei Bussen die im Norden und im Süden Europas stationiert sind. Beide Busse sind jeder mit sieben Personen, Techniker, Kommunikations-, und Computerfachleuten, besetzt. Zu jedem Bus gehören noch acht, Zwei-Mann bzw. Frauen Teams, die wir bis auf zehn Teams, aufstocken können, Personal aus unserem Personen- und Objektschutz-Unternehmen. Zu einem Komlei-Bus gehört auch ein Technik-Truck, der die nötigen Fahrzeuge transportiert und technisch wartet. Ein Komlei Team setzt sich zusammen aus einem Bus, einem Track bestückt mit vier Motorräder, zwei Wagen und acht Teams mit jeweils einem Fahrzeug. Diese befinden sich aber nicht immer im Umkreis des Busses. Vier dieser Teams sind in einem Umkreis von zwei- bis dreihundert Kilometern um den Bus verteilt. Nur vier Teams befinden sich direkt beim Bus. Alle Fahrzeuge und Personen kommunizieren über ein gemeinsames Kommunikationsnetz.
Eva kommt mit Espresso und Grappa wieder auf die Brücke. Sie setzt sich zu mir und wir nehmen beide den Grappa in die Hand.
»Auf das Wohl der Kundin und unserer beiden Männer«, sagt sie und prostet mir mit besorgter Miene zu.
»Ja, auf ihr Wohl«, pflichte ich ihr bei und denke im Stillen:
>Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert.<
In diesem Moment meldet sich mein Handy wieder.
»Pronto«, melde ich mich sofort.
»Ah, Carlo. Hier ist Mario. Ich möchte euch Beide, Eva und dich, für morgen einladen. Ich gebe eine kleine Party und hätte euch gern dabei gehabt, wo treibt ihr euch denn zurzeit herum?«, höre ich unseren alten Freund Mario Galvanese am anderen Ende der Leitung.
Er hat ein riesiges Anwesen an der Costa Smeralda und gibt jeden Monat ein rauschendes Fest. Alles was Rang und Namen in Italien hat, war dann immer bei seinen Partys anwesend.
»Salve Mario. Du weißt doch, dass wir nicht gern auf diese großen Partys gehen. Diesen ganzen Schnickschnack mögen wir doch nicht so gern. Das hat aber nichts mit euch zu tun, das weißt du. Wir liegen vor der Südküste und gehen tauchen«, sagte ich mit einem bedauernden Unterton.
»Ah Carlo, das weiß ich ja. Aber es kommen wirklich nicht viele. Nur meine Familie und hoffentlich auch ihr. Ihr seid doch schnell hier oben, komm gib Gas und wir sehen uns heute Abend noch auf ein Glas Wein auf der Terrasse. Ich lass in Porto Cervo gleich einen Liegeplatz für dich reservieren und dann wartet Sir John mit dem Wagen auf euch«, versucht er mich zu überreden.
Sir John ist sein Chauffeur und da er aus England kommt, nennt Mario ihn immer Sir John. Ich sehe zu Eva rüber und frage sie:
»Schatz, Mario und Petra haben uns für morgen auf eine Familienfeier eingeladen. Wir sollen heute noch hoch kommen. Was meinst du dazu?«
»Na ja, wir waren ja schon lange nicht mehr auf einer seiner Feiern. Lass uns fahren, lenkt uns auch etwas ab und du bleibst ja erreichbar«, gibt sie zur Antwort.
Ich nicke und zu Mario sage ich:
»Ja gut Mario, wir lichten gleich den Anker und kommen hoch. So vier Stunden werden wir wohl brauchen.«
»Na prima, da wird sich Petra aber freuen. Eva und Petra haben sich ja schon lange nicht mehr gesehen und wie man so hört, ist ja in der Zwischenzeit allerhand passiert. Diese Geschichte mit der Entführung von Eva musst du mir auch unbedingt erzählen. Also, bis heute Abend und eine gute Fahrt«, sagt er und unterbricht die Verbindung. Petra war seine Frau und stammt aus Regensburg. Ich lege das Handy beiseite, geh zu Eva und lege mich wieder auf die Liege.
»Na gut, dann lass uns mal zu den Beiden hochfahren. Petra freut sich schon auf deine Geschichte vom letzten Jahr.«
»Das glaube ich, es gibt ja auch nur Gerüchte auf der Insel über meine Entführung. Da werde ich wohl mal so allerhand klarstellen müssen. Komm, auf geht’s, brauchst dich nicht mehr faul hinzulegen. Schmeiß die Maschinen an und ab durch die Mitte, Seemann. Wir werden erwartet«, sagt sie etwas zu salopp zu mir und steht auf.
Ich rappele mich auch wieder hoch, gehe in den Steuerstand, hole den Anker mit der elektrischen Winde ein und starte die Maschinen. Ein sattes Brummen erfüllte die Luft, mein Herz fängt voller Vorfreude auf die Geschwindigkeit an, schneller zu schlagen. In der Zwischenzeit hat Eva alles abgeräumt und in die Kombüse gebracht. Jetzt setzt sie sich neben mich auf die Bank im Steuerstand.
Als der Anker eingefahren und gesichert ist, drücke ich die beiden Fahrhebel langsam nach vorne und die Yacht nimmt, immer schneller werdend, Fahrt auf. Sie hebt ihren schmalen, Messerscharfen Bug aus dem Wasser, durchschneidet mit ihm die Wellen und hinterlässt eine schäumende Heckwelle. Es machte einfach Spaß, so ein Boot zu fahren und es über das Wasser gleiten zu sehen.
Man spürt die Kraft der beiden Maschinen, die die Yacht nach vorne treiben. Man hat das Gefühl, dass man durch niemand gestoppt werden kann.
Eva streichelt meinen Nacken und sagt zu mir:
»Sag mal Seemann, du wolltest mir doch immer schon mal die Story aus Finnland erzählen, als du damals zur See gefahren bist. Mach das doch jetzt, wir haben ja etwas Zeit bis wir ankommen.«
Sie spielte damit auf meine Seefahrtzeit an, ich hatte am Anfang unserer Beziehung so Andeutungen gemacht, was ich alles so erlebt hatte. Ab und zu kommt die Neugierde von ihr durch und ich muss die alten Geschichten und Erlebnisse von damals erzählen.