Читать книгу Die Wohngemeinschaft - Kathrin Noreikat - Страница 3
Prolog
ОглавлениеMike lenkte den Zwanzig-Tonner auf den Highway Nummer 95. „Roger. Over and out“, sprach er in das Funksprechgerät. Ein Lebenszeichen an die Zentrale, dass er nun auf dem Weg nach Florida war.
Es würde eine ruhige Nacht werden. Mike liebte diese Nachtfahrten, weniger Pkws auf den Straßen. Er hatte einen Haufen Musik-CDs von seinem Kumpel ausgeliehen und wollte die kommenden Stunden Rock- und Popsongs hören.
Heute Nacht hatte er tiefgefrorene Bagels in seinem Truck geladen. Von New York nach Miami sollte die Tour gehen.
Gerade lief „Highway to hell“ von AC/DC aus den Lautsprechern der CD-Anlage als er am Straßenrand eine wild gestikulierende Person entdeckte. Seit einer Weile schon fuhr Mike auf einer Landstraße durch eine ländliche Gegend. Der Highway war wegen einer Nachtbaustelle voll gesperrt worden. Diese Umwege fuhr der Fernfahrer nicht ungern, denn so lernte er Schleichwege und mögliche Abkürzungen kennen, die ihm für spätere Touren vielleicht nützlich sein würden.
Die Person stand neben einem Fahrzeug, dessen Warnblinkanlage unentwegt aufleuchtete.
Ohne Zögern trat Mike auf die Bremse. Doch bis der schwere Lkw zum Stehen gekommen war, legte er ein ganzes Stück Landstraße zurück.
Endlich kam der Lastwagen zum Stehen. Mike stieg aus und ging zu der Gestalt und dem blinkenden Fahrzeug.
Schon von weitem rief die Person ihm etwas zu.
Als der Fernfahrer näher kam, erkannte er eine Frau, die der Hysterie nahe war.
„Helfen sie mir! Bitte!“
Mike versuchte die Frau zu beruhigen, doch sie zitterte am ganzen Leib. Vorsichtig um sie nicht noch mehr zu ängstigen, strich er ihr sanft über den Rücken.
„Ist schon gut“, sagte er. „Was ist mit ihrem Arm geschehen?“
Die Frau hielt sich den linken Unterarm. Der Ärmel der blauen Bluse war zerrissen. Der Stoff hing in kleinen Fetzen hinunter, das Blut aus der Wunde war bereits am Gerinnen.
Mike war entsetzt: „Was ist denn passiert?“
„Ein Platten, ich bin ausgestiegen und da war dieses...“, die Stimme der Frau versagte. Dann flehte sie abermals: „Bitte, wir müssen hier weg!“
Der Lkw-Fahrer ging zum Kofferraum des Fahrzeuges und suchte nach einem Ersatzreifen.
Jetzt erst nahm er die Umgebung wahr.
Die Landstraße führte an einem Wald entlang. Die hohen Tannen bildeten eine Mauer zwischen Straße und dem Waldinneren. Mike konnte nichts zwischen den Bäumen erkennen. Der Wald war dunkel und schwarz.
Der Vollmond blitzte zwischen den schnell dahin ziehenden Wolken ab und zu hervor.
Das Rauschen der Tannen ließ fast kein anderes Geräusch zu. Mike merkte wie er eine Gänsehaut bekam. Dies hier war kein guter Ort um einen Platten zu haben. Ein Heulen war aus dem dichten Wald zu hören. Ein Hund? Wer ging um diese Nachtzeit mit seinem Hund spazieren? Ein Wolf? Gab es in dieser Gegend Wölfe?
Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er hier und jetzt keinen platten Reifen wechseln wollte.
Ein erneutes Heulen, nun näher. Die Frau zerrte mit dem unverletzten Arm an seinem Hemd.
„Bitte, wir müssen hier verschwinden. Schnell!“ Mike nickte heftig: „Ja, Verschwinden wir!“
Die beiden eilten zum Truck. Die Angst hatte sich an ihre Fersen geheftet und ließ sie nicht mehr los.
War der Lkw immer so stockend angesprungen?
Endlich sprang der Motor an und der Fernfahrer drückte aufs Gaspedal. Mit jedem Meter den die beiden von dem liegengebliebenen Pkw zurück legten, reduzierte sich ihr Unbehagen.
Zwischen den hohen Tannen trat ein fellbesetztes Wesen hervor. Die langen Schneidezähne funkelten im Mondlicht. Zwischen den Krallen hatte sich blauer Stoff verfangen.