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Geschichtstour 1 Geschichtstour 1: ›Feuerland‹ und die AEG am Humboldthain
ОглавлениеBertolt-Brecht-Gedenkstätte, noble Restaurants und schicke Büros der neuen Kreativdienstleister prägen heute die Szene in Berlin-Mitte. Doch dass an der Chausseestraße vor dem ehemaligen Oranienburger Tor die ersten Fabriken Berlins standen, ist kaum noch bekannt. ›Feuerland‹ nannten die Berliner das Viertel bald: Die rauchenden Schornsteine und vor allem der nächtliche Feuerschein der vielen Eisengießereien wirkten beeindruckend und beängstigend zugleich. Vor 200 Jahren begann hier für Berlin eine neue Ära: Mit der massenweisen Produktion von Dampfmaschinen und Lokomotiven startete die preußische Metropole ins Industriezeitalter.
Den Anfang machte der Staat, ganz im Reformeifer der Zeit: 1804 nahm die Königliche Eisengießerei Berlin – kurz: Berliner Eisen – in der Invalidenstraße den Betrieb auf. Die Gegend lag damals noch vor den Toren der Stadt, zwischen unbebauten Feldern.
Das Schinkel’sche Nationaldenkmal beispielsweise ist ein Werk von Berliner Eisen. Man kann es noch heute auf dem Kreuzberg im gleichnamigen Bezirk bewundern. Vom Gebäude der Königlichen Eisengießerei dagegen, auf deren Gelände an der Invalidenstraße 43 heute das Naturkundemuseum steht, ist nichts erhalten. Das Beuth’sche Gewerbeinstitut in der Klosterstraße, eine Vorgängerin der heutigen Technischen Universität Berlin, zog wegen der guten Ausbildung viele künftige Industriepioniere in die Stadt. So auch Franz Anton Egells, bei dem der spätere ›Lokomotivenkönig‹ August Borsig seine Lehrjahre absolvierte.
Der Grundpfeiler der Berliner Industrie war also mit dem Maschinenbau in ›Feuerland‹ gelegt. Doch von dieser Keimzelle ist außer wenigen Spuren nichts erhalten. Schon ab 1850 wurde es für die immer größeren Fabriken zu eng, die Stadt wuchs, und so wanderten sie an den damaligen Rand der Stadt, an den Humboldthain und nach Moabit, später auch sehr viel weiter in die als reine Industriestandorte neu geplanten ›Städte in der Stadt‹ Borsigwerke Tegel, Oberschöneweide und Siemensstadt. Die ehemaligen Industriegrundstücke vor dem Oranienburger Tor wurden dringend für den Bau von Wohnhäusern –Mietskasernen – gebraucht. Berlin gewann in rasantem Tempo an Einwohnern, die zu Tausenden täglich in die aufstrebende Metropole kamen, um hier ihr Glück zu suchen – und auch dringend als Arbeitskräfte benötigt wurden.
1 – Maschinenbauanstalt Egells
2 – Borsig’sches Verwaltungsgebäude
3 – Edisonhöfe
4 – AEG am Humboldthain
5 – Mietskasernen