Читать книгу Der Rechtsfall Wilhelmine Harnisch - Katrin Ludwig - Страница 3
Greene – um die Mitte des 19. Jahrhunderts - Mittelpunkt des Leinetals.
ОглавлениеWaldreiche Höhenzüge erheben sich, Berg und Tal ergeben eine anmutige Landschaft. Wer von Seesen und Bad Gandersheim nach Greene fährt, erblickt die grüne Aue der Leine, überragt von einem stattlichen wuchtigen Kirchturm, umrandet von freundlichen Häusern und auf felsiger Höhe der steinerne Bergfried, die alte Burg, und nicht zu übersehen die Buchenwälder, die dem Ort eine sanfte Festigkeit verleihen.
1856 hatte der Braunschweigische Staat, die Bahnstrecke Braunschweig-Kreiensen fertiggestellt, die sich an die hannoversche Südbahn anschloss, das zeitigte Entwicklungen, die aus dem alten ehemaligen Marktflecken ein städtisches Zentrum entstehen ließen.
Greene war nun der Sitz des Amtsgerichts, hatte eine Pfarre, zwei Schulen, dem Landesherren und zwei Mitarbeitern zugeordnet, eine Försterei, eine Post, eine Apotheke, ein Physikat und eine herzogliche Domäne.
Letztere wurde in den Jahren 1696 bis 1704 vom Ingenieur Oberstleutnant Kaspar Völcker errichtet. Ein massiver nüchterner Gebäudekomplex gruppiert sich mit vier Flügeln beinahe quadratisch um einen Hof.
Das Wohnhaus liegt zur Straße hin. Ein Einfahrtstor aus rotem Sandstein führt zum Hof und trägt einen Giebel, dessen Platte elf Felder, gekrönt von fünf Helmen und zwei Löwen, die das herzogliche Wappen tragen, geschmückt ist.
Branntwein aus Korn wurde im nördlichen Domänengebäude von 1820 – 1963 hergestellt und erreichte einen gewissen Bekanntheitsgrad als „Alter Greener Kornbranntwein“.
Wenn dieser auch anderen Branntweinen weichen musste, die Domäne zeigt sich bis heute in ihrem etwas morbiden, nüchternen Charme, zeitigt Geschichte und Schicksale.
Der Hausstand des Amtmannes Louis Deichmann Mitte des 19. Jahrhunderts, ist reputierlich, als er sich die junge Amalie Henneberg aus Wasserleben zur Frau nimmt und sie aus dem Elternhaus mit nach Greene in die Domäne führte, in der schon sein Vater gelebt und gewirkt hat.
Nun soll der Sohn des Amtes walten, und eine Familie gründen, die das Haus wieder mit Leben erfüllt.
Amalie Henneberg, aus guter Familie, wie es so heißt, folgt frisch vermählt, dem Amtmann Deichmann nach Greene. Doch sie besteht darauf, ihre alte Kinderfrau, die Wilhelmine Harnisch, mitführen zu dürfen, um den zukünftigen Kindern eine ebenso beschützte und liebevolle Kindheit angedeihen zu lassen, wie sie eine erfuhr.
Doch, so ist anzunehmen, entstand da heraus, früh Missstimmung im Hause Deichmann, die sich zwischen der alt eingesessenen Dienerschaft und dem Anspruch der neu hinzugekommenen Kinderfrau ergab, nicht zu vergessen die einsetzenden Regularien, die sich aus der veränderten Position der Amalie Deichmann, geb. Henneberg, ergaben. Aus dem von der Kinderfrau Wilhelmine beschützten „Malchen“ wurde die Herrin über Haus und Hof in der Domäne zu Greene, was für den weiteren Verlauf des Geschehens nicht eben bedeutungslos gewesen sein dürfte.