Читать книгу Sieh nichts Böses - Kayla Gabriel - Страница 7
Kapitel Zwei
ОглавлениеEcho
Mittwoch, 10:00Uhr
„Es ist nicht so, dass ich es nicht verstehe“, sagte Echo seufzend und verdrehte die Augen nach rechts, um den verschwommenen Geist eines kreolischen Teenager-Jungen zu betrachten, der mit besorgter Miene neben ihr schwebte.
„Aber Mistress“, wand der Geist ein und wrang die Hände, „denken Sie nicht, dass die Leute es erfahren sollten? Die ganze Stadt ist in Gefahr!“
Echo zögerte, weil sie nicht wusste, wie sie antworten sollte. Das Problem bei einem Gespräch mit dem jungen Aldous lag darin, dass er wie die meisten Geister über kein Kontextwissen verfügte. Wenn ein Geist erst einmal den Schleier passierte und in die nächste Welt überging, spürte er den Verlauf der Zeit nicht länger. Genauso wenig war er sich bewusst, dass die Welt sich ohne ihn weiterdrehte. Geister erschienen im Reich der Menschen, wenn etwas sie dort verankerte und davon abhielten weiter ins nächste Reich zu gehen, das vor ihnen lag.
Obwohl sie verankert waren, existierten Geister nur als Bruchteil einer Erinnerung, ein winziges Stück einer menschlichen Seele, die in der Zeit feststeckte und nur aufgrund der einzigen Informationen und Verständnis handelte, über die sie verfügten: die genauen Umstände ihres Todes.
Das machte sie, Echos Meinung nach, nicht gerade zu einer guten Gesellschaft. Vor allem dann, wenn der Geist zufällig einst ein Bautechniker war, wie Aldous, dessen gesamte Aufmerksamkeit auf das Hochwasser gerichtet war, das die Bevölkerung stark dezimieren würde und hatte… 1908.
„Aldous, wenn ich verspreche, noch heute zum Rathaus zu gehen und mit dem Bürgermeister persönlich zu reden, wirst du mich dann meinen Geschäften nachgehen lassen?“, fragte Echo.
Aldous stimmte mit einem schwermütigen und geisterhaften Nicken zu, ehe er vor ihren Augen verblasste und verschwand. Echo atmete schwer aus, während sie das Faubourg Marigny betrat und nach der richtigen Stelle Ausschau hielt, um den Graumarkt zu betreten. Manchmal auch als Le Bon Marche oder Voodoo-Markt bezeichnet, stellte der Graumarkt ein großes Netzwerk an Geschäften dar, die diejenigen bedienten, die alle möglichen Magiearten praktizierten, sowie an alle anderen Kith, die… nun, irgendetwas benötigten.
Der Trick, den Graumarkt zu betreten, bestand darin, dass es zu jedem Zeitpunkt zwischen einem Dutzend und einhundert Eingänge und Ausgänge gab, von denen jeder zu einem einzigartigen und oft willkürlichen Ort am Graumarkt führte. Der Markt war vergleichbar mit einer Pie-Backform, die mit Perlen gefüllt war, von denen jede mit ihrem Nachbarn durch ein Labyrinth an miteinander verknüpften Fäden verbunden war. Die Perlen bestanden aus Zauberspruchbücherläden, Kräuterapotheken, exotischen Bordellen und jeder anderen Art von dunklem, staubigem, nervenaufreibendem Laden.
Die Eingänge und Ausgänge des Graumarktes waren vor den Blicken der Menschen raffiniert verborgen. Manche waren schlichte Türen, durch die man hindurchlief und die scheinbar in ein Haus oder Bar führten. Ein Mensch würde durch diese Tür in einen Lebensmittelladen oder die Lobby eines Apartmentkomplexes treten. Ein Mitglied der Kith würde hingegen den einzigartigen Zugangssatz des Portals herausfinden und laut aussprechen, wodurch es Zugang zum Markt erhielt.
Echo schlenderte die Chartres Street hinab und suchte nach nichts und etwas zugleich. Das hieß, sie suchte nicht nach etwas Besonderem, sondern stattdessen nach etwas, das leicht merkwürdig oder fehl am Platz wirkte und von einem Hauch Magie umgeben war…
Echo entdeckte eine funkelnagelneue BellSouth Telefonzelle, die leicht versteckt neben einem verwitterten „Shotgun-Haus“ stand. Dessen Zimmer waren in einer geraden Linie angeordnet, sodass man von der Eingangstür direkt bis in den hinteren Garten schauen beziehungsweise schießen konnte, woher auch der Name stammte. Da 2015 war, ging Echo davon aus, dass man neue Telefonzellen heutzutage nicht mehr unbedingt an jeder Straßenecke fand. Sie joggte zu der Telefonzelle, öffnete die Tür und schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter, als sie hineintrat.
Sie reiste mühelos zum Graumarkt, indem sie aus der Telefonzelle auf eine zwielichtige Gasse trat. Sie sah sich um und lief durch die Gasse, um sich anschließend auf einer der Hauptstraßen des Marktes wiederzufinden, der Carré Rouge. Dieser Bereich des Marktes wurde stets auf magische Weise von Mondlicht erhellt, da er hauptsächlich Vampire bediente, die auf der Suche nach Blutbanken, lebenden Spendern oder Bordellen waren… oder irgendeiner Kombination aus diesen Dingen. Der Rest des Marktes schien von einer unbestimmten Quelle in eine Art schwaches Dämmerlicht getaucht zu werden. In der Carré Rouge war es sogar noch dunkler.
Und gruseliger, wenn man Echo fragte.
Echo erschauderte und eilte rasch aus der Carré Rouge, wobei sie den Atem anhielt, bis sie auf den Marktplatz trat. Ein Wirrwarr aus Anblicken, Lauten und Gerüchen verwirrte ihr die Sinne, als sie anhielt, um den großen Markt zu betrachten. Auf dem Marktplatz gab es an die dreihundert Stände, die sich in unregelmäßigen Reihen auf dem Platz drängten. Die Verkäufer boten kleinere Gegenstände feil, alles von kandierten Äpfeln, die mit Liebeszaubern versehen waren, bis hin zu preiswerten fertiggebrauten Tränken, billigen Zauberstäben und Kristallkugeln für Wahrsager. Auf dem Marktplatz wurde mit Plunder gehandelt. Erfahrenere Praktiker der Künste kauften ihre Güter hinter den Ständen bei den Dutzend Querstraßen, in denen sich die Einzelhändler befanden.
Echo ließ die Stände links liegen und ging direkt zur anderen Seite des Marktes. Auf ihrem Weg zu Robichaux’s Kräuter und Tränke musterte sie ihre Umgebung. Es war ruhig auf dem Markt. Früher Morgen in der Welt der Menschen bedeutete, dass viele Kith noch schliefen, weil sie das Sonnenlicht mieden oder sich erholten, da sie lange aufgeblieben waren. Nach Mitternacht ging es auf dem Markt am geschäftigsten zu, weshalb viele Läden und Stände vor Mittag erst gar nicht öffneten, manche sogar noch später.
Sie drückte die Eingangstür auf und lächelte über das vertraute Bimmeln der Glocke, die Miss Natalie auf die Anwesenheit eines Besuchers aufmerksam machte. Echo war überrascht, den Laden leer vorzufinden. Sie hatte den Laden noch nie betreten, ohne sofort die ältere Kräuterverkäuferin zu erblicken, die mit einem Lächeln und dem neuesten Kith Tratsch auf sie wartete.
Echo schloss die Tür und schaute eine Minute zu dem unbesetzten Tisch, dann zuckte sie mit den Achseln. Der Kassentisch stand mittig vor der hinteren Ladenwand und wurde zu beiden Seiten von drei Reihen weißer, hoch aufragender Holzbücherregale flankiert. Jeder Gang beinhaltete Regale voller Pflanzen, die nach Gattung und Zweck gruppiert waren. Die lebenden Exemplare wuchsen unter gewölbten Glasglocken, wohingegen die getrockneten und zu Puder verarbeiteten Produkte in Gefäßen jeder Art und Form aufbewahrt wurden. Obwohl die Sammlung etwas überwältigend war, waren die Behälter fein säuberlich beschriftet und organisiert.
Echo fand sofort, wonach sie suchte, schraubte den Deckel des Einweckglases ab und nutze die Zange darin, um einige Blätter herauszufischen. Anschließend ließ sie die Blätter in eine kleine Plastiktüte fallen, die sie in ihrer Handtasche mitgebracht hatte. Die Blätter, die sie hier kaufte, verdarben nach weniger als einer Woche, weshalb sie diese Besorgung recht häufig machte.
„Kann ich Ihnen helfen, Miss?“
Echo Caballero wirbelte herum, wobei sie beinahe mehrere der Gefäße auf dem gegenüberliegenden Regal umwarf, die alle verschiedene Arten von getrockneten Fröschen und Molchen zu enthalten schienen. Sie legte den Kopf schief und schaute zu dem Mann, der am anderen Ende des Ganges stand und ihren Ausgang blockierte. Er wirkte hier völlig fehl am Platz. Zum einen trug er einen ausgebeulten, dunklen Anzug. Das war nicht gerade die übliche Kleidung der Hexer, Priesterinnen und Kith-Käufer, die den Graumarkt frequentierten. Zum anderen war der Mann nicht Natalie Robichaux, die Ladenbesitzerin.
„Ähhh, ich brauche nur etwas Hexenblatt“, erzählte Echo stirnrunzelnd. Sie hielt das Tütchen hoch, um ihm zu zeigen, dass sie es bereits gefunden hatte.
„Richtig, richtig“, sagte der Mann. Er machte mit nachdenklicher Miene einen Schritt auf sie zu, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.
„Wo ist Miss Natalie?“, wollte Echo wissen, deren Mund trocken wurde. Irgendetwas stimmte hier nicht.
„Sie ist nach draußen gegangen“, erklärte der Mann, ohne zu zögern. „Ich bin Amos, ihr… Neffe.“
Echo bewahrte eine neutrale Miene, aber am liebsten hätte sie gelacht. Miss Natalie war Kongolesin und ihre Haut so dunkel wie der Mitternachtshimmel. Dieser Mann sprach in einem hiesigen Dialekt und seine Haut war zwar olivfarben, aber ganz bestimmt kaukasischer Herkunft. Die Wahrscheinlichkeit, dass er durch Blut mit Miss Natalie verwandt war, war äußerst gering.
Dennoch zögerte sie, weil sie keine voreiligen Schlüsse ziehen und in ein Fettnäpfchen treten wollte.
„Ich verstehe. Können Sie meinen Einkauf abwickeln? Ich müsste dann wieder los“, sagte Echo.
„Selbstverständlich“, erwiderte er, trat einige Schritte nach hinten und bedeutete Echo mit einer Hand, sie solle an ihm vorbeigehen.
Echos Herz sprang ihr in die Brust, als eine bleiche Gestalt neben dem fremden Mann erschien. Ein sehr junges ehemaliges Sklavenmädchen, dem Echo schon mal im Laden begegnet war. Ada lautete der Name des Mädchens, wenn sich Echo richtig erinnerte. Es war eine Weile her, seit Ada ihr zuletzt erschienen war. Ada schüttelte verdrossen den Kopf, wobei ihre dunklen Zöpfe hüpften. Sie stemmte ihre Fäuste in die Hüften und warf Echo einen strengen Blick zu.
„Böser, böser Mann“, verkündete Ada und ließ ihre Augen nach links zu dem Fremden schweifen. „Er nimmt Geld. Er ist kein Neffe oder irgendjemand, Ma’am.“
Echo biss auf ihre Lippe. Der Fremde warf ihr einen ungeduldigen Blick zu, denn er konnte den Geist direkt neben sich nicht sehen. Das war ein perfektes Beispiel für Echos gesamtes Leben: sie hörte Dinge, die die meisten Menschen nicht hören konnten, und wirkte dabei wie eine Verrückte. Normalerweise versuchten die Geister allerdings nicht, Echos Leben zu retten. Normalerweise versuchten sie nur, mit ihr über ihre längst verstorbenen Verwandten zu reden, während sie mit der Straßenbahn fuhr, oder sie baten sie, sich um ihre ebenfalls toten Haustiere zu kümmern, während sie im French Quarter ihrem Job als Verkäuferin nachging und bereits eine ungeduldige Schlange an Kunden fast bis zur Tür stand.
„Wenn ich nochmal darüber nachdenke…“, sagte Echo. „Denken Sie, Sie könnten mich rüber zur, äh… Wolfswurz bringen? Auf der anderen Seite? Ich brauche sie für einen Zauberspruch, aber bin mir nicht sicher, wonach genau ich suche.“
Echo deutete mit der Hand und betete, der Kerl möge ihre Lüge nicht durchschauen. Er hielt inne, dann zuckte er mit den Achseln. Er drehte sich um und lief zur anderen Ladenseite. Daraufhin stürzte Echo davon und ließ im Rennen die Tüte mit den Kräutern fallen.
Sie war aus der Tür, bevor der Mann auch nur bemerkte, dass sie geflohen war. Doch im Nu folgte er ihr dicht auf den Fersen.
„Hilfe“, schrie Echo. Ihr Schrei hallte von der fast verlassenen Straße wider.
Eine grauhaarige, alte Frau drehte sich, um zu ihr zu schauen. Ihr dunkler Mantel blähte sich, als sie sich auf ihrem Gehstock nach vorne beugte und dabei fast vornüberfiel. Das alte Weib zog einen silbernen Zauberstab aus ihrem Mantel, aber es war zu spät. Der Fremde im Anzug packte Echos Ellbogen und riss sie von der Straße in eine Gasse und direkt zu einer geschlossenen Tür.
Allerdings war es natürlich keine Tür. Es war einfach nur einer der vielen Überraschungsausgänge des Marktes und Echos Angreifer schubste sie durch das Portal in die helle New Orleans Sonne. Sie ließ ihren Kopf herumschnellen und fand sich selbst auf der Türschwelle eines melonenfarbenen Shotgun-Hauses wider. Ihr Angreifer folgte und Echo rannte die Stufen hinab, wobei sie verzweifelt nach irgendeiner Art von Hilfe Ausschau hielt.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite rannten drei gigantische Männer direkt auf sie zu. Ihr Gehirn erfasste die kleinen Bruchstücke der Szene und setzte sie langsam zusammen: ein mürrisch dreinschauender blonder Mann, ein dunkelhaariger Kerl mit einer besorgten Miene, die Tatsache, dass alle drei Männer Waffen bei sich führten. Nicht einfach nur Waffen, sondern Pistolen und Schwerter. Tatsächlich waren sie auch in einen Kampfanzug gekleidet wie eine Art SWAT-Team.
Echos Gedanken stolperten über dieses letzte Detail und sie bemerkte, dass der letzte Mann gerade nach seinem Schwert griff. Erst da sah sie ihn an und konzentrierte sich ausschließlich auf ihn. Rotbraunes Haar, ein umwerfender roter Bart, breite Schultern und…
Gott, das mussten die grünsten Augen der Welt sein. So lebhaft wie ein Dschungel, so hell wie smaragdfarbene Feuer bohrten sich diese Augen in ihre. Ihr Gehirn erlitt einen Kurzschluss, wurde von dem Gefühl einer Verbindung überrumpelt und überwältigt von dem Verlangen, ihm näher zu sein…
Als ihr Gehirn aussetzte, taten das auch Echos Füße. Ihr Verfolger, der Mann im dunklen Anzug, den sie vorübergehend vergessen hatte, fing sie in der nächsten Sekunde auf. Er schlang von hinten seine Arme um sie, drückte sie fest an sich und dann verschwand die ganze Welt.
„Was zum Donnerwetter…“, schimpfte Echo vor sich hin. Ihr Angreifer stieß sie von sich und sie hatte einen Moment, um ihre Umgebung zu betrachten.
Sie stand an einem äußerst abgelegenen schwarzen Sandstrand und starrte über viele Meter ununterbrochene Küste. Es sah aus wie der Strand in Hawaii, den sie einmal auf National Geographic gesehen hatte, doch die Luft hier war kalt. Feucht und salzig, aber es mangelte definitiv an Wärme. Echo sah hoch und stellte fest, dass am Himmel keine Sonne stand, sondern nur ein vages Licht von oben herabschien. Das war typisch für Kith-Konstrukte, genauso wie das diesige Dämmerlicht des Marktes.
Das war also eine Art Schlupfwinkel, ein Versteck, das aus einer Tasche zwischen den Welten geschaffen worden war, irgendwo und nirgendwo gleichzeitig. Sie hatte von ihnen gehört, aber nie einen besucht.
Das Geräusch einer Pistole, die entsichert wurde, ließ sie zusammenzucken. Echo schluckte und drehte den Kopf, um zu ihrem Angreifer zu schauen, der schwer atmete und ziemlich verärgert wirkte.
„Warum bin ich hier?“, fragte sie.
„Halt’s Maul. Gib mir deine Handtasche“, befahl er und krümmte auffordernd die Finger. „Du hast nicht noch mehr von diesem Kräuter Mist bei dir, oder?“
Echo runzelte die Stirn und reichte ihm ihre Handtasche. Ihr wurde ganz schlecht, als sie ihn dabei beobachtete, wie er sie durchwühlte. Er beschlagnahmte ihr Schweizer Taschenmesser und untersuchte den alten Handspiegel, den Echo mit sich herumtrug, vielleicht weil er einen Hauch von Magie an dem Spiegel wahrnahm. Er musterte sie ein weiteres Mal und ließ dann den Spiegel wieder in ihre Handtasche fallen. Anschließend schleuderte er sie einige Meter entfernt auf den Boden.
„Du kannst es dir genauso gut bequem machen“, schlug er vor. „Es könnte eine Weile dauern.“
„Was könnte eine Weile dauern?“, wollte Echo wissen, deren Frust zunahm, obwohl ihr Puls wie verrückt hämmerte.
„Das wirst du schon noch sehen.“
Sie standen gefühlte Ewigkeiten an dem Strand. Um ihre Langweile und Anspannung zu zerstreuen, betrachtete Echo die eigentümlich simulierte Landschaft. Gerade, als sie dachte, sie würde vielleicht für immer auf einer Insel festsitzen, tauchten ein paar Männer in Anzügen mit einem deutlich vernehmbaren Plopp in ihrem Sichtfeld auf. Einer war fast identisch mit ihrem Angreifer, der gleiche schwarze Anzug und fahle Teint. Der andere jedoch…
Der andere Mann war riesig, über zwei Meter groß. Er verfügte über das stattliche Aussehen eines Hispanos mit einer karamellfarbenen Haut und dunklen Haaren, das mit einem furchterregenden weißen Grinsen einherging. Er trug einen perfekt gearbeiteten Smoking, der sehr gut zu seiner gigantischen Statur passte. Er richtete seinen Blick auf sie und ihr Mund klappte auf, als sie sah, dass seine Augen orange waren.
Nicht haselnussfarben in einem wärmeren Farbton. Ein richtiges Orange wie zwei Feuerbälle, die dort schwebten, wo eigentlich Augäpfel sein sollten. Echo verspürte den plötzlichen Drang, die Flucht zu ergreifen und sich gleichzeitig zu übergeben, aber ihr idiotisches Gehirn unternahm rein gar nichts.
„Boss“, sagte ihr Angreifer, der den Neuankömmlingen seine Aufmerksamkeit gewidmet hatte.
Echo flippte für einen Augenblick aus und ließ sich von ihrer Panik überwältigen. Ihre Hand schnellte nach vorne, um die Pistole aus der Hand ihres Angreifers zu schlagen, womit sie die Gruppe völlig überraschte. Sie stürzte sich auf ihre Handtasche und es gelang ihr sogar sich flach auf ihre Tasche zu werfen, während sie ihren Handspiegel herausfischte.
„Zurück“, flüsterte sie, während sie ihre Finger auf die Spiegeloberfläche presste und ihre Augen schloss.
Mehrere lange Herzschläge brachte sie es nicht über sich, nachzuschauen. Sie nutzte nur selten Zaubersprüche. Tatsächlich nutzte sie nur selten irgendeine Form der Magie. Es war gut möglich, dass ihre gemurmelte Bitte überhaupt nichts bewirkt hatte.
Sie bewegte sich leicht und bemerkte, dass sie nicht mehr im Sand lag. Im Gegenteil, sie stand sogar aufrecht und die schwüle Luft, die an ihrer Haut klebte, wies darauf hin, dass sie wieder in New Orleans war. Sie öffnete ganz langsam ihre Augen und sah sich demselben Mann gegenüber, den sie vorhin schon bemerkt hatte. Ihre Augen verloren sich in diesem tiefen smaragdgrünen Meer…
Ohne zu wissen, was sie da eigentlich tat, warf sich Echo in die Arme des Fremden und brach in Tränen aus.