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Luke stand auf der Veranda der Lodge und starrte in die Dunkelheit. Es fühlte sich so merkwürdig an, wieder hier zu sein. Es war so ruhig und friedlich. Das Gelächter seiner Freundin kam aus dem Wohnzimmer, wo Lukes Mutter sie ohne Zweifel gut unterhielt mit einer Menge an peinlichen Kinderfotos von Luke und seinen Brüdern. Obwohl er nie an Aubreys Wert gezweifelt hatte, hatte die Tatsache, dass sie und seine Mutter sich sofort gut verstanden hatten, etwas tief in seinem Bewusstsein gelöst.

Bei all der Großzügigkeit, Stärke und Schönheit seiner Gefährtin konnte sie manchmal hart sein. Nicht, dachte Luke, ganz so wie Genny Beran selbst. Eine Weisheit sagte, dass Männer am Ende ihre Mütter heirateten. Als er Aubrey und seine Mutter zusammen sah, konnte er dieses Gefühl verstehen. Sie waren beide eigensinnig aber dennoch hilfsbereit, süß aber auch streng, gebend und fordernd.

Luke spannte sich an bei dem Geräusch von nackten Füßen hinter sich. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, erinnerte sich daran, dass dieser Ort sicher war. Und dann fand er Noah direkt hinter sich stehend.

„Laufen wir?“, fragte Luke seinen Bruder.

Noah zog eine Augenbraue hoch. Er war wahrscheinlich überrascht, weil Luke normalerweise alles gerne alleine machte. Noah nickte und zuckte mit den Achseln und dann traten sie beide von der Veranda. Das vertraute Geräusch des Knackens und Schnappens und Knirschens erklang leise in der Nacht als beide sich verwandelten und als zwei riesige Grizzlys nebeneinander standen.

Luke begann zu laufen und lief zu einer beliebten Stelle nur ungefähr eine Meile entfernt. Noah lief neben ihm; sogar in seiner Bärenform konnte Luke sehen, dass ihn etwas beschäftigte. Die Spannungen mit Finn schien ihn zu zermürben.

Luke nahm den langen Weg und umkreiste eine Felszunge, welche die Beran Jungen als Kinder geliebt hatten. Direkt darunter befand sich ein kleiner Teich, ein Ort, den sie in den Sommermonaten oft besucht hatten. Jetzt jedoch versuchte Luke mit Noah zu sprechen und versuchte die Dinge zwischen ihm und Finn zu klären. Er kannte die Zwillinge, seit sie auf der Welt waren und Luke hatte keine Zweifel, dass es irgendwie Noah war, der für den Grund des Streits verantwortlich war. Es lag einfach nicht Finns Natur, Streit mit seinem Bruder anzufangen.

Luke verwandelte und streckte sich und schüttelte die Nachwirkungen der Verwandlung ab. Er streckte sich auf die andere Seite des breiten, flachen Steins aus und legte sich auf den Rücken und starrte die Sterne an. Noah fand ein paar Meter entfernt eine Stelle und legte sich hin und verschränkte seine Hände unter seinem Kopf, während er in den sternenvollen Himmel anschaute.

Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Luke war zufrieden zuzuhören und zu schauen, er war ganz in die Schönheit der Natur getaucht, die er so sehr vermisste, sobald er in die Stadt kam, in jede Stadt. Er fühlte Noahs Atem und er wusste, er musste etwas sagen, wenn er mit seinem Bruder sprechen wollte, ehe Noah einschlief.

„Wusstest du, dass Pa einen Zwillingsbruder hat?”, fragte Luke. Er schaute nicht zu Noah herüber, aber er konnte sehen, dass sein Bruder nicht länger mehr döste.

„Nein“, sagte Noah nach einem langen Moment der Stille, seine Stimme klang angespannt. Irgendwie schien er zu wissen, worüber Luke mit ihm sprechen wollte und er war schon dickköpfig genug bei dem Thema.

„Hör mich an. Ich bitte dich nicht um viel“, bestand Luke darauf. Als Noah immer noch still und ruhig war, fuhr er fort. „Pa hatte einen Zwilling, ein paar Minuten älter als er.“

Mehrere Sekunden vergingen.

„Hatte?”, fragte Noah und seine Neugier gewann die Oberhand.

„Hatte. Ich kenne nicht die ganze Geschichte, aber Tante Lindsay hat gesagt, dass sie irgendeinen Streit wegen einem Mädchen hatten. Pa und Jericho waren beide so stur, hat Tante Lindsay gesagt, dass das nur noch das I-Tüpfelchen war. Jericho ist gegangen und hat das Mädchen mitgenommen und ist nie wieder zurückgekommen. Oma Anne hat einmal im Jahr an Weihnachten eine Postkarte von Jericho bekommen und das war alles.“

Noah schien Lukes Wörter eine Minute lang zu bedenken.

„Das ist eine traurige Geschichte“, sagte Noah schließlich.

Luke setzte sich hin und starrte Noah mit hartem Blick an.

„Ich versuche hier, Parallelen zu ziehen, Noah. Pa war der dominantere Zwilling, genauso wie du. Ich nehme an, er war genauso schrecklich wie du auch.“

„Und das ist deine Angelegenheit, weil …?“ keifte Noah.

„Es ist meine Angelegenheit, wenn du ein Mitglied dieser Familie vertreibst. Ich weiß nicht, was du getan hast, dass Finn so wütend ist, aber du machst es besser rückgängig, und zwar schnell“, sagte Luke.

„Ich kann nichts ungeschehen machen, was ich nicht verstehe“, sagte Noah und stand auf. Luke stand ebenfalls auf und schüttelte seinen Kopf.

„Er wird auch nicht für immer warten, und dich ansehen, als wenn du der einzige Stern im Himmel bist. Du musst mit ihm reden und herausfinden, was los ist. Ich will die Angelegenheit geklärt haben, ehe ihr alle nach St. Louis geht.“

Noah grunzte, und drehte sich um, er verwandelte sich mit einem weichen Sprung und landete in seiner Bärenform. Luke zuckte zusammen, wissend, dass so eine prahlerische Verwandlung ziemlich schmerzvoll war. Noah lief, ohne anzuhalten davon, obwohl er ein wenig humpelte. Luke spottete nur und dachte, dass dieser Moment Noah Beran perfekt beschrieb.

Noah's Offenbarung

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