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Kapitel Drei

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Die morgendlichen Ritte und Stallarbeiten waren schnell erledigt und Bianca war im Stall, wo sie dem Stutfohlen getrocknetes Blut aus dem Fell bürstete, als sie Schritte auf sich zukommen hörte. Ihr Herz machte einen Sprung. Sie hatte ein schlechtes Gefühl im Magen. Das war nicht gut. Einige Sekunden später erschien Tom mit zwei gut gekleideten, professionell aussehenden Pärchen vor der Box, die hier im Stall fürchterlich fehl am Platz wirkten. Doch als sie den Ausdruck auf ihren Gesichtern sah – den schieren Horror, wusste sie sofort, wer sie waren. Offensichtlich waren sie Roses Besitzer. Die Stute begann in der Gegenwart der Männer zu zittern. Sie schnaubte laut durch geblähte Nüstern und stampfte mit den Vorderhufen. Bianca legte ihr beruhigend eine Hand auf den Hals, um sie zu trösten, ihr zu versichern, dass diese Menschen ihr nicht wehtun würden und sie hier sicher war. Sie sah, wie sich die Augen der beiden Frauen mit Tränen füllten.

„Armes Ding“, rief die eine. „Sie ist furchtbar missbraucht worden. Das beste wäre wohl, sie zu erlösen!“

Bianca beobachtete erschrocken, wie alle zustimmend nickten.

„Roger wird dafür bezahlen“, knurrte einer der Männer. „Wie kann er es wagen, einem Pferd so etwas anzutun?“ Er versuchte, die Box zu betreten, doch Rose wollte davon nichts wissen: Sie legte die Ohren an, zeigte ihre Zähne und mit der Schulter schubste sie Bianca zu Boden.

„Alles okay, Bianca?“, fragte Tom, der es nicht wagte, ihr zu Hilfe zu kommen. „Ich habe noch nie so ein traumatisiertes Pferd gesehen“, sagte er traurig. „Ich glaube, sie einzuschläfern wäre das Beste.“

„Nein!“, rief Bianca. „Ihr müsst ihr eine Chance geben! Bitte!“

„Ich glaube nicht, Süße“, sagte die andere Frau. „So ist es besser.“

Sie sprang auf die Füße und klopfte sich umständlich das Sägemehl von der Jeans, bevor sie zur Stute sprang, die sich zurückgezogen hatte und jetzt zitternd in der Ecke der Box stand. Sie stand am Widerrist und streichelte ihr den Hals, sprach sanft mit ihr und langsam entspannte sich Rose.

„Schaut doch!“, argumentierte sie und wusste, dass dies ihre einzige Chance war, um für das Pferd zu kämpfen. „Sie vertraut mir schon!“ Doch sie spürte, dass sie auf verlorenem Posten kämpfte – der Zweifel stand den Besitzern deutlich ins Gesicht geschrieben.

Clay brachte dann die Tierärztin herein und Bianca blieb mit Rose in der Box, um sie zu beruhigen, damit die Ärztin sie untersuchen konnte. Tom hatte extra nach einer Tierärztin gefragt und Rose hielt still, war jedoch angespannt und zitterte, obwohl Bianca bei ihr stand und sie beruhigte. Der Gesichtsausdruck der Ärztin war finster, als sie das Pferd untersuchte, und als sie aus der Box trat, schüttelte sie noch immer den Kopf.

„Sie ist sehr schwer misshandelt worden“, sagte die Tierärztin. „Sie ist sowohl physisch als auch psychisch verletzt“, sagte sie traurig, als sie die Verletzungen der Stute an den Fingern abzählte. „Ich bin mir nicht sicher, ob sie wiederhergestellt werden kann. Man könnte es versuchen, aber ich kann nicht garantieren, dass es funktioniert. Das beste wäre wohl, sie einzuschläfern.“

„Nein!“, protestierte Bianca und schlang ihre Arme schützend um die Stute. Erschrocken bäumte sich das Fohlen auf und zog Bianca mit sich in die Luft.

„Ja!“, antwortete einer der Männer. „Sie ist gefährlich. Ein gefährliches Pferd hilft doch niemandem.“ Er wandte sich seinen Begleitern zu, und obwohl sie nicht ausmachen konnte, was sie leise zueinander sagten, wusste sie doch, dass sie beschlossen, das Pferd einzuschläfern.

„Clay!“, rief sie und klang jetzt verzweifelt. Tränen liefen ihr übers Gesicht, als sie wieder vom harten, frisch gefegten Betonboden aufstand. „Sie hat doch nur Angst! Sag es ihnen! Sag ihnen, dass sie sie retten müssen! Ich werde sie in meiner Freizeit trainieren, nur bitte, gebt ihr eine Chance!“ Doch schon als sie die Worte aussprach und sich dieser Sache verschrieb, spürte sie einen Stich im Herz. Würde sie wirklich die Zeit mit ihrer Schwester dafür opfern? Würde Annie es denn verstehen?

Clay stand vor der Boxentür und winkte sie zu sich. Es kostete sie größte Überwindung, sich umzudrehen und von dem Pferd wegzugehen, sie allein ihrem Schicksal zu überlassen, doch sie folgte Clay ein paar Meter weiter in eine leere Box, wo sie relativ ungestört reden konnten.

„Warum willst du sie unbedingt behalten?“, fragte er. „Sie ist gebrochen. Es wäre wohl das beste, sie von ihrem Elend zu erlösen.“ Er lehnte sich lässig gegen die Wand, einen Fuß gegen den anderen Knöchel gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. Wenn sie nicht so aufgebracht wäre, hätte sie ihn nur zu gerne beobachtet, so wie er hier vor ihr stand. Er sah so autoritär aus, als hätte er alles unter Kontrolle und sah dabei so unglaublich gut aus.

„Ich kann es nicht erklären“, antwortete sie. „Ich weiß nur, dass ich sie brauche. Es ist so, als ob wir aus einem bestimmten Grund hier sind. Wir sind beide gebrochen. Wir müssen beide heilen und wir beide brauchen eine Chance.“ Sie sah ihn mit großen, runden Augen an und hoffte, dass er sie verstand. „Du hast mir eine Chance gegeben, Clay, bitte gib ihr auch eine!“

Clay sah sie ein paar Minuten lang stumm, gedankenverloren an und nickte dann einmal. „Okay“, sagte er. „Ich versuche es. Ich kann nichts versprechen, aber ich werde es versuchen.“

Als Bianca zurück in die Box trat, um noch etwas mehr Zeit mit dem Fohlen zu verbringen, sprach Clay leise mit seinem Vater und führte dann die Besitzer ins Büro im Halbgeschoss. Sie nahm die Bürste auf und machte sich wieder daran, das Blut aus dem Fell zu bürsten und drückte die Daumen, dass alles gut wurde.

* * *


Annie lag im Bett, als Bianca am Abend nach Hause kam; sie hatte nicht einmal die Kraft gehabt, aufzustehen. Tränen stiegen ihr in die Augen, als Bianca von Rose erzählte und das Schicksal, das sie vermutlich erwartete.

„Du kannst sie retten, Bee“, versicherte Annie ihr. „Wenn irgendjemand dem Pferd helfen kann, dann bist du es.“

„Aber das heißt, dass ich weniger Zeit mit dir verbringen kann“, flüsterte Bianca und die Schuld drohte sie zu ersticken.

Annie lächelte nur schwach. „Ich bin immer bei dir“, flüsterte sie. „In jeder Sekunde eines jeden Tages bin ich an deiner Seite, genau hier, in deinem Herz.“ Der starke Griff, mit dem sie Biancas Hand hielt, täuschte über ihre Schwäche hinweg, doch der Schmerz war deutlich in ihren Augen zu sehen.

„Hast du‘s bequem?“, fragte Bianca, obwohl sie wusste, dass sie es alles andere als gemütlich hatte und dass Bianca auch nichts dagegen tun konnte, um ihr zu helfen. Wenn es möglich wäre, würde sie den Schmerz ihrer Schwester wegzaubern oder ihn zumindest selbst tragen, doch nichts davon war möglich.

„Ich bin okay“, versicherte Annie ihr. „Ich spreche morgen mit den Schwestern, damit sie meine Schmerzmitteldosis erhöhen.“

Bianca zog die Stirn kraus, sagte jedoch nichts. Sie wusste, dass Annie es hasste, wenn sie Wirbel um sie machte, aber es war eben schwer zuzusehen, wie die Person, die man am meisten liebte, Schmerzen hatte.

In dieser Nacht schlief sie wieder in Annies Bett und hielt ihre Schwester, als diese im Schlaf vor Schmerz stöhnte.

Bianca schlief kaum in der Nacht. Sie hörte ihren Vater gegen Mitternacht nach Hause kommen nach einer weiteren Nacht, in der er versucht hatte, seine Sorgen zu ertränken. Die Erkrankung seiner Tochter hatte ihn schwer getroffen – nach all den Jahren, in denen er alleine für sie gesorgt hatte, verlor er jetzt eines seiner kostbaren Mädchen. Und was es noch schlimmer machte, war, dass er absolut nichts dagegen tun konnte. Bianca wusste, wie sehr es ihn schmerzte, dass er Annie nicht helfen konnte und wusste besser als jeder andere, wie hart er dafür gekämpft hatte. Wie viele zusätzliche Therapeuten er aufgesucht, wie viele Onkologen sie besucht und wie oft er sie ins Krankenhaus gefahren hatte. Nichts hatte geholfen. Sie hatte tapfer gekämpft, doch ihre Zeit war bald gekommen, denn ihr Kampf würde bald zu Ende sein.

Sie wischte sich mit der Bettdecke ihrer Schwester die Tränen aus den Augen und schlief leise weinend ein.

* * *


Am nächsten Morgen waren ihre Tics schlimm. Die Müdigkeit gepaart mit Gefühlschaos sorgte dafür, dass sie fast ständig ticcte. Und um alles noch schlimmer zu machen, waren jetzt auch ihre vokalen Tics wieder da. Das Räuspern war halb so wild – das machte schließlich jeder – aber die Echolalie war ein Problem. Bisher hatte sie die Worte nur lautlos wiederholt, doch sie wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie Worte laut wiederholen musste, die in ihrer Gegenwart gesprochen wurden, wenn ihre Tics weiter so eskalierten. Was würde Clay dann denken? Würde er ihr den Job lassen? Oder würde er dafür sorgen, dass sie gefeuert wurde? Oder noch besser: Würde er ihr wieder androhen, dass er ihr für ihre Lügen den Hintern versohlen würde? Nicht, dass sie ihn wirklich angelogen hatte. Schließlich hatte sie keine Echolalie gehabt, als Tom Lewis sie angestellt hatte. Doch Clay würde ihr das nur glauben, wenn er das Tourette-Syndrom verstand.

Sie war in Gedanken versunken, als sie Big Red aus seiner Box führte und ihn sicher draußen anband. Sie lächelte, als sie an Clay dachte. Sie hatte viel mit ihm zu tun gehabt, seit sie angefangen hatte im Stall zu arbeiten, doch geflirtet hatten sie nicht mehr. Es hatte auch keine Anzeichen mehr dafür gegeben, dass er ein Spanker war. Er war immer noch sehr dominant – offensichtlich ein Alpha mit angeborener Autorität, der sie nur zu gerne gehorchen würde, wenn auch nur aus dem Grund, um herauszufinden, was passieren würde, doch bisher hatte sich noch keine Möglichkeit dafür ergeben. Er war zwar nicht wirklich ihr Boss, aber als Vorarbeiter im Stall war er schon irgendwie ihr Vorgesetzter. Sie war ihm zwar nicht unterstellt, aber er war für die Qualitätskontrolle zuständig; und sie hatte keinen Zweifel daran, dass er darauf zurückkommen würde, wenn sie ihre Arbeit nicht richtig machte. Doch was würde er dann wirklich machen? Würde er sie nur mit seiner tiefen, sexy Stimme ausschimpfen, bis sie sich wie ein kleines Kind fühlte? Oder würde er wirklich die Reitgerte benutzen, die er ihr so drohend vor die Nase gehalten hatte, als sie hier angefangen hatte? Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich das letzte Mal in jemanden verknallt hatte, so lang war das schon her. Und dieses Mal hatte es sie heftig erwischt. Als sie den großen Wallach striegelte, stellte sie sich vor, wie sie von Clay in die Schranken gewiesen wurde, wobei er sie aber nicht nur ausschimpfte, sondern auch ...

„Steh still, Red“, wies Bianca das große Pferd an, als sie sich bückte, um seine Fessel mit der linken Hand zu heben und den Hufkratzer in der Rechten. Red war der letzte Ritt des Morgens und sie freute sich schon darauf, wieder auf seinem Rücken zu sitzen. Seine großen, ausgreifenden Schritte waren ein aufregender Ritt und jetzt, da sie mit ihm eine Bindung aufgebaut hatte, konnte sie ihn am Ende des Trainings mühelos bremsen. Der Wallach war ein sanfter Riese und wurde jetzt schon zu ihrem Lieblingspferd im Stall.

Klatsch! Die Reitgerte landete quer auf ihrem Hintern, als sie gerade vorgebeugt war, um Big Reds Vorderhuf auszukratzen. Sie schrie auf, ließ seinen Huf fallen und richtete sich schnell auf, denn sie wollte den Übeltäter erwischen. Sie war sich sicher, es war Clay. Sie zielte und warf den Hufkratzer, den sie hielt, mit Schwung dem Mann hinterher, der verdächtig wie Clay aussah, aber kürzere und etwas dunklere Haare hatte. Der Hufkratzer traf ihn mitten zwischen den Schulterblättern und er drehte sich auf dem Absatz um und sah sie finster an. Das war nicht Clay. Der älteste Lewis-Bruder lächelte sie breit an und sein finsterer Ausdruck verschwand.

„Sorry, ich konnte einem so perfekten Ziel einfach nicht widerstehen. Ist ja nur Spaß, oder?“ Er grinste und zwinkerte ihr schelmisch zu, als er den Hufkratzer vom Boden aufhob. „Ich bin Luke“, sagte er und warf ihr den Hufkratzer wieder zu. „Ich dachte, du wärst jemand anders, sonst hätte ich das nie gemacht. Alle Frauen, die hierher kommen, sind daran gewöhnt, dass meine Brüder und ich Frauen schon mal auf den Hintern hauen, aber das machen wir sonst nicht bei Neulingen. Ich entschuldige mich.“

Ihr Herz schmolz. So gut aussehend und so höflich! Na ja, höflich war er erst im Nachhinein, aber das war immer noch besser als gar nicht.

„Heißt das, dass ihr das öfter macht?“

Luke zuckte mit den Schultern. „Es arbeiten nicht so viele Frauen hier, aber ... ja. Wenn wir können.“ Er grinste sie breit an. „Sexuelles Geplänkel gibt es wohl in jeder von Männern dominierten Industrie, oder?“ Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht, als er wieder ernst wurde. „Aber nicht alle Frauen mögen es, also sag einfach Bescheid, wenn du es nicht magst. Es wird nicht mehr passieren, wenn du etwas dagegen hast. Versprochen.“

Biancas Inneres schlug Purzelbäume. Ihre Fixierung auf Spanking war schon seit Jahren ihr schmutziges, kleines Geheimnis. Wäre es denn wirklich möglich, dass sie endlich jemanden gefunden hatte, der den gleichen Fetisch hatte? Könnte es sein, dass sie endlich nicht mehr im Internet nach der Erfüllung ihrer Fantasien suchen musste?

„Alles klar“, sagte sie schüchtern und rieb sich mit der Hand den Hintern, wo die Gerte sie getroffen hatte, als sie sich wieder Red zuwandte, um ihn weiter für den Ritt vorzubereiten und versuchte, die Aufregung zu verbergen, die sie seit dem Treffer mit der Gerte fühlte. Und sie alle machten es? Sie alle versohlten Frauen den Hintern? Alle drei Brüder? Das war ja noch besser!

Daddy Übernimmt Die Zügel

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