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Kapitel 1

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Sein Anruf über Skype war überaus enttäuschend ausgefallen. Nicht nur ging es Jules, seinem Adoptivvater, immer noch schlecht. Alabima, seine Adoptivmutter, hatte ihn und seine Freundin für den Sommer unmissverständlich ausgeladen. Die Äthiopierin wollte Chufu und Mei nicht sehen, versprach sich von einem Besuch der beiden auch keine Besserung für Jules auf seinem langen Weg zur erhofften Genesung.

Vor drei Monaten war der Schweizer auf dem Flughafen in Genf bei seiner Ankunft zusammengebrochen. Im Universitätsspital Lausanne fand man den eher harmlosen Grund für den Kollaps rasch heraus. Ein Fettwulst hatte zunehmend auf die Aorta gedrückt und unterbrach je nach Körperbewegung die Blutzufuhr zum Gehirn, was zur sofortigen Bewusstlosigkeit führte. Mit einer kleinen Operation konnte das Problem behoben werden. Die Ärzte fanden bei ihrem Scan jedoch auch noch Tumorzellen im Gehirn des Schweizers. Der Krebs war noch nicht weit fortgeschritten und wurde operativ entfernt. Zudem bestrahlte man ihn sorgfältig und unterstützte die Therapie mit einer zusätzlichen Chemo. Doch wenige Wochen später hatte das MRT neue Ableger gefunden.

Womöglich war der Kampf des Schweizers gegen die Krankheit bereits verloren. Doch die Ärzte beruhigten weiterhin, wollten Chemo und Bestrahlung wiederholen, wussten sich wohl auch keinen besseren Ratschlag. Auch Jules Lederer schien sich mittlerweile aufgegeben zu haben. Doch Alabima wollte um ihren Ehemann kämpfen, wie sie ihrem Adoptivsohn am Bildschirm mehrmals versicherte.

Chufu schrak auf, als die Wohnungstüre ins Schloss gedrückt wurde.

»Hallo. Bin zurück«, meldete sich seine Freundin Mei aus dem Flur.

»Hi, Schatz«, antwortete er matt und lustlos aus dem Wohnzimmer.

Ihre Schritte entfernten sich in Richtung der kleinen Küche.

Chufu, ein philippinischer Waisenjunge, war von Jules und Alabima vor ein paar Jahren als bereits Fünfzehnjähriger adoptiert worden. Sie förderten den aufgeweckten Jungen so gut sie konnten und er holte verpasstes Schulwissen rasch nach, studierte mittlerweile das zweite Jahr an der Universidade Federal do Rio de Janeiro Psychologie. Hier hatte er sich in Mei Ling verliebt und die beiden wohnten seit ein paar Monaten in dieser Zwei-Zimmer-Wohnung. Familie Ling stammte aus China. Doch der Großvater wanderte vor fünfzig Jahren nach Südamerika aus, eröffnete in Rio ein Restaurant, das rasch erfolgreich wurde. Der Vater von Mei entwickelte daraus eine ganze Kette von Gaststätten und Familie Ling kam zu großem Wohlstand, galt auch für brasilianische Verhältnisse als sehr reich.

Auch die Lederers besaßen ein ansehnliches Vermögen. Jules hatte es sich als Problemlöser für wohlhabende und einflussreiche Klienten über die letzten zwanzig Jahre erarbeitet. Als studierter Ökonom arbeitete er ein paar Jahre lang für eine große Anwaltskanzlei in Zürich, machte sich dann selbständig, übernahm Aufträge in aller Welt, die stets verwickelt, manchmal auch gefährlich waren. Durch Umsicht, aber auch dank seines Durchsetzungsvermögens blieb Jules am Leben, bekam so die Chance, vor ein paar Jahren in einem kleinen Dorf im Osten von Äthiopien Alabima zu finden, eine stolze junge Frau aus dem Stamm der Oromo, die Kommunikationswissenschaften studiert hatte. Sie verliebten sich ineinander, heiratete, adoptierten Chufu und bekamen vor fünf Jahren ihre Tochter Alina.

Doch das Familienglück wurde schon ein paarmal von stürmischen Ereignissen überschattet. Die Lederers gerieten in bedrohliche Situationen, teilweise aufgrund der Vergangenheit von Jules, vor allem jedoch auch durch Selbstverschulden. Und so musste der Schweizer seiner Ehefrau bereits vor geraumer Zeit versprechen, mit dem Problemlösen endgültig aufzuhören. Er sollte sich nur noch seiner Familie widmen und das Abenteuerleben für immer ablegen, was er auch versprochen hatte und bislang einhielt.

Doch Jules hatte sich seitdem verändert, stand öfters neben sich selbst, reagierte manchmal auch gereizt, wollte sich jedoch von niemandem helfen lassen. Sein zu ruhiges Dasein als Frührentner mochte schuld an seiner Fahrigkeit sein. Doch auch in seiner allzu großen Furcht um das Leben und die Gesundheit seiner Familie konnte am Anfang seiner Persönlichkeitsstörung stehen. Sein Sohn Chufu jedenfalls diagnostizierte Angstzustände und eine begonnene Schizophrenie. Die Diagnose Hirntumor war für sie vor drei Monaten dann zwar erschreckend gewesen, barg jedoch gleichzeitig auch die leise Hoffnung, dass die Veränderungen von Jules direkt mit dieser Krankheit zu tun hatten.

Die Gehirnoperation mit anschließender Bestrahlung hatte das Sprachzentrum des Schweizers stark beeinträchtigt. Dank wochenlanger Therapie konnte er diese Fähigkeit jedoch genauso wiederfinden, wie seine früher stets aufgeräumte Laune. Aber nach der erneuten Krebsdiagnose schien er innerlich gebrochen zu sein, lag meist wie ein weidwundes Tier im Krankenbett, wollte weder seine Frau noch seine Tochter noch irgendjemand anderen sehen. Vielleicht schämte er sich seiner Hilflosigkeit angesichts der tückischen, tödlichen Krankheit, die nur mittels Computer-Tomographie zu entdecken war, ihn sonst jedoch bislang kaum beeinträchtigte. Gegen den Krebs konnte er selbst nicht direkt ankämpfen, musste sich auf die Ärzte verlassen, war ihrem Handwerk hilflos ausgeliefert.

Alabima konnte den Grund für Jules zurückgekehrte Niedergeschlagenheit zwar verstehen und es machte sie zusätzlich traurig. Denn keine Therapie konnte ihre Wirkung frei entfalten, solange der Patient nicht daran glaubte.

Direkt nach dem Gespräch mit Chufu telefonierte die Äthiopierin mit Professor Dr. Steven Monroe. Vielleicht war dies der wahre Grund für ihre recht forsche Absage an den Adoptivsohn. Denn es war alles andere als einfach gewesen, mit dem Tumor-Spezialisten einen Termin für ein Gespräch zu vereinbaren. Dr. Steven Monroe arbeitete für ein großes Pharmaunternehmen in Jersey, forschte nach neuen Therapien gegen verschiedenste Gehirnkrebsarten. Die Äthiopierin hatte vor einiger Zeit einen seiner Beträge in der Science gelesen. Darin beschrieb Monroe die Versuchsreihe mit einer neuen Substanz, welche fantastische Resultate bei der Zerstörung von Krebszellen in Mäusegehirnen geliefert hatte und mit der nun erste Studien mit Patienten durchgeführt werden sollten. Alabima hatte ihn angeschrieben und um eine Kontaktnahme gebeten. Monroe lehnte dies jedoch glattweg ab, verwies bloß auf seinen Arbeitgeber. Doch die Äthiopierin blieb am Ball und ihre wochenlange Hartnäckigkeit brach irgendwann den Widerstand des Professors und er ließ ihr seine Kontaktdaten zukommen.

»Good morning, Misses Lederer«, meldete sich Monroe, der ihren Anruf erwartet hatte.

»Good morning, Professor Monroe, nice to hear you.«

»Sie sind ein äußerst hartnäckiger Mensch, Misses Lederer.«

Die Stimme des Professors klang bei dieser Feststellung nicht ärgerlich, eher belustigt.

»Es geht um das Leben meines Mannes«, erwiderte die Äthiopierin mit fester Stimme.

»Und was versprechen Sie sich von diesem Gespräch? Certumpro ist erst im Versuchsstadium. Frühestens in fünf oder sechs Jahren kann es als Medikament auf den Markt gelangen.«

»Das haben Sie mir bereits in Ihrem Brief mitgeteilt, Herr Professor«, quittierte Alabima den Einwand, »doch ich möchte, dass Sie meinen Mann in die Studie übernehmen.«

Monroe hatte wohl mit dieser Forderung gerechnet, denn er ließ ein amüsiertes und gleichzeitig ablehnendes »Ha« hören.

»Tut mir leid, Misses Lederer, doch wir sind längst komplett, haben vierundzwanzig Patienten aus über vierhundert Kandidaten ausgewählt.«

»Dann nehmen Sie einen Fünfundzwanzigsten auf!«

»Ha«, vernahm Alabima wiederum den unangenehm klingenden Lacher von Monroe, »Sie verlangen Unmögliches.«

»Wir können dafür bezahlen, Herr Professor. Nennen Sie mir einfach den Betrag.«

Monroe schien ein neuerliches Ha mühsam unterdrücken zu können. Er meldete sich danach aber mit ruhiger Stimme: »Misses Lederer, ich kann aus vielerlei Gründen nicht auf Ihre Bitte eingehen. Wissen Sie, auch unter den anderen Patienten, die wir für die Studie ablehnen mussten, waren einige sehr wohlhabende. Ihre Familien machten mir und meinem Arbeitgeber ähnliche Angebote. Aber wenn wir irgendwann die Zulassung zu einem Medikament bekommen wollen, das Tausenden von Patienten hilft, müssen wir streng wissenschaftlich vorgehen, dürfen unsere Studie nicht durch Versuche mit ungeeigneten Patienten verwässern und so gefährden. Unsere vierundzwanzig Tumorpatienten sind alle um die dreißig Jahre alt und leiden am selben Typ Krebs. Anhand der Unterlagen, die Sie mir ungefragt zugeschickt haben, passt Ihr Ehemann gar nicht in diese Gruppe.«

»Machen Sie es trotzdem!«

Alabimas Stimme klang hart und bestimmt, wollte kein Nein akzeptieren.

Monroe schwieg auf der anderen Seite der Leitung, während die Äthiopierin immer angespannter auf seine Antwort wartete. Dann legte Monroe wortlos auf.

*

»Was ist?«

Mei war ins Wohnzimmer getreten und blickte fragend auf Chufu, der immer noch mit dem Laptop auf den Oberschenkeln auf dem Sofa saß und die Tastatur mit seinem Blick durchbohrte.

»Hallo, Mei«, begrüßte er sie noch einmal, blickte dann erst hoch und schaute sie mit traurigen Augen an, erkannte den Auffordernden Blick seiner Freundin um Aufklärung.

»Jules geht es weiterhin schlecht. Und Alabima will nicht, dass wir sie in den Semesterferien besuchen kommen. Sie hat uns glattweg ausgeladen.«

Mei Ling sah ihren Freund voller Mitleid an, wusste sie doch, wie stark die Banden zwischen dem ehemaligen Waisenjungen und seinen Adoptiveltern in den wenigen Jahren zusammengewachsen waren. Nun wurde er wieder verstoßen, aus seiner Familie gedrängt, so wie damals, als Neugeborener, als ihn seine Mutter im Waisenhaus in Manila abgab, ohne ihre Identität Preis zu geben. Er würde seine leibliche Mutter, seinen Vater, niemals in seinem Leben kennen lernen. Damit hatte er sich innerlich längst abgefunden, das wusste Mei. Doch umso härter musste ihn diese neuerliche Zurückweisung treffen.

»Vielleicht ist es besser so, Chufu«, sprach sie langsam und eindringlich auf ihren Freund ein, »sein Leben ist ja nicht unmittelbar bedroht, oder?«

Der Philippine schüttelte den Kopf.

»Nein, die Ärzte glauben immer noch, eine weitere Chemo mit Bestrahlung könnten ihn heilen«, meinte er nachdenklich und niedergeschlagen zugleich.

Mei wollte ihn aufheitern.

»Was glauben Sie, Student Chufu«, sprach sie ihn im Tonfall ihrer Professorin Ana Costa am Institudo de Psiquiatria an, »bedrückt Sie mehr der Zustand Ihres Vaters oder die Abweisung Ihrer Mutter?«

Chufu musste tatsächlich grinsen, wurde dann aber rasch wieder ernst, schien einen Moment lang in sich hinein zu horchen.

»Du hast vielleicht Recht, Mei. Womöglich hat mich die Ausladung von Alabima weit stärker getroffen als die schlechte Verfassung von Jules«, gab er zu.

Mei nickte aufmunternd.

»Vielleicht brauchen deine Eltern erst einmal etwas Zeit nur füreinander. Ich denke, sie haben einige Dinge zwischen sich zu klären und aufzuarbeiten.«

Die Chinesin spielte auf die letzten achtzehn Monate an, in denen sich Jules so sehr verändert hatte und in der die Beziehung der beiden auf eine harte Probe gestellt wurde.

»Ihr Frauen und eure Intuition«, witzelte Chufu zustimmend, wobei in seiner Stimme bereits ein neuer Entschluss anklang, »also, was machen wir stattdessen mit unseren Semesterferien?«

Mei lächelte ihn zufrieden an. Sie wusste zwar, dass Chufu innerlich noch nicht über die Ausladung von Alabima hinweg sein konnte. Doch er war Willens, vernünftig damit umzugehen.

»Geh mal auf die Uni-Plattform unter die Ferienjobs«, befahl sie ihm, setzte sich neben ihn aufs Sofa, schaute wie er auf den Bildschirm.

»Blättere weiter runter. Noch weiter.«

Sie ließ ihn zwei Seiten scrollen.

»Da«, deutete sie mit dem Zeigefinger auf einen der Einträge, »wäre das nicht was für uns?«

»Ouro Floresta sucht junge, engagierte Leute für eine Studie im Amazonas Becken«, las der Philippine laut vor, klickte dann den Link an, blickte kurz und zweifelnd Mei an, konzentrierte sich dann aber auf das geöffnete Fenster, las still weiter.

Die Chinesin blickte nicht mehr auf den Schirm, sondern betrachtete sich das Mienenspiel ihres Freundes. Seine Augen ruckten über den Text, Skepsis und Interesse wechselten sich anhand der Stellung seiner Mundwinkel ab, einmal weiteten sich auch seine Pupillen für einen kurzen Moment.

»Und du meinst wirklich, das könnte was für einen Großstadtmenschen wie dich sein?«, meinte er gespielt zweifelnd, »tropischer, undurchdringlicher Urwald, gefräßige Kaimane und blutgierige Piranhas, wilde Ureinwohner und Kopfjäger, dazwischen eine Chinesin und ein Philippine, ohne McDonalds und Warmwasserdusche.«

Statt einer Antwort boxte sie ihm nicht allzu hart auf die Schulterkugel.

»Quatschkopf«, tadelte sie ihn belustigt, »die Zivilisation ist doch längstens überallhin vorgedrungen. Die Indios leben doch nicht mehr auf Bäumen. Und? Was meinst du? Das könnt doch was für uns sein?«

Chufu stimmte ihr zu.

»Warum auch nicht? Tun wir etwas für das Überleben der Menschheit«, meinte er gönnerhaft, »irgendjemand muss es ja machen«, fügte er pathetisch hinzu.

Sie riefen die angegebene Nummer an, sprachen mit einer Sachbearbeiterin von Ouro Floresta. Sie erklärte ihnen die Ziele des Projekts mit den ähnlichen Worten, wie sie schon im Intranet der Uni zu lesen waren.

Die brasilianische Regierung plante eine Anzahl von neuen Wasserkraftwerken an den Zuflüssen zum Amazonas. Seit gut einem Jahr war die Energiebehörde des Landes dabei, mögliche Standorte abzuklären, untersuchte dazu vor allem die durchschnittlichen Wassermengen und errechnete daraus die möglichen Stromkapazitäten und Energiemengen. Dass die neuen Dämme riesige Gebiete überschwemmen würden und die dort lebende Flora und Fauna zerstören oder zumindest verdrängen konnte, schien die Regierung nicht weiter zu kümmern. Brasilien brauchte Energie und das Amazons-Becken konnte sie liefern.

Die Schutzorganisation Ouro Floresta plante als Gegenmaßnahme, überall im Lande die bereits bestehenden Listen über die Tier- und Pflanzenwelt des Regenwaldes zu ergänzen. Sie wollten dazu ein Dutzend kleiner Teams im Amazonas-Gebiet installieren. Ein Biologe sollte zusammen mit einigen Volontiere in eines der vom Bau der geplanten Staudämme betroffenen Gebiet reisen und dort nach bislang unbekannten Lebensformen forschen, sie finden und katalogisieren. Die Umweltschutz-Aktivisten wurden dabei von einer Vielzahl ausländischer Organisationen finanziell unterstützt. allein Greenpeace wollte acht Wissenschaftler für dieses Projekt zur Verfügung stellen. Mit den Forschungsergebnissen hofften sie nicht in erster Linie die brasilianische Regierung und das Parlament zu beeinflussen, sondern wollten über Medien vor allem Druck aus dem Ausland aufbauen.

Die Frau am Telefon sprach davon, dass die Mitglieder des Projekts die Reisekosten und sogar ihre Verpflegung und Unterbringung größtenteils selbst übernehmen mussten. Chufu und Mei konnten sie in dieser Hinsicht beruhigen, wurden die beiden doch finanziell überaus großzügig von ihren Familien unterstützt. Ein paar tausend Real konnten sie problemlos in das Abenteuer einer Amazons-Rettung einbringen. Sie vereinbarten für den Nachmittag einen Termin mit der Frau.

*

Die leitenden Ingenieure der Mumbai Construction Ltd. & Cie. hatten am ovalen Sitzungstisch Platz genommen, schauten den Vorsitzenden der Geschäftsleitung, Bharat Malik, gespannt an. Malik war ein Mann Mitte fünfzig, mit weißem, kurz geschorenen Haar und einem gemütlichen, runden, ins feiste tendierende Gesicht. Seine Augenbrauen war noch tiefschwarz, vielleicht gefärbt, ebenso die langen Wimpern. Die fast schwarzen Pupillen hielten fast jeden Gesprächspartner gefangen, besaßen ein faszinierendes Glitzern, zeigten Interesse und Intelligenz. Er führte das Unternehmen in der zweiten Generation, hatte es zu einem der führenden Ingenieurbüros in der größten Stadt Indiens gemacht.

»Um mich kurz zu fassen, meine Herren, wir haben den Auftrag zum Bau der Schnellstraße für unser Unternehmen gewinnen können.«

Bharat Malik pflegte einen Führungsstil, der sich an westlichen Werten und indischen Traditionen orientierte. Es war die Balance zwischen europäischer Klarheit und heimatlicher Höflichkeit, die den großen Erfolg seiner Unternehmung unterstützte. Und so nahm er den verhaltenen, höflichen Applaus seiner Mitarbeitenden ohne Regung entgegen.

»Noch in dieser Woche werden wir mit den Vermessungsarbeiten beginnen. Wir werden vier Teams in die Region entsenden, denn der exakte Trassenverlauf muss bis Ende Juni stehen, damit die Regierung die notwendigen Käufe und Enteignungen in die Wege leiten kann.«

Es war eine der Besonderheiten Indiens, bei öffentlichen Ausschreibungen von staatlichen Infrastrukturprojekten nur wenige technische Vorgaben und Zwänge zu erlassen. Man agierte eher mit Zielvorgaben, überließ dem anbietenden Unternehmer die Ausarbeitung detaillierter Konzepte für eine möglichst günstige Umsetzung. Der indische Staat verließ sich auf die Wirtschaft mit ihrem immensen Vorstellungsvermögen und ihrem schier grenzenlosen Eifer. Darum gewährte er möglichst viele Freiheiten zur Erreichung der verlangten Ziele, hatte stets auch offene Ohren für unorthodoxe Lösungen. So blieben die Kosten tief und die Lösungen optimierten sich von ganz allein.

Warum sollte auch der Staat auf eigene Kosten die Vorarbeiten leisten, wenn doch die Unternehmen viel flexibler und mit immer neuen Ideen umsonst für ihn arbeiteten?

Im Falle der Schnellstraße bestand die Aufgabenstellung im Bau einer vierspurigen Autobahn zwischen Silchar und Lanka. Sie musste die bisherige Fahrzeit für einen Lastwagen von durchschnittlich sechs Stunden auf unter vier Stunden senken. Und sie durfte höchstens eine Milliarde Rupien, also rund vierzehn Millionen Euro kosten.

Bharat Malik und seine Mumbai Construction hatten sich wochenlang die Gehirne zermartert, ohne wirklich innovative Lösungen zu finden. Die kürzeste Strecke führte durch wild zerklüftete Hügel und entlang von Monsunregen-gefährdeten Berghängen. Tunnel kamen aus Kostengründen jedoch kaum in Frage, Brücken schon eher, doch auch sie nur in minimaler Zahl, angesichts des engen Kostendaches. Auch sollte bei ihrem Konzept so wenig Urwald wie möglich der neuen Straße geopfert werden, denn dies schuf automatisch weitere Pluspunkte bei den verschiedenen Ministerien des Landes. Doch erst die Idee eines erst kürzlich von der Universität als Jahrgangsbester zu ihnen gelangte junge Ingenieurs namens Ramu Bhattacharya hatte sie auf die richtige Fährte gebracht. Er schlug vor, den Gatahawi, einen kleinen Fluss weit oben im Berggebiet, unweit der Ortschaft Mahur anzustauen. Mit einem Damm konnte man die sintflutartigen Regenmassen des Monsuns auffangen und geregelt über das ganze Jahr hinweg an das Tal abgeben. Die zu erwartenden Einnahmen aus der Stromproduktion würden das Zusatzbauwerk finanzieren. Zudem würde der Stausee ein ausgedehntes Sumpfgebiet im Tal unten trockenlegen, was eine kostengünstige Trassenführung erlaubte.

Die Ministerien waren von dieser Idee genauso begeistert, wie zuvor Bharat Malik als Chef der Mumbai Construction, schuf doch der Bau eines Staudamms in der sonst eher strukturarmen, mehrheitlich von Bauern bewohnten Region hunderte von gering qualifizierten Arbeitsstellen, die dem Ausbildungsstand der Landbevölkerung entsprachen. Der anschließende Betrieb der Anlage schuf zudem einige Dutzend gut bezahlter Arbeitsplätze und der Wasserzins aus der Stromproduktion musste zu einer erheblichen Entlastung des öffentlichen Haushalts in der Region führen. Gleichzeitig konnten die Dörfer rund um das Kraftwerk herum kostengünstig elektrifiziert werden, was ein erster Schritt zur Ansiedlung von größeren Gewerbebetrieben war. Denn die Landflucht der armen Bevölkerung konnte man nur durch Dezentralisierung von qualifizierten Arbeitsplätzen verringern, da war man sich in Regierung und Parlament seit langer Zeit einig. Zudem würde man durch das Trockenlegen des Sumpfgebiets viel Kulturland gewinnen, das man aber auch als Standorte für Industrie und Gewerbe verwenden konnte.

In den darauffolgenden Wochen bestimmten vier Vermessungsteams der Mumbai Construction den exakten Verlauf der neuen Schnellstraße. Der junge Ingenieur Ramu Bhattacharya legte währenddessen mit einer weiteren Gruppe die Details zum geplanten Wasserkraftwerk fest. Einige der hinzugezogenen Geologen vom IITM in Madras berieten und unterstützten sie bei der Suche nach dem geeignetsten Standort für die Staumauer, ebenso bei den Berechnungen der Statik und der Kosten.

Das Ministerium für Infrastruktur hatte bereits mit der Suche nach privaten Geldgebern für das Staudammprojekt begonnen. Rasch waren unter den vielen wohlhabenden Industriefamilien des Landes eine genügend große Zahl an Interessierten gefunden. An einer Veranstaltung wurden sie über das Projekt eingehend informiert. Und als wenig später die Kosten- und Ertragsrechnung bekannt wurden, kam das Geld innerhalb weniger Stunden zusammen. Man beschloss die Gründung einer privat-rechtlichen Aktiengesellschaft. Der indische Staat beteiligte sich daran mit dreißig Prozent, während siebzig Prozent bei einigen der reichsten Familien des Landes liegen sollten. Alles schien perfekt zu laufen. Bis zu diesem Mittwochnachmittag.

*

Jules schrak auf, als Alabima in sein Krankenzimmer trat. Ob er geschlafen hatte, konnte er hinterher nicht einmal sagen. Vielleicht war er nur in tiefen Gedanken gelegen. Doch über was er sinniert haben mochte, wusste er nicht.

»Hallo, Jules. Wie geht es dir heute?«, fragte sie ihn zur Begrüßung warm und mitfühlend.

»Es geht, hallo Labi.«

Sie setzte sich zu ihm auf die Bettkante, drückte ihm kurz einen Kuss auf die Lippen. Doch als sie ihren Oberkörper wiederaufrichten wollte, hielt Jules sie an den Schultern fest und so verschmolzen ihre Lippen und ihre Zungen noch einmal ineinander, beteuerten ihre gegenseitige Liebe.

Als sie sich voneinander lösten, atmeten beide etwas stärker und in Alabimas Gesicht zeigte sich große Freude, in Jules eher eine Bestätigung.

»Wann hast du die nächste Chemo?«, fragte sie ihn routinemäßig.

»Heute Nachmittag. Alina ist im Kindergarten?«

»Wie immer.«

Jules hätte nicht hier in der Uni-Klinik übernachten brauchen, hätte die Therapie problemlos auch ambulant machen können. Doch er entschied sich bewusst fürs richtig Krank sein. Und dazu gehörte ein Zimmer im Hospital. Alabima war sich nicht sicher, ob Jules dies aus Selbstmitleid tat oder aus Rücksicht ihr und Alina gegenüber. Sie sollten ihn nicht die ganze Zeit um sich haben, abgemagert und kahlköpfig, mit geröteten Augen und Mundgeruch, ständiger Übelkeit, alles die Folge der nur schlecht verdauten Chemo. Womöglich dachte der Schweizer aber auch bereits ans Sterben und dass der Trennungsschmerz für seine Tochter weniger groß sein musste, wenn sie ihren Vater einige Monate lang nur noch zwei oder dreimal pro Woche für kurze Stunden sah. Alabima hatte seine Beweggründe nie erfragt, hatte ihm jedoch tief in die Augen geblickt und dort die Antwort wohl gefunden.

»Gehen wir später zusammen essen?«

Jules nickte.

»Heute ist wieder einiges in der Post für dich gewesen. Lust es zu lesen?«

Damit kramte sie ein paar Briefumschläge aus ihrer Kelly-Bag.

Jules schüttelte den Kopf, nahm ihr die Briefumschläge aber aus der Hand und legte sie auf den Beistelltisch neben dem Bett ab, musste sich dazu weit hinüberstrecken. Der Saum seiner Pyjama-Jacke rutschte hoch und Alabima sah einmal mehr, wie dünn er doch geworden war. Von seinem einst muskulösen, vom Training gestählten Körper war nicht mehr viel vorhanden. Abgemagert sah er aus, nicht nur im Gesicht, sondern auch um die Taille. Leise seufzend legte er sich wieder zurück, hatte plötzlich Schweiß auf der Stirn.

»Fühlst du dich müde? Soll ich besser gehen und wir verschieben das Essen?«

Er schüttelte verneinend den Kopf, schämte sich einmal mehr seiner Hilfsbedürftigkeit.

»Nein, bitte bleib.«

Seine Stimme klang rau und war auf einmal belegt. Er räusperte sich und schluckte den Kloß des Versagens so hart hinunter, dass ihn sein Kehlkopf schmerzte. Doch zu seinem Erstaunen ging es ihm hinterher besser. Er fühlte sich wacher, leichter, auch stärker. Selbst Alabima erkannte die plötzliche Veränderung an ihm, wie er in ihrem Gesicht ablesen konnte. Diese Bestätigung freute ihn und er wischte sich mit dem Ärmel die feuchte Stirn und das Gesicht trocken.

Noch war er nicht am Ende, nein, noch nicht. Womöglich stand er sogar erst am Anfang?

Nach Wochen der Lethargie, der Selbstaufgabe, vielleicht auch des Selbstmitleids, spürte er, dass er sich nicht mehr länger den Ärzten und ihrer Kunst ausliefern sollte, dass er damit beginnen musste, wieder selbst für sich zu sorgen.

»Ich zieh mich an«, entschied er. Alabima stand sogleich vom Bett auf und ging zum Schrank, holte seine Straßenkleidung und frische Unterwäsche heraus, legte sie auf die Matratze. Jules streifte die Pyjama-Hose ab, köpfte die Jacke auf. Sein Körper glich den schrecklich ausgemergelten Gestalten auf den Fotos aus den Konzentrationslagern des Zweiten Weltkriegs. Doch seine Augen zeigten ein aufloderndes Feuer, einen neuen Kampfwillen.

»Wir gehen diesmal in der Stadt essen. Ich hab das klinisch-schmeckende Essen hier längst über. Und danach will ich mit den Ärzten reden.«

Alabima fühlte sich wie beschenkt, als sie wenig später mit Jules am Arm durch die Flure schritt. Von der einen oder anderen Krankenschwester wurde das Paar teils neugierig, teils überrascht betrachtet. Die meisten lächelten ihnen zu, waren wohl sehr froh darüber, dass ihr Patient aus Zimmer 308 endlich aus seinem Selbstmitleid erwacht war.

*

Mutobo Suheli kochte innerlich vor Wut.

»Was bildet sich der Kerl eigentlich ein?«, beschwerte er sich bei seiner Frau Erina Kassahun. Das Ehepaar hatte sich zum Mittagessen an den Küchentisch gesetzt und Erina schöpfte ihm geschmortes Gemüse auf den Teller, gab einen großen Löffel Kaninchen-Ragout dazu, stellte ihn vor ihm hin, begann dann den Teller ihrer Tochter Elvira zu füllen.

»Was ist denn jetzt schon wieder passiert?«, fragte sie Mutobo leicht tadelnd. Sie mochte beim Essen keine Sorgen oder Probleme wälzen, war überzeugt davon, dass sich schlechte Gedanken und Gefühle auf den Magen und die Verdauung schlugen.

»Na, dieser Asi bin-Elan. Der Kerl bringt mich jedes Mal in Rage, sobald ich ihn sehe oder auch nur von ihm höre.«

Der neue Imam war erst vor drei Wochen in Hara eingetroffen. Das kleine Dorf am Rande der Danakil-Senke war zwar mehrheitlich von Christen bewohnt. Doch der muslimische Anteil an der Bevölkerung war über die letzten Jahre stark gewachsen. Der Gebetsraum im Gemeindezentrum war zu klein geworden und eine Moschee war gebaut worden, finanziert mit Geldern aus Saudi-Arabien. Sie schickten auch gleich den neuen Imam zu ihnen, einen Salafisten aus Ägypten, wie man unter den Christen munkelte. Mutobo hatte Asi bin-Elan darauf angesprochen. Und auch darauf, ob er eigentlich ebenso wie das Gotteshaus von Saudis bezahlt wurde. Doch der Imam hatte bloß listig gelächelt und gemeint, einzig der Glaube hätte ihn hierher geleitet und selbstverständlich seine große Befürchtung, die Muslimen in Hara und Asgarbo könnten vom rechten Glauben abweichen.

Mutobo Suheli und Erina Kassahun waren bereits vor zehn Jahren hierher nach Hara gekommen, um ein Entwicklungsprojekt aufzubauen und zu betreuen. Sie waren ein Ehepaar und hatten eine Tochter mit Namen Elvira, ein quirliges achtjähriges Mädchen. Der Erfolg im Entwicklungsprojekt stellte sich rasch ein und verschiedene Unternehmen wurden gegründet, schufen immer mehr Arbeitsplätze in der gesamten Region. Ein Bewässerungssystem sorgte zusammen mit ausgesuchten Nutzpflanzen, die auch auf den stark salzhaltigen Böden des Beckens gediehen, für ausreichende Ernährung, lösten die frühere einseitige Agrarwirtschaft der Afar mit ihren Viehherden immer mehr ab. Auch zwei Schulen konnten gegründet werden, ein Krankenhaus und eine Radio-Station. Hara war schon immer ein mehrheitlich christliches Dorf gewesen und auch Mutobo gehörte dieser Religion an, während Erina als Afar wie die meisten anderen Bewohner der Danakil-Senke Muslimin war. Erina war zum Christentum konvertiert, was von vielen Einheimischen skeptisch oder ablehnend betrachtet worden war. Doch die Menschen hatten sich mittlerweile an ein Nebeneinander gewöhnt und andere Paare waren ihrem Beispiel gefolgt, hatten ihrem Herzen und nicht ihrem Glauben den Vorrang gegeben.

Überhaupt fanden die beiden Weltreligionen dank der überaus positiven wirtschaftlichen Entwicklung immer mehr zusammen, empfanden sich seit Jahren nicht mehr als Konkurrenten, sondern als freundschaftlich verbundene Nachbarn. Doch damit schien mit dem Einzug des neuen Imams in das kleine Haus neben der neu gebauten, prächtig anzuschauenden und viel zu großen, ja, protzigen Moschee endgültig Schluss zu sein.

»Er will eine eigene Schule gründen.«

Die Stimme von Mutobo knirschte bei diesem Satz, so sehr presste ihm der Zorn die Kiefer zusammen.

»Na und?«, gab Erina betont sanft zurück, »das ist doch sein gutes Recht. Oder hast du Angst vor der Konkurrenz?«

»Verstehst du nicht, Erina«, gab Mutobo unwirsch zurück, »das kann der Anfang vom Ende aller Zusammenarbeit sein. Wer weiß denn, mit was für kruden Ideen dieser Imam bin-Elan die Köpfe der Kinder füllen wird?«

Erina streckte ihren linken Arm über den Tisch aus, legte ihre Hand beruhigend auf seinen rechten Unterarm.

»Lass es doch erst einmal auf dich zukommen. Der neue Imam hat doch noch nicht einmal mit allen einflussreichen Stammesfürsten, geschweige den Ältesten in den umliegenden Dörfern gesprochen. Die werden ihm schon die notwendigen Leitplanken setzen. Die sind doch nicht dumm und setzen leichtfertig aufs Spiel, was sie sich mit Hilfe des Entwicklungsprojekts selbst erarbeitet haben? Es wird nichts so heiß gegessen, wie gekocht. Aber wenn du noch länger herum lamentierst, dann wird das Gemüse und das Fleisch bestimmt kalt sein.«

Mutobo sah sie erst zweifelnd an. Dann lächelte er etwas gequält, setzte sich noch einmal vor dem Teller zurecht. Sie beteten zu dritt still ein paar Worte, senkten dazu ihren Blick und falteten die Hände ineinander, begannen danach mit Appetit zu essen.

*

Alabima hatte sich mit dem Forschungsleiter des Pharmariesen in Verbindung gesetzt. Der Hauptsitz des Konzerns lag in der Schweiz und der Mann empfing sie bereits am nächsten Tag in seinem Büro in Basel, war höflich, hörte ihr geduldig zu, nickte zwischendurch zu ihren Bitten und sprach dann in der Art eines Priesters, leise, langsam und eindringlich.

»Es tut mir sehr, sehr leid für Sie und Ihren Mann, Frau Lederer«, begann er im Tonfall eines Beichtvaters. Alabima forschte in seinen Augen, erkannte darin jedoch keinen Spott. Der Mann schien an seine Mission zu glauben, »doch die Richtlinien in unserem Unternehmen bezüglich den Studien an Menschen sind sehr strikt. Und auch die rechtliche Seite verbietet uns jeden Spielraum. Wir können, nein, wir dürfen uns keine Unregelmäßigkeiten erlauben. Die Hände sind uns gebunden. Leider.«

»Sie meinen also, weil der Staat und ihr Leitbild es Ihnen verbietet, wollen Sie meinem Mann nicht helfen, sondern sterben lassen?«

Die Stimme der Äthiopierin klirrte vor Bitterkeit. Sie hatte sich ehrlicherweise wenig bis nichts von diesem Treffen versprochen. Doch ein Funken Hoffnung war immerhin geblieben, löste sich nun in den salbungsvollen Worten des Forschungsleiters auf. Als Antwort hob dieser zuerst seine Schultern, machte dazu ein bedauerndes Gesicht, das ihm den Ausdruck eines Esels verlieh.

»Wir würden die gesamte Certumpro-Studie gefährden.«

Alabima hatte die Stimmlage von Österreichern noch nie gemocht, ob in Deutsch oder im eigenartig gefärbten Englisch. Der nasale Singsang der Menschen aus der Alpenrepublik schmerzte in ihren Ohren. Eine türkische Bekannte hatte ihr einmal über das Italienisch sehr Ähnliches erklärt, was das doch für eine grässlich unmelodische und rohe Sprache wäre. Alabima lachte sie damals aus, denn für sie war Italienisch die Sprache der Sänger und Poeten und wunderschön anzuhören. Doch der Tonfall dieses Mannes aus Wien oder aus Salzburg oder woher auch immer brachte die dunkelhäutige Frau innerlich zum Kochen, wohl auch wegen seinen schlechten Nachrichten. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht ausfallend zu werden.

»Dann ist wohl alles gesagt«, beendete sie das Gespräch recht ruppig, »Adieu.«

Sie stand auf und ging, reichte dem sichtlich irritierten Mann hinter dem massiven Schreibtisch aus dunklem Walnussholz nicht einmal die Hand. Denn hätte er sie ihr gegeben, sie hätte womöglich hineingebissen.

*

Eigentlich begannen ihre Probleme recht harmlos. Ramu Bhattacharya hatte mit drei Kollegen in einem Speiselokal im Dorf Wadrengdisa zu Mittag gegessen und waren satt und zufrieden aus dem schlichten Gebäude zu ihrem Jeep getreten. Sie stiegen ein, doch der Motor wollte trotz funktionierender Zündung nicht starten. Als sie ausgestiegen waren und einen Blick unter die Haube warfen, fehlte der Verteilerkopf.

Ungläubig und einen Moment lang immer noch belustigt blickten sie sich um, sahen da und dort Leute am Straßenrand sitzen oder in kleinen Gruppen stehen. Sie alle schauten hinüber zu ihnen, zu den Fremden aus der Großstadt, den Ingenieuren des Vermessungsteams, zeigten dabei starre Augen und unbewegliche Gesichter, hinter denen sich ihre Gefühle verbargen. Sie wirkten wie das Publikum im Theater während der Aufführung eines Dramas. Innerlich vielleicht bewegt oder gar aufgewühlt, schaute man dem Fortschreiten der Handlung äußerlich trotzdem gelassen zu, wusste, dass jede Beteiligung unerwünscht war.

Ramu Bhattacharya wandte sich trotzdem an zwei alte Männer, die in ihrer Nähe am Straßenrand saßen und mit ihren dünnen Hälsen wie Geier auf ihn wirkten, Geier, die darauf warteten, dass das Aas zu ihnen käme, weil es ihnen der Mühe nicht wert war, selbst zu ihm zu gehen. Sie hatten ein Brettspiel zwischen sich liegen, mussten also schon seit längerer Zeit hier verweilen.

»Guten Tag, haben Sie vielleicht gesehen, wer sich an unserem Fahrzeug zu schaffen gemacht hat?«

Der eine Alte senkte sofort seine Augen, wirkte schuldbeladen, schien sich nur noch für das Brettspiel zu interessieren. Der andere blickte den jungen Ingenieur jedoch unverwandt an, so als ob er kein Wort verstanden hätte. Ramu drehte sich ein Stück um die eigene Achse und blickte eine Gruppe von jüngeren Männern auffordernd an, die zehn Meter weiter weg standen und höhnisch grinsten.

»Und Sie? Haben Sie vielleicht etwas gesehen?«

Statt einer Antwort verkrampften sich die Gesichter der Angesprochenen zu hasserfüllten Fratzen und ihr anhaltendes Schweigen prallte wie ein drohendes Unheil auf die vier Männern der Mumbai Construction Ltd., die hilflos wirkten und neben dem unbrauchbar gewordenen Jeep verharrten.

*

Nur drei Wochen nach Alabimas Gespräch mit dem Forschungsleiter in Basel gab der multinationale Pharmakonzern bekannt, dass er sein Forschungsinstitut in den USA schließen werde. Dreitausend gut bezahlte Arbeitsplätze würden gestrichen. Schuld daran war der weltweit zunehmende Druck auf die Preise für Medikamente. Dies verlangte nach einer Konzentration in Forschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe. In Zukunft wollte man sich auf die Standorte Europa und Asien konzentrieren.

Die Republikaner in den USA kreideten den Verlust des Forschungsstandortes einer verfehlten Politik von Präsident Obama an. Seine Gesundheitsreform verlangte nach günstigeren Pharmaprodukten, damit sie finanzierbar blieb. Als Folge davon musste die Industrie kurz- und mittelfristig wertvolle Arbeitsplätze abbauen. Langfristig gerieten die Vereinigten Staaten von Amerika bei dieser Politik vielleicht sogar ins wirtschaftliche, zumindest aber ins wissenschaftliche Hintertreffen.

Es war Wahlkampfzeit und so wurde jedes einigermaßen taugliche Thema aufgenommen und ausgeschlachtet. Inhaltlich war der Vorwurf an den demokratischen Präsidenten zwar unberechtigt. Denn weiterhin bezahlten die Patienten in den USA die weltweit höchsten Medikamentenpreise und die gesamte Menschheit profitierte davon. Die riesigen Margen der Pharmamultis in den Vereinigten Staaten finanzierten einen Großteil der weltweiten Forschungsausgaben. Die US-Bevölkerung subventionierte im Grunde genommen das gesamte Gesundheitswesen der Erde mit fünfzig bis siebzig Milliarden Dollar jährlich. Doch niemand dankte ihnen diese jahrzehntelange Unterstützung. Im Gegenteil. Vor allem das politische Europa trat arrogant auf und lästerte gerne über das angeblich marode und dekadente Gesundheitswesen der USA. Darum war die angestrebte Kürzung der Medikamentenpreise sinnvoll für das amerikanische Volk. Das wussten auch die Republikaner und die Tea Party Leute. Doch das bedeutete nicht, dass man dies auch öffentlich anerkannte. Besser war es, Teilaspekte anzuprangern und so dem Wähler eine wenig taugliche Regierung zu suggerieren. Politik war nun einmal Krieg mit fast allen Mitteln.

Als Alabima in der Zeitung von der Schließung des Forschungsstandortes erfuhr, rief sie sogleich Professor Monroe in Jersey an. Es meldete sich jedoch nur eine Telefonistin. Alabima verlangte nach Monroe, doch dieser war wohl in seinem Büro nicht zu erreichen oder er ließ sich verleugnen. Alabima hinterließ ihm eine Nachricht mit der Bitte um Rückruf.

Sie hatte Jules nichts von Monroe und seiner neuen Substanz Certumpro gegen Gehirnkrebszellen erzählt, hatte ihm für ihre Fahrt nach Basel auch einen Vorwand genannt, warum sie ihn an diesem Tag nicht besuchen kam. Sie wollte ihm keine unbegründete Hoffnung machen, solange sie ihren Gatten noch nicht in der Studie zum neuen Medikament untergebracht hatte. Zwei Tage saß die Äthiopierin wie auf glühenden Kohlen, dann endlich, eines Abends, kam der ersehnte Anruf aus Jersey.

»Sie sind äußerst hartnäckig, Misses Lederer«, war die einzige Begrüßung von Professor Monroe. Seine Stimme klang leicht amüsiert und auch ein wenig überheblich. Alabima registrierte ersteres mit Wohlgefallen, blendete das Zweite einfach aus.

»Hallo, Professor Monroe, schön, dass Sie mich zurückrufen.«

Einen Moment lang schwiegen beide, so als wenn sie sich über die Bedeutung ihrer Begrüßungsworte erst noch klar werden mussten. Monroe räusperte sich.

»Sie haben es selbstverständlich erfahren?«

Die Frage des Professors kam knapp und hart.

»Ja.«

»Und was versprechen Sie sich davon?«, fuhr er nun deutlich angriffslustiger fort.

Alabima ließ sich nicht beirren.

»Ich will Ihnen einen geschäftlichen Vorschlag unterbreiten.«

Der Äthiopierin war selbstverständlich eines bewusst. Nach dem Entscheid des Pharmakonzerns zur Aufgabe der Forschung in den USA hatte sie keinerlei Chancen mehr, Jules doch noch in der längst gestarteten Studie unterzubringen. Darum hegte sie einen anderen Plan.

»Ab wann sind Sie und Ihr Forschungsteam frei für eine neue Aufgabe?«

Die Antwort von Monroe glich dem Schnappen eines Hundes nach einem zugeworfenen Fleischbrocken: »Was haben Sie vor?«

»Nun, ich denke, Sie und Ihr Team sollten ihr eigenes Forschungsunternehmen gründen. Mein Mann und ich würden Sie dabei unterstützen.«

Der Professor schien wohl mit etwas Ähnlichem gerechnet zu haben, denn er fiel ihr mit seiner Entgegnung beinahe noch ins Wort.

»Und unsere erste Tätigkeit bestünde in der Versorgung Ihres Gatten mit Certumpro?«

»Ja, selbstverständlich.«

Alabima hatte zur Unterstreichung ihrer Worte heftig genickt, auch wenn der Professor dies nicht sehen konnte. Doch er schien es zu fühlen, denn er schwieg einen langen, bangen Moment lang. Zwar ein gutes Zeichen für die Äthiopierin, doch auch ein nervenaufreibendes.

»Und an welchen Betrag haben Sie dabei gedacht? Wie viel wollen Sie und Ihr Gatte denn anlegen?«

»Fünfzig Millionen Dollar«, kam die Antwort der Afrikanerin ohne Zögern.

»Fünfzig Millionen?«

Die Stimme von Monroe vibrierte nun doch ein wenig, deutliches Zeichen für seine Überraschung über die Höhe der in Aussicht gestellten Summe.

»Ja, wir beteiligen uns an Ihrem neuen Unternehmen mit diesem Betrag. Unsere einzige Bedingung ist die Versorgung meines Mannes mit Ihrem Medikament. Daneben bekämen Sie völlig frei Hand in allen Entscheidungen, auch woran Sie mit Ihrem Team in Zukunft forschen wollen.«

Professor Monroe sah seine Zukunft auf einmal sehr klar vor sich. Noch wenige Minuten zuvor hatte er mit leichtem Grauen daran gedacht. Sein Arbeitgeber hatte ihm zwar eine Stelle Nahe Peking angeboten. Doch das kam für seine Frau Helene niemals in Frage. Sie war mit Leib und Seele New Yorkerin, seit ihrer Geburt, wäre niemals aus dem Penthouse in Manhattan gezogen, dass sie mit viel Liebe und Kitsch über all die gemeinsamen Jahre hinweg ausgestattet hatte. Der Pharmakonzern hatte ihm allerdings auch angeboten, seine Forschung an Certumpro in einem eigenen Unternehmen weiterzuführen. Man würde ihm die bisherige Arbeit kostenlos überlassen, war zudem bereit, ihm und seinem Team mit einer Starthilfe von zehn Millionen Dollar unter die Arme zu greifen. Der Konzern versprach sich davon die Entwicklung eines marktfähigen Medikaments, das man anschließend gemeinsam vermarkten konnte, ohne dass der Pharmakonzern selbst noch weitere Dutzende, wenn nicht Hunderte von Millionen Dollar hineinstecken und riskieren musste. Gelang die Zulassung bei der FDA, dann war Certumpro bestimmt eine Milliarde Umsatz pro Jahr wert und warf vierhundert Millionen Gewinn ab, den man sich teilen konnte. Wurde die Marktreife dagegen verfehlt, dann hatte man bloß unnütze Patente verschenkt und zehn Millionen Dollar zusätzlich riskiert. Professor Monroe war ganz und gar nicht abgeneigt, die Unterstützung anzunehmen. Doch gleichzeitig war ihm bewusst, dass zehn Millionen Dollar nur für den Abschluss der Studie reichen würde und niemals für die hohen Kosten einer Zulassung. Er hatte sich darum bereits in seinem Bekanntenkreis nach möglichen Investoren umgeschaut, auch mit zwei Beratungsfirmen von Investmentgesellschaften unterhalten. Doch niemand schien vorerst interessiert an eine angemessen hohe Investition in ein mögliches Medikament zu sein, dessen Wirksamkeit noch nicht bewiesen war. Darum hatte Monroe die Option seines bisherigen Arbeitgebers zwar dankend entgegengenommen, jedoch keine Möglichkeit für eine Nutzung gesehen.

Doch fünfzig Millionen Dollar an zusätzlichem Startkapital würden automatisch weitere Geldmittel anlocken. Risikofreudige Investoren gab es in den USA in genügender Zahl. Zudem konnte er sich im Labor seines Noch-Arbeitgebers günstig für die ersten zwei oder drei Jahre einmieten. Weil der ihm die bisherigen Rechte an Certumpro kostenlos überließ und ihn gegen die entsprechende Bezahlung auch weiterhin mit allen notwendigen Grundsubstanzen beliefern wollte, passten mit dem Angebot von Alabima auf einmal alle Bausteine für seine Zukunft zusammen.

»Wir sollten uns unbedingt treffen«, beendete Monroe seinen gedanklichen Kurzausflug.

»Dann sehen wir uns doch morgen Nachmittag, sagen wir um fünf Uhr, auf JFK, Terminal 8, in Bobby Van’s Steakhouse? Ich reserviere uns einen Tisch auf meinen Namen.«

»Bobby Van’s, Terminal 8«, wiederholte der Professor und schrieb wohl mit, fügte dann respektvoll hinzu, »ich mag entschlossene Menschen.«

»Wir werden uns bestimmt glänzend verstehen.«

*

Das große Abenteuer sollte noch an diesem Abend für sie losgehen. Gestern erreichte sie der Einsatzbefehl aus der Zentrale der Ouro Floresta. Um 22:00 Uhr sollten sie von Rio de Janeiro aus starten und über Sao Paulo nach Porto Velho fliegen, der Hauptstadt der Provinz Rondônia. Hier würden sie den deutschen Biologen Kevin Borner und zwei einheimische Aktivisten treffen und mit ihnen zusammen in einer kleineren Maschine weiter nach Ariquemes fliegen. Von dort aus mussten sie die letzten dreihundert Kilometer bis zum Indianerreservat Igarapé de Lourdes in einem Jeep zurücklegen.

Das recht kleine Schutzgebiet lag am Madeirinha, einem sechshundert Kilometer langen Zufluss des Roosevelt River, der nach weiteren dreihundert Kilometern in den Madeira mündete, in einen der Hauptzuflüsse des Amazonas. Igarapé de Lourdes umfasste 1’855 Quadratkilometer und war Heimat von gut sechshundert Indios geworden. Ein Drittel von ihnen gehörten dem Stamm der Karo an, zwei Drittel zu den Ikolen.

Vier bis sechs Wochen würden sie im Reservat herumstreifen und mit Unterstützung der Indios Pflanzen und Tiere fotografieren und sammeln, ihre Art bestimmen und hoffentlich bislang unentdeckte Lebewesen ausfindig machen und auf diese Weise das bereits bestehende Register über die Flora und Fauna des Regenwaldes mit möglichst vielen seltenen oder gar einmaligen Arten ergänzen.

Denn die Regierung wollte unbestätigten Gerüchten zu Folge auch hier, am Oberlauf des Madeirinha und im Schutzgebiet der Indios, nach geeigneten Standorten für weitere Staudämme suchen.

Chufu und Mei durchforsteten den lieben langen Tag über im Internet nach Informationen über die Ureinwohner und das Reservat, hatten jedoch recht wenig darüber erfahren. 208 Karo sollten dort in zwei Dörfern leben, etwas über 400 Ikolen in einigen anderen, noch kleineren Gemeinden. Die Zentralregierung hatte zwei Schulen und eine Krankenstation einrichten lassen, kümmerte sich sonst wenig um das Schutzgebiet, überließ jede weitergehende Betreuung der Ureinwohner den örtlichen Behörden in Ariquemes und dem Gouverneur in Porto Velho.

Mei und Chufu fanden im Internet aber auch viele Berichte über Auseinandersetzungen zwischen den in den verschiedenen Amazonas-Reservaten lebenden Indio-Völkern und den widerrechtlich eindringenden Weißen. Denn trotz Schutzgebiet ließen sich immer wieder Farmer, Holzräuber oder Goldsucher in den unzugänglichen Wäldern nieder, setzten sich dort fest, versuchten den Reichtum des Landes zu rauben. Es gab darum auch immer wieder Tote und Verletzte. Die staatliche Fundação do Índio, die Behörde für Indianerangelegenheiten, schien wenig dagegen zu tun, wurde wohl auch stark beeinflusst durch die verschiedenen Interessenverbände, die in der Hauptstadt kräftig lobbyierten und so immer wieder Ausnahmegenehmigungen und straffreie Rechtsverletzungen durchsetzen konnten.

In Brasilien selbst konnten die Ureinwohner mit keiner großen Unterstützung rechnen. Die Großgrundbesitzer verdrängten aus vielen Gebieten die verarmten Kleinbauern. Diese wurden mit gefälschten Dokumenten in die Reservate gelockt, spielten ungewollt die Speerspitzen einer Invasion, welche auch die letzten Rückzuggebiete der Indianer beseitigen sollten. Zuerst wurden die wertvollsten Tropenbäume gefällt und abtransportiert, danach verwandelte Brandrodung den Wald in Grasland. Die verarmten Bauern begannen mit Ackerbau, legten Felder und auch Fruchthaine an, wurden jedoch wenige Jahre später mit Hilfe der lokalen Regierung und neu geschaffenen Gesetzen vertrieben, worauf Großgrundbesitzer das Land für ein Butterbrot aufkauften und mit der Viehzucht begannen. Die Maschinerie zur Vernichtung der Reservate und des Regenwaldes arbeiteten Hand in Hand, wobei es einem vorkam, als ob sich der Staat und die Wirtschaft an Gemeinheit gegenseitig zu überbieten versuchten.

Mei und Chufu fühlten sich nach ein paar Stunden Recherche ziemlich mies. Das Problem der Indios und des Dschungels war ihnen nie zuvor so stark bewusst gewesen, las man doch in den Zeitungen in Rio de Janeiro nur wenig darüber und wenn, dann stets aus der Sichtweise der weißen Eroberer, vom Standpunkt des genannten Fortschritts aus. Die Indios wurden darin als kulturarme, rückständige oder gar dumme Menschen dargestellt, die der Entwicklung des Landes überall im Weg standen. Brasilien war nun einmal eine stark vermischte Völkergemeinschaft. Die Einwanderer akzeptierten und respektierten einander zwar seit vielen Jahrzehnten, wohnten friedlich nebeneinander und ließen den Nachbarn leben. Doch das galt nicht für die Ureinwohner. Sie galten in der gesamten Bevölkerung als faul, als unbelehrbar, mehr als Tiere und weniger als Menschen. Und so war offener Rassismus gegenüber den Indios allgemein akzeptiert.

Ein unbestimmtes, aber flaues Bauchgefühl hatte die beiden Asiaten ergriffen. Die zuvor so große Euphorie für ein Abenteuer im Urwald des südamerikanischen Kontinents hatte einer gewissen Beklemmung und Ernüchterung Platz gemacht, vor dem, was da auf sie warten mochte. Sie sprachen miteinander darüber, tauschten ihre Ansichten aus.

»Wir sollten uns voll auf unsere Aufgabe konzentrieren und möglichst alles andere außenvorlassen«, war Mei überzeugt, »wir können uns als Puzzle-Teile sehen, die ihren Zweck an einer bestimmten Stelle erfüllen, ähnlich den Leuten im Fußballstadium, wenn sie die farbigen Sitzkissen über ihren Kopf halten und so ein Bild formen. Jeder für sich ist unbedeutend und nutzlos, hat auch keinen Überblick, alle zusammen jedoch erfüllen gemeinsam ihre Aufgabe. Wir können die Welt der Indios nicht zu zweit retten. Wir können mit unserer Arbeit für das Projekt nur für mehr Aufmerksamkeit und für eine Schonung der Urwälder sorgen.«

Chufu nickte zustimmend.

»Ja, du hast sicher Recht. Wenn man von all den Ungerechtigkeiten liest, dann macht einen das zwar zornig. Doch mit Wut kommt man nicht voran.«

»Am Ende sind sie doch alle Verlierer«, ergänzte Mei ihre Ausführung, »die Indios werden ihrer Heimat beraubt, die Holzwirtschaft vernichtet ihre Grundlage, die Goldsucher beuten den letzten Krümel aus, die Kleinbauern werden von ihren Geldgebern nach wenigen Jahren aufgrund der Schulden oder neuer Gesetze vertrieben.«

»Nur die Großgrundbesitzer, die Banken und die Politiker, die das alles zulassen und steuern, die verdienen sich goldene Nasen«, fügte Chufu grimmig hinzu.

»Vielleicht gehört das einfach zum Mensch-Sein, ist eine feste Regel der Natur? Der Stärkere setzt sich gegen den Schwächeren durch.«

»Und tut er es nicht, dann handelt er falsch?«

Chufu blickte Mei erstaunt und fragend an. Die zuckte mit den Schultern.

»Wir müssen uns wohl vom Gedanken verabschieden, der Mensch sei ein vernünftiges Wesen, kann auf Dauer duldsam und fürsorglich sein. Das mag in seinem persönlichen Umfeld, vielleicht sogar in seinem Volk der Fall sein. Doch gegenüber seinen Bekannten? Oder gar völlig Fremden? Hier scheint der Verstand durch die Gier ausgeschaltet zu werden.«

»Womöglich zeigt dies die Grenzen der möglichen Sozialisierung auf? Eine Familie, eine Sippe kann starke Bande zwischen sich knüpfen, ein Dorf eine Gemeinschaft bilden. Doch alles, war über ein paar hundert Menschen hinausgeht, muss sich auf andere Weise organisieren, kann nicht mehr über persönliche Kontakte, über den direkten Austausch funktionieren, braucht Hilfsmittel oder besser gesagt, Hilfskrücken, wie zum Beispiel einen Staat und seine Regierung, die über die Köpfe und Interessen der einzelnen Menschen entscheiden und handeln.«

»Und je größer das staatliche Gebilde ist, desto abstrakter wird sein Handeln für die darin lebenden Menschen.«

»Ja. Und gleichzeitig werden überall neue Zäune und Mauern aufgebaut, hinter denen man sich seine Vorurteile und Feindbilder schaffen kann. Auf diese Weise grenzt man ganze Menschengruppen aus der Zivilgesellschaft aus, macht sie für die Mehrheit entbehrlich.«

»Zusammengehörigkeit durch Ausgrenzung?«

»Was sich im Kleinen auf jedem Schulhof zwischen der Masse der Kinder und einigen Außenseitern herausbildet, funktioniert wohl auch im ganz großen Stil in der Politik und in der Wirtschaft.«

»Leider«, fügte Mei traurig hinzu und drückte Chufu einen Kuss auf die Lippen.

An diesem Abend bestiegen sie kurz nach zehn Uhr das Flugzeug. Es brachte sie in drei Stunden nach Sao Paulo, wo sie den Tag in den Wartehallen verbummelten, auf den unbequemen Sitzgruppen zu schlafen versuchten, sich in den Restaurants verpflegten und die Shops durchstöberten. Im Hostel konnten sie wenigstens ausgiebig duschen und sich umziehen. Ziemlich müde setzten sie sich kurz nach 21:00 Uhr ins Flugzeug nach Porto Velho, das sie nach vier Stunden gegen ein Uhr nachts erreichten.

Der Provinzflughafen war alles andere als groß und so erblickten sie an der Ausgangstüre sogleich den hoch aufgeschossenen, blonden, blassen Deutschen. Kevin Borner mochte um die dreißig sein, ein paar Jahre älter als Chufu und Mei. Er erwartete sie zusammen mit zwei dunkelhäutigen Männern, die sich als Pedro Goarxan und Vallé de Chardin vorstellten. Beide sprachen ein hartes Portugiesisch, blickten die beiden Asiaten nicht offen und direkt an. Ob aus Unsicherheit oder aus einem anderen Grund, würden Chufu und Mei vielleicht später erfahren.

Kevin erklärte ihnen, Pedro und Vallé gehörten zum Stamm der Kayapó. Diese waren vor allem in den Nachbarprovinzen Matto Grosso und Para beheimatet. Die beiden hätten jedoch ein paar Jahre lang für die Regierungsbehörde Funai gearbeitet, kannten darum die Sprachen der beiden Völker im Reservat Igarapé de Lourdes und würden ihnen als Dolmetscher und Helfer dienen.

Zu fünft gingen sie durch die Eingangshalle des Flughafens, steuerten den Schalter einer Chartergesellschaft an. Der Mann hinter dem Tresen grinste sie schon von weitem freundlich an. Er war kaum eins sechzig groß und schlank, ein richtiger Hänfling. Zum Ausgleich trug er einen buschigen Schnauzbart im Gesicht, der ihm wohl ein verwegenes Aussehen verleihen sollte, ihn jedoch eher an einen schmalbrüstigen Seehund erinnern ließ.

»Sind das die beiden, Señor Borner?«, fragte er überflüssigerweise.

Kevin nickte: »Ja, Señor Garzias, wir können sofort aufbrechen.«

Sie traten durch eine Pforte auf das Rollfeld hinaus, wo nicht weit entfernt ein wuchtiger Doppeldecker im Scheinwerferlicht stand, eine in die Jahre gekommene Antonow AN-2, wie Chufu erkannte. Mei blickte ihren Freund etwas skeptisch an. Der zuckte bloß mit den Schultern. Wenige Minuten später waren sie bereits in der Luft. Garzias steuerte die Maschine selbst. Der Flug nach Ariquemes sollte wenig mehr als eine Stunde dauern.

Das laute Gedröhne des Motors ließ keine vernünftige Unterhaltung zu und so schlossen Chufu und Mei bald einmal müde ihre Augen, ließen sich vom monotonen Lärm einlullen und dösten vor sich hin. Sie schreckten hoch, als Kevin Borner sie an den Schultern rüttelte.

»Wir landen jeden Augenblick in Ariquemes«, gab der Deutsche bekannt und lächelte sie verständnisvoll an. Er kannte wohl die strapaziöse Anreise von Rio über Sao Paulo schon, »ihr könnt dann im Wagen weiterschlafen.«

Es war kurz nach drei Uhr nachts als sie auf dem Rollfeld aus der Antonow kletterten. Ein Kleinbus brachte sie mit ihrem Gepäck direkt zur Mietwagenfirma, die wohl nur für sie immer noch oder schon wieder geöffnet hatte. Kevin Borner sprach kurz mit dem Besitzer und erhielt die Schlüssel zu einem weißen Ford Expedition mit drei Sitzreihen. Chufu und Mei setzten sich ganz nach hinten, Kevin Borner belegte einen der beiden mittleren Plätze, während Vallé am Steuer Platz nahm und Pedro sich neben ihn setzte. Als sie gegen vier Uhr morgens in Ariquemes losfuhren, fielen Mei und Chufu schon bald die Augen zu.

*

»Wie viel Geld besitzt du eigentlich?«

Ihre Frage klang recht nebensächlich, doch ihre Miene verriet eine Anspannung. Jules sah Alabima aus müden Augen und doch forschend an.

»Noch lebe ich«, antwortete er lächelnd und fügte scherzend hinzu, »du musst das Erbe also noch nicht verteilen. Außerdem solltest du wir sagen, nicht du

Die Äthiopierin schüttelte ihren Kopf, schien über seine flapsigen Worten sogar ein wenig verstimmt.

»Nein, ehrlich Jules. Ich muss wissen, wie viel Geld wir aufbringen können.«

»Was hast du denn vor?«

Noch immer blickte er sie amüsiert an.

»Es gibt da ein neues Medikament gegen Gehirnkrebs. Es ist noch nicht auf dem Markt erhältlich, doch sollen zurzeit klinische Studien stattfinden, die sehr vielversprechend sind.«

»Und das willst du für mich besorgen?«, sein Lächeln wurde nachsichtig, »ach, Labi, die Ärzte tun doch schon, was sie können.«

Wieder schüttelte sie unwillig ihren Kopf, so als müsste sie seinen Einwand verdrängen.

»Die erneute Chemo und die andauernden Bestrahlungen helfen doch nicht wirklich, wie das CT von letzter Woche wieder gezeigt hat. Und ich bin noch nicht bereit, dich zu verlieren, Jules.«

Ihre Augen füllten sich nun doch mit Tränen, auch wenn sie sich fest vorgenommen hatte, stark zu bleiben. Sie umschlang seine Schultern, zog ihn an sich, bebte für Sekunden an seiner mageren Brust.

»Wenn es mein Schicksal ist, mit Ende vierzig an Krebs zu sterben, dann bin ich bereit dazu. Ich werde mich bestimmt nicht zum Affen der Ärzte oder der Wissenschaftler machen, nur um vielleicht zwei oder drei Monate zusätzlich heraus zu schinden.«

Alabima spürte und wusste, wie ernst es Jules damit war. Sie hatten in den vergangenen Wochen immer wieder über den Tod und das Leben danach gesprochen. Zuerst mit Entsetzen, später mit Traurigkeit erfuhr die Äthiopierin von der Überzeugung ihres Gatten. Denn Jules war zwar als Protestant geboren, besuchte mit ihr und Alina auch ab und zu eine katholische Messe, glaubte jedoch weder an Gott noch an ein Leben nach dem Tod. Jules hatte die Kirche zwar stets als eine sehr sinnvolle Institution empfunden und die Religionen als wichtigste Hüter der Ethik anerkannt. Darum bezahlte er auch weiterhin Steuern, selbst wenn er nicht mit dem Herzen teilnahm. Doch der in ihren Gesprächen nun offen gezeigte Nihilismus von Jules hatte Alabima nachhaltig erschüttert. Denn wo blieb alle Hoffnung, wenn das menschliche Leben doch nur endlich war, beschränkt auf die wenigen Jahre auf Erden? Was nutzten all die schönen, gemeinsamen Stunden, wenn sie dereinst für immer voneinander getrennt waren? Der Trost der Religionen machte das Leben doch erst schön und reich? Doch die Äthiopierin konnte die tiefe Überzeugung ihres Gatten nicht umstoßen, betete darum für ihn und sein Seelenheil umso stärker und umso öfters.

Doch Jules sah ein, dass er seiner Frau eine Antwort schuldete.

»Wende dich wegen dem Geld am besten an Pierre. Unser Anwalt hat die beste Übersicht und kann dir dabei helfen, es zu verflüssigen. Du hast eh längst Verfügungsgewalt über alle Konten und Depots. Mach mit dem Geld, was du für richtig hältst.«

Alabima blickte Jules traurig an, denn aus seinen Worten erkannte sie, wie wenig Hoffnung er für sich selbst noch hatte. Schweigend saßen sie da, sahen einander in die Augen, tauschten jedoch keine Gedanken miteinander aus, sondern brüteten beide stumm vor sich hin.

»Und sonst ist nichts Neues passiert?«, lenkte Jules von dem ihm unangenehmen Thema Tod endgültig ab. Seine Frau zögerte kurz, bevor sie ihm antwortete.

»Gestern Abend hat Shridar Kumani für dich angerufen.«

Jules Augen leuchteten bei der Erwähnung des Namens seines Freundes einen Moment lang auf, so als spülte er gute Erinnerungen in ihm hoch. Doch das Feuer erlosch sogleich wieder, machte stumpfen Pupillen Platz. Alabima schluckte mühsam und atmete dann tief ein, so sehr bewegte sie der traurige Anblick ihres Ehemannes, der sich selbst aufgegeben hatte.

»Was wollte er denn?«

Er stellte seine Frage uninteressiert, was auch dem Ausdruck in seinem Gesicht entsprach. Denn gefesselt an sein Bett wurde dem Schweizer zunehmend alles egal, was sonst auf der Welt geschah.

»Er verlangte dich und als ich ihm von deiner Krankheit erzählte, wünschte er dir bloß gute Besserung und wollte gleich wieder auflegen.«

»Doch das hast du nicht zugelassen?«

Jules Stimme klang wieder etwas frischer, beinahe belustigt.

»Nein, selbstverständlich nicht«, gab sie schmunzelnd zurück, »wie es scheint, gibt es ernsthafte Probleme mit irgendeinem Wasserkraftwerk in Indien, an dem er beteiligt ist. Jemand scheint die Arbeiten dort zu sabotieren. Er hatte sich von dir wohl Rat und tatkräftige Unterstützung versprochen.«

Sie sah, wie sich der Mund ihres Ehemanns verhärtete und er die Lippen zusammenpresste. Der wiederholte Chemo-Cocktail hatte Jules frühere Robustheit stark geschwächt. Schon Treppensteigen war für ihn zur Qual geworden. Und nun bat ihn ein alter Freund um Hilfe, die er ihm nicht mehr geben konnte. Nie zuvor hatte sich der Schweizer so alt, so unfähig gefühlt, gefesselt an ein Hospital, womöglich bis zum Ende seines zu kurzen Lebens. Jules schluckte hart, drehte dann sein Gesicht weg, starrte zum Fenster hinaus und schwieg.

Auch Alabima sagte nichts, blickte nur mit Bedauern auf ihren Ehemann hinunter, erkannte, wie es in seinem Gesicht arbeitete, wie er seine Hilflosigkeit verdammte, wie er an ihr zu zerbrechen drohte. Erst nach einer ganzen Weile richtete er sich ein wenig auf, blickte ihr wieder in die Augen, wirkte auf sie so ähnlich wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank, das irgendwie spürte oder gar wusste, dass sein Leben zu Ende ging, das gerne aufbegehrt und sich mit aller Kraft gegen sein Schicksal gewehrt hätte und doch keinen Ausweg vor dem Unvermeidlichen sah, darum auch unnatürlich ruhig und gefasst blieb.

»Du darfst dich nicht aufgeben, Liebling«, flüsterte sie, fühlte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Ihr trauriger Gesichtsausdruck ließ ihn verloren lächeln.

»Hat Shridar eine Nummer hinterlassen, wo man ihn erreichen kann?«

Alabima nickte.

»Dann ruf doch bitte Henry an und gib sie ihm. Vielleicht kann er Shridar helfen, falls er Zeit hat.«

Es trat eine Stille zwischen ihnen ein, nicht unangenehm, nicht peinlich, sondern bloß unendlich traurig.

»Ich weiß ja, Liebling, dass du nicht ans Ewige Leben glauben kannst. Doch gerade deswegen musst du doch umso härter mit dem Tod kämpfen, für jeden einzelnen Tag, jede Woche, jeden Monat.«

Alabima hatte den verlorenen Faden wieder aufgenommen. Doch Jules schüttelte matt seinen Kopf, wirkte dabei irgendwie entschlossen oder sogar ärgerlich, gleichzeitig aber auch auf eine traurige Weise verloren. Er schloss ermüdet die Augenlider, legte seinen Kopf zurück auf das Kissen, drehte das Gesicht wieder zum Fenster hin und begann dann leise und langsam zu singen, erst flüsternd und stockend, beinahe nur murmelnd, dann aber immer sicherer und lauter.

»Row, row, row your boat,«

»Gently down the stream.«

»Merrily, merrily, merrily, merrily,«

»Life is but a dream.«

»Rudere, rudere, rudere dein Boot,«

»Sanft mit der Strömung hinab.«

»Sei fröhlich, sei fröhlich, sei fröhlich, sei fröhlich,«

»Das Leben ist nur ein Traum.«

Er wiederholte den einfachen Reim dieses amerikanischen Volksliedes immer und immer wieder, steigerte sich immer tiefer in die Zeilen und Worte hinein, machte ihre Aussage geradezu zu einem Gebet. Alabima saß auf der Bettkante, blickte auf ihren Jules hinab, erkannte in seinem ruhigen Gesicht die unendliche Traurigkeit, die Verlorenheit. Tränen füllten erneut ihre Augen, kippten über die unteren Lider, flossen in zwei schmalen Rinnsalen über ihre Wangen, tropften vom Kinn auf die Bettdecke, während sie den wieder leiser werdenden Worten ihres Gatten lauschte und in seinem nun entspannt daliegenden Gesicht weiterhin nach einem Funken Hoffnung suchte. Irgendwann verstummte er ganz. Seine ruhigen Atemzüge zeigten, dass er eingeschlafen war.

Leise und behutsam stand sie vom Bett auf, deckte ihn sorgfältig zu und verließ das Zimmer. Auf dem Flur begegnete sie zwei Pflegerinnen, die beisammenstanden und einen Schwatz hielten. Beim Anblick der Afrikanerin mit dem verweinten Gesicht blickten sie erst erschrocken hoch, danach aber voller Mitleid hinter ihr her. Sie kannten den oft langwierigen Trennungsprozess zwischen einem Krebspatienten und seinen Angehörigen leider zu gut, nahmen trotzdem immer noch Anteil daran. Einer der Chirurgen des Hospitals kam hinzu, blickte die beiden Schwestern strafend an.

»Etwas mehr Professionalität, meine Damen«, schnarrte er sie an, während er an ihnen vorbeischritt und im Zimmer eines seiner Fälle für den nächsten Morgen verschwand. Die beiden Pflegerinnen blickten ihm nach, bis sich die Türe hinter ihm geschlossen hatte. Keine der beiden sagte etwas.

*

Henry Huxley rief Shridar Kumani noch am selben Abend an. Er stellte sich dem überraschten Inder als guter Freund von Jules Lederer vor, erwähnte seine enge Zusammenarbeit mit dem Schweizer und dass sie gemeinsam manch heikle Mission bewältigt hätten. Kumani reagierte zuerst verunsichert und durchaus ablehnend, wurde jedoch über die Dauer des Gesprächs interessierter. Der Brite schien zu wissen, wovon er sprach, wirkte seriös, abgeklärt. Jules Lederer musste wohl gute Gründe kennen, warum er ihm gerade diesen Mann empfahl.

Am Ende ihres Gesprächs vereinbarten sie, dass Huxley in wenigen Tagen nach Indien käme. Sie tauschten ihre Handynummern aus. Der Brite würde Kumani anrufen, sobald er den Reisetag und die voraussichtliche Ankunftszeit in Guwahati kannte.

Menetekel

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