Читать книгу Inselluft mit Honigduft - Kerin Schmidt - Страница 7

Оглавление

Der Jahrhundertsommer 1983 lockte die Menschen ans Meer. Sylts Küste hustete die Badegäste chronisch in die Nordsee, Salz und Sand panierte ihre Haut, bis sie unter den nordischen Sonnenstrahlen bei Höchsttemperaturen rot-knusprig gebraten ihren Garpunkt erreichten.

Die 98 Quadratkilometer große Nordseeinsel posierte für die Fotoapparate der Touristen und zeigte sich von ihrer besten Seite. Überlaufen, geliebt, bestaunt und bewundert ließ Sylt sich feiern. Am vierzig Kilometer langen Sandstrand mit den himmelhohen Wellen, die ihren heilenden Sprühregen in die Luft stäubten, atmeten Tausende von Lungen die Mineralien und Spurenelemente ein und kosteten von ihrer wohltuenden Kraft.

Nach der Walfang- und Fischerzeit erlangte die Insel durch den in vier Jahren erbauten und nach dem damaligen Reichspräsidenten benannten Hindenburgdamm 1927 endgültig einen der ersten Plätze in der Rangliste der beliebtesten deutschen Urlaubsziele. Der Damm brachte den Syltern Unabhängigkeit, und die Touristen überquerten die Bahnstrecke scharenweise. Eine Morsumer Pastorentochter überreichte Paul von Hindenburg zur Jungfernfahrt des ersten Zuges über den neuen, ausschließlich für den Eisenbahnverkehr erbauten Damm einen Blumenstrauß durch das Fenster, und die neue Zeit wurde besiegelt.

Der Damm durchbrach jedoch auch die natürliche Strömung des Wattenmeeres, und auf seinem Pfad pilgerten Maulwürfe und Füchse zu den exklusivsten Plätzen der Insel, gefolgt von Haien, die bequemlicherweise mit dem Zug anreisten. Immobilienhaie. Die Immobilienpreise kletterten die Skala der Hochpreisigkeit hinauf und brachten den einen oder anderen Einheimischen in Bedrängnis.

Im Jahr 1983 wurde die Sandvorspülung zu einem alljährlichen Ritual, mit der die Strände vor Schwund geschützt werden sollten. Seitdem fahren jedes Jahr aufs Neue Baggerschiffe in die Nordsee, pumpen Sand in sich hinein und spucken ihn am Saum der Insel wieder aus.

Sylt wurde durch den erstmals auf der Insel ausgetragenen World Cup als Surfparadies international bekannt, und viele kleine Sylter erblickten das Licht der Welt. Darunter auch ich.

Eine kleine Sylterin, geboren in Westerland, zu Hause in Morsum. Eine von rund 23.000 Einwohnern der Insel, auf der noch Sölring gesprochen wird, ein Dialekt des Friesischen. Sölring ist eine eigenständige autochthone Sprache. Dieser friesische Dialekt ist auf Sylt entstanden, und es gibt ihn seit dem achten Jahrhundert nur auf dieser Insel. Sölring gehört zu den sogenannten kleinen Sprachen und wird durch die Europäische Charta der Menschenrechte geschützt. Die Sylter sprechen nicht nur Sölring, sie sind Sölring.

Sylt, die wohlgeformte Insel, luftig bis stürmisch, mit zwölf beschaulichen Orten und alten reetgedeckten Friesenhäusern, lädt mit seinen halb geöffneten Kiek-in-Türen zum Schnacken ein. Eine Insel mit dunklen Wintermonaten und sonnigen Sommertagen. Geprägt von Reizklima, Wind und einem »Moin« als Begrüßung, egal zu welcher Tageszeit.

Inselluft mit Honigduft

Подняться наверх