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Kapitel 6

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Als 1958 der erste libanesische Bürgerkrieg ausbrach, landeten in Beirut über fünfzehntausend amerikanische Soldaten, um die Lage zu stabilisieren. Mein Vater war gerade 17 Jahre alt und leitete schon das Geschäft, in dem er arbeitete. Er hatte das Sortiment vergrößert, ebenso das gesamte Geschäft. Es wurde zum beliebtesten Laden der Amis. Sie konnten dort alles mögliche bekommen: Zigaretten, Rasierzeug, sogar einige alte Zeitschriften und Bücher. Das Beste war, dass sie auch in Dollar bezahlen oder wechseln konnten. Vater begriff wie fast immer etwas schneller als die anderen, und hängte ein großes Schild mit der Aufschrift EXCHANGE an den Laden. Es war der Beginn seiner kaufmännischen Karriere. Seitdem ging es eigentlich nur bergauf. Mit 21 Jahren gründete er ein In- und Exportgeschäft, und fast alles was er zur Seite legen konnte, investierte er in Grundstücke. Er war damals schon ein reicher Mann mit sehr vielen Beziehungen. Im Laufe der Zeit konnte er auch seine Geschwister mit ihren Familien davon überzeugen, nach Beirut zu ziehen.

Seine erste Frau wurde nur einige Monate nach der Hochzeit Opfer einer palästinensischen Bombe. Es gab Palästinenser, die der Meinung waren, dass sie das Recht auf eine Wohnung in Beirut hatten, auch wenn da schon Menschen lebten. Sie haben einfach die Leute aus ihren Wohnungen vertrieben. Wenn sie auf Widerstand trafen, haben sie als Abschreckung für die anderen das ganze Haus in die Luft gejagt. Durch solche Aktionen wurden einige Häuser meines Vaters zerstört.

Die Beziehungen zwischen den Libanesen und den Palästinensern waren alles andere als gut. Viele Menschen, vor allem die anderen Araber, ärgerten sich über das Misstrauen der Libanesen den Palästinensern gegenüber, ohne die Hintergründe zur Kenntnis nehmen zu wollen. Sie wussten nicht, dass sich die palästinensischen Guerillas, vorwiegend die PLO, damals wie Besatzungsmächte benommen hatten. Sie waren dabei, einen eigenen Staat im Libanon zu gründen. Sie hatten es sich auch mit Jordanien und Syrien verscherzt. Eigentlich hatten sie es sich mit allen verscherzt. Und das palästinensische Volk muss bis heute darunter leiden.

Trotz allem empfand mein Vater keinen Hass gegenüber den Palästinensern. Er hatte für sich eine Möglichkeit entdeckt, daran auch nichts zu ändern. Er besuchte die Flüchtlingslager, so oft es ihm möglich war, und ließ ihnen regelmäßig Lebensmittel und sauberes Wasser zukommen. Durch seine Besuche hatte er einige Menschen kennen gelernt, die zu seinen engsten Vertrauten wurden. Denn für die Lösungen dieser Konflikte brauchte man kluge Köpfe. Dabei lag der Augenmerk auf jenen aus allen Lagern, die sich als verlässlich und ausdauernd erwiesen. Denn es war klar, dass erst die nächsten Generationen die Früchte ihrer Arbeit ernten würden.

Der Erzählstein

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