Читать книгу Liebe, rette mich! - Kilda Cirus - Страница 5

Gewalt

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„Wo bringt ihr uns hin?“, frage ich Grischa leise. Er ignoriert mich komplett. Eine gefühlte Stunde nach der Auseinandersetzung mit ihm sitzt er mir wieder verschlossen gegenüber und beobachtet die Umgebung aus den Fenstern des Busses. An der Landschaft hat sich nichts verändert. Bäume säumen den Blick bis zum Horizont. Kein Berg, kein Tier, kein Mensch. Der Bus fährt langsamer, die Straßen sind schlechter geworden. Grischa gibt ein Zeichen, der Fahrer verringert das Tempo.

„Was wird aus den Frauen?“, frage ich ihn. Im Aufstehen streift mich Grischas Blick. Verstört, ausweichend, ertappt. Er sagt nichts, geht an mir vorbei und stellt sich in den Gang. Mit der gewohnt weichen Stimme sagt er:

„Wir werden gleich stoppen. Seht aus dem Fenster!“

Verwundert über diese Anordnung drehe ich mich um, damit ich sehe, was passiert. Nur wenige haben das Gesicht den Fenstern zugewandt.

„Es macht gar nichts“, sagt Grischa gleichgültig, „wenn ihr nicht aus dem Fenster seht. Ich kann euch beschreiben, was draußen ist: Es ist die Taiga. Ein Land voller Wald und Sumpf, in dem sich jeder verläuft. Es gibt kaum Dörfer, nur wenige Straßen, ein paar eisige Flüsse. Wenn wir halten, sind wir mitten in diesem einsamen Land.“

Grischas Stimme ist wieder ruhig und beherrscht, mit einem schnorrenden, verführerischen Ton, der alle dazu einlädt, sich zu entspannen. Seine Stimme ist wie ein Gift, wie ein Gas, das wir alle atmen, das wir inhalieren, von dem alle betrunken werden. Er erzählt weiter:

„Wir werden halten. Wenn ihr aus dem Bus geht, bekommt ihr Brot und Käse. Draußen werden Wasserkanister herumgereicht.“

Er macht eine Pause, als ob er nicht sicher ist, was er als Nächstes sagt:

„Ihr seid gut bewacht. Macht nicht den Fehler und versucht zu fliehen. Zwei von euch sind schon tot. Es sollten nicht noch mehr werden.“

Mit Grischas Stimme verstummen die Geräusche im Bus. Kein Knacken, kein Gemurmel, kein Atmen. Die Frauen sehen Grischa an, der breitbeinig und ungerührt im Gang steht. Ich knie mich mit dem Rücken zum Fenster auf den Sitz. Mein Puls beschleunigt sich, ich freue mich auf die Luft, die Weite. Gleichzeitig steigt die Nervosität. Was wird passieren? Was ist das Ziel der Reise? Was wird aus uns? Die Fragen wirbeln in meinem Kopf und trotz der frischen Verliebtheit fürchte ich Grischa in diesem Moment. So unnachgiebig und ungerührt spricht er von Tod und Entführung, dass die eigentliche Gewalt nicht die körperliche der Entführung ist, sondern die seelische. Seine Stimme, seine Ruhe, seine Überlegenheit. Er selbst hat niemanden ermordet. Er hat nicht einmal gesehen, was mit Mary und der anderen Frau passierte. Und trotzdem nutzt er diesen Schrecken für sein eigenes mörderisches Bild. In den Gesichtern der Frauen finde spiegelt sich meine Furcht. Sie sind ein Meer von Fratzen, die mich jagen. Ich wende den Blick ab, sehe Grischa an. Ich bewundere ihn. Er spielt mit allen von uns und bleibt selbst dabei so ungerührt, als wäre er nicht vorhanden. Ich bewundere seinen wachen Geist und die Macht, alle und alles zu kontrollieren. Insgeheim imponiert mir sogar seine Grausamkeit. Doch gleichzeitig bin ich abgeschreckt von derselben Grausamkeit, die mich anzieht. Es ist wie ein Untergang, den ich nur überlebe, indem ich selbst untergehe. All meine Menschlichkeit, mein Glauben an das Gute, mein Mitgefühl, meine Empfindsamkeit, meine Sozialität, all das fließt in einem Strudel, dessen Ende eine kaltherzige Person bildet, die sich angepasst hat. Ich habe diese Entschuldigung schon immer gehasst: Die Umstände haben sie dazu gezwungen. Das ist nicht wahr! Ich habe die Wahl der Entscheidung. Ich sehe alles. Ich sehe die Entführung, die ängstlichen Frauen, ich sehe ein unbarmherziges Ende, das ich nicht erleben will. Ich sehe Grischa, die Entführer, die Grausamkeit und Brutalität, die ein Mensch keinem anderen antun darf. Meine Wahl ist keine Entschuldigung. Doch ich habe von Kind an ausgeschlossen, dass ich Opfer werde.

Grischa steht noch im Gang, während der Bus stoppt. Zum ersten Mal nehme ich seine Kälte wahr. Grischas Stimme ist nicht warm, sie war es nie. Sie ist schmeichlerisch, trügerisch, doch nur Gift. Trotzdem, vielleicht gerade deswegen, schlägt mein Herz weiter. Befreit von dem Selbstbetrug, mich unschuldig verliebt zu haben, schlägt es unkontrolliert und brachial in mir, als wolle es die letzten Reste eines Zweifels über meine Entscheidung hinweg reißen. Mein Herz will leben, egal, welchen Verrat es begeht. Es will nur schlagen, schlagen. Und lieber verrät es sich selbst, als vor Angst zu sterben.

Grischa gibt Anweisungen an seine Männer. Einer stellt sich in den hinteren Ausgang, ein anderer in den vorderen. Der dritte Mann nähert sich mir, während Grischa weiter im Gang steht und die Frauen beobachtet. Neben mir stoppt der widerliche Mann, in seinem Blick steht deutlich Hass. Ich habe keine Angst mehr vor ihm. Jetzt bin ich ihm ebenbürtig. Er sieht mich mit kleinen, zusammengekniffenen Augen an. Ich schaue direkt zurück, sehe, dass er darauf wartet, ein Zeichen der Angst in mir zu finden, doch er findet keins. Mehr denn je verstehe ich meine Position. Solange ich bei Grischa bleibe, bin ich sicher. Die Männer gehorchen ihm und die Frauen haben keine Wahl. Dieser widerliche Mann kann mir nichts tun, es sei denn, er will sich mit Grischa anlegen. Aber den Eindruck macht er nicht. Selbst jetzt ist er schon verwirrt, weil ich keine Angst vor ihm zeige. Sein Kopf ruckt hoch, ich deute es als Zeichen, dass ich aufstehen soll. Er stellt sich neben mich, geht in die Knie und zieht unter der Sitzbank eine große Plastikkiste hervor. Er öffnet den gelben Deckel und legt ihn neben sich ab. Da der Platz sehr eng ist, legt er ihn auf meine Füße. Er sieht kurz hoch. Ich lache mit nach unten gezogenen Mundwinkeln. Aus der Kiste nimmt er mehrere Brote und mehrere Stück Käse. Er legt alles auf den Boden, in den Dreck. Dann verschließt er die Kiste wieder, holt unter dem Sitz zwei große Plastiksäcke hervor. Mit einem Messer, das er aus einer Befestigung an seinem Gürtel holt, teilt er die Brote in jeweils sechs Stücke und steckt sie in die beiden Plastiksäcke, den Käse teilt er ebenfalls. Ohne einen weiteren Blick auf mich steht er auf, packt beide Säcke und gibt jeweils einen Sack dem Mann in der vorderen und einen dem in der hinteren Tür. Die Frauen sind nervös, unruhig rutschen sie auf ihren Sitzen umher, sehen sich um, reden in leisen, kurzen Sätzen miteinander. Grischa schreitet entschlossen ein:

„Ruhe! Wir werden euch jetzt rauslassen. Esst die Sachen, die wir euch geben und trinkt ausreichend. Nutzt die Gelegenheit, euch zu erleichtern. Wir werden den Tag und die Nacht durchfahren. Seid vernünftig, vergesst nicht, wir sind sehr weit von der nächsten Siedlung entfernt. Zu Fuß erreicht ihr sie nicht. Bleibt in der Gruppe, sonst schießen wir.“

Mit Grischas letzten, ruhig gesprochenen Worten öffnen sich die beiden Türen. Der widerliche Kerl tritt durch die hintere Tür nach draußen. Grischa ist so schnell an mir vorbei, dass ich ihn nur noch durch die Scheibe sehe. Er fängt eine Maschinenpistole, die ihm der andere Mann zuwirft. Grischa stellt sich in circa fünf Meter Entfernung zum Bus auf und wartet. Er beobachtet konzentriert die Umgebung und starrt dann auf die Tür. Eine Bewegung im Bus zieht meine Augen an. Der Busfahrer hat seinen Platz verlassen und nimmt ebenfalls eine Waffe aus dem Gürtel. Es ist eine ähnliche Waffe, wie sie die andern Entführer nutzen, die gleiche, mit der sich Mary erschossen hat. Der Busfahrer stellt sich in den Gang, sieht mich an und nickt mit dem Kopf Richtung Tür. Die Waffe hält er unbeteiligt nach unten, trotzdem bin ich sicher, dass sie geladen ist.

„Raus!“, sagt er tonlos.

Ich stehe auf, gehe auf den vorderen Ausgang zu. Der Mann, der an der Tür steht, hält mir den Sack mit Brot und Käse hin, ohne mich zu beachten. Er sieht auf die Frauen, eine Hand an der Pistole an seinem Gürtel. Schwankend nähere ich mich ihm, die Beine sind vom langen Sitzen so steif, dass es sich anfühlt, als wären Holzbeine an meine Hüfte geschraubt. Einen Schritt vor den anderen. Ich fasse in den Sack. Mit der linken Hand greife ich das Brot, mit der rechten den Käse. Unschlüssig stehe ich da. Der Mann ignoriert mich, also gehe ich an ihm vorbei. Bei jedem Tritt auf die drei Stufen des Busses, zieht ein Schmerz durch die Hüfte. Gleichzeitig weht mir ein so frischer Wind in die Nase, dass ich die Schmerzen vergesse. Es riecht nach Erde, nach Sommer, warmer Luft. Ich schließe die Augen, bleibe vor dem Bus stehen und atme.

„Komm her!“, fordert Grischa mich weder freundlich noch geduldig auf. In wärmerem Ton setzt er nach:

„Hier, neben mich!“

Er lächelt sogar kurz. Von seinem Gesicht gleitet mein Blick nach unten auf die an einem Schultergurt befestigte Waffe. Sie ist kurz und schwarz. Eine Schnellfeuerwaffe, so lang wie der Unterarm von Grischa, der in einer Parallele zur Waffe liegt, fast locker hält er sie in seiner rechten Hand. Doch die Lässigkeit drückt die Gefährlichkeit aus. Er braucht nicht sonderlich zielen, die Waffe ist tödlich genug. Automatisch laufe ich zu ihm und stelle mich an seine linke Seite. Grischa sieht mich nicht an, während er spricht:

„Bleib jetzt bei mir. Und bleibe ruhig!“

Er schaut weiter auf die Tür, aus der schon die nächste Frau tritt. Grischa schlägt den Befehlston an:

„In die Mitte des Busses!“

Die Frau stolpert auf den Platz zwischen den beiden Männern. Die nächste kommt aus dem Bus, jetzt eine nach der anderen. Sie alle stellen sich wie freiwillig zu der ersten Frau. Grischa befiehlt:

„Alle hinlegen!“

Die Frauen sehen ihn fragend an. Ich bleibe stehen. Grischa fasst das Gewehr mit beiden Händen.

„Hinlegen!“, zischt er.

Drei Frauen lassen sich sofort fallen, legen sich mit dem Rücken auf die Erde. Die anderen folgen ohne Eile. Ich bleibe stehen. Was immer Grischa zu den Frauen sagt, ich bin keine mehr von ihnen. Ich kenne ihn zwar nur einen halben Tag, trotzdem habe ich keine Schranke mehr in meinem Wesen. Ich gehöre zu ihm, zu den Entführern.

Als alle Frauen den Bus verlassen haben, bietet sich mir ein bizarres Bild. In einer riesigen Ebene parkt ein Bus mit offenen Türen, in denen jeweils ein Mann steht, der mit einer Pistole auf die vor dem Bus liegenden Frauen zielt. Die mehr als zwanzig Frauen liegen meist flach am Boden, wenige haben sich auf die Ellenbogen gestützt. Alle kauen und sehen dabei paradoxerweise glücklich aus. Hinter den Frauen stehen wieder zwei Männer, diesmal mit Maschinenpistolen, die auf die Entführten zielen. Und ich stehe da, neben dem Anführer, ebenfalls kauend, nur glücklicher, weil niemand auf mich zielt. Ich könnte fliehen. Der Gedanke taucht in mein Bewusstsein ein. Fliehen. Weg aus dem Bus. Weg von dieser ungewissen Zukunft. Hinein in eine andere. Fliehen. Fliehen. Ich denke nicht schnell, vielmehr fühle ich nach einer Möglichkeit, die mir etwas verspricht. Was soll ich allein in dieser Gegend? Ich weiß nicht einmal, wo wir sind. Russland. Mehr nicht. Weder Süd noch West, Osten oder Norden. Ich habe keine Orientierung. Ich spreche die Sprache nicht. Ich kann die Schrift nicht lesen. Ich habe ein Stück Brot und Käse, ein T-Shirt, einen Rock, eine kaputte Strumpfhose und Schuhe. Aus welchem Grund hatte ich mich so unpraktisch gekleidet? Ich wusste doch, dass ich in die Wildnis fahre. Die sinnlosen Gedanken überspülen meinen Geist. Ich muss nicht extra nachdenken, damit mir die unangenehme Situation bewusst wird. Ich will nicht wirklich fliehen. Aber ich muss es trotzdem probieren. Vielleicht bin ich ja frei und weiß es nur nicht. Vielleicht interessiert es niemanden, wenn ich mich absetze. Langsam bewege ich mich rückwärts, weg aus Grischas Augenwinkeln. Er rührt sich nicht. Auch der Mann gegenüber sieht mich nicht an. Ich könnte fliehen!

„Du weißt, dass es sinnlos ist. Bleib bei mir!“, säuselt Grischa neben mir. Fast höre ich das Lächeln aus seinen Worten, mit so markanter Stimme bestimmt er über mich.

„Bleib bei mir, Miriam“, spricht er weiter.

Diese Worte waren rau und voller Leidenschaft gesprochen, dass mein Herz sofort heftig schlägt. Ich bin nicht nur in ihn verliebt, weil ich mich aus dieser Situation retten will. Nein, auch wenn das eine leichte Erklärung ist für etwas, das unfassbar ist. Viel mehr als das, viel vordergründiger in meinem Bewusstsein, ist das reine sexuelle Verlangen, das in mir aufglüht, wann immer Grischa mit mir flirtet. Egal, ob er seine Augen, die Stimme, seine Hände oder den Mund nutzt, das winzigste Zeichen genügt, um mich in eine Parallelwelt zu versetzen, in der nur wir beide existieren. Wie ein Nebel ist die Umgebung außerhalb von uns verschleiert. Nur Grischa und ich sind klar in meinem Kopf. Alles andere fällt in die Dunkelheit zurück, in den Nebel. In einem Sog nehme ich Grischa wahr, jedes Detail an ihm fließt auf mich ein. Von der Seite betrachte ich ihn, während er weiter die am Boden liegenden Frauen beobachtet. Er lächelt leicht und auf der Wange entstehen Grübchen, um die Augen zeichnen sich die Falten seines Frohsinns ab. Ich starre ihn an, als sei er die Beute, auf die ich mich bei nächster Gelegenheit stürze. Ich will mich an ihn schmiegen, nein, ich will auf ihn fallen, mich auf ihn werfen, ihn besitzen mit allem, was ich habe, ich will ihn mir einverleiben, ihn besessen machen, willenlos und schwach. Ich will ihn in mir haben, an mir und um mich herum, will an allen Stellen seines Körpers riechen und seinen Duft in mir aufschlüsseln, um ihn immer bei mir zu tragen. Ich will mich verlieren in seiner Wärme, in seinem Blut, bis ich vergesse, wer ich bin. Grischa, Grischa. Der Sog hält mich mit eiserner Hand. Alles um mich herum ist egal. Ich sehe nur Grischa und spüre meine Gefühle in meinem Blut, in meinen Hormonen, die ausnahmslos meinen Kopf bestimmen. Ich will zu ihm gehen, mich an ihn schmiegen, ihn küssen. Aber was sagt das den anderen? Nein. Nein, es wäre nicht gut. Es würde alle nur wieder aufrütteln, also muss ich warten, zumindest bis es dunkel wird. Der Sog lässt ein wenig nach. Ich nehme den Bus hinter Grischa wahr. Der eine Entführer, der das Essen verteilte, ist nun auch aus dem Bus herausgetreten und steht lässig an die Karosserie gelehnt, die Pistole hält er auf die Frauen zielend fast beiläufig in der rechten Hand, er kaut genüsslich ein Stück Brot, das er in der linken hält. Seine Augen sind nur halb auf die Frauen gerichtet, sehr oft schielen sie nach oben und sehen in den Himmel. Ich folge seinem Blick und nehme zum ersten Mal das Wetter wahr. Der Nebel hat sich in die oberen Wolkenschichten verlagert. Durch die dünne Schicht strahlt eine blasse Sonne. Ein hoher Himmel, ein leichter Sommertag. Noch bricht die Hitze nicht auf einen hernieder, aber die Sonne verspricht, dass dies bald geschehen wird. In einem Bogen um die Sonne bricht sich das Licht in seine einzelnen Farben. Ein Regenbogen ohne Regen.

Ich sehe wieder nach unten. Die Frauen liegen ungerührt, fast friedlich auf dem Boden, keine hat einen Fluchtversuch unternommen. Wie eine Schafherde, die von Hunden bewacht wird, liegen die Entführten auf der Erde und scheinen damit zufrieden. Vordergründig ignorieren sie ihre Bewacher. Fünf Frauen haben sich aufgesetzt, jede von ihnen hält einen kleinen Kanister in beiden Händen, aus dem sie trinkt. Bei dem Anblick wird meine eigene Kehle völlig trocken. Ich zwinge mich zu schlucken, doch meine Zunge, selbst mein Kehlkopf ist so ausgedörrt, dass ich würge. Ich erinnere mich an den Käse in meiner Hand. Ich sehe ihn mir an, denke daran, wie er im Dreck lag, entferne den groben Schmutz und beiße ein kleines Stück ab. Er schmeckt gut. Wie beim ersten Essen heute, schießt der Speichel in den Mund. Ich beiße ein Stück Brot ab, mische es mit dem Käse und genieße das Gefühl des Essens. Jetzt verstehe ich die Frauen, die vorhin so merkwürdig glücklich aussahen. Sie waren sicher genauso befriedigt, etwas zu essen, wie ich es nun bin. Wahrscheinlich waren sie noch viel froher, denn ich habe vor fast zwei Stunden schon etwas gegessen. Ich kaue das Brot und den Käse ausführlich, fast genießerisch. Ich sehe zu Grischa und lächle ihn von der Seite aus an.

„Lass uns weggehen!“, höre ich mich sagen. Die Worte überraschen mich selbst. Grischas Kopf ruckt kurz in meine Richtung, in den Augen ein Ausdruck völliger Verwunderung, er klingt entrüstet:

„Auf keinen Fall!“

Schnell richtet er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gefangenen. Ich bin zu überrascht, kann ihm nichts entgegensetzen. Ich habe nicht nachgedacht, was ich sagte, es war nur ein Gefühl in mir, hier in dieser Luft, auf dieser weiten Ebene. Wer sollte uns finden? Aber ich weiß nichts von Grischa, noch immer rein gar nichts über ihn und seine Arbeit.

„Wo bringst du die Frauen hin?“, frage ich ihn leise, damit sie keine der anderen hört. Grischa sieht mich kurz von der Seite an, er wirkt traurig, fast verzweifelt. Dann geht er einen Schritt von mir weg und ruft dem Mann, der die ganze Zeit am Bus lehnte, etwas auf Russisch zu. An die Frauen gerichtet sagt er auf Englisch laut:

„Werft die Kanister an den Rand! Wer muss, sollte die Gelegenheit jetzt nutzen, wir fahren weiter.“

Einige Frauen stehen auf, sie recken ihre Glieder, schwanken ein wenig, sehen zu Grischa, drehen sich zu den andern um, nesteln an ihren Hosen, öffnen sie, ziehen sie herunter, während sie sich selbst hinhocken. Ich lächle. Frauen haben gelernt, sich so zu entkleiden, dass maximaler Sichtschutz besteht. Natürlich können sie ihre Pobacken nicht verbergen, aber doch das Wichtigste. Auch ich nutze die Gelegenheit und freue mich über den Rock, den ich angezogen habe. So unpraktisch ist er gar nicht. Ich fasse mit beiden Händen unter meinen Rock, schiebe ihn etwas hoch, so dass ich an den Bund der Strumpfhose gelange, und ziehe die Hose mitsamt der Unterhose nach unten. Mein Strahl ist so konzentriert, dass er brennt. Ich versuche zu überlegen, wann ich das letzte Mal etwas getrunken habe. Es muss in Jekaterinburg gewesen sein, im Hotel, in dem ich vor der Busreise übernachtet habe, also vor anderthalb Tagen. Kein Wunder, dass es schmerzt. Im Hochkommen ziehe ich mich an, stürze jedoch direkt wieder nach unten, weil mich Schwindel erfasst. Ich konzentriere mich auf meine Finger, die auseinandergespreizt auf der Erde liegen. Nach einer Weile schwimmen sie nicht mehr aus meinem Sichtfeld. Langsam richte ich den Kopf auf, sehe nach vorn, ohne ein klares Bild zu erkennen, horche in mich. Alles bleibt ruhig, ich richte mich weiter auf und als ich stehe, ist mir nur ein wenig übel und schwindelig. Meine Augen wandern wie selbstverständlich zu Grischa, er spürt den Blick und sieht mich kurz an. Er grinst. Dann widmet er sich wieder ernst den Gefangenen. Die Frauen nähern sich dem Bus, wie Hühner, die abends in den Stall gescheucht werden. Im Gegensatz zum Federvieh versucht keine Einzige zu entwischen. Zwei der Männer stehen an den beiden Türen und winken die Frauen zu einer schnelleren Gangart. Mit den Pistolen gestikulieren sie, damit die Entführten weitergehen. Keine von ihnen zögert, niemand hat sich auffällig verhalten. Sie sind nicht einmal laut geworden. Sind sie so verschüchtert? Warum hat niemand einen Fluchtversuch gestartet? Wäre ich so mutig gewesen? Hätte ich die anderen Frauen zu einem Übergriff angestiftet? Nein, sicher nicht. Sechs bewaffnete Männer haben einen ganz eigenen Einfluss auf das Denkvermögen. Auch ich hätte nicht herausfinden wollen, ob sie tatsächlich schießen. Ich wäre liegen geblieben. Die letzte Frau verschwindet in der hinteren Tür. Grischa fasst sanft meinen Arm und murmelt:

„Komm, wir müssen weiter.“

„Wo müssen wir hin?“, frage ich genauso leise.

Grischa schüttelt nur den Kopf. Er fasst nach meiner rechten Hand, nimmt sie vorsichtig und zieht mich vorwärts. Vor der ersten Busstufe bleibt er stehen, dreht sich um und küsst mich sanft auf den Mund. In seinen Augen steht Schmerz. Der Moment ist so schnell vorbei, dass ich erstaunt bin. Schon dreht er sich wieder weg, zieht mich an der Hand in den Bus hinein und bedeutet mir, mit einem Druck auf die Hand, mich zu setzen. Er sucht die Augen des widerlichen Mannes, der den Bus hinten sichert, dieser nickt und Grischa gibt mit einem Wink seiner Hand dem Fahrer das Zeichen zum Start.

Grischa hat Angst um mich. Das erkenne ich in seinem traurigen Blick. Wir sitzen uns schweigend gegenüber, doch die Stille nagt an mir. Warum sieht er mich so traurig an und weshalb spricht er nicht mit mir? Wenn er Angst um mich hat, kann er doch etwas unternehmen. Soll er mich irgendwo rauslassen. Niemand wird ihn aufhalten. Aber weil er nichts unternimmt, gibt es wahrscheinlich jemanden, dem er Rechenschaft schuldig ist. Da Grischa nicht darüber spricht, kann ich nur vermuten. Er lässt mich im Unklaren und trotzdem bin ich glücklich. So widersinnig das auch ist. Ich bin glücklich bei Grischa, in seiner Nähe. Ich sehe ihm in die Augen, verfolge die Gesichtszüge, allein das lässt meine Seele leuchten. Ich lerne, auf die kleinste Veränderung in seinem Gesicht zu achten und obwohl er die meiste Zeit eine ausdruckslose Maske trägt, huschen manchmal, wenn er sich unbeobachtet glaubt, Gefühle über sein Gesicht. Meist zieht er die Stirn kraus, ist nachdenklich, besorgt, vielleicht auch wütend, nur selten ist er heiter, freut sich scheinbar über meine Anwesenheit und selbst dann schlägt Grischas Stimmung schlagartig um, als ob er ebenso innerlich gespalten ist wie ich. Dann wünsche ich mir, ich könnte seine Gedanken lesen, könnte in seinen Kopf kriechen und die Bilder darin sehen, so wie er. Ich wage nicht, noch einmal zu fragen, wohin wir fahren. Ich lebe mit dieser leeren Zukunft. Es interessiert mich nicht, woher er kommt, was er liebt, was er hasst. Es genügt mir völlig, diese Zeit mit ihm zu teilen. Was er für Ziele hat, welche Interessen, ob er Familie hat, ist mir alles egal. Ich möchte gar nicht mit ihm darüber sprechen. Ich möchte nicht Teil seines Lebens werden. Ich will diese Fahrt ohne Schaden überstehen. Den Gedanken an meine Zukunft nach dieser Entführung dränge ich erfolgreich und unerwartet leicht in das Unbewusste zurück. Ich atme jetzt, nicht morgen, ich trage diesen Wahnsinn jetzt in mir, wer weiß, wie lange noch und welche Gelegenheit sich bietet. Nein. Die Zukunft existiert nicht mehr. Nur dieser Mann, ich und die reine Begierde. Es ist, als habe jemand meine Gene entschlüsselt, den perfekten Partner dazu gebaut und ihn mir gegenüber gesetzt. Alles in mir schreit nach Paarung, so gedankenlos, so zukunftslos, dass es mich erschrecken würde, könnte ich denken. Stattdessen sitze ich wie ein Kind vor einer Tafel Schokolade und warte, bis ich die Erlaubnis habe, dieses glücklich machende, genussvolle Etwas zu verschlingen. Es ist ein Fieber in mir, das mich strahlend am Leben erhält und mich innerlich ausdörrt. Ich hungere danach, Grischa zu berühren, seine Hüfte zwischen meinen Beinen zu spüren. Immer wieder starre ich die langsam untergehende Sonne an, aber sie hängt am Himmel wie an ihrem Leben.

Als die langweilige Sonne ihre letzten Strahlen über diesen Flecken Erde verteilt, lächle ich. Ungeduldig drehe ich mich um und sehe die Frauen schemenhaft in ihren Sitzen. Ich nehme sie nicht mehr genau wahr. Ihren Gesichtsausdruck erkenne ich nicht. Langsam drehe ich mich wieder um und richte die Augen auf den Mann, dessen Duft meine Hormone in höchste Aufregung versetzt, so dass sie in unbekanntem Ausmaß ihre Macht über mich ausspielen. Im Bus brennt wie letzte Nacht kein Licht. Wenn die Dämmerung vorbei ist, ist es zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen. Nur noch eine halbe Stunde. Verlangend sehe ich Grischa an, fliege mit den Augen entlang seines Körpers, wie meine Hände es gern täten. Sein Blick ist wieder offen, ohne Bedenken. Stattdessen ist der Funke in ihn zurückgekehrt, der mich seit dem ersten Augenblick fasziniert. Ein Funke der Herausforderung, gleichzeitig auch der Überraschung, als ob Grischa nicht glauben kann, dass es jemanden gibt, der keine Furcht ihm gegenüber empfindet. Dieser kleine Funke ist wie eine Anerkennung meiner selbst, er macht mir Mut, den ich ohne dieses winzige Leuchten nie aufgebracht hätte.

Der Himmel ist noch immer von hohen Wolken bedeckt, die sich nun in einem dunklen Orange von einem fast cyanfarbenen Hintergrund abzeichnen. Es ist ein seltsames Licht, das durch diese Wolken auf die Erde fällt. Von den Wolken abstrahlend vibriert das Licht durch die Teilchen der Luft und bringt diese ebenfalls als warme orangefarbene Partikel zum Leuchten, eine merkwürdige Zwischenwelt entsteht. Der Bus fährt durch diese sanfte Materie, ohne Teil von ihr zu sein, und ist doch von ihr geschluckt. In Zeitlupe nehme ich alles wahr. Jede Veränderung des Lichts führt unweigerlich zum Tod dieser Zwischenwelt, jede Bewegung der Erde lässt sie weiter sterben. Zu schnell wandelt sich das tiefe orangefarbene Leuchten in ein dumpf glühendes Rot, welches fast nicht mehr wahrnehmbar ist. In seinen letzten Atemzügen pulsiert es wie ein Herzschlag. Dann versiegt es. Es dauert noch eine Weile, bis ich die Augen von der nun einheitlich dunkelgrauen Masse abwende. Ich blicke wieder zu Grischa und erkenne ihn kaum. Ich beuge mich vor und berühre sein Knie. Er fasst mein Handgelenk, zieht daran, so dass ich aufstehe. Er legt seinen rechten Arm um meine Taille und drückt mich nach unten. Es ist so dunkel, dass ich nichts erkenne. Er schiebt seine Knie zwischen meine Beine, zieht mich weiter nach unten, bis ich auf seinem Schoß sitze. Mit der linken Hand greift er in mein Haar und drückt meinen Kopf zu sich. Wir sind uns so nah, dass ich seinen Atem an der Oberlippe spüre. Ich neige den Kopf etwas nach vorn und stoße mit der Nase gegen sein Gesicht. Meine Nasenspitze ist kalt, seine Haut warm. Ich schließe die Augen und ziehe seinen Duft tief in mich hinein. Es ist ein warmer Duft, dunkel, geschlossen, vertrauenerweckend, nur ein leichter frischer Bestandteil ist in ihm, ein bisschen riecht er nach Zitrusfrüchten und nach frisch geschnittenem Gras, wie eine Frühlingswiese nach einem kräftigen Regen, der das Erdreich durchtränkt hat. So feucht wie die Erde nach einem Regen fühle ich meinen Schoß auf seinem. Ich ziehe den Rock über die Hüfte, damit ich meine Beine weiter spreizen kann. Gleichzeitig fasst mir Grischa mit der einen Hand an die Brust und zieht mich mit der anderen zu sich heran. Seine Lippen treffen auf meine ohne einen Hauch der Distanz, ohne einen Moment zu zögern. Vollkommen unverspielt verschlingt er meinen Mund mit seinem, dringt in mich mit einer kräftigen Zunge, saugt halb, beißt halb ohne einen Laut. Sein Verlangen brennt im selben Feuer wie meines und während ich die Orientierung verliere, mein Gehör und mein Sehen mich im Stich lassen, werde ich zu einer Schlange, die sich an Geruch und Wärme orientiert. Ich beiße in Grischas Hals und lecke sein Ohr, fahre ihm durch die Haare und lasse meinen Hals von ihm küssen. Er zieht meinen Schoß noch näher zu sich heran. Sein hartes Glied drückt gegen meine Scheide, dass es fast schmerzt. Besinnungslos beuge ich mich nach hinten. Grischa zieht mein Shirt nach oben und küsst den Bauch mit seinem unbändigen Mund, ich komme weiter nach oben, damit er meine Brüste küsst. Er schiebt den BH hoch, fährt mit der Zunge am unteren Ansatz der Brust entlang und saugt dann verlangend an meiner linken Brustwarze. Ich halte das nicht lange aus. Wie unter Drogen gesetzt, fasse ich seinen Kopf, ziehe ihn zu mir und küsse ihn erneut. Ich fahre mit der Zunge über seine Lippen, stoße in seine Mundhöhle, streichle seine Zunge und beiße zart hinein. Beiße auf seine Lippen und rieche an der Haut hinter seinem Nasenflügel, bewege mich schon in einem Rhythmus, der noch gar keinen Sinn hat, klammere mich an ihm fest und ziehe gleichzeitig an ihm, küsse ihn immer weiter bis ich irgendwann merke, dass er nur noch still daliegt. Er erwidert meine Küsse nicht mehr, seine Hände halten mich ruhig am Rücken fest. Ich höre auf, ihn zu küssen. Meine Lippen fühlen sich geschwollen an, mein Kopf schwirrt, meine Brüste vibrieren, mein Schoß schmerzt vor Nichterfüllung. Ich hole tief Luft und lehne den Kopf an Grischas Hals. Er schwitzt leicht, ich rieche den salzigen Geruch. Ich bleibe auf ihm liegen, leer, pulsierend wie das sterbende Licht am Abend, das unweigerlich versiegt.

Keiner von uns sagt ein Wort. Wir fahren stundenlang so umschlungen, ohne dass sich etwas ändert, nur manchmal lege ich den Kopf auf die andere Seite seiner Schulter, solange bis mein Rücken vor Schmerzen sticht. Da erst richte ich mich auf, widerstandslos öffnet Grischa seine Arme, ich setze mich neben ihn. Automatisch sehe ich aus dem Fenster, das auch eine Öffnung zu einer anderen Welt ist. Am Ende des Horizonts meine ich einen leicht violetten Schimmer zu erkennen. Vielleicht geht die Sonne schon wieder auf. Es interessiert mich nicht. Stumpfsinnig starre ich weiter darauf und bemerke, dass der Schein heller wird. Es erinnert mich an eine Stadt, die man schon aus der Ferne an ihren hellen Lichtern, die am bewölkten Himmel reflektieren, erkennt. Tatsächlich wird immer deutlicher, dass wir uns einer Stadt nähern. Ich wende mich Grischa mit fragendem Blick zu, doch er hat die Augen geschlossen und atmet regelmäßig. Ich zweifle, dass er wirklich schläft, aber ich störe ihn nicht. Bisher hat er nie auf meine Fragen geantwortet, es würde sich nicht lohnen, ihn zu wecken. Bald kommen die ersten Häuser in Sichtweite. Ich schaue im Bus zurück. Das von außen herein dringende Licht reicht nicht aus, als dass ich die Menschen darin erkennen könnte. Ich höre niemanden sprechen und sehe auch nicht, dass sich jemand bewegt. Vielleicht schlafen sie alle vor Erschöpfung, es rührt sich niemand. Der Bus fährt nicht in das Zentrum der Stadt, wir durchqueren sie nur am Rand. Denn ich sehe keine Wohnhäuser, nur vollständig betonierte Industriegebiete, grau in grau. Die Straßen sind dunkelgrau, die Fußwege hellgrau, alle Gebäude scheinen aus gegossenem Beton zu bestehen. Ich sehe keinen Menschen, nicht mal ein anderes Auto auf der Straße.

Schnell lassen wir die Stadt hinter uns. Das war die erste Zivilisation seit Jekaterinburg. Es bleibt ein bizarrer Eindruck in mir. Eine graue Betonwüste, durch helles Neonlicht beleuchtet. Es war kein wirkliches Leben, diese Stadt, eher ein steinerner Tod.

Ich drehe den Kopf in Grischas Richtung, doch er gibt weiter vor zu schlafen. Ich bin mir sicher, dass er nur meinen Fragen ausweichen will. Wir fahren schweigend dahin, kein einziges Mal berühren wir uns. Ich wage nicht, Grischa etwas zu fragen, ich weiß auch nicht, was. Ermattet in Körper und Geist, ernüchtert fast, kann ich an nichts denken, bin ein bloßer fühlender Mensch und empfinde doch nur Leere. Ich weiß nicht, warum Grischa von mir abgelassen hat, aber ich bin sicher, dass er seine Gründe hat. Ich zweifle nicht daran, dass er mich ebenso will, wie ich ihn. Viel mehr erstaunt mich, dass er von mir lassen konnte. Ich hätte nicht aufhören können, nicht im Geringsten. Wäre der Bus explodiert, ich hätte es nur am Rande meines Bewusstseins wahrgenommen. Eine derartige Konzentration habe ich nie zuvor erfahren. Es existierte nichts anderes. Alles bestand nur aus Wärme, Düften, Elektrizität und Gefühlen. Es war ein Strudel, der mich weder nach unten zog, noch nach oben schraubte, es war ein konstanter Zustand kompletter Verwirbelung. Jetzt lehnen wir aneinander wie Liebende, die es nicht sein können. Ich sehe aus dem Fenster. Der Morgen graut. Mein Zeitgefühl habe ich völlig verloren. Es wundert mich, dass die Nacht schon vorbei ist und ich kein Auge zugetan habe. Doch ich bin nicht müde. Ich bin viel zu konzentriert. Es wird schnell heller und schon erkenne ich die Menschen im Bus wieder schemenhaft. Grischa bewegt sich neben mir. Ich sehe ihn an. Es ist das erste Mal, dass ich ihm nach dem Ausbruch unserer Leidenschaft in die Augen sehe. Sie sind von einem warmen tiefen Blau, ruhig wie ein Bergsee und voller Glück, ich strahle zurück, aber Grischas Ausdruck verändert sich schon wieder, die Freude weicht Besorgnis. Aus einer seiner hinteren Hosentaschen zieht er ein Papier. Er faltet es auf, legt den Zeigefinger der rechten Hand an den Mund und rückt ein Stück näher an mich heran. Er flüstert so leise in mein Ohr, dass ich es kaum verstehe:

„Das ist unser Weg.“

Mein Herz schlägt einmal außerhalb seines Rhythmus, meine Kopfhaut zieht sich zusammen. Die Karte, die Grischa vor uns hält, ist nicht größer als ein A4-Blatt. Sie ist abgenutzt und spärlich beschriftet. Es ist eine stumme Karte, ohne Ortsnamen, ohne geografische Erhebungen, nur einige Straßen und Flüsse sind eingezeichnet. Mit dem Zeigefinger fährt Grischa einen Weg ab, dieser führt entlang vieler Flüsse nach Nordosten, soweit die Karte überhaupt nach Norden ausgerichtet ist.

„Was mache ich mit dir?“, sagt er.

Genauso leise, eher ein Grummeln als gesprochene Worte, murmelt er, mehr zu sich selbst, weiter:

„Ich habe Angst. Was mache ich, wenn wir nach Teufelskessel kommen?“

Er deutet auf einen Punkt, an dem mehrere Straßen zusammenlaufen.

„Was ist denn Teufelskessel? Endet dort unsere Fahrt?“, wispere ich in sein Ohr, aber er zuckt nur leicht die Schultern.

„Du gehörst mir!“, sagt er fast verzweifelt. Ich schaue ihn fragend an, aber er reagiert nicht.

„Was passiert denn dort?“, flüstere ich in sein Ohr.

Er reagiert nicht.

„Ich bleibe bei dir“, schlage ich vor.

Er macht eine abwertende Geste.

„Wenn sie dich holen …“

Er beendet den Satz nicht. Ein tiefer, schwarzer Graben bricht vor mir auf. Es gibt nichts Festes, ich treibe auf einem Ozean und bin nicht sicher, ob ich den nächsten Sturm überlebe. Verzweifelt versuche ich, Grischas Worten eine Bedeutung zu geben. Er hat Angst vor jemanden und dabei Angst um mich. Angst, dass mich jemand holt in Teufelskessel. Sicher kein schöner Ort. Aber warum sollten sie mich nehmen, wo doch der ganze Bus voller Frauen ist? Langsam denke ich nach. Der erste Punkt, der mich von den anderen unterscheidet, ist, dass ich neben dem Anführer sitze. Das ist auffällig. Es ist sicher besser, mich unter die anderen zu mischen. Unbewusst drehe ich mich um und mustere die Frauen. Müde, ausgezehrt sitzen sie da, jede mit tiefen Ringen unter den Augen, in denen nur wenig Leben ist. Wenn ich nur annähernd so strahle, wie ich mich fühle, dann bin ich ein Stern in diesem Bus. Obwohl ich ebenso wenig gegessen und geschlafen habe wie die anderen, fühle ich mich voller Energie, voller Lebenslust, der Unterschied zu den Frauen könnte nicht größer sein. Weder bin ich die Hübscheste, noch die Einzige mit blonden Haaren, aber ich bin die Einzige, die frisch verliebt ist. Ich bin die Einzige, die Hoffnung hat. Ich fürchte, ich falle sofort auf. Deshalb schlage ich vor:

„Ich werde apathisch in die Leere starren und mich hinter den anderen verstecken.“

Es ist nur eine Idee, ohne konkreten Sinn ist. Ich habe keine Vorstellung, was Teufelskessel bedeutet. Aber die Brocken, die mir Grischa hinwirft, sind die einzigen Anhaltspunkte, die ich für meine weitere Zukunft verwenden kann. Deswegen muss ich damit arbeiten.

„Ja, vielleicht …“, murmelt er.

Traurig sieht er mich an, aber mehr erzählt er nicht. Ich weiß nicht, wann wir Teufelskessel erreichen. Ich habe zwar die Karte gesehen, aber ich weiß nicht, welchen Maßstab sie hat, geschweige denn, wo wir überhaupt sind. Es steht nur fest, dass wir irgendwann in Teufelskessel ankommen. Dort ist jemand, vor dem Grischa Angst hat, oder besser, weswegen er um mich besorgt ist. Um seinen Besitz. Du gehörst mir! hatte er gesagt. Wäre Grischa ein Mann, den ich im normalen Leben kennengelernt hätte, dieser Satz wäre mir einen Streit wert gewesen. Ich gehöre niemandem, außer mir selbst. Aber hier und jetzt fühle ich mich beschützt und weit sicherer, als hätte Grischa diesen Satz nicht ausgesprochen.

Die Sonne steigt hinter einem trostlosen Himmel auf und taucht die Umgebung in ein einheitliches Grau. Doch diese Tristesse stachelt meine Unruhe nur an. Wann werden wir an der Kreuzung sein? Heute? Morgen? In diesem haltlosen Dasein verschwimmt mein Zeitgefühl, nur meine Angst wächst stetig. Ich werde nervös. Immer öfter sehe ich Grischa an, fasse nach seinen Händen, die genauso schwitzen wie meine. Auch er ist aufgeregt. Doch er schüttelt meine Hände ab, meidet meinen Blick und meine Berührung. Die anderen Frauen merken nichts, gelegentlich ruft eine nach Essen und Wasser, aber die Männer reagieren nicht. Grischa steht plötzlich auf und läuft nach hinten. Ich folge ihm mit den Augen. Die Frauen lehnen still in ihren Sitzen, manche beachten ihn nicht einmal, starren apathisch vor sich hin, als wären sie nicht in diesem Bus. Andere tuscheln mit ihrer Nachbarin, beobachten Grischa aus misstrauischen, ängstlichen Augen. Die Frau, die er anschrie, weil sie mich eine Hure nannte, zuckt zusammen, als sich Grischa ihr nähert. Aber er läuft achtlos an ihr vorbei. In der Mitte des Busses stoppt er und sieht die Frauen an, die dort sitzen. Ich mustere sie, versuche zu entdecken, was Grischa plant, aber ich sehe nichts Auffälliges. Alle erscheinen gleich müde, gleich schwach. Nachdem Grischa die Frauen eine Minute begutachtet hat, greift er den Arm einer Frau, die auf der linken Seite des Gangs sitzt und zieht sie hoch. Sie lässt sich mühelos bewegen, sagt keinen Ton, doch in ihren großen, bernsteinfarbenen Augen steht ein unbekannter Schrecken. Ihr ebenmäßiges Gesicht wird von braunen Locken eingerahmt, die mittlerweile zerzaust sind und ihren feinen Zügen seltsam entgegenstehen. Trotz ihrer Schönheit wirkt sie fahl, tiefe Ränder liegen unter ihren Augen, ihre sonst sinnlichen Lippen sind ausgetrocknet und aufgesprungen. Grischa ignoriert sie weitgehend, zerrt sie von dem Sitz in den Gang und bringt sie nach hinten. Dort schiebt er sie auf den Platz, der seit Marys Tod leer ist, dann stürmt er wieder vor und wirkt dabei so, als beanspruche die Angelegenheit ihn über Gebühr. Er greift den Arm der Nachbarin der Frau, die er eben nach hinten versetzt hat. Sie ist nicht so passiv wie ihre Vorgängerin. Gefasst schüttelt sie Grischas Hand ab und läuft freiwillig nach hinten. Würdevoll setzt sie sich hin, dabei streift sie meinen Blick. In ihren Augen sehe ich keine Angst, sie strahlt eine Stärke aus, die mir die Sprache verschlägt. Ich empfinde großen Respekt vor dieser äußerlich unscheinbaren Person, mit einem so unauffälligen Gesicht, dass es immer unerkannt in einer Menschenmenge bleibt. Jetzt jedoch sehe ich sie mir genau an und präge mir ihr flaches Gesicht, ihre harmlosen Augen, ihren kleinen Mund ein. Sie wirkt, als wisse sie, dass sie alle Stürme überlebt. Spontan überflutet mich die Hoffnung, dass sie Recht hat. Dann flackert Angst in mein Bewusstsein, doch ich wende meinen Blick schnell auf Grischa. Das Gefühl der Angst verfliegt. Grischa kommt zurück. Ohne ein Wort packt er mich grob am rechten Arm, zieht mich hoch und schiebt mich zu den eben frei gewordenen Plätzen. Dort drückt er mich nach unten, ich setze mich, sehe zu ihm hoch, er nickt kurz und läuft wieder nach vorn. Ich folge seinen Schritten mit den Augen, will einen Blick von ihm erhaschen, doch er dreht sich nicht um. Als er sich setzt, verschwindet er aus meinem Sichtfeld. Stattdessen erscheint einer der anderen Entführer vor mir, nimmt neben mir Platz und versperrt mir die Sicht. Er grinst gehässig, sagt aber nichts. Ich sehe ihn abwertend an, bemüht darum, keine Angst zu zeigen. Vermutlich liegt Teufelskessel in der Nähe, wenn Grischa diese Veränderungen durchführt. Dann ist es Zeit, dass ich mein verliebtes Wesen verstecke. Ich ignoriere den Mann neben mir, der zu weit auf dem Sitz nach links gerückt ist, so dass seine Beine meine berühren. Wenn ich etwas in mir verändern will, darf mich das jetzt nicht stören. Ich verdränge die Gedanken an Grischa, denke an die bisherige Fahrt zurück und bleibe bei Marys Tod hängen. Ich durchlebe den Moment, als sie starb, noch einmal, trete aus der Toilette, zögere, blicke dann doch um mich und sehe Mary und eine weitere Frau am Boden liegen. Es ist erst vorgestern gewesen, aber in der Erinnerung kommt es mir vor, als wäre es weit in der Vergangenheit geschehen. Grischa überstrahlt alles. Was vorher war, ist nicht mehr von Bedeutung. Trotzdem muss ich die Bilder in mir aufrufen, sonst leuchte ich mit meiner frischen Liebe. Ich muss unauffällig werden, andernfalls gibt es wenig Hoffnung. Wieder gehe ich geistig zu dem Ereignis im Bus vor zwei Tagen, dieses Mal schließe ich die Augen. Mary niedergestreckt, der Blutfleck auf ihrer Brust, das Blut, das sich schnell auf dem Boden ausbreitet. Ihr Gesicht, völlig selbstvergessen. Ein leichtes Ziehen verläuft von der Brust bis hin zu meinem Hals, ich will die Bilder nicht sehen. Mir wird übel. Bisher habe ich alles verdrängt, aber nun zwinge ich mich, sie anzusehen. Marys Gesichtsausdruck steigt erneut wie ein Foto vor meinem geistigen Auge auf. Das Gesicht ist etwas unscharf, aber ich spüre, wie ich die Züge nachahme, als könnte ich mit meinen eigenen Muskeln eine Totenmaske formen. Doch ich bilde es mir nur ein, als ich mit den Fingern über das Gesicht taste, merke ich, dass mein Gesicht straff ist, nicht schlaff wie Marys, dass meine Lippen prall sind, bereit zum Küssen. Könnte ich nur langsamer atmen, dann würde sich auch mein Herz beruhigen. Ich denke an nichts und trotzdem schießt Grischas Bild durch mich, spüre ich seine Berührung, verlangen meine Brüste nach seinen Händen. Je weniger ich an anderes denke, desto deutlicher fordert mein Körper Grischas Nähe. Ich resigniere, atme tief durch, öffne meine Augen. Die letzten Gedanken verfliegen, als ich in düsterer Stimmung dunkle Wolken am Horizont von der Erde aufsteigen sehe. Die Straße verläuft in Richtung dieser Zeichen anderer Menschen. Es sind die ersten Anzeichen von Teufelskessel, dessen bin ich sicher. Die Sonne hat sich durch die Wolken gekämpft und scheint auf die Ebene, die sich vor uns ausbreitet, umso deutlicher steigt der dunkle Rauch gegen den blauen Himmel auf. Was brennt dort?

Als wir uns nähern, erkenne ich, dass Teufelskessel ein großer Platz ist. Es sind Straßensperren errichtet, Fahrzeuge werden von Männern in schwarzen Militäranzügen kontrolliert, die die kurzen Maschinenpistolen mal lässig, mal fest umgriffen und gezielt gestikulierend halten. Unmengen von Fahrzeugen sind auf dem Gelände. Ich habe in der Nacht nicht registriert, dass uns ein Auto überholt hat, aber der Platz vor uns ist voll. Dieses geschäftige Leben lässt mein Herz aus Furcht schneller schlagen. Ich habe nichts erwartet, doch die Anzahl der Autos und bewaffneten Menschen macht mir Angst. Durch die Scheiben sehe ich in alle Richtungen, um einen Weg zu finden, den wir unbehelligt fahren könnten. Sechs Straßen treffen hier aufeinander. Die abgeholzte Ebene ist groß, aber bald schon verschwinden die Straßen im dichten Wald der Taiga. Der Bus nähert sich mit geringer Geschwindigkeit einem Platz, der an der Kreuzung gebaut worden ist. Von dem bizarren Anblick gefesselt, beobachte ich das Geschehen. Aus mehreren Häusern, die selbst im Tageslicht noch bunt beleuchtet sind, torkeln Menschen. Aus den notgedrungen haltenden Fahrzeugen werden die Passagiere herausgezerrt. Eine Gruppe von Männern prügelt sich, sie schlagen mit derartig ausholenden und langsamen Bewegungen, dass sie nur betrunken sein können. Prostituierte stehen an manchen Ecken der Häuser in auffällig bunter und freizügiger Kleidung und bieten sich den Passanten an. Hinter einem der Gebäude steigt die Rauchsäule auf, die ich aus der Entfernung gesehen habe. Das sind die ersten Menschen, die ich seit zwei Tagen außerhalb des Busses sehe. Der Anblick dieser Gestalten lässt mein Herz sinken, eine unbekannte Bedrohung liegt in der Luft. Und es gibt kein Entrinnen. Dieser Platz raubt mir die Sinne. Alles in mir schreit nach Flucht und doch weiß ich, dass hier etwas passieren wird. Ich atme konzentriert, ganz langsam, versuche, mich zu beruhigen. Entschlossen kehre ich den Blick von dem Trubel ab, fokussiere das graue Polster vor mir, denke an Mary und diesmal scheint mir ihr Gesicht Trost zu spenden. Und so blicke ich im Geist in das sterbende Gesicht einer flüchtigen Bekannten und verdränge die Geschehnisse um mich herum. Es ist keine gute Tarnung, wenn überhaupt, aber es ist immerhin ein Versuch. Warum lässt mich Grischa nicht einfach frei? Die Gedanken schießen in mein Gehirn und ich verdamme sie. Es nützt mir gar nichts, darüber nachzusinnen. Sie bringen mich nur von meiner Ruhe ab. Sofort jagt wieder Blut durch die Adern, sofort pulsiert das Leben in mir. Unwillig schüttle ich den Kopf. Entweder sie oder ich. Kurz kommen Schuldgefühle über mich. Im Vergleich zu den anderen Frauen bin ich vorgewarnt, ich habe einen klaren Vorteil. Aber ich kann ihn nicht teilen, ich werde sogar versuchen, ihn zu nutzen. Ich werde mich schützen, indem ich mich ihnen anpasse. Ich will nicht, dass ich es bin, die geholt wird. Ich opfere mich sicher nicht freiwillig.

Vor dem Bus taucht auf der Straße eine durch gelbe Baken errichtete Sperre auf. Sie wirkt wenig bedrohlich und überwindbar. Doch der Fahrer macht keine Anstalten auf der Straße zu bleiben, sondern steuert von selbst den Rastplatz an, der sich rechts neben der Straße befindet und auf dem auch die Häuser errichtet sind. Anscheinend ist Teufelskessel ein Punkt, den man nicht umgehen kann.

Der Mann neben mir steht auf und läuft ans Ende des Busses. Vorn erhebt sich Grischa von seinem Platz und stellt sich vor die Tür, der Fahrer öffnet sie. Etwas raschelt. Von draußen dringen Männerstimmen in den Bus. Ich sitze auf der Seite der Tür. Durch das Fenster sehe ich drei Männer, die sich um Grischa postiert haben. Ihre Gesichter sind geschäftsmäßig unterkühlt und ausdruckslos. Sie tragen Jeans und Armeejacken, Waffen sehe ich keine. Neben Grischa stehen mehrere Plastiksäcke. Es sind die Säcke vom Anfang der Reise, in denen die Pässe, Portemonnaies und Telefone der Frauen liegen. Ein rauer Wortwechsel beginnt, der jedoch abrupt endet, als einer der Männer Grischa ein Bündel Geldscheine in die Hand drückt und ein anderer die Säcke wegschafft. Mein Pass ist weg, ich hatte nicht damit gerechnet, ihn zurückzubekommen, aber jetzt ist er hoffnungslos verloren. Ich ignoriere es, das ist nicht der Grund, weshalb mich Grischa vor diesem Ort gewarnt hat. Grischa blättert die Scheine skeptisch durch und beobachtet gleichzeitig die verbleibenden Männer. Wieder tauschen sie unfreundlich klingende Worte, plötzlich schiebt einer Grischa zur Seite und die Männer stürmen in den Bus. Mein Herz setzt aus, als ich es sehe, gleichzeitig weiß ich, dass dies der Moment ist, den Grischa gefürchtet hat. Die Männer erscheinen im Bus, sie sind kräftig gebaut, haben zu viel Fett auf den Knochen, trotzdem wirken sie nicht träge. Sie laufen schnellen Schrittes durch die Reihen. Ich wende den Blick ab und versuche, ausdruckslos vor mich hinzustarren. Doch mein Herz klopft so stark, meine Arme zittern. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie einer der Männer näher kommt. Ich halte die Luft an. Er bleibt kurz vor mir stehen und greift die Frau, die vor mir sitzt, am Oberarm. Sie schreit auf und will sich abschütteln, aber er zieht sie mühelos vom Sitz hoch, wie eine Pflanze, die man aus der Erde reißt. Ich versuche wieder, stoisch vor mich hinzublicken, aber es ist zu spät. Gleich darauf packt er meinen Arm. Ich wehre mich nicht. Ich will wenigstens jetzt so tun, als ob mir alles egal ist. Was soll ich gegen diese Männer ausrichten? Rein körperlich kann ich ihnen nichts entgegensetzen. Der Griff des Mannes um meinen rechten Oberarm ist schmerzhaft. Er drückt mit roher Gewalt die Muskeln zusammen und zieht mir den Arm seitlich nach vorn, so dass sich meine Schulter verdreht und ich hinter ihm her stolpere. Er zerrt mich weiter, aus dem Bus heraus, die drei Stufen zum Boden springe ich hinab, weil der Mann so große Schritte macht, dass ich ihm nicht folgen kann. An der Tür steht Grischa. Auf seinem Gesicht erhasche ich einen traurigen, hilflosen Blick, allerdings nur kurz, dann ist sein Ausdruck wieder verhärtet. Der Mann schleift uns weiter.

Draußen riecht die Luft nach Abgasen, vor allem nach Diesel, nach Zigaretten, nach Bier, Exkrementen und nach Rauch, so höllisch, dass ich sofort huste. Es riecht nach verbranntem Gummi. Der Magen wird zum altbekannten Stein in meinem Bauch und schmerzt. Die Frau neben mir versucht wie wild, sich loszureißen. Sie schreit mich an:

„Mach doch mit! Zusammen kann er uns nicht halten. Dann rennen wir einfach weg! Los, mach mit!“

Ich sehe sie nur an, als ob sie nicht mehr bei Sinnen ist. Wohin will sie denn rennen? Ich blicke mich um und entdecke nicht einen Menschen, der mir auf irgendeine Art und Weise vertrauenswürdig erscheint. Ich fürchte mich vor jeder dieser Gestalten. Hysterisch wirft sich die Frau mit ihrem ganzen Körper nach unten. Der Mann verringert kurz sein Tempo, überlegt es sich dann aber anders und schleift die Frau wie einen Sack hinter sich her. Wild kreischend und mit Tränen überströmtem Gesicht versucht sie aufzustehen. Ich sehe dem Mann in die Augen. Er schaut mich abfällig an. Schnell senke ich meinen Blick, er fällt wieder auf die Frau, ich versuche, langsamer zu laufen und den Mann auszubremsen, damit sie aufstehen kann. Da stoppt der Mann plötzlich, so dass ich unvermittelt durch seinen harten Griff einen Schmerz in der Schulter spüre, als er mich am Arm zurückreißt. Ich beiße mir auf die Zunge, damit ich nicht laut schreie. Die Frau steht sofort auf, als sie merkt, dass der Mann hält. Kaum ist sie aufgestanden, rennt er weiter und schleppt uns mit sich. Ich sehe wieder nach vorn, sehe die Menschen, die auf dem Platz stehen. Einige verfolgen uns mit ihren Augen und lachen, andere schreien uns etwas auf Russisch zu und machen obszöne Gesten dabei. Ich nehme die Gesichter nicht wahr, mein Herz schlägt in meinen Ohren und ich höre sehr schlecht. Ich sehe einzelne Menschen, herausgestellt aus ihrem Hintergrund, aber ich kann sie nicht zuordnen. Eine Frau in einem roten, sehr tief dekolletierten Kleid, die mich süffisant anlächelt. Einen Mann in einem dunklen Anzug, der mich abschätzig mustert. Die zwei Männer vor uns, die mit ebenso brutaler Gewalt jeweils zwei Frauen an den Armen gepackt halten und sie, obwohl die Frauen nach ihnen treten und sich wild hin und her werfen, einfach weiter zerren.

Sie schleifen uns in ein Haus. Der erste Mann öffnet die Tür mit einem Fußtritt und verschwindet im Dunkeln, der zweite folgt ihm. Auch der Mann, der mich und die andere Frau festhält, strebt auf die offene Tür zu. Er tritt durch den Türrahmen und sofort ist es dunkel. Draußen hat die Sonne geschienen und nun gewöhnen sich meine Augen sehr langsam an dieses muffige ockerfarbene Licht, das von kleinen Lampen an der Decke kommt. An der linken Wand führt eine Treppe nach oben, auf die wir zusteuern. Mit einer Bewegung befördert der Mann die Frau, die er mit dem rechten Arm hält, vor sich und schiebt sie auf die Treppe zu. Mich zerrt er hinter sich her. Die Frau stolpert immer wieder, ebenso wie ich, als wir die Treppe nach oben geschoben werden. Die Treppe ist sehr schmal. Weil wir zu dritt hochsteigen, stoße ich mich bei jeder Stufe schmerzhaft an der Wand, wenn mich der Mann zwischen sich und der Wand einklemmt. Durch die Schaukelbewegung und die sich immer noch umher werfende Frau fällt er regelmäßig gegen mich. Dann sind wir oben. Vor mir ist ein langer Korridor, von dem mehrere Türen abgehen. Der erste Mann mit den zwei Frauen ist verschwunden, der andere schließt gerade eine Tür, zieht die Frau im Griff seiner linken Hand zur nächsten Tür, tritt sie auf und stößt die Frau in den Raum. Er verriegelt die Tür und kommt uns entgegen. Sein Gesicht ist ohne Ausdruck, er sieht mich an wie eine Ware, deren Preis er schätzt. Von oben nach unten gleitet sein Blick, als müsse er meine Stärken und Schwächen beurteilen. Der Mann, der mich die Treppe hoch schleifte, zerrt an meinem Arm. Wir sind an der Reihe. Vor einer Tür auf der linken Seite des Korridors macht der Mann Halt, tritt sie auf und stößt mich hinein. Sofort schließt er die Tür hinter mir, am Geräusch des Schlosses höre ich, dass er sie verriegelt. Ich drehe mich um. Der Raum ist ebenso dunkel wie das Haus. Es riecht muffig, so staubig, dass ich flacher atme. Der Raum hat keine Fenster. Es steht nur ein Bett im Zimmer. Es ist nicht groß und schon aus der Entfernung sehe ich, dass es völlig durchgelegen ist. Ich höre, wie die Tür geöffnet wird, und drehe mich um. Ein fremder Mann kommt ins Zimmer, schließt die Tür und sieht mich mit lüsternem Blick an. Er ist sehr groß und schlank, seine breite Stirn glänzt fettig. Er sagt etwas auf Russisch, es klingt drohend. Ich verstehe ihn nicht. Er nähert sich mit seltsamer Gelassenheit. Ich bin völlig aufgewühlt und mein Herz rast, während sich der Mann sehr langsam bewegt. Jetzt steht er vor mir. Ich lege den Kopf in den Nacken, um sein Gesicht zu erkennen, auf dem sich deutlich Falten abzeichnen, die seiner jugendlichen Gestalt widersprechen. Nochmals sagt er etwas auf Russisch und deutet auf mein Shirt. Ich spiele, als ob ich nicht wüsste, was er will, zucke mit den Schultern. Plötzlich packt er mich am linken Arm, zieht ihn nach hinten und greift nach dem rechten. Mit Leichtigkeit und ungerührtem Gesichtsausdruck hält er meine Arme hinter meinem Rücken mit einer Hand zusammen. Mit der freien Hand greift er mir an die Brust. Dann fängt er an, seine Hose zu öffnen, streift sie nach unten und steht mit erigiertem Glied vor mir. Meine Gedanken rasen, aber mir fällt nichts ein. Aus irgendeinem Grund fange ich an, schallend zu lachen, und höre nicht mehr auf. Erst bin ich überrascht über mein eigenes Lachen, es klingt völlig fremd in meinen Ohren, doch dann berausche ich mich an diesem irrsinnigen Gegacker und lache lauter. Der Mann ist verwirrt, verliert seine Erektion, schlägt mir mit der Hand ins Gesicht. Mein Kopf fliegt zur Seite, aber ich richte mich schnell wieder auf, sehe ihm in die Augen und lache weiter. Er flucht und rennt aus dem Zimmer, einen Namen schreiend. Ich hole Luft. Damit ich meine Tarnung nicht aufgebe, lache ich von Neuem, erst prustend, dann laut und klar, dass es von den Wänden schalt wie das Lachen einer Wahnsinnigen. Der Mann, der mich aus dem Bus geschleppt hat, kommt in das Zimmer, schlägt mir ins Gesicht. Mein Kopf dröhnt und ich stolpere zur Seite, kurz schnappe ich nach Luft und mein irres Lachen verstummt. Doch der Aufschrei, der sich durch meine Lippen pressen will, zwingt mich wieder zum Lachen. Denn Schreien werde ich nicht. Schon zerrt der Mann mich am Arm nach vorn, spuckt mir ins Gesicht, reißt wieder an meinem Arm und verlässt, mich hinter sich herziehend, ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Schmerzhaft bohrt er seine scharfen Fingernägel in meinen Unterarm, als er mich die Treppe nach unten zerrt und mich zum Bus zurückschafft. Vor Erleichterung riecht sogar diese Luft in meiner Nase gut, obwohl sie vor zehn Minuten so gestunken hat, dass mir übel wurde. Der Mann rennt fast zum Bus, meine Beine können kaum folgen, aber es ist mir egal. Jetzt lache ich aus wirklichem Glück heraus, nicht mehr laut und schallend, aber stetig und froh. Die Sonne ist ein Geschenk, welches mich mein Leben lieben lässt wie selten zuvor. Hier im Licht ist das Leben und einem Tod bin ich in der Finsternis dieses Hauses entgangen. Schon sind wir am Bus, die Tür wird geöffnet, der Mann gibt mir einen Stoß, ich stürze auf die Treppen, direkt zu Füßen Grischas, der in diesem Moment den Bus verlässt. Ich stehe auf, sehe Grischa an, zucke zusammen, denn hinter mir schreit der Mann in einer Lautstärke, dass mir die Ohren schmerzen. Für einen Sekundenbruchteil leuchten Grischas Augen, ehe er mir so brutal ins Gesicht schlägt, dass es sich anfühlt, als sei die Wange aufgeplatzt. Ich stürze auf den Boden und Tränen überschwemmen meine Augen. Grischa reißt mich am Arm hoch und stößt mich die Stufen des Busses hinauf. Blind folge ich seiner Drangsal, bin so taub und benommen, dass ich gar nichts mehr sehe. Ein dichter Nebel ist vor mir, ich fühle nur, wie er mich in einen Sitz drückt und höre seine unbarmherzige Stimme, plötzlich schneidend und gnadenlos, dass es mich wie Stromschläge durchfährt, wenn er mich schubst und mir irgendetwas ins Gesicht schleudert, von dem ich froh bin, dass ich es nicht verstehe. Der andere Mann scheint langsam befriedigt. Er nickt bedächtig mit großen Augen, spuckt mir vor die Füße. Er hätte mir sicher ins Gesicht gespuckt, aber er steht zu weit weg. Trotz meiner Angst, bin ich froh, dass Grischa zwischen uns ist, so wird er mich nicht noch einmal holen. Aus den Augenwinkeln sehe ich den Mann ein Stück in den Bus hineingehen, meine verquollenen Augen erkennen nur schemenhaft, wie er sich eine andere Frau greift, die sich nicht wehrt. Er zieht sie mühelos aus dem Bus.

Die eintretende Stille ist so unwahrscheinlich, dass sie mich desorientiert. Mein Blick ist verschwommen, mein Kopf dröhnt von den Schlägen, Arme und Schultern schmerzen, ich bin außer Atem und kalter Schweiß verklebt meine Haut. Doch die Gefahr ist vorüber. Ich suche Grischas Augen, er sieht mich an. Sein Blick ist undurchdringlich, keine Liebe, keine Freude, keine Erleichterung, rein gar nichts. Er sagt etwas auf Russisch und die anderen Entführer lachen. Keiner von ihnen hat den Bus verlassen. Vier Männer sitzen in dem vorderen Abteil und spielen Karten, einer steht hinten im Gang, lässt den Blick unfokussiert über die Frauen schweifen, ein weiterer lehnt an der Rückwand der Fahrerkabine und beobachtet die im Bus Verbliebenen mit gelangweiltem Blick. Die vier Männer haben alle ihre Karten verdeckt auf den Tisch gelegt und sehen mich unverhohlen abwertend an. Sie alle lachen hämisch. In meiner dumpfen Stille klingt das umso hässlicher. Was habe ich nur erwartet? Dass Grischa sich freuen würde, mich zu sehen, dass er mich umarmen würde und küssen? Wie lieblich. Er sieht mich nur mit diesen undurchdringlichen Augen an und macht Witze über mich. Er setzt sich entfernt von mir und kümmert sich nicht um mich. Ich sitze auf der ersten Sitzreihe hinter den Männern. Der Platz neben mir ist leer. Ich könnte mich umdrehen und nach den anderen Frauen sehen, aber ich fürchte den Hass in ihren Augen. Von ihnen erwarte ich keine Unterstützung. Erst nehme ich den Frauen das Essen weg, dann komme ich als Einzige aus dieser Bedrängnis heraus. Und das bisschen Geschreie und der kleine Schlag, damit führt Grischa die Frauen nicht hinters Licht. Sicher empfanden sie es als Genugtuung für mein Verhalten. Also bleibe ich allein hinter den Männern sitzen und betrachte sie verstohlen. Der eine Mann lehnt lässig an der Wand, ich sehe ihn an, aber er stört sich nicht daran. Sein Blick ist in die Ferne gerichtet. Wahrscheinlich reagiert er nur auf Bewegungen. Die vier Männer spielen weiter ihre Karten, sind dabei solange ruhig, bis einer ein besonderes Blatt hat oder etwas Wichtiges ausspielt, dann rufen sie laut. Grischa verhält sich, als existiere ich nicht. Er macht ab und an Sprüche, wenn er aus dem Fenster sieht, über die die anderen Männer lachen. Eine Erkenntnis drängt sich ganz und gar ungewollt in meinen Kopf: Grischa ist der Anführer dieser Verbrecherbande, er ist nicht mein Vertrauter, nicht mein Liebhaber, nicht länger meine Hoffnung. Die große Leere in mir weitet sich aus und ich starre ihn an, fixiere ihn und weiß, dass er es merkt, aber er stellt nur lässig das Bein auf den gegenüberliegenden Sitz und sieht lächelnd aus dem Fenster. Ich verstehe sein Verhalten nicht. Warum hat er denn gesagt, dass er Angst um mich hat? Ich weiß es nicht und ich habe nicht mehr die Kraft nachzudenken. Ich sitze bewegungslos da und merke, wie sich meine Augen mit Tränen füllen. Ich habe lange nicht mehr aus Kummer geweint, nicht wie vorhin aus Spiel oder wegen Schmerzen. Ich habe vergessen, wie sehr es in den Augen brennt. Die erste Träne verlässt mein linkes Auge und bahnt sich langsam den Weg über die Wange, entlang der Nase zum Mundwinkel. Dort wische ich sie weg. Ich sehe auf meine Hand und stelle fest, dass sie dreckig ist. Das muss von der Treppe oder der Wand sein, als mich der Mann in das Zimmer schleifte oder es ist von meinem Sturz auf die Treppe des Busses. Wo es auch herkommt, es rührt mich nicht, es ärgert mich nicht einmal, obwohl sich der Dreck durch die Feuchtigkeit verkrustet. Die nächste Träne trifft meinen Mund und bleibt in der kleinen Lücke zwischen Ober- und Unterlippe hängen. Ich schniefe und schluchze auf. Das höhnische Lachen einer Frau durchschneidet die Luft. Ich will, dass alles schwarz und stumm wird. Ich will nichts mehr sehen. Nicht mehr diese entführten Frauen, nicht mehr diesen Bus, nicht mehr diese Männer. Vor allem nicht mehr ihren Anführer. Kurz kommt mir der Gedanke wutentbrannt auf ihn loszugehen, ihn anzuschreien und eine Erklärung zu fordern, aber genauso schnell wird mir bewusst, dass das allenfalls eine neuerliche Freude für manche der Frauen wäre und in Grischa nicht die leiseste Gefühlsregung hervorbrächte. Er würde mir mit seinen kalten, blauen Augen die Arme auf den Rücken drehen, sie mir zusammenbinden und wenn ihn mein Schreien störte, würde er mich knebeln. Nein. Das ist kein Ausweg, nicht einmal für meine Gefühle. Ich krieche in mich zusammen, ziehe die Knie an die Brust und lege den Kopf darauf. Wieder fühle ich mich, als ob ich bald den Verstand verlöre, nur ist jetzt nichts Spannendes dabei. Dieses Mal ist es die reine Verzweiflung und Selbstaufgabe, die mich lachend zu sich rufen und denen meine Seele, müde und enttäuscht, frohlockend zuwinkt. Mit dem Kopf an die Glasscheibe gelehnt, starre ich ins Nichts. Am Rande meines Bewusstseins bemerke ich einen Tanklastwagen, der neben dem Bus hält. Es sind dieselben Geräusche wie in der ersten Nacht. Also geht die Fahrt weiter. Es ist noch nicht vorbei. Nur leise und verschwommen nehme ich wahr, wie die anderen Frauen irgendwann schluchzend oder fluchend in den Bus zurückkommen und dieser daraufhin losfährt. Ich sehe die Landschaft nicht, die an uns vorbeizieht. Es ist eine einheitlich dunkelgraue Masse. Ich höre Grischas Stimme von Weitem, aber ich höre nicht, was er sagt. Es ist mir egal. Er hat mir nichts mehr zu sagen. Alles andere ist mir egal. Er ist meine Hoffnung gewesen und er hat mich verraten. Er hat meine Hoffnung verraten. Ich bin erschlagen. Mein Gehirn ist unerreichbar in einer tiefen Mulde versunken. Es ist im Schlamm versickert. Ich kann immer noch fliehen! Der Gedanke schießt durch meinen Kopf, aber ich kann ihn nicht fassen. Ich lasse ihn passieren wie alles, was um mich herum geschieht. Es wird Essen verteilt und Trinken, aber ich reagiere nicht. Mir wird schon schlecht, wenn ich daran denke, den Mund zu öffnen und zu kauen. Ich reagiere nicht darauf, als mir eine Hand etwas hinhält. Mir ist egal, wessen Hand es ist und mir ist egal, was sie mir gibt. Ich kann nichts mehr nehmen. Mein Zeitgefühl ist verschwunden. Die Zeit zählt nicht mehr für mich. Ich sitze da und dämmere in meinem selbstmitleidigen Zustand. Du kannst immer noch fliehen! Erneut wird dieser Gedanke angeschwemmt. Er schwappt mit der ekelhaften Flut trüber Wasser in mein Bewusstsein, um dort brach zu liegen. Er bewegt sich nicht, aber er will sich nicht mehr ertränken lassen. Ja. Ich kann immer noch fliehen. Ich sollte es zumindest versuchen. Egal, wie, aber ich sollte es versuchen! Natürlich darf ich nicht einfach so aufgeben! Das, was mir droht, ist mit Sicherheit schlimmer als Grischas Zurückweisung. Mit einem Schlag fühle ich, die Energie in mich zurückströmen. Wie kurz vor dem Ertrinken tauche ich nach Luft schnappend auf. Ich kann nicht einfach untergehen. Es gibt sicher noch eine Möglichkeit, diesem Wahnsinn zu entkommen.

Liebe, rette mich!

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