Читать книгу Eins, zwei, drei - ein Papagei! - Kim Fupz Aakeson - Страница 3
1
Оглавление»Was um alles in der Welt ist das denn?« Diese Frage stellt sich einfach jeder, der den Jungen die Straße entlangfahren sieht – mit Diamantuhr und Goldturnschuhen, in einem kleinen Luxussportwagen und mit unzähligen Papageien und anderen exotischen Vögeln auf dem Rücksitz.
Der Junge hat seine alte Schule gekauft und allen Kindern freigegeben. Die Schule ist jetzt auch keine Schule mehr, sondern ein Vogelhotel. Statt Unterricht zu geben rennen die Lehrer herum und kümmern sich um die Vögel, geben ihnen Vogelfutter und öffnen die Fenster, damit sie rein- und rausfliegen können. Alles das bezahlt dieser steinreiche Junge. In seinem eigenen Haus läuft übrigens der Hausmeister den ganzen Tag hin und her, macht mit seinen Holzpantinen Krach auf der Treppe und ... nein, jetzt muss ich doch erst einmal erzählen, wie das alles überhaupt gekommen ist.
Das Ganze begann mit Tobias, denn so heißt der Junge. Tobias war weder reich, noch hatte er Papageien oder sonst etwas. Aber er wollte schrecklich gern einen Papagei haben, oh ja. Wenn man es genau betrachtete, dann war er einfach wild darauf, einen Papagei zu bekommen, selbst wenn es nur ein ganz kleiner war.
»Davon kann gar keine Rede sein«, sagte seine Mutter jedes Mal, wenn Tobias fragte, ob er denn nicht so ein nettes Wesen haben könne, das singt und Vogelfutter in Hülle und Fülle frisst. »Ein Papagei macht Dreck und krächzt nur herum. So ein Vogel kommt mir nicht ins Haus! Und nachher fliegt er noch davon ...«
»Na ja«, seufzte Tobias, aber es vergingen nie viele Tage, bis er wieder fragte.
»Weißt du, was du bist?«, fragte schließlich seine Mutter und strich Tobias über den Kopf.
»Ne«, antwortete Tobias.
»Du bist ein reichlich nerviger Junge, das bist du, jawohl.«
»Jawohl«, sagte Tobias.
Natürlich war Tobias nicht die ganze Zeit bei seiner Mutter daheim und nervte sie mit dem Papagei. Er musste jeden Tag in die Schule um lesen und andere Dinge zu lernen, die man eben lernen soll, wenn man noch nicht so entsetzlich alt ist. Dazu bekam Tobias eine Brotdose in seinen Ranzen gepackt und den Schulranzen auf den Rücken geschnallt.
»Beeil dich lieber«, sagte seine Mutter und strich Tobias über den Kopf. »Du musst dich beeilen, damit du nicht zu spät in die Schule kommst, und ich muss mich beeilen, damit ich nicht zu spät zur Arbeit komme.«
»Ja«, sagte Tobias und lief die Treppen hinunter um sich ordentlich zu beeilen. Aber da kam der Hausmeister aus der Wohnung unter ihnen herausgestürmt.
»Renn nicht so laut die Treppe runter«, schrie er. »Das macht zu viel Krach!«
»Schon gut«, sagte Tobias.
»Jeden Tag schimpfe ich deswegen mit dir!«, schrie der Hausmeister und sprang dabei auf und ab. »Und trotzdem rennst du jeden Tag wieder so laut!«
»Schon gut«, sagte Tobias noch einmal.
»Und weißt du, warum?«, fragte der Hausmeister.
»Ne«, antwortete Tobias.
»Weil du ein reichlich nerviger Junge bist, deshalb!«, grölte der Hausmeister und warf seine Tür hinter sich zu, dass es im ganzen Treppenaufgang dröhnte.
»Jawohl«, sagte Tobias.
Dann lief er schnell weiter um nicht zu spät in die Schule zu kommen. Und das war sehr schlau von ihm.
In der Schule müssen alle Kinder an ihren Tischen sitzen und Buchstaben aus Büchern lernen. Das fand Tobias ziemlich langweilig.
»Können wir nicht lieber was über Papageien lernen?«, schlug er immer wieder vor.
»Tobias«, antwortete der Lehrer. »Das fragst du jeden Tag.«
»Ja«, sagte Tobias, denn das stimmte. »Aber können wir das nicht mal?«
»Wenn du erst die Buchstaben gelernt hast, kannst du selbst entscheiden, was du lesen willst«, erklärte der Lehrer. »Du kannst alles über jeden blöden Krächzpapagei lesen, den es auf der Welt gibt – aber können wir jetzt mit dem Buchstabieren weitermachen?«
»Ich fände es besser, wenn wir direkt mit den Papageien weitermachen würden«, entgegnete Tobias.
»Weißt du, was du bist?«, fauchte der Lehrer und zupfte sich am Bart.
»Ne«, sagte Tobias.
»Du bist ein reichlich nerviger Junge.«
»Jawohl«, sagte Tobias.
Aber natürlich saß Tobias nicht den ganzen Tag in der Schule und quälte sich mit Buchstaben. Nachmittags hatte er zum Beispiel frei und dann kam das Allerschönste. Tobias brauchte nur einen winzig kleinen Umweg zu machen, dann stand er vor seinem Lieblingsgeschäft. Dem Geschäft des Vogelhändlers.
Das sah aus wie ein ganz gewöhnlicher kleiner Laden. Draußen hing ein hellblaues Schild mit großen braunen Buchstaben. »Reddersens Vogelhandlung«, stand dort und darunter hatte Reddersen selbst geschrieben: »Viele lebende Vögel in Käfigen.«
»Nun ja, da ist also eine Vogelhandlung«, sagten die Leute, wenn sie vorbeigingen, oder sie dachten es sich nur. Wenn sie es richtig eilig hatten, bemerkten sie vielleicht nicht einmal, dass dort ein Vogelgeschäft war. Tobias aber hatte es schon vor langer Zeit entdeckt.
Er stand jeden Nachmittag vor dem Geschäft auf dem Fußweg und überlegte, wie das wäre, wenn einige der Papageien ihm gehörten. Ja, er stellte sich sogar vor, dass er es wäre, dem Reddersens Vogelladen gehörte. Ein ganzes Geschäft voll mit allen möglichen Vögeln. Kanarienvögeln und Wellensittichen und Nymphensittichen und Tukanen und Finken und wie sie sonst noch alle hießen, aber vor allem mit Papageien. Mit gelben und roten und grünen und kunterbunten Papageien. In ihren Metallkäfigen saßen sie im Fenster, mit Schnäbeln so groß wie Rohrzangen und Augen, die zu Tobias hinunterblinzelten.
Jeden Tag, wenn er kam, nickten sie ihm freundlich zu und blinzelten mit den Augen auf diese ganz besondere Art und Weise, wie Papageien mit den Augen blinzeln, wenn sie jemanden gern mögen.
»Hallo, alle zusammen«, flüsterte Tobias und winkte seinen Papageifreunden zu. Er versuchte so leise wie möglich zu sein, denn sobald Reddersen ihn nur erblickte, kam er herausgestürmt um ihn wegzujagen.
»Bist du schon wieder hier und starrst Löcher in die Luft?«, schrie er.
»Ja«, sagte Tobias, denn das stimmte ja.
»Du kaufst doch nie was, du machst dich nur vor meinem Schaufenster breit!«, schrie Reddersen.
»Ach«, sagte Tobias und versuchte so wenig Platz wie nur möglich einzunehmen. Er konnte sich ganz dünn machen, wenn es nötig war.
»Verschwinde!«, schrie Reddersen und wedelte mit seinen langen Armen. »Weg von meinem Schaufenster, damit anständige Menschen meine Ware sehen und etwas kaufen können! Verschwinde!«
Dann musste Tobias zur Seite gehen. Manchmal ganz auf die andere Straßenseite, wo er bitte schön bleiben sollte. Bis, ja bis ein Kunde kam, der ein wenig Vogelfutter oder einen kleinen Wellensittichspiegel kaufen wollte, denn dann konnte Tobias sich zurückschleichen und die Vögel angucken, während Reddersen bediente.
»Bist du schon wieder hier und starrst Löcher in die Luft ohne was zu kaufen?«, schrie Reddersen dann, sobald der Kunde weg war.
»Ja«, antwortete Tobias, denn das tat er schließlich.
»Weißt du, was du bist?«, kreischte Reddersen.
»Ich denke schon«, sagte Tobias.
»Du bist der nervigste Junge, der mir jemals begegnet ist!«
»Jawohl«, sagte Tobias.