Читать книгу Eins, zwei, drei - ein Papagei! - Kim Fupz Aakeson - Страница 4

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So war es also und so hätte es auch immer weitergehen können. Tobias hätte jahrelang um Reddersens Vogelladen herumschleichen können, bis er ein erwachsener Mann mit Schnurrbart, Wohnung und Pfeife geworden wäre. Dann hätte er sich einen Papagei kaufen können, der auf einer Stange in seinem Wohnzimmer gesessen und Vogelfutter gegessen hätte. Aber so kam es nicht.

Es geschah nämlich etwas, das äußerst selten geschieht. Es geschah an einem schönen Sommertag, an dem Tobias allein zu Hause war und das Fenster in seinem Zimmer geöffnet hatte um die Vögel draußen besser zwitschern zu hören. Deren Gezwitscher erinnerte ihn immer an Papageien.

»Ach ja«, sagte Tobias zu sich selbst, während er auf seinem Bett saß und in die Luft starrte. »Ja, ja ...«

So saß Tobias da und seufzte vor sich hin, denn an dem Nachmittag war er dreimal vor Reddersens Vogelhandlung weggescheucht worden und jetzt wusste er nicht, was er machen sollte.

»Ach ja, ach ja, ach ja«, sagte er und das wollte er gerade noch einmal sagen, als etwas sehr Großes und sehr Rosarotes angebraust kam und durch das offene Fenster hereinflatterte, um die Deckenlampe flog und mit Getöse in dem Kasten mit der elektrischen Eisenbahn landete, die Tobias mal von seinem Onkel August bekommen hatte!

Einen kurzen Moment lang glaubte Tobias, es wäre ein riesiger rosaroter Papagei, der von ganz allein in sein Fenster geflogen wäre um ihm Gesellschaft zu leisten. So ein rosaroter Papagei, der niemandem gehörte und den er sicher behalten dürfte, weil er doch ganz kostenlos war. Aber dann sah er die Beine, die aus dem Kasten mit der elektrischen Eisenbahn von Onkel August herausragten. Das waren ganz gewiss keine Papageienbeine. Das waren eher menschliche, am ehesten wohl Frauenbeine oder etwas in der Art.

»Du heiliger Strohsack!«, tönte es aus dem Kasten mit der elektrischen Eisenbahn von Onkel August.

»Oh, pfui Teufel!«, erklang es dann. Tobias sagte nichts, er war immer noch ein wenig überrascht.

Die Beine kamen auf die Beine und am anderen Ende tauchte eine Unmenge rosaroter Rüschen und Spitzen und Diamanten auf und zum Schluss ein richtiger Frauenkopf mit goldenem Haar und einer goldenen Halskette.

»Ich bin die gute Fee«, sagte die Dame und schaute in den Kasten. »Und ich fürchte, ich habe deine elektrische Eisenbahn kaputtgemacht, aber deshalb musst du nicht traurig sein ...«

»Na ja«, sagte Tobias, der nicht wusste, was er sonst sagen sollte. Es war nämlich eine sehr schöne, teure Eisenbahn gewesen.

»Nein, denn wenn die gute Fee kommt, dann darf man sich etwas wünschen, ganz gleich, was. Zum Beispiel eine elektrische Eisenbahn, die aus Gold, Rubinen und Edelsteinen gemacht ist und die richtigen Rauch ausstoßen kann und bunt leuchtet.«

»Na ja«, sagte Tobias. Das klang gar nicht so schlecht.

»Weißt du, mein kleiner Freund«, fuhr die gute Fee fort und trippelte auf ihren hübschen kleinen Zehenspitzen im Zimmer herum. »Alle Menschen wünschen sich etwas.«

»Na ja«, sagte Tobias.

»Ein Klempner in Tarnby hat sich eine neue Waschmaschine mit Schleuder gewünscht und eine Arztfrau in Lögstör wollte fürs ganze Haus neue Rüschengardinen haben.«

»Na ja«, sagte Tobias.

»Alle Menschen wünschen sich etwas. Und wir guten Feen sorgen dafür, Licht und Freude in die kleinste Hütte zu bringen. Von morgens bis abends fliege ich herum und erfülle die Wünsche der Leute. Und jetzt bin ich zu dir gekommen, damit du dir etwas wünschen kannst.«

Tobias wollte gerade sagen, dass er sich so eine elektrische Eisenbahn wünschte, die aus Gold und Rubinen und Edelsteinen gemacht war, mit echtem Rauch, aber dann fiel ihm ein, was er sich eigentlich wünschte.

»Aber nicht irgendwelche Blödsinnswünsche«, sagte die gute Fee noch schnell und sah Tobias streng an.

»Was sind denn Blödsinnswünsche?«, fragte Tobias, denn das wollte er lieber vorher wissen, bevor er sich einen Papagei wünschte.

»Na, wenn du dir zum Beispiel wünschst, dass alles, was du dir wünschst, in Erfüllung geht, oder wenn jemand König werden und über die ganze Welt herrschen will ...«

»Ne«, sagte Tobias. »Das möchte ich ja gar nicht.«

»Man kann sich hübsche, praktische Dinge wünschen, zu einem angemessenen Geldbetrag«, erklärte die Fee.

»Mein größter Wunsch ist ein Papagei«, sagte Tobias. »Ein Papagei, der sprechen kann.« Die Fee rümpfte die Nase. »Nun mal ganz ehrlich«, sagte sie. »Nimm doch lieber was Ordentliches. Überleg mal, wünsch dir doch lieber eine Rennbahn mit zwei Stockwerken oder einen Löffelbagger, auf dem man sitzen kann, oder ...«

»Einen Papagei«, sagte Tobias.

»Wie wäre es mit einem riesigen ...«

»Papagei«, wiederholte Tobias.

»Du heiliger Strohsack!«, sagte die gute Fee. »Du bist wohl der nervigste Junge, der mir je begegnet ist.«

»Das weiß ich schon«, sagte Tobias.

»Nun dann.«

Die Fee hielt ihren Zauberstab hoch über den Kopf und drehte sich um die eigene Achse und Tobias saß mucksmäuschenstill auf seinem Bett um sie nicht zu stören:

»Sauber, zauber ... nein, zauber, sauber, pieps und papp, hör jetzt auf meinen Zauberstab, piepse hier und piepse da, Papageien-papapa ...«

Und pling! Da war es geschehen. Tobias blinzelte mit den Augen. Die gute Fee war schrecklich groß geworden und sein Zimmer ebenfalls.

»Oh«, sagte die Fee.

Oder war es Tobias, der geschrumpft war?

»Da ist wohl ein kleiner Fehler passiert ...«

Sie hob Tobias vor den Spiegel, der über seinem Schreibtisch hing. Tobias guckte hinein und stellte fest, dass das da drin einer der schönsten Papageien war, die er in seinem Leben gesehen hatte. Aber dann stellte er noch etwas anderes fest ... nämlich dass er selbst dieser Papagei war! Die gute Fee hatte gründlich falsch gezaubert!

»Oh Schreck!«, rief Tobias.

»Äh, ja ... aber du bist wirklich ein hübscher Papagei«, sagte die Fee. »Wobei ich allerdings fürchte, dass du eigentlich etwas anderes ...«

»Ich will wieder Tobias werden!«, krächzte Tobias und flatterte mit seinen Flügeln. »Ich will wieder Tobias werden!«

»Ja, nun, wenn man es genau betrachtet, dann hast du eigentlich schon einen Wunsch erfüllt bekommen, aber ...«

»Ich will zurückgezaubert werden!«, schrie Tobias und hüpfte auf seinen Papageienbeinen auf und ab.

»Ja, ja, das sollst du ja«, sagte die gute Fee. Sie sah ein bisschen verzweifelt aus. »Da gibt es nur ein kleines Problem: Ich kann mich nämlich nicht mehr so genau an die Zauberformel erinnern, die kleine Jungs aus Papageien wieder in kleine Jungs zurückzaubert ...«

»Ich will ich sein, ich will ich sein!«

»Ich weiß noch, wie man einen Papagei in einen kleinen Orang-Utan verzaubert ...«

»Nein«, krächzte Tobias, hüpfte schnell auf den Boden und trippelte unter das Bett, denn er wollte nicht in etwas verzaubert werden, das noch schlimmer war.

»Nun hör mal zu, mein Freund«, sagte die gute Fee. »Ich laufe schnell nach Hause und gucke in meinem großen Zauberbuch nach. Wenn ich das Kapitel gefunden habe, in dem steht, wie kleine Jungs wieder in kleine Jungs zurückgezaubert werden, dann komme ich schnurstracks zurück und rette dich.«

»Beeil dich, bevor meine Mutter von der Arbeit nach Hause kommt«, piepste Tobias unter dem Bett. Er wollte erst herauskommen, wenn die Fee ganz sicher war, wie sie ihn zurückzaubern konnte. Er wollte kein Papagei sein, aber ehrlich gesagt wollte er noch weniger ein kleiner Orang-Utan oder ein Heringshai oder irgendetwas anderes sein.

»Ja, ja«, antwortete die gute Fee gereizt, »ich beeile mich ja schon. Die Leute haben einfach keine Ahnung, wie viel gute Feen zu tun haben. Sie wünschen sich einfach dies und das und dann hört man nicht einmal ein kleines Wort des Dankes, es gibt immer nur Beschwerden und Gemecker ...«

Ihre Stimme wurde langsam leiser und war schließlich gar nicht mehr zu hören. Tobias guckte vorsichtig hervor um ganz sicher zu sein, dass sie davongeflogen war und nicht heimlich auf der Lauer lag um es mit irgendwelchen Zaubertricks zu versuchen. Das Zimmer war leer und die Gardinen flatterten aus dem Fenster, als wollten sie der Fee hinterherwinken.

Eins, zwei, drei - ein Papagei!

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