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Ich liege auf dem Grunde alles Seins
ОглавлениеAlles, was geschieht
Alles, was geschieht,
Ist nur Leid und Lied.
Gott spielt auf der Harfe Trost sich zu.
Welle fällt und steigt.
Ach wie bald schon neigt
Sich dein Haupt im Tod. Dann lächle du.
Der weisse schnee
Der braune Baum.
Die Wand: wie nah.
Blau: blauer Raum.
Die Matte schmilzt
Im Februar.
O Licht, du stillst,
O Licht, du willst,
Was willig war.
Gegeben ganz
Dem goldenen Geist,
Grüß ich den Kranz,
Der mich umkreist.
Die Glocke
Die Glocke dröhnt
Und stöhnt
Die Stunden in die Welt.
O, wer sie dieses Zwangs entbände!
Sie ist bis an ihr Ende
Bestellt,
Daß klingend sie ihr Herz ins Nichts verschwende.
Die Sonnenuhr
Wie bist du doch in eine Welt
Von Tag und Glanz hineingestellt!
Dich treibt der Strahlen Her und Hin
Erst zur Besinnung und zu Sinn.
Auf deines Bilds besonntem Runde
Zeigt grau der Zeiger Stund um Stunde.
Wie golden früh- und spätre Stunde funkelt!
Die gegenwärtige allein ist schattenschwarz umdunkelt.
Der Springbrunn
Im Stadtpark wird der Springbrunn angedreht.
Der Strahl schießt auf, tönt, steigt und steht
Für einen Augenblick,
Gehalten von der Sonnenfaust.
Und wie der Strahl dann in die Tiefe saust:
Wasser stieg auf, Glanz fällt zurück.
Wanderung
Ich bin so alleine,
Wer ist denn bei mir?
Es sprechen die Steine;
Es lächelt das Tier.
Ihr Vögel habt Flügel;
Es drückt mich der Schuh.
Ihr Bäume, ihr Hügel,
O kommt auf mich zu!
Umarme mich, Tanne!
Ich sinke so hold.
O, tränke mich, Kanne
Des Mondes, mit Gold!
Wo werden wir rasten?
Das Dunkel weht kalt.
Wir liebten, wir haßten,
Nun wurden wir Wald.
Uns ist gegeben
Uns ist gegeben:
Ein wolkiges Lächeln,
Ein stürmisches Segel,
Ein waldiger Schatten,
Ein mildes Gestirn.
Wir binden die Blüten
Im Frühling. Wir heben
Die Früchte vom Baume
Und keltern den Herbst.
Und winket der Winter
Mit schwingenden Tänzen,
Und locken die Nächte
Mit tönendem Wein:
Uns zittern die Füße,
Uns dämmern die Augen,
Uns sinken die Hände
Die leeren, die schweren –
Verschüttet am Boden
Rollt spielendes Blut.
Die Kinder verlachen
Die Tränen der Alten.
Sie deuten das Läuten
Verdunkelter Glocken
Am Abend als Hoffnung,
Am Morgen als Sieg.
Ich hab am lichten Tag geschlafen
Ich hab am lichten Tag geschlafen.
Es weint das Kind. Es blökt das Rind.
In meinem Weidentraume trafen
Sich Leiseklug und Lockenlind.
Kaum weiß ich noch, warum ich lebe.
Vereist mein Blick. Mein Blut verstürmt.
Wenn ich die Brust im Atmen hebe,
Sind Felsen über sie getürmt.
Die Schwester auch am Nebelhafen,
Sie bietet süße Brust dem Wind.
Vor klingender Taverne trafen Sie
Leiseklug und Lockenlind.
Den Sternen, die am Himmel pochten,
Warf Köcher ich und Becher hin.
Ich bin mit Mohn und Tod verflochten
Und weiß nicht mehr, ob ich noch bin.
Frühlingsgewölk
Frühlingsgewölk. Die Stare
Singen schön.
Die ersten Regentropfen trillern
Am Dach.
Die Wetterfahne weht
Nach Süden.
Die kleine Wiese
Weiß viel.
Träum ich die Tanne?
Träumt die Tanne mich?
Es lebt und stirbt
Sich leicht.
Am Luganer See
Durchs Fenster strömt der See zu mir herein,
Der Himmel auch mit seinem Mondenschein.
Die Wogen ziehen über mir dahin,
Ich träume, daß ich längst gestorben bin.
Ich liege auf dem Grunde alles Seins
Und bin mit Kiesel, Hecht und Muschel eins.
Irene: Du bist bei mir. Ich bin bei dir
Liebst du ewig?
Ich liebe heute.
Heute ist unsere Ewigkeit.
Heute ist unser Kometensturz.
Heute rollt der Schollenschwung
Indischer Eiszeit
Über uns liebendes Land hinweg.
Möge der Sterne
Springbrunn zerstäuben,
Möge der Sonne
Strahlender Pfirsich
Schmelzend zergehn!
Heute liebte ich
Deine Liebe,
Heute lächeltest
Du mein Lächeln.
Heute liebten wir Ewig uns.
Eine stürmische Stunde war
Alle Ewigkeit unser.
Noch spüre ich den ruch
Noch spüre ich den ruch
Von deinem Schoß
An meinen Fingerspitzen.
Noch schwebe ich,
Ein seliges Schiff,
Auf blondem Flusse
Ganz bekränzt.
Um meine Stirne
Schwirren Bienen bunt.
Die Blüte rauscht:
Lupinen! Fernes Feld!
Weit offen
Steht das Tor der nächsten Nacht.
Mein Herz:
Ja, tausendfach erglüht im Dunkeln
Herz neben Herz im milden Morgenwind.
Gott hat uns leicht und schwer gemacht
Gott hat uns leicht und schwer gemacht.
Du hast geweint. Ich hab gelacht.
Du hast gelacht. Ich hab geweint.
So Sonn und Mond am Himmel scheint.
Die stunde steht, die wunde brennt,
Die stunde steht, die wunde brennt,
Die Sonne sinkt vom Firmament.
Du bist bei mir. Ich bin bei dir.
Das Zimmer ist voll Goldgetier.
Hier kriecht es schwer, dort fliegt es leicht –
Wie ist die Wand so bald erreicht!
Dein kühler Mund auf meiner Stirn –
Die himmlischen Raketen schwirrn.
Die Seele stürzt. Ich weiß es nicht,
Warum mein Aug in Tränen spricht.
Eine nacht wie diese
Eine nacht wie diese
Will ich nun nicht mehr
Auf der weißen Wiese
Liegt der Schnee so schwer.
Auf dem blauen Himmel
Lasten Mond und Stern.
Auf dem roten Herzen
Ruht dein Herz so gern.
Tausend seufzer gehen
Tausend seufzer gehen
Hin und her.
Keiner konnt verwehen,
Stürmt es noch so sehr.
Liebesblicke viel
Sprangen hin und wieder.
Keiner fiel
Je zu Boden nieder.
Küsse haben wir gesogen,
Tausendfältig, ich und du.
Alle sind verflogen –
Liebste, warum zögerst du?
Einmal muss das leid doch enden
Einmal muss das leid doch enden
Und der Tränenstrom versiegen.
Einmal muß der Stein sich wenden
Und entbrannt zum Lichte fliegen!
Kein brief heute morgen
Kein brief heute morgen.
Alle Postboten Sind erfroren.
In den Lawinen Stecken die Züge.
Alle Briefkästen in Basel
Barsten.
Die Briefe, die an mich bestimmt,
Flatterten,
Weiße Möwen,
Ueber den Rhein.
Eine, hoch schon am Himmel,
Schreit.
Irene!
Wenn ich in Nächten wandre
Wenn ich in Nächten wandre
Ein Stern wie viele andre,
So folgen meiner Reise
Die goldnen Brüder leise.
Der erste sagts dem zweiten,
Mich zärtlich zu geleiten,
Der zweite sagts den vielen,
Mich strahlend zu umspielen.
So schreit ich im Gewimmel
Der Sterne durch den Himmel.
Ich lächle, leuchte, wandre
Ein Stern wie viele andre.
Passauer Distichen
Unter blühenden Kirschen im mächtig sprossenden Grase
Liegen die Liebste und ich. Schatten breitet der Baum
Über das grüne Bett mit weißen Blüten durchmustert.
Blüten mit leichter Hand schüttelt der Frühling herab.
Doch von des Mädchens Lippe pflück ich die süßesten
Früchte,
Fällt ihr ein Blatt auf den Mund, küß ich es zärtlich hinweg.
Also ein gütig Geschick uns Herbst und Frühling vereinte:
Schwebt die Blüte vom Baum, reift auf dem Mund sie zur Frucht.
Wiegenlied für mich
O ich liege weit
Außer Raum und Zeit,
In der Sonne lieg ich still und weiß.
Schnee bekränzt mich licht,
Himmel mein Gedicht,
Und die Wälder läuten laut und leis.
Aus der Tiefe steigt
Blond ein Haupt und neigt
Seiner Locken liebliches Gespenst,
Seele du der See, Seele du der Schnee,
Seele, Seele, Sonne wie du brennst!
So setz ich ohne ruh
So setz ich ohne ruh
Schlaflos hier Strich um Strich.
War nichts so gut wie du,
War nichts so bös wie ich.
Nichts war so schwarz wie ich,
Nichts war so blond wie du.
O bleibe, ewiglich,
Ruhlose, meine Ruh!
Wiegenlied für Irene
Einen Sommer lang
Goldne Glocke schwang,
Rief zu immer holderem Tag.
Schlugst das Aug du auf,
Lag mein Kuß darauf,
Und dein Herz in meinen Händen lag.
Einen Sommer lang
Lied und Lachen klang,
Und wir waren ganz vor
Glück entbrannt.
Schlang und Eidechs kam,
Und gezähmt sie nahm
Süßigkeit aus deiner guten Hand.
Einen Sommer lang
Mit dem Engel rang
Ich, daß ewig dieser Sommer sei.
Ach, ich war zu schwach,
Und im Herbste brach
Sensenmann das Ährenglück entzwei.
Dieser Sommer war
Voll wie hundert Jahr,
Die des Gottes Gnadenblut durchdrang.
Schenke sein Geschick
Unsrem Kind ein Glück
Viele, viele, viele Sommer lang.
Du nahmst in deinen händen
Du nahmst in deinen händen
Mein Herz mit in den Katafalk.
Ich bröckle aller Enden
Wie Kalk.
Bald werd ich nicht mehr ich sein,
Nur immer du.
Und Friede wird für mich sein
In deiner Ruh.
Mein Schmerz, er wird verschmerzt sein
Von mir.
Mein Herz, es wird geherzt sein
Von dir.
Ich seh's an deinem bilde, auch du leidest,
Ich seh's an deinem bilde, auch du leidest,
So himmelweit von mir entfernt zu sein.
Ich fühl, wie du die Engelspiele meidest
Und wie du traurig bist, besternt zu sein.
Ich bin nur deines Schattens schmaler Schatten.
Du bist so hell. Ich bin so dunkel ganz.
O wirf den goldnen Käscher nach dem Gatten
Und zieh hinüber ihn in deinen Glanz!
Wie mancher vor des fürsten strengem schein
Wie mancher vor des fürsten strengem schein
In knabenhafter Niederkeit erstirbt:
So sterbe ich vor dir. Die Grille zirpt.
Und dieser Tag wird wohl der letzte sein.
Ach, daß ich dennoch übers Grab hinaus
Die Arme ewig nach dir breiten werde!
Ich kehre nie zu meinem Vaterhaus,
Und fremde Erde ist wie keine Erde.
Komm zur stunde der gespenster,
Komm zur stunde der gespenster,
Daß kein Blick dich mehr berühre.
Komm mit einem Stern durchs Fenster,
Mit dem Windstoß durch die Türe.
Leg zu mir dich in die Kissen,
Laß uns Wang an Wange schweigen,
Bis in flammenderen Küssen
Wir uns zueinander neigen.
Nimm mich mit dir, wenn du scheidest
Beim Gesang der Philomele.
Leiden will ich, was du leidest,
Selig sein in deiner Seele.
Umhalse mich. ich friere
Umhalse mich. ich friere.
Ich liege so allein in deinem Bett.
Mein Mund sucht deine Lippen,
Meine Hand deine Hüfte.
Ich sah zwei Liebende am See.
Ich sank am Boden hin.
Ich sah ein blondes Kind;
Ich starb den ersten Tod.
Nie wieder wärmt mich deine Wange,
Nie wieder lächelt deine Stirn.
Nie wieder werden wir nach Rosenkäfern haschen.
Nie wieder weinen einer in des andern Aug.
Meine kleine schwester
Meine kleine schwester
Hat der Wind begraben.
Meine kleine Schwester
Ist verweht.
Nachts am Fenster
Rüttelt sie und flüstert.
Möchte stürmisch
In die Welt zurück …
Gaukle, gestade,
Gaukle, gestade,
Mir doch kein Gold vor!
Keinen hellen Tag mir,
Sonne!
Winselt, Wolken!
Schluchze, Obstverkäufer!
Knarrt, Platanen –
An den Ästen ächzen
Die Gehängten.
Welcher Vogel dort
Überm Berge schreit?
Schon seit Wochen zieht er seine Kreise
Überm Felsen,
Wo der Jäger ihm sein Weibchen schoß.