Читать книгу Die Theologie als Abenteuer - Klaus Berger - Страница 7
1. Biographie ist Theologie und Theologie ist Biographie Wozu eigentlich ein Buch mit Gesprächen ?
ОглавлениеLieber Herr Berger, wir kennen uns bisher, bis zu diesem Moment, da wir diese Gespräche beginnen, nur wenig. Ich bin gespannt auf das, was Sie über Theologie und ihre Bedeutung für Ihr Leben sagen werden. Die Öffentlichkeit liest mit. Aber Theologie wäre keine Theologie, wenn sie nicht öffentlich wäre.
Denn außer Gottesdienst und Hirtenbriefen gibt es seit 1000 Jahren in steigendem Maße weitere Marktplätze kirchlicher Öffentlichkeit. Dazu gehören auch die Theologischen Fakultäten und die Pädagogischen Hochschulen und andere Orte, an denen Menschen im Sinne der Kirche geprägt werden. Das zwingt den Theologen selber dazu, sich klar und damit auch angreifbar auszudrücken. Wenn man dann im Laufe der Zeit klarer und eindeutiger wird, dann liegt das daran, dass ein Prägestempel härter sein muss als das, was er formt.
Können Sie ohne weiteres über die Bedeutung der Theologie für Ihr Leben sprechen ? Sonst stehen doch viel eher die theologischen Fragen selbst im Zentrum der Aufmerksamkeit, die das Neue Testament und sein Umfeld betreffen.
Eigentlich ist mein Leben nicht Gegenstand meiner Lehre. Außer in der Beichte habe ich keine Zeit, darüber nachzudenken. Aber es stimmt nun einmal, dass Theologie Biographie ist. Und so verstehe ich Ihr Anliegen.
Gibt es eine Theologie, die nicht wesentlich in der Biographie desjenigen verankert ist, der sie betreibt ?
Eine solche Theologie gibt es nicht. Biographie ist Theologie und umgekehrt. Und deshalb veranstalten wir diese Gespräche. Es geht hier nicht um abstrakte Lehren, bei denen man sagen könnte, sie seien richtig oder falsch, rechtgläubig oder das Gegenteil davon. Sondern es geht um einen Menschen, der notgedrungen und – Gott sei Dank – von der Wahrheit Zeugnis geben muss und diese Wahrheit irgendwie widerspiegelt. Ohne dieses Zeugnisgeben als Zwischenglied für die Wahrheit geht es nicht.
Aber können ungünstige biographische Erlebnisse die Art, Theologie zu betreiben, in einem ebenso ungünstigen Sinne beeinflussen ? Dagegen ist die Theologie auf eine objektive Dimension angewiesen.
Die objektive Dimension, auf die Sie mich ansprechen, wird dadurch dargestellt, dass es auch noch andere Theologen gibt. In der katholischen Kirche hat es nie das Prinzip des einzigen Lehrers gegeben, außer im Matthäusevangelium, in dem es heißt, dass einer euer Lehrer ist, und das ist Christus (Mt 23,8). Aber selbst wenn man das Matthäusevangelium eingehender betrachtet, erkennt man, dass darin eine Fülle von Traditionen verarbeitet und eine Fülle von Denkwegen zur Diskussion gestellt werden. Wenn man am Prinzip des einen Lehrers festhält, dann kann es innerhalb der Jüngerschaft oder Schülerschaft Jesu Christi immer nur darum gehen, sich zu ergänzen.