Читать книгу Steine brennen nicht - Klaus D. Biedermann - Страница 8
Kapitel 3
ОглавлениеSam war eingeschlafen und ein leichtes Zucken seiner Pfoten deutete einen Traum an. Vielleicht war er gerade hinter einem Hasen her. Effel gönnte seinem Hund den Traum. Er wusste, dass er nur mit einem Schokoladenpapier leise rascheln musste, um seinen Sam auf Anhieb hellwach vor sich sitzen zu sehen. Er musste schmunzeln. Schokolade war das Höchste für Sam. Dann schweifte seine Erinnerung wieder zum Abschied von Mindevol.
»Ich weiß, dass die Kraft deiner Jugend dich treiben wird«, hatte er hinzugefügt, »und du sollst diese Kraft auch genießen, denn sie befähigt dich ja für diese Aufgabe. Sie wird dich manches Mal überreden, schnell zu sein, aber dabei kann man Wesentliches übersehen. Denke an die goldene Regel: Schritt für Schritt, denn das, was dich für eine Aufgabe befähigt, muss noch nicht das sein, was dich diese Aufgabe auch lösen lässt.«
Effel erinnerte sich gut an diese Regel, denn er hatte sie von Mindevol immer wieder gehört.
Sam befolgte sie in seinem Traum offensichtlich nicht, denn ab und zu fiepte er aufgeregt und seine Pfoten zuckten immer wilder. Effel gönnte seinem Hund die Jagd.
Er lehnte sich, auf einen Arm gestützt, zurück und sah über sich am Himmel zwei Bussarde gemächlich ihre Kreise ziehen.
»Sie sind so aufmerksam«, ging es ihm durch den Kopf, »und es entgeht ihnen nichts.« Dass man in Ruhe mehr sah, wusste er, denn er hatte es schon oft erlebt, besonders bei der Jagd. Er hatte gelernt, dass es sinnvoller war, sich auf einen Hügel zu setzen und den Blick ruhig umherschweifen zu lassen, als in der Ebene hinter jedem Busch nach dem Wild zu suchen. Aber er konnte auch ganz anders sein. Er verglich sich selbst manchmal mit dem »Ritter der Schwerter« aus Mindevols Tarotdeck, einem alten Kartenorakel mit zahlreichen bunten Abbildungen. Hin und wieder hatten sie das alte, abgegriffene Kartenspiel aus der Truhe in Mindevols Zimmer geholt, das blaue Ledertuch aufgeschlagen, die Karten gemischt und den »Geist des Tarots« befragt, wie der Alte sich auszudrücken pflegte. Der Ritter der Schwerter tauchte bei Effels Fragen des Öfteren als Antwort auf. Das Bild auf der Karte zeigte einen Ritter mit gezogenem Schwert, der sich über den Hals eines nach vorne stürmenden Pferdes lehnte. Das Visier weit offen, schien er vor nichts und niemandem Angst zu haben. Ringsherum standen von Sturm gepeitschte Bäume. Dieser Ritter war der einzige der vier Ritter des Tarots, der wild entschlossen nach vorn blickte und kein Auge für rechts oder links hatte.
Mindevol liebte dieses Kartenspiel. »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte«, hatte er damals erklärt, als er Effel in das Spiel einwies.
Die entschlossene Zielstrebigkeit des Ritters der Schwerter hatte ihm aber auch schon so manches Mal geholfen. Als Effel den Bussarden nachschaute, dachte er an das, was er zurückgelassen hatte. Er hatte den Ort seiner Kindheit und Jugend verlassen, um eine Mission zu erfüllen, von deren Ausgang sehr viel abhing – nicht nur seine eigene Zukunft. Dabei wurde er beseelt von einer unbekannten, tiefen Sehnsucht und dem absoluten Glauben an das Gelingen seiner Aufgabe. Dies hatte ihn von seinen Freunden immer unterschieden, ihm aber letztlich auch den Vorrang gegeben. Er war vom Ältestenrat des Dorfes für diesen Auftrag ausgewählt worden.
Er ließ die Menschen zurück, unter denen er geboren und aufgewachsen war und die er liebte, allen voran seine Familie und Saskia. Sein Dorf Seringat in dem Tal Alur, dem Zentrum des Geschlechtes der Kuffer, und vielleicht musste er auch Flaaland, seinem Vaterland, eines Tages den Rücken kehren.
Sein eigenes Haus, das seit einem halben Jahr fertig war und das er mit Hilfe seiner Familie und Freunde gebaut hatte. Wie stolz war er gewesen, seine Gäste durch das fertige Haus führen zu können. Dabei war es eher Zufall, dass das Haus da stand, wo es stand.
Als er nämlich einmal mit Sam auf einem ihrer Jagdstreifzüge durch die Wälder von Seringat unterwegs war, stieß er auf einen Granitfindling, der sechs Meter lang und teilweise unter der Erde begraben war. Eigentlich war es der Hund gewesen, der ihn bei der Verfolgung eines Ebers in das dichte Unterholz geführt hatte. Der Findling war mit Ästen der umstehenden Bäume, von Gestrüpp und Brombeeren dicht überwachsen, deswegen wohl hatte ihn niemand zuvor entdeckt. Als er den Stein näher untersucht hatte, stellte er fest, dass dieser perfekt lotrecht war und wie eine Hauswand aussah. Augenblicklich hatte er das Bild seines Hauses an diesem Platz vor seinem inneren Auge.
Die Entdeckung rettete dem Eber wahrscheinlich das Leben.
Effel war ganz begeistert direkt zu seinem Bruder, bei dem er noch wohnte, zurückgekehrt und da seine Freude ansteckend war, hatten die beiden gleich mit der Planung begonnen. Der Zeitpunkt war genau richtig, denn Julia, seine Schwägerin, war im vierten Monat schwanger und der Raum würde bald benötigt werden. An den Findling fügte er sein Haus an und er hatte von dort einen guten Blick auf sein Heimatdorf. Er liebte diesen Platz in der Nähe des Waldes. Die große offene Feuerstelle neben dem Kachelofen, den er direkt an den Findling angebaut hatte, war seine beste Idee gewesen, wie er fand.
Da die anderen Zimmer des Hauses auf zwei offenen Ebenen angelegt waren, heizte der Ofen alle Räume. Nur in seinem Schlafzimmer hatte er einen zweiten Kamin eingebaut. Er selbst gelangte im ersten Stockwerk auf der Empore mit ihrem kunstvoll geschnitzten Geländer in die Zimmer. Da er einmal Kinder haben wollte, hatte er groß genug gebaut. Sein Bruder Jobol, der inzwischen die Schreinerei des Großvaters weiterführte, hatte das Geländer angefertigt. »Das ist mein Einzugsgeschenk «, hatte er gesagt, nachdem er es angebracht hatte. In diesem Sommer hatte er vorgehabt, den Garten anzulegen, doch das musste jetzt warten.
Der Abschied von Saskia war bitter gewesen und schwerer noch als der von seinen Eltern, Geschwistern und Freunden. Sie hatte ihn gestern noch ein Stück begleitet. Hätte sie entscheiden können, wäre sie mitgekommen, aber der Rat hatte sie nicht gelassen. Hand in Hand waren sie schweigend nebeneinanderher gegangen, mit der Schwere des Abschieds und der Ungewissheit seiner Wiederkehr belastet. Als er aus einem Augenwinkel heraus ihre Tränen bemerkte, sagte er: »Es wird alles gut gehen, du wirst sehen, ich komme heil zurück.« Aber sie kannte ihn zu gut, deswegen hatte sie auch nicht die Unsicherheit in seiner Stimme überhört. »Ich würde es so gerne glauben«, gab sie mit gefasster Stimme zur Antwort, »ich werde mit meinen Gedanken bei dir sein und dir Kraft schicken.«
»Was soll dann noch schief gehen?«, versuchte Effel die Schwere aus der Szene zu nehmen, merkte aber gleich, dass es nicht ganz passend war. Er legte einen Arm um seine Freundin und zog sie enger an sich heran.
»Auch ich werde an dich denken, Saskia, du bist in meinem Herzen. Das wird mir Kraft geben, da bin ich mir sicher.« Im gleichen Moment flogen zwei Tauben von einem Baum in der Nähe auf, flogen ein Stück gemeinsam und trennten sich dann.
Effel hoffte, dass Saskia das nicht bemerkt hatte, denn auch sie hätte sicherlich ihre Schlüsse daraus gezogen. Wenn, so ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken.
»Danke Effel, für all die schönen Momente in meinem Leben. Du hast mir so viel gegeben und das werde ich bewahren, egal was passiert.«
Am Rande des Moores, in dem die Dorfbewohner ihren Torf stachen, nahmen sie in einer langen und innigen Umarmung wortlos Abschied. Dann streichelte Saskia Sam über den Kopf.
»Du passt gut auf ihn auf, nicht wahr, Sam?«Wie zur Bestätigung sprang der Hund an ihr hoch, wobei sie sich in Augenhöhe gegenüberstanden. Dabei berührte er ihr Gesicht mit seiner Schnauze, wie zu einem Abschiedskuss. Dann stellte er sich dicht neben Effel. Noch ein langer Blick, dann nahm Effel seinen Rucksack auf und folgte dem Hund, der schon losgelaufen war. Er war sich sicher, auch Saskia würde sich nicht mehr umdrehen.
Jetzt war er nicht mehr aufzuhalten und er hatte auch vorher nicht einen Augenblick daran gedacht, einen Rückzieher zu machen. Die Reise hatte begonnen und er konnte nicht wissen, ob er je zurückkehren würde. Er würde sein Bestes geben, denn er liebte Flaaland.
Im Norden wurde es beschützt durch das Agillengebirge, aus dem der mächtige vierzackige Gork herausragte und das im Frühjahr die noch kalten Nordwinde abwehrte. Im Westen bildete das Meer mit seinen steilen Küsten eine natürliche Grenze. Große Teile Flaalands waren vor vielen hundert Jahren noch eine Insel gewesen. Das Land war fruchtbar. Riesige Wälder beherbergten Wild in großer Zahl. Auf den Feldern wuchs das Korn in Fülle und die fischreichen Seen brachten willkommene Abwechslung auf manchem Speiseplan. Die Winter waren kalt und schneereich, die Sommer warm und trocken. Das war seine Heimat.
Dies war so lange sein Begriff von »Heimat« gewesen, bis er diesem merkwürdigen Gaukler mit Namen Malu begegnet war, der durch Flaaland reiste und dabei eines Tages auch in Seringat aufgetaucht war.
Einige Zuschauer hatten den Gaukler nach dessen Heimat gefragt und der hatte nur gelacht und geantwortet: »Meine Heimat ist überall«. Wenn auch einige der Umstehenden darüber gespottet hatten, der fünfzehnjährige Effel wurde dadurch an etwas erinnert. Vor kurzem noch hatte er in einem alten, schon mehr als abgegriffenen Buch, das er auf dem Dachboden im Hause seines Großvaters entdeckt hatte, den Satz gelesen: »Dort wo dein Herz ist, ist deine Heimat. Wenn du in deinem Herzen bist, bist du zu Hause.« Er fühlte damals schon, dass es stimmte.
Wenn er mit dem Gaukler zusammentraf, bekam er meist auch neue Denkanstöße. Fast war es so, als wüsste Malu, was in Effel gerade vorging. Später einmal, als beide schon Freunde waren, hatte Effel ihn gefragt:
»Oft sagst du etwas, das mich in eine neue Richtung führt. Kannst du Gedanken lesen?« Malu lachte ihn dann aus seinen wasserblauen Augen an: »Für dich mag es so aussehen, als hätte ich diese Fähigkeit. Wenn du die Gedanken deines Herzens meinst, so hast du sogar Recht. Ich erkenne deine Gefühle, denn wenn ich mit dir zusammen bin, ist es so, als würde ich in einen jüngeren Spiegel blicken. Wir schauen nämlich immer nur in Spiegel. Manchmal gefällt uns, was wir dort sehen, und manchmal nicht.«
Das war wieder so ein Ausspruch, der ihn zum Nachdenken angeregt hatte. Oft ließ der Gaukler ihn nach einer solchen Bemerkung einfach stehen, so als wolle er dem Inhalt der Aussage erst einmal Gelegenheit geben zu wirken. Effel wusste inzwischen, dass dies genau richtig war, wenn auch die meisten Leute dieses Verhalten als arrogant bezeichneten. Malu schien auf das Urteil anderer wenig Wert zu legen.
Dennoch gewann Malu die Herzen der meisten Zuschauer im Flug. Er hatte immer ein Lachen in den Augen und trotz eines unübersehbaren Bauches waren seine Bewegungen geschmeidig.
Die Kleidung, die er trug, war auffallend bunt und irgendwie wollte nichts recht zueinander passen. Während seiner kurzen Aufführungen, in denen er humorvoll ganz alltägliche Situationen aus dem Leben der Zuschauer spielte, nahm er jeweils ein oder zwei Kleidungsstücke weg und schon wurde der Charakter der jeweiligen Rolle deutlich.
»Andere Schauspieler haben eine Garderobe, in der sie sich umziehen, ich habe meine am Leib«, sagte er vor den Aufführungen.
Das, und vor allem wie er es sagte, brachte ihm sofort einige Lacher ein. Während seines Schauspiels sah man aber auch sehr nachdenkliche Zuschauer, wenn sie sich in dem Spiegel erkannten, den er ihnen vorhielt. Seine besondere Stärke war es, sein Publikum spontan in die Vorstellungen mit einzubeziehen, indem er ihnen kleine Stegreifrollen zuwies.
Wie sich dabei immer wieder herausstellte, hatte er ein sehr gutes Gespür für Menschen.
Sein Alter war schwer zu bestimmen, er selbst verriet es jedenfalls nicht. Er meinte, Leute, die ihre Lebensjahre zählten, würden sich auch »altersgerecht« verhalten. »Das, was wir über das Alter denken, gehört zu den größten Beeinflussungen, denen wir uns aussetzen können«, meinte er einmal während einer Aufführung. »Alter muss nicht zwangsläufig heißen, gebeugt zu gehen, bestimmte Krankheiten zu bekommen oder bestimmte Dinge nicht mehr zu tun.« Seine kleinen Theaterstücke waren auch Lehrstunden, zumindest für die Leute, die bereit waren, auch noch mit einem anderen Ohr und einem anderen Auge zu hören bzw. zu schauen.
Die Begegnung mit Malu, dem Gaukler, bereicherte Effels Leben und brachte ihm wichtige Erkenntnisse. Er betrachtete die Menschen seiner Umgebung nun mit dieser neuen »Spiegel-Erkenntnis«, wie er sie selber nannte. Er stellte sich vor, jedes Mal, wenn er mit jemandem zusammen war, in einen Spiegel zu schauen. Die Erfahrungen, die er dabei machte, überwältigten ihn geradezu. Nach und nach dämmerte ihm, welch ein großartiges Geschenk er sich selbst machte, indem er sich auf eine solche Erfahrung einließ, zumal er mit Malu darüber reden konnte.
Malu besuchte Seringat jetzt öfter. Die Leute im Dorf munkelten, dass seine Besuche etwas mit Birja, der Lehrerin, zu tun haben könnten. Offiziell war das nicht so.
Birja hatte erst vor einigen Monaten ihren Mann durch einen Jagdunfall verloren und das Trauerjahr war noch nicht vorüber.
Einfach war es nicht mit der Spiegel-Erkenntnis, oft war es sogar schmerzhaft. Aber das war nur am Anfang so. Es wurde Effel dadurch bewusst, wie wenig er sich selbst annehmen konnte, so wie er war. Damals konnte von »Geschenk« wirklich keine Rede sein. Erst später sollte er erkennen, dass die wirklich großen Geschenke, die das Leben macht, meist nicht in Geschenkpapier eingepackt sind.
Er dachte von nun an anders. Besonders schwer fiel ihm das bei den Leuten seines Dorfes, die er vorher immer abgelehnt hatte.
Bei Soko, dem Schmied, den er wegen seiner unbeherrschten Impulsivität mied, ja, der ihm sogar Angst einflößte, oder Suna, der Nachbarstochter, die sich über alles und jeden lustig machte. »Und die alle sollten seine Spiegel sein?«, fragte er sich so manches Mal. Es war wirklich eine harte Lehre. Es gab Momente, in denen er sich wünschte, Malu nie begegnet zu sein. Alles wurde so kompliziert. Aber das war vor der Zeit, in der es einfacher wurde. Soko zählte inzwischen sogar zu seinen engsten Freunden.
Mit einem leisen Bellen erwachte Sam aus seinen Träumen und brachte damit auch Effel wieder in die Gegenwart zurück. Die Sonne hatte bereits ein weiteres Stück ihres täglichen Weges zurückgelegt und Wald und Wiesen in ein sattes Grün getaucht.
Dieser Anblick machte es Effel leicht, seinen Rucksack wieder aufzunehmen. Er rief Sam einige ermunternde Worte zu und sie machten sich auf den Weg.
Die Bussarde waren vom Himmel verschwunden, vielleicht speisten sie gerade irgendwo in den Wipfeln der Bäume. Im Laufe der nächsten zwei Stunden kamen sie auch an dem Dorf Verinot vorbei. Effel sah die Menschen, von denen er viele kannte, auf den Feldern bei der Arbeit. Pferdekarren waren hoch mit Heu beladen und er hörte den Gesang der arbeitenden Frauen und Männer. Gerne hätte er das Dorf besucht, auch um zur Mittagszeit im »Wirtshaus zum Lamm« einzukehren. Mit Soko, dem Schmied, war er des Öfteren hier gewesen, wenn dieser die Pferde des Bürgermeisters beschlagen hatte. Dabei hatte er Soko auch von einer anderen Seite kennen gelernt.
Soko liebte die Natur, das Wandern durch den alten Wald und erkannte alle Vogelarten an ihrem Gesang. Hinter seiner Schmiede hatte Soko mehrere Verschläge, kleine Ställe und Käfige, in denen er kranke oder verletzte Tiere gesund pflegte.
Sogar Leute aus den Nachbardörfern brachten ihm Tiere. Dieser Hüne hatte ein gutes Herz und würde mit einem Freund das letzte Brot teilen. Dass er manchmal so impulsiv reagierte, lag an der großen Hitze, in der er arbeitete. »Das Feuer erhitzt auch mein Gemüt«, meinte er einmal, »deswegen hält es auch keine Frau lange bei mir aus.« Dass der wortkarge Mann auf diese Weise über sich nachdachte, wunderte Effel damals. Als Effel noch zur Schule ging, hatte er in den Ferien manchmal in der Schmiede geholfen und konnte deshalb gut nachvollziehen, was Soko meinte.
Im »Wirtshaus zum Lamm« konnte der Schmied nach getaner Arbeit gut und gerne zwei mächtige Portionen des ohnehin reichlichen Mittagessens verdrücken.
Da Effel heute, am zweiten Tag seiner Reise, ein gutes Stück vorankommen wollte, machte er einen Bogen um das Dorf. Das leichte Grummeln in seiner Magengegend ignorierte er. Es war inzwischen so warm, dass er froh war, am Waldrand ab und zu etwas Schatten zu finden. Sam lief, wie meist, ein Stück voraus.
Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen, nur seine Flanken bewegten sich im Rhythmus des Atems. Effel stutzte und näherte sich langsam.
Das, was die Aufmerksamkeit des Hundes erregte, schien aus dem Wald zu kommen oder aus dem Gebüsch, nahe beim Weg.
Jetzt war auch Effel angelangt, aber so sehr er sich bemühte, erkennen konnte er nichts. Sam hatte sich flach hingelegt, die Schnauze auf der Erde, heftig mit dem Schwanz wedelnd, begleitet von diesem Laut, den man bei Menschen sicher als Lachen bezeichnen würde. Er schien sich unbändig zu freuen.
Effel ging in die Hocke und beschloss, geduldig zu sein.
Irgendwann einmal war ihm klar geworden, dass er weniger sah, wenn er sich anstrengte, etwas »Verborgenes« zu sehen. Auch wusste er, dass Tiere Dinge wahrnehmen konnten, die für ihn selbst unsichtbar waren. Sie konnten sogar die Naturgeister sehen und sich mit ihnen in einer Sprache verständigen, die die Menschen verloren hatten.
Effel beneidete die Tiere um diese Gabe. Mindevol hatte einmal gesagt, dass auch die Menschen diese Fähigkeit besäßen, sie hätten nur verlernt sie zu nutzen.