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Kaisertum

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Der Karolinger Ludwig II. nahm seit 844 zunehmend die Rolle Lothars I. in Italien ein. Der Vertrag von Verdun regelte nach den Bruderkriegen die Aufteilung des karolingischen Frankenreiches unter drei Brüdern. Schon die Tatsache, dass dieser Vertrag in Rom hinterlegt wurde, deutet an, welches Gewicht päpstliche Autorität für die karolingische Staatlichkeit gewonnen hatte. Für die Päpste waren aber vor allem diejenigen Karolinger entscheidend, die dem regnum Italiae vorstanden und entsprechend auch in Rom Einfluss ausübten; nach der zwiespältigen Erhebung des Papstes Sergius II. kam Ludwig II. nach Rom, vielleicht um den neuen Papst zu bestätigen. Der Papst krönte ihn 844 zum König der Langobarden.67 Kaiserliche Hilfe benötigten aber sowohl Sergius II. als auch sein Nachfolger Leo IV., weil die Abwehrkämpfe gegen die Sarazenen die Päpste und die Stadt Rom allein überfordert hätten. So blieb der selbstbewusst auftretende Papst Leo IV. – soweit dies aus den überlieferten Brieffragmenten, aus Bauwerken, Liturgie und weiteren Hinweisen deutlich wird – auf die Zusammenarbeit mit den Kaisern angewiesen. Leo IV. erhob Ludwig II. sogar an Ostern 850 zum Kaiser;68 damit war die Perspektive verbunden, dass der Papst die Kaiserkrone auch künftig vergeben sollte, hatten doch die Nachkrönungen Ludwigs des Frommen und Lothars I. zunächst nur den Anspruch eines päpstlichen Erhebungsaktes aktualisiert.69 Die Sicherung des später als Leostadt bezeichneten Gebietes um St. Peter auf dem rechten Tiberufer durch eine große Mauer gelang unter Aufb ietung großer Kräfte; die Kaiser waren hieran beteiligt, wurden als Bauherren auf den Inschriften miterwähnt. Die Eigenständigkeit Ludwigs II. zeigte sich bei der „Doppelwahl“ 855, aber auch in Auseinandersetzungen mit Nikolaus I. und Hadrian II. Die kaiserlichen Züge gegen die Sarazenen nach Süditalien waren durchaus erfolgreich, im Februar 871 nahm Ludwig Bari ein. Mit diesen Aktionen versuchte Ludwig II., Teile Süditaliens in sein Reich zu integrieren. Byzanz, dessen Einfluss in manchen Gebieten Süditaliens fortbestand, wollte der Kaiser mit einem Heiratsbündnis für seine Tochter Irmingard gewinnen. Obwohl dies scheiterte, zeugt ein Brief (871) an den byzantinischen Kaiser Basileios I., den vielleicht Anastasius Bibliothecarius verfasst hat, von einem starken Selbstbewusstsein, das vielleicht ganz bewusst stilisiert wurde.70

Als Ludwig II. aber 875 ohne Nachfolger starb, stellte sich auch für Johannes VIII. die Frage, wer künftig das regnum Italiae regieren und gegebenenfalls das Kaisertum erlangen könnte. „Machte“ nun der Papst endgültig den Kaiser? Die in verschiedenen Reichen agierenden Karolinger verfolgten unterschiedliche Interessen, die schon vor Ludwigs Tod zu Verhandlungen zugunsten Karls des Kahlen und Karlmanns geführt hatten. Es kann als eine Neugewichtung der Verhältnisse in Italien angesehen werden, dass der Wille des Papstes nach dem Tod Ludwigs II. für die Zukunft des italischen regnum entscheidend wurde. Allerdings spielten auch Zeitfaktoren eine Rolle, denn gegenüber Karl dem Kahlen kamen die von Angilberga favorisierten Ostfranken Karlmann und Karl etwas zu spät nach Italien.

Am 25. Dezember 875, am gleichen Tag wie Karl der Große und damit in hohem Maße symbolisch aufgeladen, wurde Karl der Kahle zum Kaiser erhoben, gesalbt, gekrönt und akklamiert. Die päpstliche Regie war offensichtlich entscheidend, und der mächtige westfränkische Erzbischof Hinkmar von Reims fürchtete sogar einen zu großen päpstlichen Einfluss. Als Geschenk könnte Karl an Papst Johannes VIII. damals die „Bibel von St. Paul“ gewidmet haben; auch soll der Thron, die heute noch in der Apsis von St. Peter stehende „Cathedra Petri“, ein Geschenk Karls des Kahlen gewesen sein.71 Auf dem Rückweg wurde Karl der Kahle in Pavia (Februar 876) zum italischen König gekrönt, und im gleichen Jahr fand in Ponthion ein wichtiges Konzil samt Reichsversammlung auch im Beisein päpstlicher Legaten statt.72

Trotz dieser päpstlichen Dominanz bei der Kaiserkrönung Karls des Kahlen wurde Johannes VIII. der zahlreichen Probleme in Italien kaum Herr. Gegen die Sarazenen leistete der neue Kaiser Karl der Kahle keine Hilfe mehr. Die Spoletiner und andere Aufständische bereiteten zudem Probleme in Rom und Umgebung, so dass Johannes VIII. 878 sogar auf dem Schiffsweg nach Frankreich aufb rach, eine Reise, die in einem Konzil in Troyes gipfelte, auf dem zwar wichtige Weichen gestellt wurden, aber keine langfristige Orientierung der Päpste auf das Westfrankenreich hin festgeschrieben wurde.73 Auch nach seiner Rückkehr war Rom in einem nicht allzu gefestigten Zustand. Es blieb dabei: Kaiser halfen als Schutzherren offensichtlich nur, wenn sie an Ort und Stelle waren.

Geschichte des Papsttums im Mittelalter

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