Читать книгу Das Leuchten der Sterne in uns- Teil Zwei: Ankunft - Kristina C. Stauber - Страница 6
I.
ОглавлениеDass man freilich manchmal erst durch ein tiefes, finsteres Tal wandern muss, auch wenn sich am Ende alles so fügt, wie es vorhergesehen ist, das sah Eleonore an diesem Weihnachtsfest nicht.
Auch dass dies sie selbst betreffen könne, kam ihr nicht in den Sinn.
Alles erschien ja auch so ausnehmend vielversprechend.
Als sie später am Abend zufällig sah, wie Gunnar und Ruth im Schein des Lichtes, welches durch das Fenster nach draußen fiel, vorsichtige aber innige Küsse austauschten, während der Schnee sanft auf diese Nacht herabfiel, da wusste Eleonore, dass zumindest Ruth endgültig dort angekommen war, wo sie hingehörte.
Es sollte jedoch noch über ein Jahr dauern, bis sie und Gunnar heirateten und so auch vor dem Herrn und aller Welt ihre Liebe offiziell machten.
Die kleine Lotta startete zum Stolz ihrer Eltern schon die ersten Versuche zu laufen, als der Priester den weiten Weg von Silver Springs auf sich nahm, um die beiden zu trauen.
Ruth hatte auf Eleonores Anraten hin Gunnar in ihre wenig schmeichelhafte Vergangenheit eingeweiht.
Die Freundinnen hatten lange diskutiert, abgewogen und gehadert.
Als Eleonore eingewandt hatte: „Stell dir vor, der Agent kommt vorbei. Und lässt das falsche Stichwort fallen. Willst du, dass Gunnar es so erfährt? Willst du, dass du stets in der Angst leben musst, dass er irgendwann dahinter kommt? Es gibt immer dumme Zufälle! Lieber jetzt als später!“, da hatte Ruth die Zähne zusammengebissen und war zu Gunnar marschiert und hatte ihm alles erzählt.
Er war eine Woche noch wortkarger geworden, als er es ohnehin war und hatte vor sich hingebrütet.
Ruth hatte gelitten wie ein Hund.
Am Ende jedoch hatte Gunnar ihre Hand genommen und erklärt: „Sie gefällt mir nicht, Ruth, die Vorstellung, dass da viele andere Männer waren. Aber wir haben alle unsere Vergangenheit und ich glaube dir, dass es die Umstände waren, die dich dazu gezwungen haben. Und ich weiß, dass dein Herz an keinem von ihnen hing und ich sehe, was du durchgemacht hast. Und dass dein größter Wunsch war, davon loszukommen.
Die Vorstellung, ohne dich zu sein, jagt mir Schrecken ein.
Wir vergessen, was war. Versprich mir bloß, dass du Sven wie deinen eigenen Sohn behandelst, das ist meine einzige Bedingung.“
Ruth hatte vor Glück geweint, sie weinte noch, als sie Eleonore davon erzählte und der waren vor Freude auch gleich die Tränen über die Wangen gelaufen, dass sich nun alles so fügte.
Die Trauung fand an einem milden Frühlingstag statt. Es war ihr zweiter Frühling auf der Hope Ranch.
Der Pastor, der schon zu Lottas Taufe dagewesen war, war ein hagerer Mann mit pechschwarzem, streng zur Seite gescheiteltem Haar und einer langen, ganz leicht gekrümmten Nase, die ihm etwas Vogelhaftes verlieh. Er konnte nicht viel älter als dreißig Jahre sein.
Während der kleinen Feier, auf die Manuel und Antonio bestanden hatten – „So fröhliche Ereignisse müssen gefeiert werden. Arbeiten tun wir genug, das ganze Jahr!“ – saß Eleonore zufällig neben dem frommen Mann. Er war betont freundlich und um ein Gespräch bemüht. So war es auch bei Lottas Taufe gewesen. Die hatte an einem klaren Februartag im Jahr zuvor stattgefunden, als die Kleine gerade ein paar Monate alt gewesen war. Es war ungewöhnlich mild gewesen, der Schnee lag damals nicht sehr hoch und Erik hatte in Silver Springs zu tun gehabt. Noch unter dem Eindruck der schwierigen Geburt und der Erkenntnis, wie schnell plötzlich alles an einem seidenen Faden hängen konnte, hatte er kurzentschlossen den Pfarrer aufgesucht und ihn mit auf die Hope Ranch gebracht, damit das Kind getauft werden konnte.
Schon damals war er Eleonore nicht besonders sympathisch gewesen, er hatte etwas aalglattes, fast kriecherisches an sich. Dabei wirkte er wenig aufrichtig, was so gar nicht zu den frommen Worten passen wollte, die er nun von sich gab. Irgendetwas an ihm war ihr ein wenig unheimlich. Sie hatte auch seine kleine Ansprache nicht gemocht, damals wie heute nicht. Zu sehr hatte er betont, dass die Frau sich dem Mann in der Ehe unterzuordnen hatte und ähnliches dieser Art.
Eleonore hatte während der Vermählung auf allen Gesichtern rundherum ablesen können, dass die Worte niemandem der Anwesenden gefielen, aber schließlich war er der einzige Geistliche, der zur Verfügung stand, was sollten sie also sagen?
Umso mehr dachte Eleonore sich dazu. Sie hatte in letzter Zeit viel zu dem Thema gelesen und nachgedacht.
Ms Golding hatte gleich mit ihrer ersten Antwort auf Eleonores Brief aus Colorado begonnen, Bücher zu senden. Eleonore konnte ihr Glück kaum fassen. Endlich gehörten ihr wieder Bücher! Nicht bloß geliehen, nein, es waren ihre, sie konnte sie so oft und so lange lesen, wie sie wollte.
Natürlich schickte ihr Ms Golding viel Literatur, in der es um die Rolle der Frauen in Staat und Gesellschaft ging.
Inspiriert durch diese Lektüre hätte Eleonore dem Geistlichen viel entgegenzusetzen gehabt. Sie biss sich aber lieber auf die Zunge.
Das war nicht der richtige Rahmen für Streitgespräche, sie wollte Ruth nicht den Tag verderben.
Aber der Mann wirkte durch und durch verbohrt auf sie.
Sein Bemühen um das Gespräch mit ihr ließ sie unruhig werden. Warum schenkte er ihr so viel Aufmerksamkeit? Ungeduldig rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her. Als sie sah, dass die Getränke in den Krügen langsam zur Neige gingen, sprang sie beflissentlich auf, um Nachschub aus der Küche zu holen. Eine willkommene Ausrede, um das selbstgefällige und einseitige Gespräch mit ihm zu unterbrechen. Noch eine Minute mehr von seinen Ausführungen und sie wäre aus der Haut gefahren.
Sie verdrehte die Augen in Richtung Ruth.
Die folgte ihr, ein Kichern unterdrückend. Ihre Wangen strahlten rosig, sie hatte einen Kranz mit Frühlingsblumen im Haar.
„Na, du scheinst ja Eindruck auf den frommen Mann gemacht zu haben, der glüht ja förmlich vor Eifer, die sittsame, junge Dame zu seiner Rechten zu beeindrucken.“
„Tststs, sei ganz still, meine Liebe! Du hast gut reden, jetzt, wo du in den sicheren Hafen der Ehe eingelaufen bist. Der braucht doch bloß jemanden, der sich ihm unterordnet.“
Eleonore schüttelte sich, während Ruth breit grinste. „Ich hätte ihm wohl keinen Branntwein in den Tee geben sollen.“
Entsetzt sah Eleonore sie an. „Warum hast du das gemacht?“
„Nun ja, Rache ist süß, heißt es und mir hat so gar nicht gefallen, was er von sich gegeben hat. Und ein bisschen Wärme im Herzen hat doch noch niemandem geschadet, oder? Nur auf dich müssen wir jetzt aufpassen. Die Blicke, die er dir zuwirft, haben mir schon bei Lottas Taufe nicht gefallen. Nimm dich in Acht vor ihm!“
„Aber wieso sollte er mich denn…?“
„Eleonore, Süße, du bist klug, du bist witzig und du bist vor allem hübsch! Jetzt schau nicht so, als ob ich dir die Neuigkeiten des Tages verkündet hätte.
Der Kerl ist jedenfalls verklemmt, der hat ein ganz schräges Weltbild, das passt alles vorne und hinten nicht. Der predigt Keuschheit und so was, aber wer weiß, was in seinen Gedanken so alles vor sich geht. Ich kenne solche Männer. Leider…“ Sie starrte kurz ins Leere, dann flüsterte sie mit einem sarkastischen Unterton: „Wir sollten ihm mal ein bisschen etwas über die sündigen Verhältnisse hier auf der Ranch erzählen, von diesem Sodom und Gomorrha: Zwei Männer, die zusammen leben, eine ehemalige Prostituierte, die über ein Jahr eine wilde Ehe mit einem Immigranten führt und – oh höre mein Klagen, oh Herr, das Schlimmste von allem – ein junges Mädchen, das sich erdreistet, sich und andere zu bilden und auch noch über die Rechte der Frauen nachsinnt!“
In gespielter Verzweiflung schlug die die Hände vor dem Gesicht zusammen. Eleonore musste lachen und gab Ruth einen Knuff.
„Lasst euch bloß Zeit mit dem Kinder kriegen. Nicht, dass der fromme Mann in neun Monaten wieder hier steht!“
Ruth sah sie an. Sie zögerte und senkte dann die Stimme ein wenig mehr. „Darüber wollte ich mit dir sprechen…“
Eleonore scherzte: „Was, muss ich dir erst erklären, wie das funktioniert, mit den Kindern?“
Ruth winkte ab. „Nein, im Ernst, wie das geht oder zu verhindern ist, da kannst wohl eher du was von mir lernen. Aber weißt du, ich glaube, das hat wirklich Zeit mit den Kindern. Ich habe da eine ganz großartige Idee, bei der benötige ich aber deine Hilfe!“
* * *
Und so baute Ruth innerhalb nur eines weiteren Jahres mit einer schlichten Idee ihr eigenes kleines Unternehmen auf. Zu Beginn half Eleonore ihr vor allem bei den Zahlen und der Buchhaltung. Das, was sie zuvor selbst nicht beherrscht hatte, hatte sie in den Monaten auf der Hope Ranch gelernt, seit sie Antonio bei der Verwaltung unterstützte.
Die Hilfe zur Umsetzung bekam Ruth von ihrem Mann (wie stolz sie in den ersten Monaten nach der Eheschließung von „ihrem Mann“ statt von „Gunnar“ sprach, brachte jeden zum Lächeln). Auch Antonio und Manuel halfen, indem sie ihr die nötigen Gerätschaften zur Verfügung stellten.
Die Idee war so simpel wie genial: Ruth hatte auf ihren Fahrten nach Silver Springs erkannt, dass es den Menschen im County vor allem an einem mangelte: Zeit. Die Wege waren weit, die Arbeit hart und aufwendig. Und so war Zeit wohl das teuerste Gut.
Die Hope Ranch lag im Vergleich zu den Ranchen und Farmen rund herum noch am nächsten an Silver Springs.
So installierte Ruth Briefkästen an zentralen Stellen, die zwar jeweils ein Stück von den Farmen entfernt lagen, jedoch in höchstens einer halben Stunde Reitentfernung von den jeweiligen Häusern zu erreichen waren.
Dann klapperte sie alle Anwesen in der Umgebung ab und unterbreitete ihre Idee:
Sie bot an, kleinere Besorgungen für die Rancher und Farmer zu übernehmen.
Solche, die nicht lebensnotwendig waren und für die es sich somit für den Einzelnen nicht lohnte, nach Silver Springs zu fahren, die aber zu wichtig waren, als dass man auf den nächsten Großeinkauf warten konnte oder wollte oder auf einen von den Krämern, die dann und wann unregelmäßig über das Land zogen.
Die Leute sahen sie erst skeptisch an, als sie ihnen das erklärte und ihnen sagte, dass sie für diesen Service einen kleinen Extra-Obolus entrichten müssten.
Als Ruth ihnen aber vorrechnete, wie viel mehr es kostete, wenn sie die Zeit selbst investieren würden, um die Dinge zu besorgen, im Gegensatz zu ihr, die zwar den gleichen Aufwand betrieb, aber eben für mehrere Farmen gleichzeitig, da fiel doch bei dem einen oder anderen der Groschen. Die Rechnung hatte Ruth zuvor mit Hilfe von Eleonore und Antonio aufgestellt.
Ruth berichtete nach ihren Besuchen auf den umliegenden Höfen begeistert von den leuchtenden Augen vor allem bei den Farmersfrauen.
„Eleonore, das Problem ist ja meist gar nicht, dass die Leute kein Geld haben. Im Gegenteil, ich glaube, die Farmbesitzer hier sind teilweise recht wohlhabend. Sie haben bloß keine Zeit. Aber stell dir nur vor, die Frauen haben plötzlich die Möglichkeit, sich schöne Stoffe zu besorgen, ohne dabei Zeit zu verlieren, oder hübsche Bänder…“
Und so ritt Ruth in einer Woche die Briefkästen ab, in denen die Nachbarn ihre Bestellungen platziert hatten. In der nächsten Woche machte sie sich mit dem Wagen auf nach Silver Springs, um die lange Liste abzuarbeiten und an den folgenden Tagen lieferte sie die Dinge aus, je nach Art der Ware mit dem Pferd oder mit dem Wagen.
Freilich funktionierte das Geschäftsmodell zu Beginn nur, weil sie von allen unterstützt wurde und Pferde und Wagen ohne Aufpreis von Antonio und Manuel verwenden konnte. Die gute Lage der Hope Ranch war ein weiterer wichtiger Punkt.
Geschickt hatte sie außerdem mit den Ladenbesitzern in Silver Springs vereinbart, dass sie zu günstigeren Konditionen einkaufen konnte, wenn sich deren Umsatz durch ihre Geschäftsidee steigern würde.
„Denken Sie nur, plötzlich lassen die Leute durch mich Sachen bei Ihnen kaufen, auf die sie ansonsten vielleicht verzichtet hätten. Und Sie können mir Warenproben mitgeben, von denen die Leute dann beim nächsten Mal vielleicht kaufen möchten! Stoffe, Bänder für die Frauen. Kataloge mit Werkzeugen für die Männer.“
Eleonore verfolgte fasziniert, wie Ruth ihre Idee immer weiter ausbaute, und wie sie tatkräftig und mit eisernem Willen schuftete, um zu beweisen, dass sie Erfolgsaussichten hatte.
Ruth fuhr immer so, dass sie bei Tageslicht unterwegs war. Sie ordnete die Bestellungen in der Reihenfolge der einzelnen Läden in Silver Springs, damit sie diese möglichst zeitsparend abklappern konnte.
Die Verteilung der Einkäufe unternahm sie auch nach einem ausgeklügelten System, so dass sie ihr kleines Unternehmen möglichst wenig Zeit kostete und effizient durchorganisiert war.
Nur wenn größere Anschaffungen gemacht werden mussten, bat sie Gunnar um Hilfe.
Mit Manuel und Antonio hatte sie vereinbart, dass sie schlicht weniger Lohn bekam für die Zeit, die sie nicht auf der Ranch arbeitete.
Gunnar war ein wenig besorgt um seine Frau, da sie so viel allein unterwegs war.
„Da treibt sich Gesindel herum! Und du hast Geld dabei oder Waren.“
Ruth protestierte, aber Antonio fügte hinzu: „Ganz Unrecht hat er nicht, Ruth. Du solltest zumindest wissen, wie man eine Pistole bedient. Und wann immer es geht, nur mit dem Pferd reiten, da bist du schneller. Es schadet auch nichts, dass hin und wieder männliche Begleitung dabei ist.“
Wenn der Einkauf für die Hope Ranch anstand und ohnehin zwei Personen nach Silver Springs fuhren, so war neben einem der Männer meist Ruth diejenige, die mitkam, um die Einkäufe für ihr kleines Unternehmen gleich mit zu tätigen.
Aber oft genug war sie eben auch allein unterwegs.
So kam es, dass Manuel Ruth und dann auch Eleonore und Anna („Man kann nie wissen, wofür das nochmal gut sein kann, meine Damen!“) das Schießen mit der Pistole beibrachte. Eleonore war sich nicht sicher, was bei ihr überwog: Der Respekt vor der Waffe oder das Sicherheitsgefühl, das mit dem Wissen um die richtige Bedienung einherging.
Ruths häufige Fahrten nach Silver Springs hatten den Vorteil, dass Eleonore ihre Post zügig bekam, sobald sie im Postamt eingetroffen war, und sie ihre Briefe bald nach dem Schreiben aufgeben lassen konnte. Und so gönnte sie sich die Extravaganz, regelmäßigen Briefverkehr mit den wichtigen Menschen in ihrem Leben zu führen. Wenn die Post nur nicht so lange unterwegs gewesen wäre.
Besonders die Briefe der Mutter brauchten scheinbar eine halbe Ewigkeit und waren somit ein ganz besonderer Luxus.
So wohl sich Eleonore in diesen Jahren auf der Hope Ranch fühlte, so sehr dies ihr zweites Zuhause geworden war, so sehr fehlte ihr doch immer wieder das gütige, kluge Gesicht der Mutter. Aber sie hatte sich nun einmal für diesen Weg entschieden und bei allem, was sie vermisste, gab es doch so vieles, was den Verlust aufwog.
Auch mit Ms Golding führte sie regelmäßige Korrespondenz. Die Sendungen aus New York enthielten das ein oder andere Mal ein Buch, welches sie dann am liebsten sofort verschlungen hätte. Es waren sowohl Romane als auch Literatur zur Gleichberechtigung der Frauen oder andere philosophische und wissenschaftliche Werke, die Eleonore nicht immer gleich verstand, durch die sie sich aber stets tapfer durcharbeitete, bis sie alles begriffen hatte.
Wie schon die Vorlesestunden damals in New York, hatte auch der Briefwechsel wieder etwas Inspirierendes und nach jedem Brief, den sie von Ms Golding erhielt, nahm sie sich ein wenig Zeit, um über die Dinge nachzusinnen, welche die alte kluge Frau der Schreiberin der Briefe diktiert hatte. Eleonore wusste nicht genau, ob es die Nichte der alten Dame war, oder ob sie jemanden eingestellt hatte, der nun an Eleonores Statt vorlas und die Korrespondenz erledigte.
Auch mit Ms Bloomfield hatte sie, wenn auch seltener, Briefkontakt. Die war noch immer in Boston ansässig und berichtete stets voller Begeisterung von dem distinguierten Leben in dieser vornehmen Stadt.
Fast jeder Brief endete mit dem Hinweis, Eleonore möge sie jederzeit besuchen kommen, wenn es ihr in der Einöde nicht mehr gefalle.
Eleonore schmunzelte jedes Mal darüber. Was hätte sie nur ohne die gute Ms Bloomfield gemacht, damals auf der Überfahrt von England, die schon eine halbe Ewigkeit zurückzuliegen schien.
Von Jane kam sehr selten etwas, was Eleonore schmerzte. Und doch hatte sie ja schon in den Monaten in New York gespürt, dass die Freundin und sie sich ein wenig entfremdet hatten, dass die Vorstellungen vom Leben auseinandergingen.
Alle waren aber wohlauf. Jane hatte die erste Geburt gut überstanden und trug mittlerweile ihr zweites Kind unter dem Herzen.
„Wen es ein Mätchen wirt, dann rad mal, wie ich es nene: Eleonore!“, schrieb sie.
Mr Turner hatte wohl über Eleonores Fortgang kaum ein Wort verloren, nur irgendetwas gebrummelt. Mrs Turner ließ Eleonore regelmäßig grüßen und fragte nach ihrem Wohlergehen.
„Und Richard fraggd immetsu wie es in Colorado ist, ob sie wirklich so viel Silba finden und was du machst.“
Die Zeit flog nur so dahin in diesen Monaten auf der Hope Ranch. Es war eine arbeitsame Zeit, aber Eleonore lernte so vieles! Es waren die kleinen Dinge, wie das Klavierspielen, welches Antonio ihr voller Begeisterung beibrachte. Es war das, was sie dabei erfuhr, wenn sie bei den Verwaltungsaufgaben half, es war die Freundschaft zu diesen besonderen Menschen, die sie hier draußen in der Wildnis getroffen hatten, obwohl es doch damals mehr eine Flucht hier hinaus gewesen war.
Ihre Selbstsicherheit und ihr Selbstvertrauen wuchsen in dieser Zeit enorm und sie fühlte sich rundherum wohl, wo sie war.
Ruth brachte es auf den Punkt, als sie einmal sagte: „Eleonore, nicht, dass du mich falsch verstehst, du warst ja schon immer ein hübsches Ding, aber in letzter Zeit hat man das Gefühl, dass du von innen heraus strahlst! Ganz so, als ob du mit der Welt und dir selbst zufrieden wärst.“
Ihr Leben war ja auch mit so vielem Guten gesegnet:
Die Bereicherung durch die Korrespondenz mit Ms Golding, die vielen neuen Menschen und Sachen, die sie kennengelernt hatte, das Schicksal von Ruth, welches bewies, dass es möglich war, sich aus dem Dreck zu ziehen, und als Frau gleichzeitig verheiratet und selbstständig und erfolgreich zu sein. An dieser Stelle war Eleonore immer ein klein wenig stolz auf sich selbst, denn Ruth wurde nicht müde, ihr zu versichern, dass es Eleonore gewesen war, die ihren wesentlichen Teil dazu beigetragen hatte, dass Ruth es so weit gebracht hatte.