Читать книгу Gefesselte Lust - Teil 2 - Kristina Schwartz - Страница 5
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ОглавлениеIhr schien es, als hätte sich jemand an die Glocke der Straßentür gelehnt und wäre eingeschlafen. Es begann zu läuten und das Gebimmel wollte kein Ende mehr nehmen. Es war nicht jenes Läuten, das Kinder zum Spaß machten, auch nicht jenes, welches die Patienten verursachten, wenn sie statt beim Arzt bei ihr klingelten, und es war schon gar nicht jenes entspannt höfliche Läuten, das einen geladenen Gast ankündigte. Mürrisch ließ sie das Seil zu Boden fallen und ging mit runden Bewegungen zur Gegensprechanlage.
»Ja!?«
»Ich bin’s, Birgit. Machst du mir auf!?« Kam eine leere, verheulte Stimme aus dem Lautsprecher.
Sie stand bereits in der offenen Wohnungstür, als Birgit aus dem Fahrstuhl trat.
»Um Himmels willen, was ist denn passiert?«, rief sie, als sie das gerötete Gesicht ihrer Freundin sah. »Komm rein.«
»Ich wollt’ dich fragen, ob ich für ein paar Tage bei dir wohnen kann?«
Oh-oh, da hat es sicher Ärger mit dem Alten gegeben, dachte Nicola. »Aber sicher doch. Hab’ ja genug Platz. Komm, jetzt trinken wir erst mal einen ordentlichen Cognac und dann erzählst du mir in aller Ruhe, was war.«
Birgit brach erneut in Tränen aus. Als ihre Freundin mit dem Drink kam, hatte sie noch zwei Taschentücher verbraucht.
»Hier, mein Mädchen.« Sie gab ihr den Cognacschwenker, der mehr als zur Hälfte gefüllt war, legte ihren Arm fürsorglich um Birgits Schultern und merkte erst jetzt, dass sie kaum wahrnehmbar zitterte. Birgit nahm einen großen Schluck.
»Ich hatte Streit mit Tobias. Es ist eskaliert.«
Ach nein, auf das wär’ ich ja nie gekommen, dachte Nicola.
»Ich hab’ schon fast so etwas vermutet.«
Birgit erzählte. Sie hatte erst die Hälfte ihres zweiten großzügig eingeschenkten Glases Cognac geleert, als aus dem Studio eine weibliche Stimme rief: »Was ist denn jetzt? Machen wir nun weiter oder nicht?«
Oh, shit! Mein Model. Auf die hab’ ich ja glatt vergessen. »Das tut mir leid, meine Liebe. In der ganzen Aufregung hab’ ich total auf dich vergessen.« Sie stürzte ins Studio, wo ihr Model, mit auf den Rücken gebundenen Händen seit nunmehr fast einer Stunde am Boden verharrte. »Heut’ ist’s leider etwas ungünstig – mittlerweile.« Nicola befreite sie von den Seilen, gab ihr einen Abschiedskuss auf den Mund, einen Klaps auf den Po und warf sie so zärtlich wie möglich aus der Wohnung.
»So, jetzt sind wir ungestört.«
»Sag mal, die quatscht doch nicht, oder?«
»Mein Model doch nicht. Ein Grab ist eine Nachrichtenagentur im Vergleich zu ihr«, hoff’ ich jedenfalls.
»Dann ist’s ja gut. Ich brauch’ nicht noch, dass alle Welt erfährt, dass ich Streit in der Ehe hab’.«
Ein Glas später war Birgit ihren Frust und ihre Schauergeschichten über ihren Mann losgeworden – fürs Erste zumindest. Ihre Sprache war nicht mehr ganz so klar wie zu Anfang und ihre Stimmung nicht mehr ganz so düster. Dafür war sie müde.
Als Nicola ihr das Bett im Gästezimmer hergerichtet hatte, war Birgit bereits friedlich auf der Couch ins Reich der Träume gewechselt. Sie legte Birgits Beine auf das Sofa und deckte den ausgelaugten Körper zu. Tiefes Atmen, oder sollte es bereits leises Schnarchen gewesen sein, durchzog den Raum, der angenehm nach Cognac duftete. Sie trank noch den letzten Rest aus Birgits Glas und begab sich ebenfalls zu Bett.
Es war schon knapp nach elf Uhr, als Nicola bemerkte, dass sich etwas Lebendiges auf ihrer Couch räkelte.
»Guten Morgen, Schlafmütze!« Sie sah in Birgits Augen, die immer noch glasig waren.
»Ich hatte einen Albtraum. Hab’ geträumt, ich bin mit einem gemeinen, hinterhältigen Tyrannen verheiratet.«
Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht, dachte Nicola. Die gute ist, du hattest keinen Albtraum und die schlechte ... aber das geht jetzt wirklich zu weit. Und da ihr im Augenblick nichts Intelligentes einfiel, beschloss sie, lieber gar nichts zu sagen.
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Schinken, Eiern, Müsli und Kaffee unterbreitete ihr Nicola einen Vorschlag.
»Ich könnte mit dir etwas machen, wenn du das möchtest, so eine Art Therapie. Du darfst mir aber keine Fragen stellen und musst mir bedingungslos vertrauen.«
»Klar, kein Problem«, kam es ohne das geringste Zögern zurück.
Die wird sich sicher denken, jetzt hat sie eh nichts mehr zu verlieren, dachte die Fotografin.
»Was hab’ ich denn noch zu verlieren?«, sagte Birgit belustigt.
»Ich hab’ dir im Gästezimmer ein paar Klamotten bereitgelegt, wenn du die mal anziehst. Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich.«
Ohne ein Wort zu verlieren, verschwand Birgit.
»Bin schon fertig«, tönte es stolz aus dem Gästezimmer, als sie keine zwanzig Minuten später ins Studio wackelte – eine weiße Traumgestalt mit glasgrünen Augen und brünettem Pferdeschwanz. Ihre Kunden würden sie lieben, diese Bilder, die sie gleich von Birgit machen würde. Wirklichkeit gewordener Männertraum mit achtundvierzig Kilo und eineinhalb Promille Restalkohol. Nicola war zufrieden. In den nächsten zwei Stunden schoss sie unzählige Aufnahmen, bis Birgit müde unterbrach: »Ist das die Therapie?«
»Nicht wirklich, höchstens die Einstimmung, wenn du so willst.«
»Aha.«
»Wir sind aber gleich fertig mit den Fotos.«
Nicola verstaute ihre Kamera, machte die Blitzgeräte aus und holte ihren Rucksack mit den »Tools« aus dem Schlafraum. Sie gingen ins Gästezimmer, wo das Bett eine angenehm weiche Unterlage bot. Sie öffnete die Schnürung von Birgits Korsett nur, um ihren zarten Leib noch fester und enger einzuschnüren bis ihre Brüste eine Üppigkeit vortäuschten, die in dieser Fülle nun wirklich nicht vorhanden war. Nicola betrachtete ihr Kunstwerk. Das Korsett war im Rücken beinahe geschlossen, nur ein schmaler Spalt trennte die beiden Hälften. Anschließend fesselte sie Birgits Arme seitlich an ihren Oberkörper, sodass ihre Handflächen die Oberschenkel berührten. Ein Seil verlief oberhalb der Brüste, ein zweites umschlang mehrfach ihren Körper und ihre Arme in der Höhe der Ellbogen, ein drittes etwas unterhalb der Hüfte oberhalb der Handgelenke.
»Jetzt kannst du dich hinlegen.«
Birgit stöckelte in den engen Stiefeletten zum Bett und ließ sich steif wie ein Brett darauf fallen.
Dann begann Nicola Birgits Beine, die in weißen Latexstrümpfen steckten, aneinander zu fesseln. Oberhalb und unterhalb der Knie, bei den Knöcheln und um den Rist. Anschließend fixierte sie ihren Körper noch am Kopf- und Fußende des Bettes, so wie an beiden Seiten.
»Ist das jetzt die Therapie?«, fragte Birgits entfesselte Neugier.
»Fast«, lachte Nicola und schob ihr einen Knebel in den Mund und zog den Lederriemen fest. Dann setzte sie ihr noch eine Schlafmaske auf.
Birgit wurde nervös. Sie zerrte an den Seilen, versuchte sich auf die Seite zu rollen und gab ständig »mmmh« von sich.
»Ganz ruhig bleiben. Ich hab’ doch gesagt du musst mir bedingungslos vertrauen! Also ... Ich will jetzt nichts mehr hören!« Zufrieden, aber vor allem überrascht von ihrer autoritären Wirkung auf ihre Freundin, stellte sie fest, dass Birgits Widerstand sofort gebrochen war. Sie holte den MP3 Player und stöpselte die kleinen Knöpfe in Birgits Ohren. Ein kurzes Aufmucken, dann war es geschehen. Sie träufelte etwas Lavendelöl auf das Potpourri, dessen Duft bald angenehm den Raum durchzog.
Fünf Minuten später lag Birgit trotz – oder gerade wegen – ihres hilflosen Zustandes total entspannt auf dem Bett und entließ ihren Geist – bar jeder äußeren Einflüsse – in eine bisher ungekannte Freiheit, während sie den Gesängen der Wale lauschte.
Wußt’ ich doch, dass das klappt. Nicola grinste verschmitzt.