Читать книгу Perry Rhodan 176: In letzter Minute - Kurt Brand - Страница 4

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1.

Terrania, 21. Januar 2328, Zeit: 22.05.34 Uhr, Funkspruch von Reginald Bull an Regierenden Lordadmiral Atlan, chiffriert nach Stufe 1, über Zerhacker P-54 und Raffer R-x4.

Soeben auch Explorerverband INDIKATOR ohne Resultat zurückgekommen. Greife Vorschlag auf, mit allen Explorern und 30.000 Raumern der USO Suche nach dem Chef noch einmal durchzuführen. Erwarte Antwort, gez. Bull.

Antwort des Regierenden Lordadmirals Atlan an Staatsmarschall Reginald Bull, Zeit: 22.09.55 Uhr, Spruch behandelt wie oben.

Vorschlag nicht mehr realisierbar. Starke Molkexverbände sind in M 13 eingeflogen. Letzte Reserven nach Raum Arkon in Marsch gesetzt. Bully, ich kann nicht einmal mehr auf hundert Schiffe verzichten! Wir sind am Ende, wenn nicht in letzter Sekunde ein Wunder geschieht! gez. Atlan.

Funkspruch von Terrania zur Front, Zeit: 22.15.01 Uhr:

Explorer-Einsatzzentrale benachrichtigt zur Zeit alle Forschungsraumer. Zur Stunde suchen rund 2200 Schiffe Raum um Hieße-Ballung nach dem Chef und seiner Besatzung ab. Kann mit Hilfe der USO gerechnet werden, wenn Blues unsere Explorer angreifen? gez. Bull.

Atlans Antwort an Bull, Zeit: 22.21.28 Uhr:

Keine Hilfe möglich, und wenn die halbe Milchstraße abbrennen sollte! Nachschub kann um 20 Prozent gedrosselt werden. Letzte Einheiten aus der Hieße-Ballung treffen ein. Gesamtverluste 38 Prozent! Blitzrundfrage an alle Kommandanten erfolgt. Verbleib der ERIC MANOLI unbekannt. Nachricht aus M 13: Blues greifen bewohnte Welten an. Das Ende des Imperiums zeichnet sich ab. gez. Atlan.

Darauf kam von Terrania keine Erwiderung.

*

Irgend jemand hatte den Mund nicht gehalten.

Mit rasender Geschwindigkeit breitete sich im Imperium das Gerücht aus, das Flaggschiff des Großadministrators Perry Rhodan, die ERIC MANOLI, wäre im Zwischenraum von der Hornschreckenflut vernichtet worden.

Das Gerücht wurde sowohl im terranischen Interessengebiet als auch im arkonidischen Raum und im Blauen System von Mund zu Mund, von Planet zu Planet getragen.

Perry Rhodan ist tot!

Was Milliarden einfach nicht wahrhaben wollten, glaubten einige hundert Millionen um so lieber: Perry Rhodan ist tot!

Die Galaktische Abwehr mit ihrem feinen Gespür hatte schon vor Tagen Terrania darauf aufmerksam gemacht, welche Unruhe durch ein derartiges Gerücht im Vereinigten Imperium entstehen könnte.

Selbst auf jenen Welten, die am Rand des Imperiums lagen, wartete man von Tag zu Tag auf ein offizielles Dementi der Großadministration.

Terrania gab kein Dementi!

Ein Mann weigerte sich mit aller Entschiedenheit, an Perry Rhodans Tod zu glauben: Reginald Bull. Er hatte sich verbeten, auch nur mit einer einzigen offiziellen Anfrage, die Rhodans vermeintlichen Tod betraf, belästigt zu werden.

Selbst das Parlament, das eine diesbezügliche Anfrage stellte, wartete vergebens auf eine Antwort des Staatsmarschalls.

Die Presse in der Galaxis wurde unruhig. Aus den Nachrichtensendungen verschwand der Name des Großadministrators Rhodan nicht mehr. Vorübergehend wurden die Meldungen von der Front an die zweite Stelle gesetzt. Auch das erneute Auftauchen der Molkexraumer in M 13 löste selbst im Kugelsternhaufen Herkules kaum Aufregung aus. Aber Milliarden Arkoniden sahen in Rhodans Tod zugleich das Ende ihres Volkes.

Dieser Terraner, den ihre Vorfahren mit allen Fasern ihres Herzens gehasst hatten, war im Laufe der Zeit zu einer fast mythischen Figur geworden, und die Tatsache, dass er nicht älter wurde, hatte ihn für viele einfache Naturen zum Idol werden lassen.

Perry Rhodan ist tot!

Auch Bully hörte es immer wieder, und er las es den anderen vom Gesicht ab, was sie dachten.

Er sah auf den Kalender: 23. Januar 2328. Seit gestern suchten über 9000 Explorer die nähere und weite Umgebung der Hieße-Ballung nach dem Chef und der Besatzung der ERIC MANOLI ab. Sie suchten in dem unendlich großen Raum ein einziges Stäubchen, sie suchten in unbekannten galaktischen Sektoren die Welt, auf die sich die Männer aus dem Flaggschiff vielleicht gerettet hatten.

Marschall Julian Tifflor trat ein; groß, hager, erwiderte er aus braunen Augen Bullys fragenden Blick. Julian Tifflor, von seinen Freunden Tiff genannt, kam von der Einsatzzentrale der Explorer. Zusammen mit einem Team eingearbeiteter Fachleute hatte er die bisher von den Forschungsschiffen eingelaufenen Berichte ausgewertet. Für eine halbe Stunde war die Rieseninpotronik auf dem Mond in Anspruch genommen worden. Auf Grund der gefundenen Daten sollte die Inpotronik nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung angeben, ob noch Hoffnung bestand, den Chef und seine Männer zu finden.

Die Inpotronik hatte sich geweigert, diese Berechnung anzustellen.

»Nichts«, sagte Tiff auf Bullys fragenden Blick hin. »Weit über tausend Berichte sind inzwischen eingegangen. Tagesdurchschnitt pro Explorer acht Systeme; durchschnittlich jedes fünfte System mit Planeten ...«

Bully winkte ungeduldig ab. »Tiff, Sie sind und bleiben ein mathematisches Genie, aber wenn Sie mir jetzt vorrechnen wollen, wieviel Jahrhunderte unsere Explorer benötigen, um in einem Raum von fünftausend Lichtjahren Durchmesser alle Systeme zu kontrollieren, dann bekommen wir beide Streit! Ich will keine Zahlen mehr hören! Ich will nur die eine Meldung hören, dass man den Chef gefunden hat, aber nicht tot, sondern lebend!«

Tiff behielt seine Ruhe. Selbst in der Uniform eines Marschalls wirkte er schüchtern. Aber wenn man bedachte, dass Julian Tifflor zu den wenigen Menschen gehörte, die einen lebensverlängernden Zellaktivator trugen, dann wusste man, dass viel mehr in diesem Mann steckte, als er zu zeigen bereit war.

»Die Akonen machen mir größere Sorgen als das Verschwinden des Chefs, Sir«, erklärte Tifflor ruhig. »Hat der Chef nicht im letzten Spruch ausdrücklich erklärt, auf keinen Ruf zu antworten, bis er sich selbst wieder melden würde?«

»Habe ich Sie danach gefragt, Tiff?« Bully war ungerecht. Das, was der Marschall ihm gerade vor Augen hielt, hatte er sich selbst schon tausendmal gesagt, aber es wirkte nicht mehr.

Der Bildschirm flackerte auf. »Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragte Reginald Bull barsch.

Terranias Großfunkstation war der Vermittler. »Sir, Mister Leyden von Aralon möchte Sie sprechen. Gespräch als dringend gekennzeichnet!«

Heftig antwortete Bully: »Richten Sie diesem Mister Leyden aus, er solle sich mit seinen Sorgen gefälligst an die zuständigen Experten wenden, mich aber mit Anrufen ein für allemal verschonen. Ende!«

»Vielleicht hat Mister Leyden aber etwas Wichtiges zu melden, Sir!«, gab Tiff zu bedenken.

»Ist sonst noch etwas zu besprechen, Marschall?«, fragte Bully im ärgerlichen Ton.

Julian Tifflor beherrschte sich. Er musste weit in die Vergangenheit gehen, um sich einer ähnlichen Szene zu erinnern, in der er von Reginald Bull nicht mit Tiff, sondern mit seinem Dienstrang angesprochen worden war.

»Nein, Sir, ich habe nichts mehr vorzutragen.« Er nickte knapp, drehte sich auf der Stelle und ging. Kurz vor der Tür rief Bully ihm nach: »Tiff, Sie brauchen mir durch Ihren steifen Gang nicht noch extra zu verstehen geben, dass Sie wütend auf mich sind!«

Tiff ging bis zur Tür, drehte sich um und blickte Bully über die Schulter an. »Sir, haben Sie noch Anweisungen?«, fragte er kurz.

Diese im sachlichen Ton gestellte Frage machte es dem gereizten Bully unmöglich, anders, als ebenfalls sachlich zu erwidern: »Keine Anweisungen!«

Dann schloss Julian Tifflor die Tür. Unzufrieden mit sich selbst, rieb Bully sein Kinn und murmelte: »Der hat mir schön heimgezahlt. Aber versteht der mich denn auch nicht ...?« Und wieder dachte er an Perry Rhodan, und er merkte nicht, dass er stöhnte.

*

Atlan und seinem Generalstab blieb es weiterhin unerklärlich, warum die Gataser immer wieder so genannte Brennpunkte schufen, wo sie mit massierter Kraft die Schiffe der Imperiumsflotte angriffen, während sie die Abschnitte rechts und links davon ungeschoren ließen.

Auch das Erscheinen und Verschwinden der Molkexschiffe aus dem Kugelsternhaufen M 13 war mit Hilfe der Logik nicht zu deuten. Die Vermutung, die Blues würden erst Erfahrungen sammeln, ob es für sie ungefährlich wäre, bewohnte Welten anzugreifen, konnte nicht bewiesen werden.

Eins stand aber fest: Jener tragische Fall, der den Blaupelzen 48 Terraner hatte in die Hände fallen lassen, lieferte ihnen die ersten wichtigen Nachrichten über das Vereinte Imperium. An den Vorstößen einzelner Molkexschiffe war eindeutig zu erkennen, dass ihnen die galaktischen Positionen der wichtigsten Imperiumswelten bekannt geworden waren. Einen weiteren Hinweis hatte ihnen jener Serienbericht in der TERRANIA-POST geliefert, der unter dem Titel: Der Krieg, der kein Krieg ist! veröffentlicht worden war. Darin hatte gestanden, dass auf Arkon III, der Erde und Aralon B-Hormonforschung betrieben würde. Dass weder Aralon noch die Erde bis zur Stunde uneingeladenen Besuch durch Bluesschiffe erhalten hatten, war ein weiteres Rätsel.

Selbst die Posbis mit ihren Fragmentraumern hatten sich inzwischen auf die schier widersinnige Tatsache eingestellt, dass ihre gesamte technische Überlegenheit gegenüber den Molkexraumern keinen Solar wert war, weil sie über kein Mittel verfügten, die halb organische, halb mineralische Molkexhülle der feindlichen Schiffe zu zerstören.

Mit einer nicht zu beschreibenden Dreistigkeit rasten oft die hässlichen Bluesschiffe in Gruppen heran, stürzten sich gemeinsam auf einen Raumer und versuchten durch Punktfeuer aus ihren an und für sich primitiven Strahlwaffen, die energetischen Schutzschirme des Gegners zum Zusammenbruch zu bringen. Dieses Punktfeuer, wenn es aus ausreichend vielen Geschützen erfolgte, war sogar in der Lage, die Schutzschirme eines Kampfschiffes der Imperiumsklasse zu vernichten.

Damit ergab sich ein Umstand, der Atlan in seiner zehntausendjährigen Erfahrung noch nicht vorgekommen war: Trotz technischer und auch zahlenmäßiger Überlegenheit war er mit seinen Flottenverbänden nicht in der Lage, das ständige Vordringen der Gataser aufzuhalten, wie er auch nicht für den Schutz bewohnter Welten garantieren konnte.

Dieser ungleiche Kampf, der für das Imperium mit einer völligen Niederlage enden musste, wenn nicht bald ein Wunder geschah, hatte auf politischem Gebiet etwas Gutes zustande gebracht.

Im Imperium gab es nur noch das Volk. Die Springersippen, die Überschweren, die Aras und die lethargischen Arkoniden hatten sich in der Galaktischen Allianz mit den Terranern zum Volk der Humanoiden zusammengefunden.

Innerhalb dieses politischen Gebildes, das sonst noch viele Jahrzehnte der Entwicklung benötigt hätte, um eine in sich geschlossene Einheit zu werden, hatte sich aber auch ein politischer Unruheherd herauskristallisiert, der nicht mehr zu übersehen war.

Die Regierung der Akonen, der Große Rat, spielte nicht nur mit dem Gedanken, sich aus der Galaktischen Allianz zu lösen, sondern versuchte, diese Trennung auch wirklich durchzuführen, um, wie bekannt geworden war, Akon vor den Blues zu retten!

Aus aufgefangenen und entzifferten Funksprüchen und auf Grund von Agentenmeldungen der Galaktischen Abwehr hatte man klar herausfinden können, dass die Akonen im Blauen System verräterische Beziehungen zu den Gatasern unterhielten.

Schon seit Wochen wurden sämtliche Transmitterstationen im terranischen sowie arkonidischen Bereich schärfstens bewacht, weil das gesamte Transmittersystem auch an die Stationen des Akonenreiches angeschlossen war. Diese Sicherheitsvorkehrungen hatten getroffen werden müssen, wollte man nicht Gefahr laufen, einer plötzlichen Gataserinvasion im Imperium gegenüberzustehen.

Reginald Bull hatte durch seinen Botschafter auf Sphinx, der Regierungswelt des Blauen Systems, dem Großen Rat unmissverständlich zu verstehen geben lassen, dass sie im Falle eines Verrates mit allem zu rechnen hätten, was Verrätern zustände.

Der Große Rat hatte immer wieder hoch und heilig versichert, dass er seine vertraglich festgelegten Verpflichtungen dem Imperium gegenüber buchstabengetreu einhielte.

Als man Bully das erste Mal diese Versicherung übermittelte, hatte er dafür nur eine vernichtende Bemerkung übrig.

Mit den Akonen beschäftigte sich in dieser Stunde auch Atlan.

Die Funkzentrale seines Flaggschiffes hatte einen Spruch des Großen Rates aufgefangen und entziffern können. Der Inhalt der Meldung war so wichtig, dass man nicht umhin konnte, Atlan während einer Lagebesprechung zu stören.

Wortlos nahm der Lordadmiral die Folie in Empfang und warf kurz einen Blick auf den Text. »Es ist gut. Danke«, sagte er dann zu dem Funkoffizier und führte die Lagebesprechung fort.

Niemand sah ihm an, wie es in ihm arbeitete. Die entschlüsselte Akonenmeldung, die Atlan gerade zur Kenntnis genommen hatte, sprach von einem Verhandlungsangebot des Großen Rates an die Gataser. Die Akonen erklärten sich bereit, hundert Sauerstoffwelten in ihrem Bereich den Blues zur Verfügung zu stellen, wenn diese gewillt wären, sie als neutral anzusehen und einen Friedensvertrag mit ihnen abzuschließen.

Der Chef des achten Flottenverbandes, Ike Maturno, fuhr in seinem Vortrag fort. »Der achte Verband ist seit der letzten Lagebesprechung um mehr als vierhundert Lichtjahre in Richtung auf das Imperium zurückgewichen. An Verlusten haben wir zweiundvierzig Einheiten zu verzeichnen. Zum größten Teil sind sie darauf zurückzuführen, dass die Blues eine Ortung entwickelt haben, die es ihnen ermöglicht, festzustellen, wie schnell sich unsere Schutzschirme beim Defensivmanöver drehen. Auf diese Weise sind die Gataser in der Lage, das Rotieren mitzumachen. Mit anderen Worten: Besser als je zuvor können sie durch Punktfeuer unsere Schirme zusammenbrechen lassen.

Frage: Wie haben wir uns von jetzt ab zu verhalten? Wir können doch nicht ständig zurückweichen!«

»Nun, meine Herren?«, fragte Atlan und ließ seinen Blick kreisen.

Der Chef des dritten Flottenverbandes, Balter Green, klopfte auf den Tisch. »Über diese Frage zu sprechen, heißt nur Zeit vergeuden. Wenn unsere Wissenschaftler uns noch länger im Stich lassen und keine erfolgreiche Waffe gegen dieses verdammte Molkex entwickeln, dann können wir aufgeben. Mir will es nicht in den Kopf, dass unsere Spezialisten bis jetzt immer noch auf der Stelle treten. Mehr habe ich zu dem Fall nicht zu sagen!«

Von rechts und links murmelte man Zustimmung.

»Beschaffen Sie Molkex, Green!«, rief Atlan.

»Auch das begreife ich nicht, Sir«, erwiderte der Mann erregt. »Warum schildert man den Schreckwürmern auf Tombstone nicht unsere Lage? Was spielt es für die denn eine Rolle, wenn sie uns einmal zehntausend Tonnen reines Molkex zur Verfügung stellen?«

»Green, man hat eine diesbezügliche Zustimmung erhalten. Aber bald stellte sich heraus, dass die Zustimmung wertlos war, Sämtliche Welten, auf denen im Augenblick durch Hornschrecken Molkex erzeugt wird, werden von den Schiffen der Gataser bewacht! Und Molkex nimmt man nicht so einfach an Bord; wir beherrschen immer noch nicht die Erntetechnik der Blues. Und jetzt sagen Sie mir einmal, woher wir das so dringend benötigte Molkex beziehen sollen? Selbst der Chef scheint an der Lösung dieses Problems gescheitert zu sein!«

»Sir!« Balter Green erregte sich noch stärker. »Sir, eine Lagebesprechung ist noch nie in dieser Form zu Ende gegangen. Was soll ich meinen Offizieren erzählen, den Kommandanten der einzelnen Schiffe? Wofür sollen die Männer bereit sein, zu sterben, wenn das Opfer ihres Lebens keinen Sinn mehr hat?« Tiefes Verantwortungsbewusstsein sprach aus seinen Worten.

Einen Augenblick lang sah Atlan ihn prüfend an. »Sagen Sie Ihren Männern, dass ich die Terraner bewundere, weil sie nie die Hoffnung verlieren!«

Green wurde verlegen. »Danke, Sir«, sagte er dann mit heiserer Stimme. »Ich werde meinen Männern Ihre Worte mitteilen.«

Minuten später war die Lagebesprechung zu Ende. In den Annalen der Flotte stand später zu lesen:

Lagebesprechung vom 26. Januar 2328.

Regierender Lordadmiral Atlan sagte: Ich bewundere die Terraner, weil sie nie die Hoffnung verlieren!

Von der Front aus aber raste ein Leichter Kreuzer der Städteklasse in Richtung Erde; von der Erde jagte das schnellste Schiff diesem Kreuzer entgegen.

Atlan hatte nicht gewagt, die aufgefangene und entschlüsselte Meldung der Akonen an die Blues über Hyperkom Reginald Bull mitzuteilen. Aus Sicherheitsgründen nahm er den Zeitverlust in Kauf und schickte sie per Raumer zur Erde. Auf diese Weise hatte er die Gewähr, dass die Botschaft, ohne die Gefahr abgehört zu werden, Bull erreichte.

*

Achtzig Männer hielten sich hinter der Energiesperre auf.

Bisher waren alle Versuche misslungen.

In wenigen Minuten würde Versuch 63 anlaufen.

Der Raum vor der Sperre war bis auf einen Tisch und einen Roboter leer. Auf dem Tisch stand ein kleines, verkapseltes Gerät, dem man der Einfachheit halber den Namen Konzentrierer gegeben hatte.

Es war der 63. Konzentrierer, der benutzt wurde. Alle anderen waren auf Grund der misslungenen Versuche zerstört worden.

Der Roboter schaltete das Gerät ein und entfernte sich. Der Teil des Raumes vor der Energiesperre besaß weder ein Fenster, noch eine Öffnung in den Wänden.

Am Steuerpult hielt sich allein Tyll Leyden auf. Er beobachtete ein Fernmessgerät, das bereits anzeigte, dass das Wasserstoffsuperoxyd im Konzentrierer immer stärker angereichert wurde und längst schon den Prozentgehalt besaß, bei dem es instabil werden konnte.

Jetzt war der Grenzwert erreicht, bei dem das H2O2 unter heftigen Reaktionen zu zerfallen drohte.

»Dreiundneunzig Prozent!« Ungewollt war Leyden diese Angabe laut über die Lippen gekommen.

In seiner Nähe flüsterte ein Mann seinem Kollegen zu: »Heute scheint der Versuch...«

Ein Donnerschlag ging durch den Versuchsraum. Unter Blitzen und Dampfentwicklung explodierte auch der 63. Konzentrierer! Der Tisch aus Terkonitstahl hielt der Beanspruchung stand, die sperrende Energiemauer schützte die beobachtenden Wissenschaftler vor Sprengstücken. Tyll Leyden schaltete am Pult alles auf null.

Das Ergebnis des Versuches war eindeutig.

Das künstliche B-Hormon sträubte sich auch weiterhin, die paraphysikalischen Eigenschaften des natürlichen Wirkstoffes anzunehmen. Was nach theoretischen Berechnungen gar nicht so schwierig sein sollte, nämlich, dem synthetischen Stoff eine 5-D-Konstante aufzuoktroyieren, erwies sich in der praktischen Durchführung als ein Projekt mit einem ungeheuren Schwierigkeitsgrad. Über viertausend Wissenschaftler widmeten sich bisher erfolglos dieser Aufgabe.

Nicht nur auf Aralon, auch auf der Erde und auf Arkon III versuchte man in ununterbrochener Folge, dem künstlich erzeugten B-Hormon jene Hyperkonstante aufzuzwingen, die im natürlichen Wirkstoff vorhanden war und welche das B-Hormon dazu befähigte, H2O2 selbst in hundertprozentiger Konzentration völlig stabil zu halten.

Aber man war weniger an dieser chemischen Reaktionsbremse interessiert, sondern an der H2O2-B-Hormonverbindung, die das Molkex in den flüssigen Aggregatzustand treten ließ.

Wissenschaftler sprachen von paralysatorischen Eigenschaften, die sich aus einem Überladungsvorgang aus den einzelnen Atomkernen entwickelten. Es stand fest, dass die Kerne Hyperteilchen abstießen, aber immer noch wusste man nicht genau, ob diese Hyperimpulsabgabe mit einem Hypergravitationsstoß verwandt war.

Als Tyll Leyden den Versuchsraum verließ, um sein Arbeitszimmer aufzusuchen, hatte er Mühe, vorwärtszukommen. Auf großen Antigravplatten schwebte neues Material heran, das von der Erde geschickt worden war.

Oben auf dem Raumhafen löschten drei Handelsraumer ihre Ladung. Alles verschwand in dem unterirdischen Forschungslabyrinth von Aralon.

Als Leyden mit seinem engsten Mitarbeiter Quar Mestre sein Büro erreichte, schwebte die nächste Reihe schwerstbeladener Antigravplatten vorbei.

Nachdenklich blickte Mestre ihnen nach. »Wenn wir über kurz oder lang keinen Erfolg erzielen, dann wird dieser Fall die größte Fehlinvestition des Imperiums.« Mestre schloss die Tür. »Was haben Sie eigentlich mit Ihrem Anruf an Mister Bull ausgerichtet, Leyden?«

»Nichts.« Er sagte nicht einmal, dass Reginald Bull sich geweigert hatte, ihn anzuhören.

Sie saßen sich gegenüber. Quar Mestre blickte ihn an. »Wie immer, von vorn?«

Zum 64. Mal begannen sie Berechnungen anzustellen. Irgendwo musste der Fehler doch stecken!

»Leyden, oder ist das, was wir als Konstante sehen, gar keine?«, sagte plötzlich Mestre.

Tyll Leyden blickte nicht einmal auf. »Mestre, machen Sie mich nicht verrückt. Wie kommen Sie bloß auf diese Wahnsinnsidee?«

»Wie kommt man darauf, Leyden? Es schoss mir eben so durch den Kopf ...«

Ein leichtes Zittern lief durch den Boden. Beide Männer grinsten sich etwas schadenfroh an. Dieses Zittern kannten sie inzwischen alle. Irgendwo in den Tiefen dieses Gebäudes, in irgendeinem Labor, war mal wieder ein Versuch mit Wasserstoffsuperoxyd und B-Wirkstoff misslungen.

Nicht nur sie kamen nicht vorwärts; ihren anderen Kollegen erging es nicht besser. Aber war das ein Trost?

Perry Rhodan 176: In letzter Minute

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