Читать книгу Die Tochter der Eriny - Lara Elaina Whitman - Страница 8

Die Dunkelelben von Drun

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Mon Dieu, dass die Eriny es nicht lassen konnten! »Ich bin keine Hexe!«, sagte ich wieder einmal empört. Davon hatte ich die Nase gestrichen voll.

Die Elbenkrieger hatten mich mittlerweile umzingelt und beäugten mich misstrauisch. Wenigstens erschossen sie mich nicht sofort. Hinter den Kriegern entstand Bewegung und ein junger Mann, etwa in meinem Alter, drängelte sich durch die Reihen. Er blieb ein paar Meter vor mir stehen und verschränkte seine Arme vor der Brust.

»Mein Lord, bitte. Sie könnte gefährlich sein«, sagte einer der Elbenkrieger und hob nervös seinen Armbrustbogen, mit dem er auf mich zielte.

Das war hier ja wie im Mittelalter, stellte ich besorgt fest. Der junge Elbe musterte mich von oben bis unten und ich musterte ihn zurück. Er hatte kaum spitze Ohren, im Gegensatz zu Fürst Ausonor. Sein Gesicht war fein geschnitten und seine Augen waren grün, soweit ich das bei dem Licht erkennen konnte. Auch seine Haare schienen nicht dieses silberne Weiß zu haben, sondern waren dunkel und lang. Er war ziemlich groß und schlank, so wie alle Elben. Sein Gesicht hatte ebenfalls die typische längliche Form. Ich konnte nicht umhin festzustellen, dass er gut aussah.

Er lächelte mich an, aber es sah nicht freundlich aus. Wenigstens hatte er einigermaßen normale Zähne, fast wie Menschen. Ich atmete angespannt aus.

»Ich weiß nicht genau was sie ist, aber bestimmt keine Dunkelelbe. Vielleicht hast du recht, Hauptmann, vielleicht ist sie ein Spion der Hexen und menschlich.« Er fing an um mich herumzuwandern. »Außerdem ist sie sehr schmutzig.«

Ich zog scharf die Luft ein. Er hätte wenigstens mit mir direkt sprechen können. Was war ich für den eigentlich? Ein Ding? Wut staute sich in mir und ließ ein paar Blätter aufwirbeln. »Ist das Ihre Art von Gastfreundschaft? Können Sie nicht mit mir direkt reden?«, vorsichtshalber siezte ich den Kerl. Schade, dass er so unsympathisch war. Er sah so gut aus.

Der junge Elbenlord hatte seine Runde um mich herum beendet und blieb wieder vor mir stehen. Seine Augen blitzten mich an. »Gastfreundschaft? Warum sollten wir einem Eindringling Gastfreundschaft gewähren?«

»Mein Lord, wir sollten die Hexenspionin in den Kerker bringen und sie verhören. Wir müssen wissen wie sie hierhergekommen ist und warum«, sagte der Elbenkrieger drängend.

»Dafür braucht ihr mich nicht zu verhören. Ich bin über das Triskelenetz gekommen. Dort hinten an eurem Baum. Es tut mir leid, aber ich wusste nicht, dass ich hier landen würde«, sagte ich genervt und auch ein wenig besorgt. Die würden mich doch nicht etwa foltern? Ich erinnerte mich an die zahlreichen Burgenbesuche mit meinen Eltern und an die schaurigen Geräte, die die damals eingesetzt hatten, um die Gefangenen zum sprechen zu bringen. Unauffällig tastete ich nach dem Jaspastein, aber vermutlich war ich zu schwach um ihn zu benutzen. Mir war sowieso ganz flau in den Beinen und es war kalt. Ich fror erbärmlich.

»Dieser Baum ist nicht an das Triskelenetz angeschlossen! Außerdem können die Pfade nicht bereist werden. Du lügst! Bringt sie in den Kerker«, antwortete der Hauptmann scharf, anstelle des Lords.

»Doch, das ist er. Seht doch einfach nach!«, rief ich aufgebracht. »Bitte!«, setzte ich dann leicht verzweifelt hinzu. Diese ganze Situation begann mir immer mehr Angst zu machen.

Der Elbenlord bedeutete seinem Hauptmann mit einer gebieterischen Handbewegung nachzusehen, während er mich nicht aus den Augen ließ. Der ging natürlich nicht selbst, sondern winkte einem seiner Untergebenen. Die hatten hier eine ganz klare Rang- und Hackordnung!

Der Elbenkrieger, der aufgefordert worden war nachzusehen, löste sich aus der Reihe und ging zu dem Baum. Es dauerte eine Weile, bis er zurückkam und flüsternd Bericht erstattete. Dabei warfen sie mir immer wieder Blicke zu, die ich nicht deuten konnte. Nervös trat ich von einem Bein auf das andere. Es war sowieso ein Wunder, dass ich nach all den Strapazen, die ich in den letzten Tagen hinter mich gebracht hatte, noch aufrecht stehen konnte. Ich war unendlich müde, durstig und sehr hungrig. Vermutlich würde ich mir eine Erkältung holen, wenn ich noch länger in der Kälte bleiben musste. Wie zur Bestätigung nieste ich. Das fehlte mir gerade noch.

Der Lord trat vor. Drohend baute er sich vor mir auf. »Nur die Manda´anah können einen Zugang zum Triskelenetz erschaffen, doch du bist keine von ihnen. Soviel steht fest. Wir haben von schlimmen Dingen gehört. Von dunkler Magie und von einem Feldzug, der scheiterte. Von mächtigen Hexen die bösen Zauber wirkten. Warum sollten wir dich nicht für eine von ihnen halten?«

»Weil ich keine von denen bin.« Tränen liefen mir die Wangen hinab, ich konnte sie nicht mehr zurückhalten. Sie zogen eine nasse Spur in meinem schmutzigen Gesicht. Ich wischte sie mit meiner Hand fort. Mein Zeichen leuchtete kurz auf. Düster betrachtete ich es. Das hier hatte mich hierher gebracht. Das Zeichen der Eriny war schuld.

»Was hast du da in deiner Hand?«, fragte mich der Elbenlord scharf.

Ich versteckte meine Hände trotzig auf dem Rücken. Das ging die gar nichts an und schwieg.

»Wir haben von einer Menschenfrau gehört, die gezeichnet wurde. Antworte!« Der Elbenlord sah mich streng an.

»Wenn Sie nur davon gehört haben, dann waren Sie bei der Schlacht am Silberfluss nicht dabei?«, fragte ich ihn und versuchte so neutral wie möglich zu klingen. Eigentlich dachte ich, dass alle Elben und Dämonen daran teilgenommen hatten.

»Und, warst du denn dort«, sagte der Hauptmann und richtete wieder seine Armbrust auf mich.

Ich wiegte den Kopf. »Ja und Nein. An der Schlacht selbst habe ich nicht teilgenommen. Die Manda´anah haben mich nach Schloss Dagda geschickt, aber es ist etwas auf dem Weg dahin schiefgegangen«, antwortete ich geknickt und biss mir gleichzeitig auf die Lippen. Das hatte ich doch gar nicht sagen wollen.

»Deine Hand, ich will sie sehen!«, forderte der Elbenlord mit kühler Stimme. Es klang ruhig, aber auch gefährlich.

Etwas sträubte sich in mir, aber ich hatte keine Wahl. Was würden sie mit mir machen, wenn sie wussten wer ich war. Allerdings war auch die Frage, was sie mit mir machen würden, um es herauszufinden, wenn ich nichts sagte. Ich hatte kein Vertrauen in diese Elben hier, aber wann hatte ich das bisher schon gehabt. Zögernd öffnete ich meine Handfläche und zeigte ihnen mein Zeichen.

Schweigen breitete sich aus. Es dauerte eine kleine Ewigkeit bis der Elbenlord etwas sagte. »Wir haben von dir gehört. Viele unterschiedliche Dinge. Viele Meinungen. Wir können nicht einschätzen, was davon wahr ist und was Betrug. Hauptmann, bringt sie in den bewachten Trakt. Sorgt dafür, dass sie zu essen bekommt und … badet.« Er rümpfte die Nase. »Morgen sehen wir weiter. Es ist jetzt zu spät meine Mutter zu informieren.« Mit diesen Worten drehte er sich auf dem Absatz seiner Stiefel um und ging.

Ängstlich blieb ich zurück. Die Elbenkrieger schlossen einen bedrohlichen Kreis um mich und drängten mich aus dem Garten hinaus. Nach einem langen Weg durch dunkle Gänge, steile Treppen und über feuchte Innenhöfe kamen wir schließlich auf die andere Seite des mittelalterlichen Bauwerks. Jetzt war ich weit weg von dem Triskelezeichen. Das fand ich nicht gut.

Wir hielten vor einem hohen rechteckigen Turm mit vergitterten Fenstern an. Meine Besorgnis wuchs. Von hier konnte ich bestimmt nicht fliehen. Der Hauptmann schickte die meisten seiner Leute weg und bedeutete mir ihm zu folgen. Flankiert von zwei seiner Männer traten wir durch ein steinernes Tor in einen Innenhof. Von dort ging es durch eine Holztür und eine steile Treppe nach oben. Ich versuchte mit ihm Schritt zu halten. Sie stießen mich unsanft an, wenn ich nicht schnell genug war. Schließlich blieb ich schwankend stehen.

»Ich kann nicht mehr. Ich bin seit Tagen unterwegs, ohne zu essen und zu trinken und hundemüde.« Es war nicht gelogen. Ich war kurz davor einfach umzufallen.

Die Elbenkrieger, die hinter mir standen, grummelten genervt, doch ich ließ mich nicht mehr beeindrucken. Nicht nur, dass ich total fertig war, ich hatte das herumgeschubst werden einfach gründlich satt.

Der Hauptmann kam zurück und betrachtete mich mit zusammengezogenen Augenbrauen.

»Es ist nicht mehr weit, Gezeichnete«, sagte er grollend und gab seinen Leuten einen Wink, die mich mit ihren Lanzen in den Rücken piekten.

Ich biss die Zähne zusammen und schleppte mich die Stufen hinauf. Wenigstens war es tatsächlich nicht mehr weit. Nach ein paar Metern standen wir plötzlich in einem großen, hell erleuchteten Raum. Eine Frau war gerade dabei Feuer im Kamin anzuzünden. Das war ja wirklich wie im Mittelalter, stellte ich betroffen fest. Die Frau trug eine weiße Haube und ein bodenlanges Kleid aus einem grauen groben Stoff, darüber eine bunte Schürze. Sie hob den Blick nicht, sondern hielt den Kopf gesenkt. War sie etwa ein Mensch, fragte ich mich besorgt, aber dann sah ich ihre spitzen Ohren.

Wenigstens war es hier heller. Unschlüssig blieb ich einfach stehen, wo ich war. Die Elbenkrieger tuschelten aufgeregt miteinander, während sie mich immer wieder musterten. Der Hauptmann scheuchte sie hinaus und warf dann noch einmal einen Blick auf mich. Er räusperte sich und versuchte etwas freundlicher zu mir zu sein. »Das was du da trägst, Gezeichnete, wo hast du das her?«

Ich blickte ihn verständnislos an. »Was meinen Sie denn?«

Er deutete wortlos auf mein Mieder und ich begriff endlich. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht bei dem Gedanken an die Elbenkrieger, die mir das genäht hatten. Sie waren zum Schluss richtig nett geworden und ich vermisste sie tatsächlich ein wenig. »Das ist von einer Rotviper, die ich getötet habe. Freunde haben das für mich genäht.« Ich strich sanft den Schmutz von meinem Mieder, der einfach abzufallen schien nachdem er angetrocknet war.

»Du hast eine Rotviper getötet? … Wie?«, misstrauisch und breitbeinig baute der Hauptmann sich vor mir auf.

Ich sah ihm an, dass er mich am liebsten auf die Streckbank geschickt hätte, um die Wahrheit herauszufinden. »Ja, ich persönlich, mit meinem Kris-Schwert das mir der Tektek-Dämon gegeben hatte, bevor wir unsere Reise angetreten hatten«, antwortete ich mit Stolz in der Stimme. Es war mir mittlerweile egal, was der Elbe glaubte oder was nicht. Ich wollte mich nur noch hinlegen.

»Das kann nicht sein!«, bellte er. » Du bist eine schwache Frau. Die können nicht kämpfen. Sei froh, dass unser Lord so gütig ist, sonst wärest du jetzt nicht hier oben und ob du tatsächlich gezeichnet worden bist werden wir noch herausfinden«, setzte er noch zornig hinzu. Jeder Anflug von Freundlichkeit war fort.

Das brachte in mir das Fass zum überlaufen. Diese Kerle hier waren arrogant und intolerant. Da brauchte ich mir nur diese arme Frau anzuschauen, die verängstigt am Boden kniete und sich mucksmäuschenstill verhielt. Ich trat einen Schritt vor und maß ihn mit zornigem Blick. »Was Sie glauben und was nicht ist mir langsam aber sicher egal! Ihre Arroganz ist anmaßend. Wenn es Ihnen nicht passt, dass die Manda´anah mich gezeichnet haben, dann beschweren Sie sich doch bei denen. Ich habe mir das hier nicht ausgesucht. Mir reicht es jetzt gründlich«, schrie ich aufgebracht.

Der Hauptmann richtete sich drohend auf, doch ich war zu wütend um mich einschüchtern zu lassen. Die Luft begann um mich zu kreisen. Zornig hob ich meine linke Hand und der Elbenkrieger wurde gegen die Zimmerwand gedrückt, wo er kreidebleich stehen blieb wie ein Zinnsoldat. Die Dienerin sah mich mit schreckgeweiteten Augen an. Verblüfft hielt ich inne. War ich das etwa gewesen?

»Entschuldigen Sie, ich wollte sie nicht erschrecken«, sagte ich zu der Dienerin, die sich neben dem Kamin furchtsam zusammenkauerte und mich anstarrte als wäre ich ein Monster aus einem Alptraum. Ich senkte meine Hand. Der Hauptmann fiel auf die Knie, immer noch bleich wie ein Gespenst. Das geschah ihm recht. Irgendwie fühlte ich so etwas wie Genugtuung, obwohl das dumm war. Jetzt würde der Elbenmann bestimmt alles tun, um sich zu rächen. Ein wenig zurückhaltender sagte ich, »Sie dürfen wieder aufstehen«, da er immer noch kniete und sich nicht rührte.

Erstaunt sah ich zu, wie er sich mit gesenktem Kopf erhob und sich schwach verneigte. Dann ging er hinaus. Verblüfft blickte ich ihm hinterher. Ich hätte mit mehr Widerstand gerechnet. Was sollte das denn nun wieder sein? Soll einer diese Elben verstehen, ich jedenfalls nicht.

Ich wurde in meinen Gedanken unterbrochen, denn ein paar Frauen kamen herein. Sie trugen ein Tablett mit Essen und ein paar Eimer mit dampfendem Wasser, die sie in eine Wanne gossen, die sich hinter einem Vorhang befand. Himmel, das wurde ja immer vorsintflutlicher. Da waren ja die Hütten in Argo na´ata noch fortschrittlicher. Wollten die mir etwa beim Baden helfen? Mit abwehrender Miene wich ich zurück.

»Ich kann das selbst. Das müssen Sie nicht tun«, sagte ich so freundlich wie möglich.

Die Frauen blickten mich unsicher an. Die Elbenfrau, die das Feuer angefacht hatte, tuschelte leise mit den anderen. Sie gingen schließlich, nachdem sie mir rätselhafte Blicke zugeworfen hatten.

»Eigentlich darf ich nicht mit Gefangenen sprechen, aber Ihr wart sehr freundlich zu mir … meine Dame«, sagte die Dienerin leise und mit gesenktem Kopf.

»Sarah, ich heiße Sarah«, antwortete ich perplex.

Sie verbeugte sich tief vor mir. »Wie Ihr wünscht, edle Dame, doch bitte enthebt mich davon. Es könnte meinen Kopf kosten.«

»Was? Ich verstehe nicht!«, stieß ich verblüfft hervor Was hatte das denn zu bedeuten?

Die Elbenfrau sah sich unruhig um, dann trat sie respektvoll näher an mich heran. »Unser Herr besteht auf guten Umgangsformen, wenn Ihr versteht.«

An meinem Gesicht musste sie wohl erkannt haben, dass ich nichts begriff.

»Darf ich Euch von unseren Umgangsformen erzählen, während Ihr badet?« Sie verneigte sich noch einmal.

Nach kurzer Überlegung nickte ich. Ich brauchte zwar keine Hilfe und wollte das eigentlich auch nicht, aber vermutlich war es wichtiger zu erfahren, was hier eigentlich los war, als mein Schamgefühl zu pflegen. Kurzentschlossen ging ich zur Wanne hinüber und begann mich auszuziehen. Die Dienerin eilte zu mir und wollte mir helfen, aber ich wehrte ab.

»Danke, das kann ich schon. Könnten Sie mir etwas zu trinken und zu essen bringen, ich bin am verhungern«, lenkte ich sie ab. Es war mir doch zu peinlich, mich von jemandem Fremden ausziehen zu lassen.

Rasch schlüpfte ich aus meinen Kleidern und stieg in das heiße Wasser. Es war ziemlich heiß, aber nach einer Weile fühlte es sich richtig gut an. Vermutlich war ich nur so ausgekühlt gewesen. Die Elbenfrau brachte mir einen Teller mit Brot und Fleischstücken, etwas Obst und einen Becher mit einer Flüssigkeit, die verdächtig nach Wein aussah. Meine Mutter wäre wohl nicht davon begeistert. Ich musste mich beherrschen nicht alles auf einmal hineinzustopfen, sondern langsam zu kauen. Noch nie hatte ich in der Badewanne gesessen und gegessen. Mit einem großen Schluck spülte ich den letzten Bissen hinunter. Es war tatsächlich Wein. Davon würde ich bestimmt einen Schwips bekommen. Genüsslich griff ich dann nach Seife und Schwamm und begann mich unter den verstohlenen Blicken der Elbenfrau zu waschen. Meine Rundungen hatten sich in den letzten Monaten gut entwickelt. Meine Figur war weiblicher geworden, auch wenn meine Beine immer noch ziemlich lang waren, länger als die meiner Mitschülerinnen, genauso wie meine Finger. Nachdem ich mich ordentlich geschrubbt hatte, kam endlich wieder meine weiße Haut zum Vorschein. Das Wasser war ziemlich dreckig geworden und so stieg ich unter den Blicken der Dienerin rasch heraus, die es nicht lassen konnte mich in ein Handtuch zu wickeln. Aufseufzend setzte ich mich auf mein Bett und zeigte auf den Stuhl daneben. »Das hat gutgetan. Danke. Ich war so schmutzig. Bitte setzen Sie sich und bringen Sie mir ein paar ihrer Umgangsformen bei«, sagte ich und unterdrückte ein Gähnen. Im Grunde genommen fielen mir fast schon die Augen zu und ich hoffte, dass das nicht zu lange dauern würde.

Die Frau warf einen erschrockenen Blick auf den Stuhl, setzte sich dann aber steif auf die Kante. »Unser Herr, das dunkle Licht möge seine Lordschaft lange leben lassen, ist gütig. Er verwaltet das Erbe der Dunkelelben von Drun bis unser junger Herr alt genug ist, alles zu übernehmen. Unsere Herrin, Lady Elyn Drun lebt seit vielen Jahren in Abgeschiedenheit und Trauer um den Tod ihres Gatten und ihres ersten Sohnes und hat ihrem Bruder, Lord Harkon Conen das Amt überlassen. Lord Conen hat uns in dieser Zeit einige Umgangsformen beigebracht, auf deren Einhaltung er sehr viel Wert legt. Frauen von niedrigem Stand dürfen in seiner Anwesenheit nicht sprechen und essen, nicht sitzen und müssen den Kopf gesenkt halten. Sie dürfen sich nicht selbst verteidigen und nicht widersprechen. Über ihre Zukunft bestimmt zu allererst der Lord, dann der Vater oder der Ehemann.« Sie ruckelte ungemütlich auf dem Stuhl hin und her.

»Aha!«. Da blieb mir doch die Spucke weg. Ich war zu verblüfft, um etwas Vernünftiges herauszubringen. Jetzt war ich doch tatsächlich im Mittelalter gelandet. Ich ersparte mir zu fragen, warum sie sich das gefallen ließen. Vermutlich würde ich keine Antwort bekommen. Es war bestimmt nicht leicht aus so etwas auszubrechen. Ich sollte nicht vorschnell urteilen. Wer weiß was aus mir unter solchen Umständen geworden wäre. Sie tat mir jedenfalls unendlich leid, denn es ging ihr nicht besonders gut. Das war ja nicht zu übersehen. Aber ich konnte nichts für sie tun, ja nicht einmal für mich selbst. Statt weiter über Zustände zu grübeln, an denen ich nichts ändern konnte, fragte ich, »und Lady Drun, findet sie das denn … angemessen?«. Mir war plötzlich klar, dass die Wände hier Ohren hatten und ich sehr vorsichtig sein musste und das nicht nur wegen mir.

Die Dienerin sah mich mit einem schmerzlichen Blick an. Eine Antwort bekam ich nicht, aber ich hatte auch so verstanden. Ein Tyrann hatte das Zepter übernommen. Ich bohrte nicht weiter, da ich die Elbenfrau nicht in Gefahr bringen wollte.

Einer Eingebung folgende sagte ich, »Ich danke Ihnen. Noch eine Frage? Ist denn Lord Conen zurzeit anwesend?«.

Ein Lächeln huschte über ihre schmalen Lippen und sie schüttelte sacht den Kopf. Ich atmete erleichtert auf. Sie ging und nahm das restliche Essen mit. Ich kroch ins Bett und fragte mich, warum mich der junge Lord Drun zu seiner Mutter bringen wollte und nicht zu dem Tyrannen. Mir fielen die Augen zu und ich schlief ein. Ich merkte nicht mehr, wie ich sorgsam zugedeckt wurde.

Die Tochter der Eriny

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