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Das Tagebuch von Larissa S. – Gefangen im eigenen Kopf und Körper
ОглавлениеDie Autorin
Larissa S., Jahrgang 1984, ist promovierte Chemikerin und lebt als Buchautorin in Hamburg. Sie befindet sich seit über zwei Jahren in intensiver psychologischer Behandlung. S. ist ledig und kinderlos. Neben dem Schreiben gilt ihre Leidenschaft der Kunst, dem Sport und dem Tanz.
Vorwort des Herausgebers
Dieses Buch ist im Rahmen eines Coachings entstanden. Einerseits war die Erstellung des Buches Teil der Therapie, da die Autorin auf diese Weise ihren Tagesablauf besser nachvollziehen konnte. Damit konnte sie nach 31 Tagen erkennen, was in ihr abgeht. Sonst ist es später, wenn die Attacken vorbei sind, schwierig, die Sache noch richtig einzuordnen oder sich daran zu erinnern. Diese genauen Erkenntnisse, wann welche Störungen auftreten, was sie auslösen, wie sie sich entwickeln, was sie verursachen, half der Autorin sehr, bestimmte Zusammenhänge ihrer Krankheit zu verstehen, die man so nicht in einer normalen Therapie hätte erkennen können. Im Gespräch mit dem Therapeuten kann die Kranke Hemmungen haben oder Schamgefühl entwickeln oder sie erzählt nur das, was sie glaubt, das für den Therapeuten oder für sie wichtig ist und hält somit wichtige Informationen zurück. In einer normalen Therapie werden manche Einzelheiten, manche kleinen Details vergessen oder außer Acht gelassen. Sie scheinen im ersten Moment unscheinbar und unwichtig zu sein, aber vielleicht sind sie doch essentiell für die Verarbeitung mancher Traumata und Erlebnisse.
Mit diesem live und immer gerade aktuellen Minutenprotokoll, wo Erlebnisse, Gefühle, das Geschehene noch warm und detailliert aufgenommen wird, war es einfacher für sie, sich selbst besser zu verstehen und ihre Gefühle besser in den Griff zu bekommen und somit besser damit umzugehen. Man bekommt viel mit, erfährt erstaunliche Dingen, so nah, so direkt. Das sind geheime Erlebnisse, die diese Menschen durchmachen und die sie normalerweise nur für sich allein behalten. Der Leser kommt in manche Bereiche, zu denen normalerweise niemand Zugang und Zugriff hat. Eine einmalige Gelegenheit, die Psyche eines kranken Menschen zu erkunden.
Das Schreiben half ihr dabei, die Realität noch klarer zu sehen und diese zu akzeptieren. Andererseits soll das Buch dem Leser, Familienmitgliedern, Freunden, aber auch Therapeuten aufzeigen, was wirklich bis in die kleinsten Details (was sie nicht in der Therapie sagen) in psychisch kranken Menschen vorgeht, sie sollen ihre Verhaltensweisen nachvollziehen, ihre Ohnmacht und ihren Kontrollverlust über sich selbst begreifen und somit gegenüber ihnen toleranter sein und von vorschneller Verurteilung der Handlung absehen. In diesen Menschen laufen kontroverse und unterschiedliche Kämpfe und Tragödien ab, die ein Außerstehender schwer verstehen kann. Manchmal können sie es einfach wirklich nicht, wie das Minutenprotokoll der Autorin zeigt.
Dantse Dantse
„Meine Dämonen, der Teufel in mir, besessen von negativen Gefühlen und Gedanken. Dabei will ich nur leben. Ich will nur glücklich sein. Ich will gesund sein, ich will lieben und geliebt werden: Ist das zu viel gewollt?“
„Das Schlimmste daran ist, dass ich eigentlich ein glückliches Mädchen hätte sein müssen. Doch für die Tatsache, dass ich lieber tot sein will, habe ich mich schuldig gefühlt, habe mich und die Welt gehasst. Und mit Hass gibt es keine Liebe und dabei ist es die Liebe, die ich suche und brauche. Es ist ein Teufelskreis.“
LARISSAS
MUTIGES
TAGEBUCH
Widmung
Dieses Buch widme ich all den Kindern, Töchtern und Söhnen, die, so wie ich, niemals wahre Liebe von ihren Eltern erfahren haben. Deren Mütter und Väter nie die Verantwortung übernommen haben, die sie unter Vorgabe von Zuwendung und Fürsorge nur für ihre eigenen Zwecke und Ziele benutzt haben, die ihnen ihre Lebensenergie rauben, bis ins Erwachsenenalter. Die den falschen Beruf, den falschen Partner, den falschen Lebensstil gewählt haben, weil ihre Eltern es so wollten. Die leiden, die unglücklich sind, die psychisch krank sind, die Depressionen haben, Borderline Störung, Essstörungen, die sich selbst verletzen, alkohol- und drogensüchtig sind und nicht wissen, warum. Ich will euch mit meinem Buch helfen…
Es gibt ihn für jeden, den Weg zur Freiheit, Unabhängigkeit und zum Glück. Ihr seid nicht alleine. Wir sind so viele, man kann uns nicht mehr zählen.
Danksagung
Ich danke meinem Coach, der mich immer wieder dazu motivierte und ermutigte, es zu schreiben, mir Tipps und Hilfestellung gab und ohne den es niemals entstanden wäre. Der mich nie fallen ließ, trotz all meiner Attacken auf ihn, Drohungen und Rückfälle. Der mich unabhängig und selbstständig gemacht hat. Der mir immer wieder geduldig die Hand reicht, der an mich glaubt, mir die Welt erklärte und mich die Liebe lehrte. Denn die Liebe gibt, die Liebe hofft, die Liebe dankt, die Liebe glaubt und die Liebe verzeiht. Und ich danke meinem Gott, der mich zu ihm geführt hat und der mir die Kraft gegeben hat, dieses Buch zu schreiben.
Einführung
Ich habe diese Email nochmals gelesen.
Und jetzt muss ich weinen.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du mich immer noch liebst. Ich kann das nicht fassen.
Wenn ich mir das nicht immer wieder vor Augen halte, ist es nicht in mir.
Ich weiß, es ist nichts Neues und ich sollte nicht zurückschauen.
Aber es hängt alles so eng zusammen.
Alles was meine Eltern je von mir wollten, wollten sie nur für sich selbst. Nie haben sie mir etwas gegeben oder befohlen oder empfohlen, weil es für mich gut war. Immer ging es nur oder vor allem auch um die.
Ich denke, dass das ein Ursprung meines „Neins“ ist und meiner Abneigungen und Sturheit.
Alles was ich bisher getan habe, hat mir nicht gutgetan oder wollte ich nicht. Und immer war es in Verbindung mit meinen Eltern. Fast nichts von dem, was meine Eltern wollen oder wollten, mag ich und mache ich. Das fällt mir gerade auf, das ist echt unglaublich krass.
Mein Kleidungsstil entspricht absolut nicht dem Geschmack meiner Mutter. Auch wenn sie mich dafür jetzt bewundert.
Meine Hobbys oder das was ich gerne tun würde: Sport, malen, tanzen. Nichts davon kommt von meinen Eltern. Sogar das Klavier habe ich erst für mich entdeckt, als ich weg vom Unterricht war. Ich singe so gerne. Auch daraus wurde nichts.
Mein Berufswunsch, meine Talente: Meine Mutter sagt jetzt noch „die Larissa macht das, was für mich immer der Horror war“, ja, das sagte die zur Marlies, als es um meinen Beruf, um das Schreiben ging. Meine Mutter ekelt sich in meiner Gegenwart und verzieht ihr Gesicht vor meinem Beruf. Man sieht, wie sie ihre berühmten „Bauchschmerzen“ bekommt, die sie dann immer auf mich übertragen hat. Von meinem Vater ganz zu schweigen.
Mein Lebensstil, meine Einstellung zu Ehe und Familie, nichts kommt von meinen Eltern.
Meine Einstellung zu Sexualität, nichts kommt von denen. Nein, diese, sowie vieles anderes, kam durchs Coaching aus mir heraus.
Dieser Drang, der schon immer in mir ist, Menschen helfen zu wollen, er wurde nur missbraucht und schlechtgemacht.
Meine Werte allgemein, also das, was ich sein will, nichts davon ist von meinen Eltern.
Ich habe viele Defizite von und durch meine Eltern, aber ich bin in mir drin so anders als die.
Meine Eltern haben mich besessen, verbogen, auf mir herumgetrampelt und mich manipuliert, aber sie haben mich nicht gemacht und konnten mich nicht brechen.
Gemacht hat mich der liebe Gott und zerbrechen lasse ich mich nicht.
Ich bin kein Ableger, keine Kopie, sondern ein Individuum. Von meinen Eltern habe ich meinen Namen und mein Aussehen und ein paar Kleinigkeiten. Das war’s.
Ich bin ich. Klingt so einfach, haha.
Ich schreibe, ich bin selbstständig, ich bin 29 und nicht verheiratet und habe keine Kinder und das ist gut so, ich liebe einen schwarzen Mann und eine weiße Frau, gehe jede Woche ins Altenheim Kegeln, backe gerne Kuchen, male mit Acrylfarben, helfe gerne Menschen, liebe Sex, Sport, Vögel, Blumen und die Natur im Allgemeinen. Ich wohne in einer Wohnhöhle unterm Dach, mag Sauberkeit, Ordnung und die Farbe Rot. Ich habe gute Ideen, will was bewegen, neues ausprobieren und meine Welt ist voller bunter Farben und Formen.
Ich bin gerne die Frau, die Gott aus mir gemacht hat.
Ja, Gott hat mich gemacht und mir meine spezifischen Eigenschaften gegeben. Und ich bin ganz anders als meine Eltern und das was sie aus mir machen wollten.
Ich freue mich darauf, niemals in einem großen weißen Kleid vor einem katholischen Altar zu stehen. Mainstream war noch nie so meins.
Ich bin ganz frei von meinen Eltern.
Weil ich jetzt ich bin und nicht mehr Eigentumstochter.
Jetzt habe ich schon wieder so viel geschrieben.
Ich schreibe so gerne.
Jetzt muss ich nur noch aufhören, mein Coach zuzutexten und stattdessen mein liebes Buch schreiben. Morgen früh geht‘s wieder los. Ich schreibe, Mama, selbst wenn dir dabei kotzübel wird!
Auch wenn es euch nicht guttut, tue ich es, denn mir tut es gut!
Ich liebe das Schreiben. Ich liieebe es. Ich schreibe, schreibe, schreibe. Bis die Buchstaben leer sind. Und ich glaube an meinen Erfolg als Autorin und Texterin. Oh ja, ich glaube, dass das wirklich der härteste Schlag, die schlimmste Vergeltung für meine Eltern sein wird. Ich werde erfolgreich sein mit dem Schreiben.
Und ich lese.
Coach, ich habe dein Buch über Potenz-Rezepte gelesen. Also noch nicht fertig. Es macht so Spaß. Deine Bücher sind Balsam für die Seele.
Larissas Leid
Liebe – ich versteh das immer noch nicht so ganz. Oder nicht mehr?
„7.38 Uhr ich bin zu Hause. Habe keine Zigaretten mehr. Gymnastik. Noch während der 2. Übung fange ich an zu weinen. Ich mache weiter meinen Sport, weinend. Ich will zu meiner Mama. Nein, nicht zur Mama, aber ich will dahin, wo man mich aufnimmt und in den Arm nimmt. Ich habe niemanden. Warum hat man mich gemacht? Warum bin ich auf dieser Welt? Ich leide. Ja, verdammt, ich leide. Unter mir selbst. Ich will Liebe, ich will geliebt werden und habe nur Hass. Was habe ich der Welt getan? Was habe ich Gott getan? Warum hat man mich geboren? Wieso kriegen Eltern Kinder, wenn sie selbst keine Liebe tragen? Wenn sie den Kindern keine Liebe geben können? Wenn sie selbst kaputt sind? Warum bringen sie Kinder auf die Welt, um zu sehen, wie sie leiden? Wer kann mir helfen? Ist es zu viel gefragt, geliebt zu werden? Ist es zu viel verlangt? Ich denke darüber nach, dass ich Brice nicht vertraue. Sonst würde ich einfach immer zu ihm rennen, wenn ich etwas habe. Aber sobald er sich 1 oder 2 Tage nicht meldet, ist zwischen ihm und mir ein riesiger Graben. Er wird zum Feind. Noch einer, der mich nicht mag. Endzeitstimmung. Ich bin wieder alleine. Wie immer. Liebesentzug, weil ich mich schlecht verhalte. Ich bin wertlos, ich bin nutzlos, ich bin krank. Ich bin nur krank. Sonst bin ich wie jeder Mensch.“
…Ich fahre heim. Unterwegs stelle ich mir vor, das habe ich mir schon oft vorgestellt, wie ich einfach offen und ehrlich bin. Zu meinen Nachbarn, zu Bekannten, zu Verwandten. Dass ich krank bin. Im Kopf. Psychisch krank. Und dass das der Grund ist, warum ich manchmal herumschleiche wie eine Gestörte. Einfach sich nicht mehr verstecken müssen. Aber was habe ich davon.
Zu Hause Absturz. Ich hämmere auf meinen Kopf ein, heule laut, dann die Oberschenkel, die Unterarme, aber immer wieder der Kopf. Zwischendurch kommen sanfte Gedanken, dass es nun so ist, ich damit umgehen muss. Diese Vernunft und die Sanftheit in mir machen mich noch wütender. Ich sehe, wie ich wieder versagt habe. Wie immer. Wie scheiß verdammt nochmal immer. Mit aller Kraft schlage ich meinen scheiß verdammten, kranken, dummen Kopf.
Ich will eigentlich nicht essen. Doch ich muss. Ich hole den Kakao. Ich habe die Packung noch nicht offen und muss kotzen. Ich habe zwar noch keine Kopfschmerzen, aber die Schläge waren wohl zu hart.
Ich liege im Bett und schreibe Brice das Ende.
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Teil 1