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VORWORT

Dies ist eine Sammlung realer Gerichtsprozesse vor dem Amtsgericht Itzehoe, einer typischen Kreisstadt im Holsteinischen. 15 Richterinnen und Richter sind hier zuständig für die Rechtsprechung im Kreis Steinburg mit seinen rund 130.000 Einwohnern. Pro Jahr werden in diesem Amtsgericht durchschnittlich 1.000 Urteile gefällt.


Die – teils tragischen – Geschichten könnten allerdings auch an jedem anderen Ort verhandelt worden sein. Die Namen habe ich bewußt abgewandelt, um dem einen oder anderen Verurteilten den Neustart nicht unnötig zu erschweren, aber – zugegebenermaßen – auch, um an der einen oder anderen Stelle meinen künstlerischen Freiraum nutzen zu können. Nichts desto weniger erzählen alle Geschichten vom alltäglichen Scheitern, von Menschen, die gewollt oder ungewollt, auf die vielzitierte schiefe Bahn geraten sind, sei es, weil sie eifersüchtig waren, zu viel Alkohol getrunken haben oder zu schnell mit dem Auto fuhren, weil sie Drogen verkauften, um sich die eigenen leisten zu können oder sie den Mund nicht halten konnten, als es angebracht gewesen wäre. All die Geschichten erzählen von Schicksalen, die oft schon in frühester Kindheit ihren schlimmen Anfang nahmen.


Dieses Buch ist kein Krimi, keine Unterhaltung, die Gänsehaut verspricht, sondern eine Beschreibung unseres Alltages mitten in Deutschland. Die Fälle erzählen vom Scheitern, das wir alle nur zu gern kaschieren, von Tätern und Opfern, von Richtern, Staatsanwälten und Verteidigern, von Gutachtern, Zeugen und Justizvollzugsbeamten, von ganz normalen Menschen in einem ganz normalen Amtsgericht. Es ist bewußt ein solches und kein Land- oder gar Oberlandesgericht, geschweige denn geht es um Prozesse nationaler Tragweite.


„Meine“ Fälle beschreiben, was tagtäglich vor unserer Haustür geschieht, wofür die Polizei Tag und Nacht auf Streife ist: es geht um Diebstahl und Betrug, Körperverletzung, Drogenhandel und Nötigung. Es geht um die vermeintlich kleinen Dinge, die uns alle immer wieder zum Stolpern bringen, den einen mehr, den anderen weniger.


Und: dieses Buch ist ein „Zufallsprodukt“: An sich wollte ich der Zeichnerin der Bilder in diesem Buch den Job der Gerichtszeichnerin näher bringen, da es aus meiner Erfahrung als TV-Redakteur viel zu wenige gute dieser Spezies gibt. Was wir dann erlebten, war der erste in diesem Buch geschilderte Prozess, der uns beide so in seinen Bann zog, dass die Idee zu diesem Buch entstand ...


Lars Bessel


im Januar 2018

Vom alltäglichen Scheitern

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