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Sammelsurium – Teil 1

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30. Jänner – Was für ein Tag!

Der 30. Januar (in Österreich und Südtirol: 30. Jänner) ist der 30. Tag des Gregorianischen Kalenders, somit bleiben 335 Tage (336 Tage in Schaltjahren) bis zum Jahresende.

30. Jänner – und sonst?

Im Frieden von Bautzen verständigen sich der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Heinrich II., und der polnische Herzog und spätere König von Polen, Boles?aw Chrobry, über eine Beilegung ihrer kriegerischen Auseinandersetzungen (1018).

Nach dem Tod Ludwigs des Bayern wird Günther XXI. von Schwarzburg von der Wittelsbacher Partei als Gegenkönig zu Karl IV. zum deutschen König gewählt (1349).

Die Unterschriften der Gesandten unter den Frieden von Münster beenden formell den 80-jährigen Krieg zwischen Spanien und den Niederlanden (1648).

Mit der Hinrichtung des englischen Königs König Karls I. auf Anordnung des Parlaments unter Oliver Cromwell endet der Englische Bürgerkrieg (1649).

Am Jahrestag der Hinrichtung Karls I. wird zu Beginn der Stuart-Restauration in England am Londoner Galgenplatz Tyburn mit den exhumierten Leichen von Oliver Cromwell, John Bradshaw und Henry Ireton eine posthume Hinrichtung inszeniert (1661).

Polen-Litauen und das moskowitische Russland schließen den Frieden von Andrusowo zur Beendigung des Russisch-Polnischen Krieges (1667).

Mit dem Betreten der Antarktischen Halbinsel betritt der britische Polarforscher Edward Bransfield vermutlich als erster Mensch auch die Antarktis (1820).

Das erste Attentat auf einen US-Präsidenten, gerichtet gegen Andrew Jackson, schlägt fehl. Beide Pistolen des Attentäters Richard Lawrence versagen (1835).

Yerba Buena (Kalifornien) wird in San Francisco umbenannt (1847).

Am Theater an der Wien in Wien wird die Operette „Endlich allein“ von Franz Lehár uraufgeführt (1914).

Im burgenländischen Schattendorf werden bei einer Veranstaltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei zwei Personen von Mitgliedern der Frontkämpfervereinigung Deutsch-Österreichs erschossen. Die Täter werden später im Schattendorfer Prozess freigesprochen (1927).

Mit der sogenannten „Machtergreifung“, der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler des Deutschen Reiches durch Reichspräsident Paul von Hindenburg, endet die Weimarer Republik (1933).

Mit dem Gesetz über den Neuaufbau des Reichs wird im Zuge der Gleichschaltung die Souveränität der deutschen Länder aufgehoben und diese werden direkt der Reichsregierung unterstellt (1934).

Japan besiegt die Vereinigten Staaten in der Schlacht bei Rennell Island während des Pazifikkrieges (1943).

Am 50. Geburtstag ihres Namensgebers wird die Wilhelm Gustloff von dem sowjetischen U-Boot S 13 versenkt. Der Untergang des als Flüchtlingstransporter eingesetzten KdF-Schiffs fordert etwa 9.000 Menschenleben und gilt bisher als die größte Katastrophe in der Seefahrtsgeschichte (1945).

Der radikale Hindu-Nationalist Nathuram Godse erschießt in Neu-Delhi Mahatma Gandhi (1948).

The Beatles spielen auf dem Dach der Apple-Studios in London ihr letztes Live-Konzert. Wegen eines drohenden Verkehrschaos muss das Konzert nach 42 Minuten abgebrochen werden (1969).

Am so genannten Blutsonntag (Bloody Sunday) werden in der nordirischen Stadt Derry mindestens 14 proirische Demonstranten von britischen Fallschirmjägern erschossen. Der Nordirlandkonflikt verschärft sich in der Folge durch Vergeltungsanschläge der Irish Republican Army (1972).

Durch einen Dammbruch im Abwasserbecken einer Goldmine im rumänischen Baia Mare kommt es in Teilen Osteuropas zur größten Umweltkatastrophe seit dem Atomunfall in Tschernobyl. Cyanid- und schwermetallhaltige Abwässer vernichten auf ihrem Weg über Szamos und Theiß zur Donau auf Hunderten von Kilometern Fische, andere Wasserorganismen und Vögel (2000).

Der Name Rudolf

Bis zum Ende der österreich-ungarischen Monarchie im Jahr 1918 erhalten zehn männliche Mitglieder des Hauses Habsburg den Vornamen Rudolf. Nicht aufgelistet habe ich die weiteren Mitglieder der Linie Habsburg-Laufenburg (rudolfinische Linie), die 1408 ausstirbt, sowie die Nachkommen des letzten Kaisers, des seligen Karl I. von Österreich und König von Ungarn etc. (1887-1922).

 Rudolf II. (1166-1232), Graf von Habsburg, der „Gütige“

 Rudolf III. (gest. 1249), Graf von Habsburg und Laufenburg, der „Schweigsame“

 Rudolf I. (1218-1291), Graf von Habsburg, König des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation

 Rudolf II. (1271-1290), Herzog von Österreich und Steiermark

 Rudolf III. (1282-1307), Herzog von Österreich, König von Böhmen, Titularkönig von Polen, genannt „Kaše“

 Rudolf IV. (1339-1365), Herzog von Österreich, erster (selbsternannter) Erzherzog von Österreich, der „Stifter“

 Rudolf II. (1552-1612), Erzherzog von Österreich unter der Enns, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, König von Ungarn, König von Böhmen, römisch-deutscher König

 Rudolf (1788-1831), Erzherzog von Österreich-Toskana, Kardinal-Erzbischof von Olmütz

 Rudolph Franz (1822), Erzherzog von Österreich-Tschechen

 Rudolf (1858-1889), Kronprinz und Erzherzog von Österreich

Eine Hymne auf den Thronfolger

Der sechste Zusatz der österreichische Kaiserhymne „Gott erhalte, Gott beschütze unsern Kaiser, unser Land!“ nach der Melodie von Franz Josef Haydn (1732-1809) ist Kronprinz Rudolf gewidmet:

Heil auch Öst’reichs Kaisersohne,

Froher Zukunft Unterpfand,

Seiner Eltern Freud’ und Wonne,

Rudolf tönt’s im ganzen Land,

Unsern Kronprinz Gott behüte,

Segne und beglücke ihn,

Von der ersten Jugendblüthe

Bis in fernste Zeiten hin.

Rudolf hat nicht nur einen Vogel

Am 22. Jänner 1889 besuchte Rudolf den Präparator Eduard Hodek (1827-1911), den Mitbegründer des Ornithologischen Vereins Wien, in dessen Atelier auf der Mariahilferstraße, um sich dort seine zuletzt erlegten Adler anzusehen. Von 600 Stopfpräparaten und 308 Bälgen aus Rudolfs wissenschaftlichem Nachlass sind im Naturhistorischen Museum heute noch 180 Stopfpräparate vorhanden, von denen 47 in der Schausammlung des Museums zu sehen sind.

Naturhistorisches Museum

www.nhm-wien.ac.at

office@nhm-wien.ac.at

Burgring 7

1010 Wien

Österreich

Was Rudolf an Brehm schrieb

1976 wurde ein Mikrofilm mit 53 von bisher 74 bekannten Briefen und drei Telegrammen Rudolfs an den Ornithologen Alfred Brehm (1829-1884) aufgefunden. Sie behandeln vorwiegend ornithologische und zoologische Fragen, Reisen, das Verhältnis des Kronprinzen zur Natur und zu Brehm, seinen Militärdienst, Weltanschauliches, die Freimaurerei und die Politik und in einigen Fällen auch Familiäres. Brehms Enkel, Hans-Renatus Brehm (1899-1964), musste zwischen 1920 und 1922 aus finanziellen Gründen die Briefe des Kronprinzen an die Berliner Autographenhandlung „Leo Lippmanssohn“ verkaufen. Oskar von Mitis (1874-1955) hatte diese Spur recherchiert, doch scheiterte die Einsichtnahme in die Papiere. 1938 wurden die 53 Briefe von der Preußischen Staatsbibliothek Berlin angekauft – sie befinden sich heute in der Staatsbibliothek Berlin/Preußischer Kulturbesitz. Das Schicksal der in Verlust geratenen 21 Briefe ist unbekannt. Es kann als sicher angesehen werden, dass es sich bei den ursprünglich 74 Briefen auch nicht um den gesamten Briefwechsel zwischen Rudolf und Brehm gehandelt hat.

Ich besitze einen dieser Briefe des Kronprinzen am Brehm, in dem er diesem für die guten Wünsche zur Geburt seiner Tochter Elisabeth Marie dankt: „Lieber Brehm! Innigsten Dank für Ihre warmen Freundesworte... Gott-Lob geht alles sehr gut. Meine Frau ist vollkommen wohl, sieht blühend aus und die Kleine, ein auffallend kräftiges Kind, bereitet uns sehr viel Freude...“

Brehm-Gedenkstätte

www.brehm-gedenkstaette.de

info@brehm-gedenkstaette.de

Dorfstraße 22

07646 Renthendorf

Deutschland


Die Wagen-Frage

Im Nachlass des Kronprinzen werden vier Wagen aus dem Besitz Rudolfs genannt:

 ein geschlossenes, vierrädriges Coupe

 eine offene, zweirädrige Gig

 ein offener, vierrädriger Ausbring-Phaëton

 ein gelber Transport-Fourgon mit gedecktem Kutschbock.

Darüber hinaus befinden sich in der Wagenburg-Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien aus dem Besitz des Kronprinzen

 ein zweisitziger Vis-á-Vis-Kinderkutschierwagen

 ein einsitziger Kinderschlitten in Muschelform

 ein Jagdschlitten mit Hirschgeweih-Schmuck.

Der Jagdwagen („Juckerwagen“) des Kronprinzen, ein zwei- und vierspännig zu fahrender „Break“, steht als gut erhaltenes Original im österreichischen Bundesgestüt Piber. Es dürfte sich hierbei jedoch sicher nicht um einen Leibwagen des Kronprinzen handeln. Der Kronprinz soll für Privatfahrten einen einspännigen Wagen, einen so genannten „Zweiradler“, genutzt haben. Es ist mir nicht bekannt, ob Rudolf einen bestimmten Hofwagentyp oder Hofkutscher bevorzugte. Als Lieblingskutscher des Erzherzogs galt Christian Kling (1860-1915). In der Nationalbibliothek liegt ein Foto des Kronprinzen und eines unbekannten Hofkutscher im englischen Livree in einer Gig auf, das angeblich die „letzte Fahrt im Prater, 27.01.1889“ darstellt. Es ist sehr ungewöhnlich, dass bei einer Gig ein Kutscher mit auf dem Bock sitzt; dieses Bild diente als Grundlage für ein Aquarell von Zygmunt Ajdukiewicz (1861-1917), einem Neffen des polnischen Malers Tadeusz Ajdukiewicz (1852-1916), das den Kronprinzen im Prater vor der Rotunde zeigt. Nach den Aufzeichnungen von Rudolf Püchel (1856-1938) stieg Rudolf am 28. Januar 1889 bei der Abfahrt aus Wien in einen von Lipizzanern gezogenen Zweispänner. Er soll den Wagen selbst gelenkt haben, als er den Schweizerhof verließ – Hofkutscher Anton Prechler (1862-1934) saß auf dem Rücksitz, um den Wagen zurückzubringen.

Wagenburg und Monturendepot

www.khm.at

Schönbrunner Schloßstraße 47

1130 Hietzing

Österreich

Die Augustinerbastei und der Gang über das Dach

Die Augustinerbastei mit ihren drei Rampen war einer der wenigen Reste der alten Befestigungsanlage der mittelalterlichen Stadt Wien, der nach der Stadterweiterung von 1857 erhalten blieb. An der Kehre der Auffahrtsrampe befand sich eine Eisentür, durch die man auf das zu einer Terrasse ausgebaute Flachdach des Augustinertraktes kam. Hier hatte Kaiser Franz I. (1768-1835) einst Glashäuser errichten lassen, um auch im Winter seiner gärtnerischen Leidenschaft nachzukommen. Am Ende des Augustinerganges konnte man die Appartements des Kronprinzen betreten – entweder über die Dachterrasse und durch den Wintergarten in das Billardzimmer oder durch ein Fenster in den Raum der Garderobe bzw. im Parterre durch einen langen Korridor und eine zweite Treppe im Schweizerhoftrakt. Über diese Auffahrt hinter dem Burggarten fuhr Rudolfs Cousine, Marie Gräfin Larisch (1858-1940), am 28. Jänner Mary Vetsera zum Kronprinzen. Als 1893 die „Neue Burg“ gebaut wurde, wurde der Augustinergang weitgehend abgetragen.

Rudolfs Burg-Appartement

Nach dem Tode von Kaiserin Carolina Augusta (1792-1873) wurden ihre Räume für den damals 15-jährigen Kronprinzen saniert. Die Entwürfe für die Inneneinrichtung mit Wandverkleidungen aus geschnitztem Nussbaumholz im Stil des Neorokoko stammten vom Hauptmann der Burghauptmannschaft, Ferdinand Kirschner (1821-1896). Die Decken wurden stuckiert, die Gumpendorfer „Firma für Maschinenparquetten“ von Carl Leistler legte Parkettfussböden, die „Erste österreichische Thüren-, Fenster- und Fussboden-Fabriks-Gesellschaft“ von Matthias Markert erneuerte die Türen und Fenster. Teppiche und Stoffe lieferte die Firma Philipp Haas & Söhne, während die Möbelstoffe für das Billardzimmer die Pariser Firma L. Berchoud & Guereau fertigte. Der Hauptzugang in die Räume Rudolfs erfolgte vom Schweizer Hof über die so genannte Säulenstiege linker Hand zum Schweizertor in das zweite Geschoss und dort durch einen längeren Korridor.

Fünf von insgesamt 15 Zimmern hatten Fenster zum Schweizer Hof

 das Vorzimmer I am Gang zur Säulenstiege,

 die Bibliothek (1881 Speisezimmer; heute Bundesdenkmalamt)

 das erzherzogliche Studienzimmer (1881: Kabinett; heute: Bundesdenkmalamt)

 eine Küche (heute: Bundesdenkmalamt) sowie das an die Burgkapelle angrenzende

 Vorzimmer II (heute: Bundesdenkmalamt) mit einem Zugang zur Kapellenstiege.

Die anderen Räume boten Ausblick auf den äußeren Burgplatz:

 das Speisezimmer (1881: Durchgangssalon, heute: Ahnensaal des Bundesdenkmalamtes)

 der Gobelin-Salon (1881; „Türkisches Zimmer“, heute: Bundesdenkmalamt)

 das Lernzimmer (Sterbezimmer Kaiser Franz I/II; 1881: olivgrüner Salon; heute: Bundesdenkmalamt)

 ein kleiner Salon als Kabinett (1881: Boudoir; heute: Bundesdenkmalamt)

 das Schlafzimmer

 ein Kavalierzimmer (Raum von Latour; 1889: Badezimmer; heute: Bundesdenkmalamt)

 ein Kammerdiener-Zimmer

 die Garderobe und

 das Billardzimmer (1881: Wintergarten; heute: Verwaltung Wiener Hofmusikkapelle) mit vorgebautem Glaserker und Türen auf das Terrassendach des Augustinerganges

Nach Rudolfs Hochzeit mit der belgischen Prinzessin Stephanie (1864-1945) am 10. Mai 1881 wurde das Junggesellen-Appartement erweitert. Die Umgestaltung erfolgte durch die in Wien als Hoflieferant ansässige französische Firma „Société commercial de Paris“ von August Portois – allerdings gegen den Widerstand der Wiener Möbelproduzenten und Ausstattungsunternehmen. Die Erweiterung des Appartements erfolgte über zehn Räume in den Leopoldinischen Trakt der Hofburg hinein. Dort wurden u. a. zwei Salons für die Kronprinzessin mit Blick auf den Burgplatz sowie eine Kindskammer eingerichtet. Auch einige Räume des ehemaligen Junggesellen-Appartements wechselten ihre Funktion – und somit bereits acht Jahre früher, als Judtmann vermutet hatte. Nach Rudolfs Tode erfolgte eine weitere Umgestaltung – für 14.300 Gulden wurden die Räume für die junge Witwe hergerichtet. 1892 lieferte die Firma Kowy & Iwinger neue Möbel für 1.249 Gulden und fünf Jahre später überarbeitete die gleiche Firma die Möbel und Dekorationen im Toilettraum der Erzherzogin. 1902 wurde nach der Hochzeit von Rudolfs Tochter Elisabeth Marie (1883-1963) deren Kammer aufgelöst und die Rekonstruktion – vor allem des Arbeitszimmers von Kaiser Franz I. (1768-1835), das bis 1881 im Originalzustand erhalten war – in Angriff genommen. Nach der Wiedervermählung Stephanies 1900 wurde das Appartement von Erzherzog Peter Ferdinand von Toskana (1874-1948) bewohnt.

Hofburg Wien

www.hofburg-wien.at

www.hofburg.at

1010 Wien

Österreich

Stiege XXXIII

Eine Holzstiege führte aus den Garderobenräumen des Kronprinzen-Paares im 3. Stock der Burg in das II. Vorzimmer hinab und wurde für diskrete Besuche des Erzherzog-Thronfolgers verwendet. Die Burghauptmannschaft hatte der Stiege XXXIII den Namen „Vetsera-Stiege“ gegeben. 1962 wurde die Stiege beim Neubau der Orgel in der Burgkapelle durch die Firma Walcker-Mayer abgetragen.

Rudolfs Türkisches Zimmer

Das „Türkische Zimmer“ in der Hofburg, in dem Rudolfs Schreibtisch stand, hatte der Kronprinz nach der Hochzeit 1881 im Gobelinsalon einrichten lassen. Der Raum machte, so ein Journalist, den „Eindruck eines Künstler-Ateliers“ und war dem Zeitgeist folgend ein Produkt des Gründerzeit-Historismus und der Makart-Ära. Der Raum war größtenteils mit Möbel eingerichtet, die der Kronprinz von seiner Orientreise 1881 mitgebracht hatte. Da es sich dabei weitgehend um Privateigentum des Erzherzogs handelte, sind die 151 Einzelpositionen im Nachlassinventar aufgeführt. Eine Rekonstruktion des Raumes wurde zur Ausstellung „Rudolf – Ein Leben im Schatten von Mayerling“ 1988/1989 in der Hermesvilla versucht; eine dauerhafte Rekonstruktion befindet sich in der Bundesmobiliensammlung Wien.

Möbel Museum Wien

www.hofmobiliendepot.at

Andreasgasse 7

1070 Neubau

Österreich

Aus der Salesianergasse in die Burg

Vom Stadtpalais der Familie Vetsera im 3. Bezirk zur Hofburg im 1. Bezirk fuhr man seinerzeit folgende knapp 1,7 Kilometer lange Route:

Palais Vetsera - Salesianergasse - Rennweg - Hochstrahlbrunnen - Schwarzenbergbrücke - Schwarzenbergplatz - Schwarzenbergstraße - Walfischgasse - Philharmonikerstraße - Albrechts Platz - Hofburg

Von der Burg über die Salesianergasse ins Grand Hotel

Nach der Unterredung mit ihrem Cousin verließ Gräfin Larisch wohl wieder über das Dach des Augustinerganges die Hofburg und fuhr mit dem dort wartenden Fiaker zur Galanteriewarenhandlung der „k.u.k. Hoflieferanten Gebrüder Rodeck“ und von dort zurück zum Palais Vetsera. Dabei nutzte sie diese rund 2,5 Kilometer lange Wegstrecke:

Hofburg - Hanuschgasse - Albrechts Platz - Augustinerstraße - Josefsplatz - Reitschulgasse - Michaelerplatz - Kohlmarkt - Gebrüder Rodeck - Graben - Stock im Eisen-Platz - Kärntnerstraße - Johannesgasse (die Johannesgasse wird nach Querung des Wienflusses automatisch zur Salesianergasse) - Ring (am ehemaligen Kollowrat Ring überquert) - Tegetthof Brücke - Salesianergasse - Palais Vetsera

Aus der Salesianergasse kommend, fuhr die Gräfin dann im Anschluss an den kurzen, unerfreulichen Besuch im Palais Vetsera zur Polizeidirektion, dem Sitz des Wiener Polizeipräsidenten am Schottenring. Dabei dürfte sie für die Hinfahrt die gleiche Strecke wie am Vormittag bis zur Burg gewählt haben – zumindest bis zum Albrechts Platz.

Albrechts Platz - Augustinerstraße - Josefsplatz - Reitschulgasse - Michaelerplatz - Herren Gasse - Schotten Gasse - Schotten Ring - Polizeidirektion (heute: Schottenring 7-9) - Schotten Ring - Franzens Ring - Burg Ring - Opern Ring - Kärntner Ring - Grand Hotel

Rodecks Nachlass ist nun auch weg

Die „Leder-, Holz- und Bronze-Galanteriewarenhandlung Rodeck“ wurde von den Brüdern Emil und Ludwig Rodek geführt. Eine Darstellung der Ladenfront findet sich bei Judtmann, der in den 60-er Jahren mit dem Erben, Dr. Wilhelm Rodeck (gest. 1974), Kontakt hatte. Seine Gattin Margaretha starb 1994. Meine Recherche zum Nachlass des Dr. Wilhelm Rodeck führten zu dem Ergebnis, dass Margaretha Rodeck viele Objekte – u.a. auch aus der Rodeck´schen Kunstsammlung – nach dem Tode ihres Mannes an einen Antiquitätenhändler aus der Schweiz verkaufte und hierbei „über den Tisch“ gezogen wurde. Weder der Name des Käufers, noch die verkauften Objekte konnte ich recherchieren.

Der Weg in den Tod/Teil 1

Welchen Weg nahm Rudolf am 28. Jänner 1889 aus der Burg zu den beiden knapp 18 Kilometer entfernt, zwischen Mauer und Breitenfurt gelegenen, Ausflugslokalen „Rother Stadl“ und „Grüner Baum“?

Hofburg/Schweizerhof - Josefsplatz - Augustiner Straße - Albrechts Platz - Operngasse - Friedrichs Straße - Magdalenen Straße (heute „Linke Wienzeile“) - Rudolfbrücke (d.h. die dortige Kettenbrücke) - Kettenbrücken Gasse - Hundsthurmer Straße (auch: Hundsturmstraße) - Schönbrunner Linie - Gaudenzdorfer Hauptstraße - Schönbrunner Hauptstraße - Hietzing - Hietzinger Platz - Lainz - Lainzer Straße - Speising - Mauer - Maurerberg - Klause - Kalksburg (im Tal entlang der „Reichen Liesing“) - Rother Stadl

Wetterkapriolen

In der Mayerling-Literatur wird immer von einem trüben, düsteren Tag ausgegangen, wobei die Zeitungen am 29. Jänner für den Vortag „heiteres Wetter mit nördlichen Winden, anhaltendem trockenem Frost und Temperaturen von minus zwei bis plus vier Grad“ meldeten. Die „Neue Freie Presse“ für den 28. Jänner 1889 meldete: „Himmel teilw. bewölkt, Temperatur ist gesunken, allgemein fand leichter Schneefall statt, nördlicher Wind, meist heiter, trocken, Frostwetter anhaltend“.

Reisekleidung

Der Kronprinz soll auf der Fahrt nach Mayerling einen „Jagdanzug mit dem Gürtel und die flache Dalmatinerkappe, darüber den Pelz mit der ungarischen Verschnürung“ getragen haben. Dass Rudolf, wie Judtmann berichtet, auch bei kaltem Wetter keine Handschuhe nutzte, widerlegt das Bild NB 504.008/BR „letzte Fahrt im Prater, 27.01.1889“, auf dem er weiße Handschuhe trägt. Die Baroness trug wohl „ein dichtanliegendes olivgrünes Schneiderkleid, mit schwarzen Tressen besetzt, einen Hut aus grünem Filz, der reich mit schwarzen Straußenfedern garniert war, den sie mit einem schwarzen Schleier unter dem Kinn zusammenband, und über dem Kleid ihren Sealeskinmantel mit einem dazu passenden Muff“. Als ich auf Fotografien die nach dem Grabraub sichergestellten Kleider der Baroness sah, in denen sie beigesetzt wurde, fiel mir auf, dass Schuhe und Kleid nicht zusammen passten und die Garderobe scheinbar so gar nicht auf eine Kutschfahrt mitten im Winter abgestimmt war. War Mary tatsächlich ganz plötzlich aufgebrochen?

Der Weg in den Tod/Teil 2

Rother Stadl - Breitenfurt (295 Meter Seehöhe) - Hochroterd (528 Meter Seehöhe) - über die Kreuzung zur Bergstraße nach Kaltenleutgeben hinweg und weiter entlang der „Dürren Liesing“ - Sulz (431 Meter Seehöhe) - entlang des Mödlinger Wildbaches - Sittendorf (370 Meter Seehöhe) - Gaadener Berg - Heiligenkreuz (312 Meter Seehöhe) - Schacherkreuz (351 Meter Seehöhe) - Engelskreuz (410 Meter Seehöhe) - Alland (331 Meter Seehöhe) - Talstraße entlang des Schwechatbaches - Jagdschloss Mayerling (330 Meter Seehöhe).

Der „Gaadener Berg“

Auf einer Karte des k.u.k. militär-geographischen Institutes Wien von 1894 findet sich keine lokale Bezeichnung „Gaadener Berg“; ich gehe davon aus, dass es sich um den bis zu 410 Meter hohen Sandriegel handelt, über den die Straße Gaaden – Heiligenkreuz führt. Von Sittendorf aus dürfte das Gespann zunächst südlich gefahren sein, überquerte dann den Maarbach, ließ rechter Hand den Weiler Füllenberg am Fuße des gleichnamigen Berges und den Gipsbruch liegen und erreichte dann die höchste Stelle der Straße, an der früher eine Marienstatue stand.

Die Wegkreuze

Auf dem Weg von Heiligenkreuz nach Mayerling passierte das Paar mindestens zwei historische Wegkreuze, die ich natürlich auch sehen wollte: Das Engelskreuz und das „Rote Kreuz“. Das Ensemble des „Engelskreuzes“ bestand aus zwei hohen Steinsäulen und stand an der Straße Heiligenkreuz – Alland an der Abzweigung nach Mayerling auf einer kahlen steilen Böschung. Ein Steinpfeiler trug einen steinernen Tabernakel mit lateinischer Inschrift auf allen vier Seiten, darüber eine Steinpyramide mit breitem Steinkreuz. Diese vier Meter hohe Säule ließ Abt Johannes Ruoff von Heiligenkreuz (1586- 1599) im Jahre 1586 als Dank und Bitte zu Beginn seines Amtsantrittes auf der Allander Höhe errichten. Drei der vier noch erkennbaren lateinischen Säulentexte hat Karl Wallner transkribiert und in der „Sancta Crux“ veröffentlicht. Die zweite Säule trug ursprünglich einen steinernen Engel, der mit seinem Stab nach Groß-Mariazell weisen sollte. Dieser „Wegweiseengel“ wurde 1720 von Abt Gerhard Weixelberger (1670-1728) durch eine Steinsäule mit einem 1,60 Meter hohen barocken Schutzengel aus Zogelsdorfer Sandstein nach Giovanni Giuliani ersetzt. Im März 1940 zerlegte man die beiden Monumente und deponierte sie im Stift, da die Trasse der projektierten Reichsautobahn hierher verlaufen sollte. 1952 wurde die Kreuzsäule neben der Stiftskirche in Heiligenkreuz in der Mitte des Mönchsfriedhofes wieder errichtet. Der Schutzengel fand neben dem großen Schüttkasten, einen Getreidespeicher, an der Straße nach Baden Aufstellung (Bild). Beide Säulen prägten die Landschaft so stark, dass dort die Bezeichnung „Engelskreuz“ bis heute erhalten geblieben ist.

Das „Rote Kreuz“ dürfte sich östlich des Preinsfelder Weges Richtung Jagdschloss befunden haben, doch kann sein Standort nicht mehr genau lokalisiert werden. Durch die Trassenziehung der Reichsautobahn 1940 und das Einebnen zahlreicher offener Gruben des ehemaligen Gipsbergwerkes Preinsfeld gab es im Bereich der Allander Höhe zu viele Erdbewegungen. Die Reste des Kreuzes fand ich leider auch nicht.

Heiligenkreuz

www.stift-heiligenkreuz.org

Zisterzienserabtei Stift Heiligenkreuz

2532 Heiligenkreuz im Wienerwald

Österreich

Die Todesfeststellung

Die erste Leichenbeschau am Kronprinzen wurde von Dr. Hermann Widerhofer am Mittwoch, 30. Jänner 1889, kurz nach 12 Uhr am Leichenfundort in Mayerling durchgeführt. Der Hofrat, der den Kronprinzen kannte und den Leichnam identifizieren konnte, stellte fest, „daß am Kopf des Verewigten eine beträchtliche Wunde mit ausgebreiteter Loslösung der Schädeldecke und Schädelknochen vorhanden war.“ Diese Schusswunde als mit dem Leben nicht zu vereinbarende Körperzerstörung musste den nichtnatürlichen Tod zur Folge gehabt haben (Todesfeststellung). In unmittelbarer Nähe der rechten Hand befand sich ein entladener Revolver. Es ist davon auszugehen, dass zwischen dem Auffinden des Toten am frühen Morgen und dem Eintreffen des Arztes die Leiche in ihrer Stellung nicht verändert worden ist, da der Raum versiegelt war. Die systematische Untersuchung des Leichnams fand am Donnerstag, 31. Jänner, in der Wiener Hofburg statt.

Die Leichenbeschau

Eine offizielle Leichenbeschau, in deren Verlauf auch eine Obduktion des Kronprinzen durchgeführt wurde, erfolgte am Donnerstag, 31. Januar 1889, ab 20 Uhr in seinem Junggesellenappartement in der Hofburg. Der Leichnam wurde hierfür auf einen Billardtisch gelegt, das medizinische Gerät hatte man sich aus dem pathologisch-anatomischen Institut der Universität Wien bringen lassen. Die beteiligten vier Ärzte wurden unter Eid genommen. Hermann Widerhofer führte, assistiert von Franz von Aukenthaler, die Leichenöffnung durch, während die Universitätsprofessor Dr. Hofmann und Dr. Kundrat die Befunde analysierten. Das Obduktionsprotokoll fertigten Burghauptmann Kirschner und Regierungsrat Nikolaus Poliakovits vom Obersthofmeisteramt. Gegen 2 Uhr war die Untersuchung beendet. Zwei Tage danach wurde eine Zusammenfassung des Protokolls veröffentlicht, die als offizielle Todesbescheinigung gilt.

Die Obduzenten

Hofrat Dr. Eduard Ritter von Hofmann (1837-1897), Arzt, seit 1869 Professor der gerichtlichen Medizin, 1873 Dekan an der Universität Innsbruck, 1875 Professor in Wien, 1888 Präsident des Obersten Sanitätsrats; Leiter des Instituts für gerichtliche Medizin an der Universität Wien.

Professor Dr. Hanns Kundrat (1845-1893), Schüler von Carl Freiherr von Rokitansky, Morphobiologe; von 1882 bis 1893 dritter Ordinarius der pathologischen Anatomie (Vorstand des phatologisch-anatomischen Instituts).

Dr. Hermann Widerhofer (1832-1901), ab 1890 Freiherr von, Leibarzt des Kronprinzen, der Erzherzogin Marie Valerie und später des Kaisers Franz Josef; Promotion am 22. Juli 1856 an der Universität Wien; Erster Universitätsprofessor für Kinderheilkunde, seit 1863 Direktor des St. Anna Kinderspitals, seit 1885 Professor für Kinderheilkunde. Widerhofer erhielt am 24. Februar 1889, also unmittelbar nach der Mayerling-Tragödie, den Orden II. Klasse der Eisernen Krone verliehen.

Dr. Franz (von) Aukenthaler (1840-1913), Leib- und Hofarzt, Magister der Geburtshilfe, zugeteilt dem Hofstaat des Kronprinzen Rudolf. Aukenthaler wohnte nach dem Tode des Kronprinzen ebenso wie dessen Witwe im „Blauen Hof“ in Laxenburg, wo er auch ein Ordinariat unterhielt.

Die Obduktion

Voraussetzung für eine sorgfältige Untersuchung des Leichnams war die Entkleidung der Leiche sowie die Untersuchung aller Körperregionen einschließlich aller Körperöffnungen, des Rückens und der behaarten Kopfhaut. Der Kronprinz wurde vollständig entkleidet, wobei nicht überliefert ist, in welcher Kleidung die Leiche transportiert worden ist. Danach musste der Schädelverband abgenommen werden. Aus unterschiedlichen Schilderungen können wir zusammentragen, wie der Schädel (mehr als 35 Stunden nach dem vermutlichen Todeszeitpunkt) aussah: Schädelknochen und vordere Hirnpartie waren zertrümmert, Schädeldecke und Schädelknochen hatten sich losgelöst, gegen die rechte vordere Schläfengegend – rechts seitwärts drei Zentimeter oberhalb der rechten Ohrmuschel am Schläfenbein – war ein Schuss abgefeuert worden, die kreisrunde Schussöffnung war sieben Millimeter im Durchmesser und mit Brandrändern sowie von reichlich gestocktem Blut umgeben, der Schusskanal führte schräg aufwärts gegen die Scheitelwölbung, über dem linken Ohr gab es eine Ausschussöffnung des Projektils. Die Obduzenten kamen zu dem Ergebnis: Die tödliche Verletzung erfolgte durch einen Schuss. Bei der Sektion des Schädels werden die Ärzte die verbliebene Hirnmasse entfernt haben, um die Struktur der Schädelinnenseite zu begutachten. Aus den pathologischen Befunden (vorzeitige Verwachsung der Pfeil- und Kranznaht, auffällige Tiefe von Schädelgrube und der fingerförmigen Eindrücke an der inneren Fläche der Schädelknochen, deutliche Abflachung der Hirnwindungen und Erweiterung der Hirnkammer) schlossen die Ärzte, „abnorme Geisteszustände“ und kamen zu der Annahme, „daß die That in einem Zustande von Geistesverwirrung geschehen“ sei. Am Ende der Schädelsektion dürfte der Einschussbereich von Blutresten und Schmauchspuren der Waffe gereinigt, die Schädelknochen an ihre morphologisch richtige Stellen gesetzt, die Hautbereiche gestrafft und die von der Obduktion erweiterte Schusswunde vernäht worden sein.

Das Obduktionsergebnis

Laut Zeremoniell-Protokoll wurde der Untersuchungsbefund nicht als mündlicher Vortrag, sondern schriftlich und persönlich vom Ersten Oberhofmeister dem Kaiser übergeben und danach versiegelt im Obersthofmeisteramt aufbewahrt. Das Dokument wurde bisher im Original nicht veröffentlicht und nur als Auszug unter dem Titel „Gutachten“ publiziert. Nach Dr. Gerd Holler soll das Original-Protokoll bis 1938 am Gerichtsmedizinischen Institut in Wien aufbewahrt worden sein. Der Gerichtsmediziner Leopold Breitenecker (1902-1981) berichtete, dass sich das Original des Obduktionsbefundes sogar noch im November 1947 im Gerichtsmedizinischen Institut Wien befunden habe. Ich kann mir vorstellen, dass sehr bewusst auf die Veröffentlichung des Originaldokuments verzichtet und nur ein Extrakt bereitgestellt wurde. In der Regel sind klinische Obduktionsberichte nicht für die Allgemeinheit verfasst, beinhalten medizinische Fachausdrücke und beschreiben detailliert ärztliches Vorgehen jenseits einer Grenze, das „normalen“ Lesern nicht zugemutet werden kann. Auch heute gibt es – z.B. in Deutschland – nichtvertrauliche und vertrauliche Teile einer Todesbescheinigung. Informationen zu Harnmenge der Blase, dem Inhalt des Enddarmes, den identifizierbaren Teilen des Mageninhaltes, dem Gewicht des Herzens oder dem Zustand der Lunge sind tatsächlich nur für Mediziner und Kriminologen von Interesse, nicht aber für den Normalbürger.

Die tödliche Kugel

Die Kugel, die den Schädel des Kronprinzen durchschlug, wurde irgendwann zwischen dem 30. Januar und 4. Februar 1889 in Mayerling „am Eck der hölzernen Umrahmung der Platte des Nachtkästchens, welches links von dem in das Zimmer stehende Bett stand“, gefunden. Sie soll für den Kaiser als Reliquie gefasst worden sein.

Die Hände unter der Totendecke

Der Schriftsteller Rolf Hochhuth zitiert 1988 die Urenkelin des Kronprinzen, Stephanie Marie Eva Blundell-Hollinshead-Blundell geb. Prinzessin zu Windisch-Graetz, die auf Grund der „Hände unter der Totendecke“ eine Schussverletzung an der Hand des Kronprinzen vermutete. Diese habe sich der Erzherzog zugezogen, als er bei einem Kampf mit seinem Mörder in einer Abwehrreaktion auf einen Pistolenschuss die Arme vor den Kopf hielt. Der Vater der Prinzessin, Franz Josef Marie Otto Antonius Ignatius Oktavianus, genannt „Franzi“ Prinz zu Windisch-Graetz (1904-1981), ging laut Hochhuth davon aus, dass der Tod des Kronprinzen das Ende eines Vater-Sohn-Konfliktes war, dessen erster Höhepunkt Rudolfs misslungenes Attentat auf seinen Vater während einer Jagd im Höllgraben war.

Der Kopfverband

Wahrscheinlich verband Dr. Widerhofer nach einer ersten Beschau in Mayerling die Kopfwunde des Kronprinzen, so dass sein Leichnam transportiert werden konnte. Dieser Annahme widerspricht der dem Kronprinzen zugeteilte Ordonnanzoffizier des Kaisers, Arthur Giesl von Gieslingen (1857-1935): Man fand den Kronprinzen, als der Transportsarg in der Hofburg geöffnet wurde, ohne Kopfverband vor. Diesen soll erst Dr. Aukenthaler angelegt haben. Nach der Obduktion in der Hofburg wurde der Untersuchungsbereich durch einen weiteren Verband geschlossen, der bis zur Oberkante der Ohren reichte und tiefer saß als der erste. Im Anschluss wurde der Kopf des Kronprinzen durch eine Wachsmoulage für die offizielle Aufbahrung präpariert. Abschließend wurde der Leichnam einbalsamiert und angekleidet.

Rudolf auf dem Totenbett

Es gibt vom toten Kronprinzen folgende Darstellungen:

 Fotografische Aufnahme Atelier Dr. Josef Székely (1838-1901), Kronprinz Rudolf auf dem Totenbett, Linksprofil, tiefer Verband, Hände unter der Totendecke, Streublumen, (1. Aufbahrung, Bild aus kurzer Distanz), 1938 durch Viktor Bibl publiziert.

 Fotografische Aufnahme Atelier Dr. Josef Székely, Kronprinz Rudolf auf dem Totenbett, Linksprofil, Halbfigur, tiefer Verband, Hände unter der Totendecke, Streublumen, (1. Aufbahrung, Bild aus der Distanz).

 Fotografie eines unbekannten Toten; Frontalansicht, Halbfigur mit Kreuz auf dem linken Arm, weißes Hemd mit Stehkragen. Die Aufnahme wurde 1991 als „Darstellung des aufgebahrten Kronprinzen Rudolf nach der Obduktion mit Wachsmontage der Gesichtspartie“ in München versteigert. Die Fotografie im Reiseportefeuille aus schwarzem Leder mit geprägtem, gekröntem Namenszug soll aus dem Nachlass der Kaiserin Elisabeth (1837-1898) stammen, hat jedoch kein Inventaretikett des Privatfonds. Das Bild weist fünf Übereinstimmungen zur Darstellung 6 (siehe unten) auf: Hintergrund, Kopfform/Beschaffenheit, Handhaltung mit Kreuz, Hemdkragen, Decke.

 Zeichnung, Kronprinz Rudolf auf dem Totenbett, Linksprofil, Halbfigur, hoher Verband, Hände unter der Totendecke, einzelne Streublumen, rechts/links Kerzen. Das Bild (Seite 33) wurde 1989 durch Clemens M. Gruber publiziert.

 Zeichnung von Theodor Breitwieser 1847-1930): „Erste Aufbahrung der Leiche in den kronprinzlichen Zimmern der Hofburg“, betrauert von Elisabeth, Stephanie und Franz Josef, Linksprofil, hoher Verband, Hände unter der Totendecke, einzelne Streublumen.

 Zeichnung: „Die kaiserliche Familie bei dem todten Kronprinzen: Der Kaiser, die Kaiserin und Kronprinzessin Stephanie beten an der Leiche des Kronprinzen“, Oberkörper fast frontal im Bett aufgerichtet, kein Verband, Hände über der Totendecke, Blumengirlande.

 Holzschnitt „Der Kronprinz im Sterbezimmer des Kaisers Franz“, betrauert von seiner Mutter, Ansicht im offenen Sarg von schräg oben, Linksprofil, ohne Verband, Hände über der Totendecke; „Das interessante Blatt“, 08.02.1889.

 Zeichnung „nach der Natur“ von Rudolf Völkel, Kronprinz Rudolf auf dem Paradebett, Halbfigur, Rechtsprofil, dünne Verletzungswunde an der rechten Schläfe, ohne Verband.

 Pastell von Corte, Kronprinz Rudolf auf dem Paradebett, Halbfigur, Rechtsprofil, dünne Verletzungswunde an der rechten Schläfe, ohne Verband, Hände mit Handschuhen über der Totendecke, Foto des Bildes von A. Wimmer vertrieben durch A. F. Czihak´s Nachf. Wien.

 Zeichnung der Aufbahrung von David Mosé, Rechtsprofil, Halbfigur, ohne Verband, Hände (mit Kreuz) über der Totendecke, Sarg mit Kränzen geschmückte und von Kerzen umstanden (Original im Saal XIX der Nationalbibliothek).

 Zeichnung von S. Durand, Kronprinz Rudolf auf dem Katafalk in der Hofkirche, Darstellung mit Trauernden, Sarg von schräg oben, Rechtprofil, ohne Verband.

 Zeichnung von Wilhelm Gause (1853-1916) „Der Tod des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich-Ungarn: Die Aufbahrung der Leiche in der Pfarrkirche der Hofburg“, Kronprinz Rudolf auf dem Katafalk, offener Sarg von der Seite, Rechtsprofil, ohne Verband, Hände auf der Totendecke, Darstellung mit Trauernden, Sarg von Kerzen umstellt.

 Zeichnung für das „Wiener Tagblatt“ von Wilhelm Gause (?) „Die Aufbahrung der Leiche des Kronprinzen in der Hofburgkirche“, Katafalk mit Trauerhimmel, Rechtsprofil, hoher Verband, Hände (mit Kreuz) auf der Totendecke, Sarg mit Kränzen geschmückte und von Kerzen umstanden, Darstellung mit Trauernden und vier wachhabenden Soldaten.

 Zeichnung von Leopold Dietmann (vulgo Leo Diet; 1857-1942).

 Zeichnung, Franz von Pausinger 1839-1915), Aufbahrung in der Burgkapelle (unbekannt).

 Zeichnung, Heinrich von Angeli (1840-1925); die Zeichnung wird in der Literatur erwähnt, ist jedoch verschollen.

Blumen auf dem Totenbett

Auf den fotografischen Aufnahmen (Nummer 1 und 2) des aufgebahrten Kronprinzen erkennt man folgende Blumen, die aus den Gewächshäusern der Burg stammen: Maiglöckchen, Alpenveilchen, Flieder, eine Rose, zwei Nelken, eine Narzisse, Buchsbaumzweige sowie eine Hortensie.


Der Weg des toten Kronprinzen

Sonntag, 3. Februar 1889, 21.30 Uhr: Der eingesegnete Leichnam wird nach Einbalsamierung und Ankleidung aus dem erzherzoglichen Appartement über die Säulenstiege, den Theatergang und die Botschafterstiege in die Hofburg-Pfarrkirche überführt und auf dem schwarz drapierten Schaubett erneut eingesegnet.

Montag, 4. Februar 1889, 8 bis 17 Uhr sowie

Dienstag, 5. Februar 1889, 8 bis 12 Uhr: Neuerliche Einsegnung und Expositur in der Kirche. 12 bis 13 Uhr: Glockengeläut. 16 Uhr: Überführung in die Kaisergruft aus der Kirche durch das Michaelertor, über den Josephsplatz, die Augustiner- und die Tegetthofstraße. Nach der Trauermesse wurde der Sarg in den nordöstlichen Teil der Gruft gebracht, in den Sarkophag eingesetzt, eingesegnet und der Sarg verlötet.

Insgesamt waren 1.200 Polizisten und Agenten eingesetzt, um den Leichenzug zwischen Michaelerplatz und Neuem Markt zu sichern.

Rappen oder Schimmel?

Schon immer zählten Leichenbegängnisse für die Mitglieder des Hauses Habsburg zu den hochrangigen höfischen Zeremonien. Diese waren unterschiedlich, je nachdem ob ein regierendes oder ein nicht regierendes Mitglied des Hauses verstorben war. Starb ein regierendes Mitglied des Hauses, war der Leichenwagen schwarz und mit Rappen bespannt, wurde ein nicht regierendes Familienmitglied bestattet, war er rot und wurde von Schimmeln gezogen. Beim Begräbnis von Kronprinz Rudolf im Februar 1889 gab Kaiser Franz Joseph die Order, dass der Leichnam seines Sohnes im schwarzen Leichenwagen überstellt werden soll, jedoch wurde der Wagen mit sechs Schimmeln, statt Rappen, bespannt. Die gleiche Sonderregelung wie bei Rudolf hatte der Kaiser übrigens auch schon beim Tod seiner Mutter Erzherzogin Sophie (1805-1872) angeordnet, wobei aber noch der schwarz lackierte „rote Leichenwagen“ zum Einsatz kam.

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Zum Rudolf werden

Die Redewendung „zum Rudolf werden“ bezieht sich – wie schon zu vermuten ist – natürlich auf den suizidalen Kronprinzen aus dem Hause Habsburg.

Und doch nicht gestorben?

Der Kronprinz ist tot – es lebe der Kronprinz! Tatsächlich tauchen immer wieder einmal Geschichten auf, man habe nach dem 30. Jänner 1889 den Kronprinzen an anderen Orten gesehen. Der deutsche Tierarzt Dr. Werner Jahn aus Wiesbaden will als Divisionsveterinär der 12. Infanterie-Division im Jahre 1943 in Beshanizy im russischen Walacheigebiet nicht nur die zweite Frau des Kronprinzen getroffen haben – auf dem örtlichen Friedhof will er auch die Gräber der beiden Kinder des Erzherzogs gesehen haben, der im zaristischen Russland als Landarzt tätig gewesen sein soll.

Ein anderer Kronprinz Rudolf starb 1938 unter dem Namen Louis Karlowitsch Bubnik in der chinesischen Stadt Harbin, wo er seit 1917 mit seiner zweiten Frau, seinem Sohn Leopold und seiner Tochter Eugenie als technischer Direktor eines Krankenhauses gearbeitet haben soll.

Bereits im September 1910 hatte der New Yorker Anwalt Dr. jur. E. Hammer beim Obersthofmarschallamt in Wien die Einvernahme des greisen Kaisers verlangt, da er Beweise habe, dass Rudolf noch am leben sei und daher die Erbfolge geändert werden müsse.

Das neue Mayerling-Sammelsurium

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